Leitsatz (amtlich)
1. Erwerben zwei Personen gleichzeitig jeweils zur ideellen Hälfte die Anteile aller Erben an einem ungeteilten Nachlaß, zu dem ein Grundstück gehört, so geht das Eigentum an dem Grundstück mit der Übertragung der Erbanteile auf die Erwerber zu Miteigentum nach Bruchteilen über, ohne daß es einer Auflassung bedarf.
2. Mit dem Eigentumsübergang auf die Erwerber zu Miteigentum nach Bruchteilen entsteht Grunderwerbsteuerpflicht aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1940.
Normenkette
BGB § 2033 Abs. 1; GrEStG 1940 § 1 Abs. 1 Nr. 3
Tatbestand
Der Kläger kaufte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 8. Juli 1968 von den an einem ungeteilten Nachlaß je zur Hälfte beteiligten beiden Erben je zur Hälfte deren Anteile an dem Nachlaß. Zu dem Nachlaß gehörte ein in X gelegenes Grundstück. In der gleichen notariellen Urkunde wurde die Übertragung der Erbanteile mit dinglicher Wirkung erklärt. Je zur anderen Hälfte erwarb der Schwiegersohn des Klägers die Anteile der Erben am Nachlaß. Das FA nahm Grunderwerbsteuerpflicht an und erließ gegen den Kläger zwei Grunderwerbsteuerbescheide.
Die Einsprüche hatten keinen Erfolg, das FA ging in der Einspruchsentscheidung davon aus, daß die Erbengemeinschaft durch den Verkauf aller Erbanteile seitens der Miterben ihr Ende gefunden habe und der Kläger und sein Schwiegersohn als Erbteilskäufer eine neue Gesamthandsgemeinschaft gebildet hätten. Es liege kein steuerlich unbeachtlicher Wechsel im Personenstand der Erbengemeinschaft vor.
Die vom FG verbundenen Klagen des Klägers führten zur Aufhebung der angefochtenen Steuerbescheide und der Einspruchsentscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Revision des FA ist begründet. Durch die Übertragung der hälftigen Anteile der beiden Erben am ungeteilten Nachlaß jeweils zur Hälfte auf den Kläger und dessen Schwiegersohn ist das Eigentum an dem zum Nachlaß gehörigen Grundstück von den Erben auf den Kläger und seinen Schwiegersohn je zur ideellen Hälfte übergegangen. Dadurch ist Grunderwerbsteuer aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1940 entstanden.
Nach § 2033 Abs. 1 BGB kann jeder Miterbe über seinen Anteil am Nachlaß verfügen. Zulässig ist nach herrschender Auffassung auch die Verfügung über einen Bruchteil des Anteils (vgl. Entscheidung des BGH in NJW 1963, 1610).
Wird ein Erbanteil an verschiedene Erwerber nach Bruchteilen veräußert, so werden die Erwerber in Bruchteilsgemeinschaft Inhaber des Erbteils (vgl. Brox, Erbrecht, 2. Aufl., Rdnr., 452; Bartholomeyczik, Erbrecht, 9. Aufl., S. 235; Manfred Wolf in Soergel-Siebert, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl., § 2033 Rdnr. 12; unentschieden der BGH in NJW 1963, 1610). Veräußern alle Miterben ihre Erbanteile an dieselben Erwerber zu jeweils gleichen Bruchteilen, wie dies im vorliegenden Fall die beiden Erben getan haben, so werden Inhaber aller Erbanteile dieselben Personen zu jeweils gleichen Bruchteilen. Infolge Vereinigung aller Erbanteile in der Hand dieser miteinander in Bruchteilsgemeinschaft verbundenen Personen geht der Nachlaß auf diese Personen zu Miteigentum nach Bruchteilen über. Damit hat die Erbengemeinschaft als Vermögensgemeinschaft ihr Ende gefunden.
Die Zivilrechtsprechung hat einen Vermögensübergang auf den Inhaber aller Erbanteile, soweit ersichtlich, bisher ausdrücklich anerkannt, wenn alle Erbanteile in der Hand einer natürlichen oder einer juristischen Person oder in der Hand einer Gesamthand vereinigt werden (zur letzteren Frage vgl. Kammergericht, Deutsche freiwillige Gerichtsbarkeit 1944 S. 78). Beim Übergang aller Erbanteile auf in Bruchteilsgemeinschaft verbundene Personen kann jedoch nichts anderes gelten. Wird die Veräußerung von Bruchteilen eines Erbanteils anerkannt, so muß auch anerkannt werden, daß die Vereinigung aller Erbanteile in der Hand derselben Personen zu gleichen Bruchteilen zu der Auflösung der Gesamthand und zum Übergang des Eigentums auf die Erwerber nach Bruchteilen führt.
Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn durch die Veräußerung von Bruchteilen eines Erbanteils die Erbanteile als solche geteilt würden und demgemäß die Erwerber von Bruchteilen eines Erbanteils unmittelbar und nicht in Bruchteilsgemeinschaft Mitberechtigte am ungeteilten Nachlaß würden. Dies würde bedeuten, daß nicht nur die Veräußerung von ideellen Bruchteilen eines Erbanteils anerkannt würde, sondern darüber hinaus auch die reale Teilung des Erbanteils. Das Erbrecht kennt zwar - mit gewissen Einschränkungen - die Veränderung von Erbanteilen durch Erhöhung des Erbanteils und Anwachsung (vgl. §§ 1935, 2007, 2094, 2095 BGB). Auch bei gemeinschaftlicher Ausübung des Vorkaufsrechts durch die anderen Miterben nach § 2034 BGB wird eine Anwachsung realer Teile des von der Ausübung des Vorkaufsrechts betroffenen Miterbanteils entsprechend §§ 1935, 2094 BGB angenommen werden müssen. Ausgeschlossen aber ist die gewillkürte reale Teilung eines Erbanteils über diese gesetzlich geregelten Fälle hinaus.
Der hiervon abweichenden Auffassung des Kammergerichts (vgl. Jahrbuch der Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit und in Strafsachen Bd. 46, A 181), der sich auch Manfred Wolf, a. a. O., angeschlossen hat, vermag der Senat nicht zuzustimmen. Die Auffassung des Kammergerichts setzt die Anerkennung der gewillkürten realen Teilung von Erbanteilen voraus. Eine solche Anerkennung würde den Grundsätzen widersprechen, die für die Teilbarkeit einer Leistung gelten. Diese Grundsätze können entsprechend herangezogen werden.
Da der Kläger und sein Schwiegersohn beide Erbanteile jeweils zur Hälfte erworben haben, was nur den Erwerb jeweils zur ideellen Hälfte bedeuten kann, sind sie Inhaber beider Erbanteile je zur ideellen Hälfte geworden. Damit hat die Gesamthand ihr Ende gefunden. Die Gegenstände des Nachlasses sind auf den Kläger und seinen Schwiegersohn als Mitberechtigte zu ideellen Bruchteilen übergegangen. Daraus folgt für den Eigentumsübergang des Grundstückes die Steuerpflicht aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG 1940.
Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der Kläger und sein Schwiegersohn als Eigentümer in ungeteilter Erbengemeinschaft in das Grundbuch eingetragen worden sind. Diese Eintragung diente der Berichtigung des Grundbuchs, das durch die Erbanteilsübertragungen unrichtig geworden war. Da der Eigentumsübergang sich außerhalb des Grundbuchs vollzogen hatte und der Kläger und sein Schwiegersohn Miteigentümer des Grundstückes je zur Hälfte geworden waren, blieb das Grundbuch auch nach der Grundbuchberichtigung unrichtig.
Fundstellen
Haufe-Index 71544 |
BStBl II 1975, 834 |
BFHE 1976, 408 |