Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Löst ein Steuerpflichtiger seine Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seiner geschiedenen unterhaltsberechtigten Ehefrau durch eine einmalige Zahlung ab, so ist das ein im Bereich des Vermögens liegender Vorgang. Eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG kommt daher für den Steuerpflichtigen nicht in Betracht, und zwar selbst dann nicht, wenn die Ablösung auf Grund eines gerichtlichen Urteils erfolgte.
Für das Jahr, in dem die Ablösung geleistet wird, ist jedoch ein Freibetrag nach § 33 a EStG zu gewähren.
Normenkette
EStG §§ 33, 33a/1
Tatbestand
Die Ehe des Bf. wurde am 23. Februar 1960 geschieden. Durch eine Gerichtsentscheidung vom gleichen Tag wurde der Bf. verpflichtet, zur Abgeltung seiner Unterhaltspflicht an seine geschiedene Ehefrau sofort 60.000 DM zu zahlen. Er brachte diesen Betrag durch Aufnahme eines Kredits auf und zahlte ihn am 1. März 1960 an seine frühere Ehefrau. In der Einkommensteuererklärung für 1960 beantragte er wegen dieser Zahlung eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG. Das Finanzamt berücksichtigte davon bei der als vorläufig durchgeführten Veranlagung jedoch nur 900 DM nach § 33 a EStG 1960. Die Sprungberufung des Bf. führte zur Herabsetzung des vom Finanzamt gewährten Freibetrags von 900 DM auf 750 DM.
Das Finanzgericht ging davon aus, daß Unterhaltszahlungen an eine unterhaltsberechtigte geschiedene Ehefrau nur nach § 33 a EStG berücksichtigt werden könnten, und daß ein Freibetrag nach § 33 EStG für derartige Aufwendungen nicht in Betracht komme. Das gelte auch für Zahlungen, durch die laufende Unterhaltsleistungen abgefunden würden. Diese Sachbehandlung verstoße nicht gegen Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Daß der Bf. die Abfindungszahlung an seine frühere Ehefrau mit Hilfe eines Kredits geleistet habe, stehe einer Steuerermäßigung nach § 33 a EStG nicht entgegen. Da der Bf. die Abfindung aber erst am 1. März 1960 geleistet habe, könne für 1960 der in § 33 a EStG 1960 vorgesehene Freibetrag nicht in voller Höhe, sondern nur zeitanteilig, nämlich für zehn Monate mit 750 DM zugestanden werden. Insoweit sei die vorläufige Veranlagung zu ändern.
Der Bf. führt zur Begründung seiner Rb. aus: § 33 a EStG 1960 behandle Sonderfälle der außergewöhnlichen Belastungen, die so häufig vorkämen, daß sie sich für eine gesetzliche Regelung eigneten. Dazu gehörten die laufenden Unterhaltszahlungen, Kapitalabfindungen für Unterhaltsleistungen seien dagegen verhältnismäßig selten. Durch die Zusammenballung dieser Leistungen werde der Unterhaltsverpflichtete wesentlich stärker belastet als durch laufende Zahlungen. Die beiden Formen der Unterhaltsleistung seien im Ausmaß der Belastung so verschieden, daß es sich um wesentlich ungleiche Tatbestände handle. Die Regelung in § 33 a EStG 1960 könne daher nicht für alle Arten der Unterhaltsleistungen gelten. Eine Auslegung dieser Vorschrift, die eine Typisierung für alle Fälle der Unterhaltsleistungen annehme, sei mit Art. 3 GG nicht zu vereinbaren, weil dann ungleiche Tatbestände gleichbehandelt würden. Im Streitfall sei die Abfindung erfolgt, um der geschiedenen Ehefrau die Eröffnung eines Gewerbebetriebs und damit die Schaffung einer Existenzgrundlage zu ermöglichen. Das sei ein wichtiger Grund im Sinne des § 62 Abs. 2 des Ehegesetzes für die Zahlung einer Abfindung. Die für eine Steuerermäßigung nach § 33 EStG erforderliche Zwangsläufigkeit liege somit vor. Es habe sich dabei auch nicht um eine Vermögensauseinandersetzung mit der geschiedenen Ehefrau gehandelt. Diese Auseinandersetzung sei gesondert vorgenommen worden, und zwar durch seinen Verzicht auf die gesamte Wohnungseinrichtung und auf alle Ansprüche wegen der Ein- und Umbauten in einem den Eltern der früheren Frau gehörenden Grundstück. Im übrigen habe die frühere Ehefrau vor der Scheidung kein eigenes Vermögen besessen. Der ganze Abfindungsbetrag sei am 1. März 1960 gezahlt worden. Von den zur Aufbringung dieses Betrags übernommenen Wechselverbindlichkeiten seien 1960 = 22.995 DM, 1961 = 29.604 DM und 1962 = 7.401 DM abgedeckt worden. Aus außergewöhnliche Belastung seien in jedem dieser Jahre der jeweils aufgewendete Betrag als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG zu berücksichtigen, gekürzt um die zumutbare Eigenbelastung. Insoweit ändere er seinen früheren Antrag ab. Hilfsweise werde beantragt, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts darüber herbeizuführen, ob die Einbeziehung der Kapitalabfindungen für Unterhaltsleistungen in die Regelung des § 33 a EStG 1960 gegen Art. 3 GG verstoße.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Durch das Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954 (BGBl 1954 I S. 373, BStBl 1954 I S. 575) wurde für die steuerliche Behandlung einiger Gruppen von häufig vorkommenden außergewöhnlichen Belastungen eine Sonderregelung in § 33 a EStG geschaffen. Dadurch wurde für diese Fälle die Anwendung des § 33 EStG ausgeschlossen (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs VI 144/55 U vom 9. Juli 1958, BStBl 1958 III S. 407, Slg. Bd. 67 S. 346; VI 148/59 U vom 2. Dezember 1960, BStBl 1961 III S. 76, Slg. Bd. 72 S. 200). Der Bf. ist der Auffassung, daß die Regelung in § 33 a EStG 1960 nur für die laufenden Unterhaltszahlungen gilt, nicht aber für Kapitalabfindungen, die ein unterhaltsverpflichteter geschiedener Ehemann an seine frühere unterhaltsberechtigte Ehefrau leistet. Der Senat hat bereits im Urteil VI 148/59 U (a. a. O.) entschieden, daß die steuerliche Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen in § 33 a EStG 1955 abschließend geregelt sei, und daß deshalb auch Kapitalabfindungen höchstens mit einem Freibetrag nach dieser Vorschrift berücksichtigt werden könnten. Hieran hält der Senat fest.
Ergänzend zu den im Urteil des Bundesfinanzhofs VI 148/59 U (a. a. O.) gemachten Ausführungen wird darauf hingewiesen, daß eine Steuerermäßigung wegen außergewöhnlicher Belastung bei der Einkommensteuer insbesondere deshalb nicht eintreten kann, weil es sich bei der Abfindung des Bf. an seine geschiedene, unterhaltsberechtigte Ehefrau um eine auf dem Gebiet des Vermögens liegende Belastung handelt. Derartige Belastungen können bei der Einkommensteuer weder nach § 33 noch nach § 33 a EStG berücksichtigt werden, da sie das Einkommen, das die Besteuerungsgrundlage bei der Einkommensteuer bildet, nicht berühren (vgl. z. B. Urteile des Bundesfinanzhofs VI 177/60 U vom 8. September 1961, BStBl 1962 III S. 31, Slg. Bd. 74 S. 76; VI 124/60 U vom 12. Mai 1961, BStBl 1961 III S. 377, Slg. Bd. 73 S. 305; VI 141/59 S vom 7. August 1959, BStBl 1959 III S. 385, Slg. Bd. 69 S. 330; IV 583/54 U vom 22. Dezember 1955, BStBl 1956 III S. 84, Slg. Bd. 62 S. 224). Leistungen, durch die laufende Unterhaltungsverpflichtungen abgelöst werden, gehören grundsätzlich in diesen bei § 33 und § 33 a EStG nicht berücksichtigungsfähigen Bereich des Vermögens. Der Reichsfinanzhof hat dies bereits im Urteil IV 44/42 vom 27. August 1942 (RStBl 1942 S. 931) für die Zahlung einer Ablösungssumme ausgesprochen, durch die eine dauernde Last abgelöst und der Abzug als Sonderausgabe abgelehnt wurde. Der Bundesfinanzhof ist dieser Rechtsauffassung im Urteil VI 176/57 U vom 23. April 1958 (BStBl 1958 III S. 277, Slg. Bd. 67 S. 10) beigetreten. Diese beiden Fälle unterscheiden sich zwar von dem Streitfall dadurch daß sie Leistungen betrafen, durch die als Sonderausgaben abzugsfähige Aufwendungen durch eine einmalige Zahlung abgefunden wurden. Im Streitfall wurde dagegen eine Ablösung bezahlt für Aufwendungen, für die durch § 12 Ziff. 2 EStG der Abzug als Sonderausgabe ausgeschlossen war und eine steuerliche Berücksichtigung nur nach § 33 a EStG in Betracht gekommen wäre. Dieser Unterschied ändert jedoch nichts an der grundsätzlichen Feststellung, daß die Ablösung von Zahlungen, die als solche irgendwie bei der Einkommensteuer berücksichtigungsfähig wären, Belastungen sind, die in den Bereich des Vermögens und nicht in den des Einkommens gehören und die sich deshalb bei der Festsetzung der Einkommensteuer nicht auswirken dürfen.
Ohne Bedeutung ist, ob der Bf. - wie er ausführt - neben der Ablösung eine weitere Vermögensauseinandersetzung mit seiner geschiedenen Ehefrau durchgeführt hat. Die überlassung der Möbel an die Ehefrau und der Verzicht auf Forderungen an ihre Eltern kann, nachdem die Ehe mehr als 20 Jahre bestanden hat, nur im Zusammenhang mit der Abfindung von 60.000 DM als Regelung der Vermögensverhältnisse der geschiedenen Ehegatten gesehen werden. Daß die Ehefrau mit Hilfe der Abfindung durch die Gründung eines Gewerbebetriebes am 1. August 1960 sich eine eigene Existenzgrundlage geschaffen hat, bestätigt, daß die Ablösung bei der Ehefrau in den Bereich des Vermögens gehört. Dies muß auch für die Beurteilung der Zuwendung auf der Seite des Bf. gelten.
Das Finanzgericht hat dem Bf. wegen der Leistungen an seine frühere Ehefrau lediglich den für zehn Monate nach § 33 a EStG 1960/1963 in Verbindung mit § 52 Abs. 4 EStG 1961 in Betracht kommenden Freibetrag gewährt. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs VI 148/59 U a. a. O.). Da von der Abfindung ein Teilbetrag auf Unterhaltszahlungen des laufenden Jahres entfällt, bestehen keine Bedenken, einen Freibetrag nach § 33 a Abs. 1 EStG 1961 für das Jahr bei der Einkommensteuer zu berücksichtigen, in dem die Abfindung gezahlt wurde. Es ist auch nicht zu beanstanden, daß das Finanzgericht diesen Freibetrag nur für zehn Monate zugestanden hat, da die Ehe am 23. Februar 1960 geschieden worden ist.
Fundstellen
Haufe-Index 410836 |
BStBl III 1963, 378 |
BFHE 1964, 164 |
BFHE 77, 164 |