Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Anerkennung von Gesellschaften bürgerlichen Rechts zwischen Eltern und Kindern auf dem Gebiet der Land- und Forstwirtschaft.
Normenkette
EStG § 13/1, § 15/1
Tatbestand
Der Streit geht um die Frage, ob der am 1. Juli 1950 zwischen dem Landwirt und Hofbesitzer Herrmann M. und seinem Sohn gleichen Namens geschlossene Gesellschaftsvertrag steuerlich anzuerkennen ist. Das Finanzamt hat den vollen Gewinn für 1950 dem Vater (Beschwerdeführer - Bf. -) zugerechnet. In dieser unrichtig als einheitliche Gewinnfeststellung bezeichneten Entscheidung liegt die Versagung der Anerkennung des Vertrages. Auf die mit Zustimmung des Vorstehers des Finanzamts eingelegte Sprungberufung hat das Finanzgericht die Auffassung des Finanzamts bestätigt.
Entscheidungsgründe
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.). Sie ist begründet.
In einer nicht veröffentlichten Entscheidung, auf die sich der Bf. beruft, hat der Senat ausgeführt:
"Der Senat ist der Auffassung, daß auch für die Zukunft hinsichtlich der Beurteilung von Beteiligungsverträgen zwischen Eltern und Kindern innerhalb der Land- und Forstwirtschaft ein strenger Maßstab angelegt werden muß. Dies schließt jedoch nicht aus, daß im Einzelfall Verträgen dieser Art die Anerkennung nicht versagt werden kann. Ob ein besonderer Fall vorliegt, ist nach Lage der Gesamtumstände zu beurteilen."
Von dieser Auffassung abzugehen, sieht der Senat keine Veranlassung. Wenn der Bf. rügt, daß bei der Beurteilung von Gesellschaften zwischen Eltern und Kindern auf dem landwirtschaftlichen Sektor nicht unbedingt der gleiche Maßstab angelegt werde wie innerhalb der gewerblichen Wirtschaft, und wenn er hierin eine Durchbrechung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung sieht, so vermag ihm der Senat nicht zu folgen. Die Würdigung der Verhältnisse liegt auf tatsächlichem Gebiet und daß hinsichtlich der Land- und Forstwirtschaft einerseits, der gewerblichen Wirtschaft andererseits gewichtige Unterschiede bestehen, die steuerliche Beachtung verdienen, kann nicht verkannt werden. Andernfalls würden die vom Gesetzgeber für die Landwirtschaft vielfach getroffenen Sonderregelungen, wie etwa betreffend das Wirtschaftsjahr oder die Ermittlung der Einkünfte auf Grund der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft vom 2. Juni 1949 der inneren Berechtigung entbehren.
Der Senat hält also daran fest, daß die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen dem Vater und dem bereits auf dem Hofe arbeitenden Sohn und Hoferben den landwirtschaftlichen Verhältnissen und den dort herrschenden Anschauungen in der Regel wesensfremd ist und nur nach Lage des Einzelfalls als sinnvoll und darum ernstlich gewollt anerkannt werden kann.
In der von der Rb. erwähnten, sich auf das gleiche Problem beziehenden Entscheidung hat der Senat weiter ausgeführt:
"Vertragsgestaltungen, denen bürgerlich-rechtliche Bedenken nicht entgegenstehen, müssen steuerlich anerkannt werden, sofern sie ernst gemeint und der vertraglichen Regelung entsprechend auch durchgeführt sind ... Wenn die Vertragsgestaltung den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Beteiligten gerecht wird und unter Würdigung der Gesamtumstände vernünftig ist, ist es unbeachtlich, ob die Beteiligten möglicherweise auch Ziele auf steuerlichem Gebiete verfolgt haben."
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Finanzgericht, wie es meint, nach Prüfung aller Umstände zur Versagung der Anerkennung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelangt. Seine Feststellungen liegen auf tatsächlichem Gebiet und sind in der Rb., soweit sie erschöpfend sind, keinen Verstoß gegen den Inhalt der Akten enthalten und die aus ihnen gezogenen Folgerungen möglich sind, nicht angreifbar.
Der Bf. war bei Abschluß des Vertrages 58, der Sohn 29 Jahre alt. Vater und Sohn waren voll arbeitsfähig und ergänzten sich in der Bewirtschaftung des Hofes. Der Bf. war durch eine Reihe von Ehrenämtern vielfach - gerade in den wichtigen Sommermonaten - vom Hofe ferngehalten. In der Zeit seiner Abwesenheit lag das Schwergewicht der Betriebsführung beim Sohn.
Es mag dahingestellt bleiben, ob die Ausführungen, die das Finanzgericht an diese Feststellungen knüpft, in allen Punkten überzeugend sind. Nicht untersucht hat das Finanzgericht jedenfalls, welche Bedeutung dem Umstande zuzumessen ist, daß sich der Sohn im heiratsfähigen Alter befand und auch tatsächlich vor der Verheiratung stand. Der Sohn ist das einzige Kind und der künftige Erbe des Hofes. Er war für einen anderen Beruf nicht vorbereitet und hatte, von der Militärzeit abgesehen, stets auf dem Hofe gearbeitet.
Die Grundlage der von ihm zu begründenden Familie war der Hof und es entsprach dem wohlverstandenen Interesse von Vater und Sohn, daß der Hof nach Ableben des Vaters der Familie erhalten blieb und der Betrieb in unveränderter Weise fortgeführt wurde. Die Rücksicht hierauf konnte es den Beteiligten nahe legen, eine Form zu finden, die den Sohn in einer Weise an den Hof band, die ihm und seiner Ehefrau schon zu Lebzeiten des Vaters die Möglichkeit bot, in die künftige alleinige Leitung hineinzuwachsen, und die ihm mit Frau und Kindern eine gewisse wirtschaftliche Sicherheit gewährte.
Die Bindung des Sohnes an den Hof vollzog der Vater in der Weise, daß er dem Sohn das gesamte lebende und tote Inventar übereignete und mit ihm zu gleichen Teilen in der Form der Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Partnerschaft einging. Der Besitz umfaßt rund 85 ha, die sich zusammensetzen aus 27 bis 29 ha äcker, 35 ha Wiesen, 12 ha Forst- und 5 ha Obstkulturen. Es handelt sich mithin nicht um einen bäuerlichen Kleinbetrieb, sondern einen Besitz mittlerer Größe, der einen nicht als niedrig anzusprechenden Einheitswert von 67.200 DM repräsentiert.
Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände kann der Senat dem Finanzgericht nicht dahin folgen, daß die gewählte Form unbedingt als nicht sinnvoll zu bezeichnen sei. Wenn der Bf. auf die übung, die einheiratende Jungbäuerin für den Fall des vorzeitigen Ablebens des Hoferben sicherzustellen, verweist, so mag dieses Ziel auch auf andere, Weise, etwa durch Erbvertrag, zu erreichen gewesen sein. Es kann aber den Beteiligten nicht verwehrt werden, einen anderen Weg zu gehen, sofern dieser in Abwägung aller Interessen, auch im Hinblick auf die gegenwärtige Steuergesetzgebung, zweckmäßig erscheint und damit als sinnvoll angesprochen werden kann.
Legt man die Verhältnisse, wie sie die Beteiligten geschildert haben, und sie das Finanzgericht festgestellt hat, zugrunde, dann mußte der Vertrag auf längere Zeit geschlossen werden, weil er anderenfalls seinen Zweck völlig verfehlte. Der Vertrag sagt in § 4 hinsichtlich der Kündigung folgendes:
"Die Gesellschaft beginnt am 1. Juli 1950. Sie kann jeweils zum Schlusse des Wirtschaftsjahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten gekündigt werden.
Im Fall des Todes eines Gesellschafters wird die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt."
Bei wörtlicher Auslegung dieser Bestimmung könnte die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sehr schnell zur Auflösung gebracht werden. Daß die Kündigung nur bei Vorliegen wichtiger Gründe zulässig sein sollte und daß über das Vorliegen solcher Gründe das in § 10 des Vertrags vorgesehene Schiedsgericht zu entscheiden habe, ist dem Vertrage nicht zu entnehmen. Andererseits deutet Abs. 2 des § 4 darauf hin, daß den Beteiligten eine solche Regelung vorgeschwebt hat, wenn ihre Festlegung im Text des Vertrags auch unterblieb - möglicherweise, weil sie in den landwirtschaftlichen Kreisen, denen die Beteiligten angehören, als selbstverständlich angesehen wird -. Zu vereinbaren, daß die Gesellschaft mit den Erben des Vorverstorbenen fortgesetzt werden solle, wäre unverständlich, wenn der überlebende Teil die Möglichkeit haben sollte, das Vertragsverhältnis nach Gutdünken alsbald zur Auflösung zu bringen. Die Möglichkeit, daß die Beteiligten davon ausgegangen sind, daß das Gesellschaftsverhältnis mangels wichtiger Gründe, die gegebenenfalls das Schiedsgericht festzustellen hätte, unkündbar sei, liegt besonders nahe, wenn der eine Partner (der Vater) im vollen Besitz des Grund und Bodens und der Gebäude ist, während der andere (der Sohn) über das gesamte lebende und tote Inventar verfügt, das ihm gerade wegen der Gemeinschaftlichkeit des Betriebs übereignet worden war, also beides ohne zwingenden Grund vom Hofe nicht getrennt werden sollte.
Zutreffend weist das Finanzgericht darauf hin, daß ein Vertrag der vorliegenden Art, um als rechtswirksam anerkannt zu werden, auch vollzogen sein muß. Es vermißt die Durchführung, weil sich an den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Hofe nichts geändert habe. Diese Feststellung ist nicht unbedenklich. Nach außen ist, wie die Umbezeichnung der Bankkonten zeigt, die Gesellschaft als solche in Erscheinung getreten. Daß in den internen Verhältnissen der Bf. als Vater das übergewicht behalten hat, mag richtig sein. Diese erklärt sich aus der Natur der Dinge, indem dem Urteil des älteren und Erfahreneren, dem der Betrieb ursprünglich allein gehörte, gegenüber dem Junior-Partner regelmäßig verstärktes Gewicht zukommt, und zwar auch besonders dort, wo es sich um Vater und Sohn handelt und beide in gutem Einvernehmen miteinander stehen. In einer Partnerschaft zwischen Gewerbetreibenden oder Angehörigen freier Berufe (z. B. Rechtsanwälte) ist es nicht anders.
Weil der Sachverhalt nicht ausreichend geklärt ist, geht die Sache an das Finanzgericht zurück. Dieses wird unter Berücksichtigung der vorstehenden Gesichtspunkte erneut in eine Prüfung einzutreten und insbesondere zu untersuchen haben, welche Bedeutung der in § 4 in Verbindung mit § 10 des Vertrags vorgesehenen Regelung beizumessen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 407536 |
BStBl III 1953, 13 |
BFHE 1954, 34 |
BFHE 57, 34 |