Leitsatz (amtlich)
1. Eine landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle kann nur dann als landwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 29 Abs. 1 BewG i. d. F. vor BewG 1965 (= § 33 BewG 1965) bewertet werden, wenn ein angemessener Rohertrag erzielt wird. Als angemessen ist ein Rohertrag von mindestens 3 000 DM jährlich anzusehen.
2. Bei landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen mit reiner Grünlandnutzung muß in der Regel ein ausreichender Viehbesatz vorhanden sein. Zur Beurteilung hierzu können die Ausführungen in Abschn. 1.02 Abs. 7 und Abschn. 2.11 Abs. 5 BewRL 1964 auch bei Bewertungsfällen nach altem Recht herangezogen werden.
2. Das Wohngebäude einer landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstelle ist in der Regel als Grundvermögen zu bewerten.
Normenkette
BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 29 Abs. 1; BewG 1965 § 33
Tatbestand
I. Sachverhalt und Entscheidung des FG
Streitig ist die Bewertung eines 2 413 qm großen Grundstücks, das der Revisionsbeklagte und Kläger (im folgenden Kläger genannt) von der Stadt N. als unbebautes Grundstück erworben hatte. Der Erwerb erfolgte im Rahmen eines Siedlungsverfahrens zur Errichtung von landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen. Planung, Auswahl der Siedler und Finanzierung des Vorhabens oblagen der Landgesellschaft X. Der Kläger, ein ehemaliger heimatvertriebener Landwirt, ist jetzt als Industriearbeiter tätig.
Im Jahre 1956 wurden auf den Siedlergrundstücken Wohngebäude in einheitlicher Bauweise errichtet. Die Durchführung des Baues lag in den Händen des Siedlungsamtes. Jedes Wohnhaus enthält eine Erdgeschoßwohnung und eine Einliegerwohnung im ausgebauten Dachgeschoß. Ein Raum im Erdgeschoß ist so geplant, daß er als Stall benutzt werden kann. Auf Wunsch der Siedler konnte auch ein besonderes Stallgebäude errichtet werden. In diesem Fall bestand die Möglichkeit, den im Erdgeschoß vorgesehenen Stallraum für Wohnzwecke herzurichten oder als Abstellraum zu benutzen. Im Streitfall hat der Kläger von der Möglichkeit der Errichtung eines eigenen Stallgebäudes keinen Gebrauch gemacht. Als Stallgebäude dient ein neben dem Wohnhaus errichteter Holzschuppen. Das Wohnhaus wird von dem Kläger und seiner Familie bewohnt. In der Einliegerwohnung im Dachgeschoß wohnte anfangs eine inzwischen verstorbene Verwandte.
Die unbebaute Fläche wird als Grünland, Gartenland und zum Anbau von Gemüse und Hackfrüchten genutzt. Der Kläger hielt am hier maßgebenden Stichtag Kaninchen. Für die Bewirtschaftung der Nebenerwerbsstelle stehen dem Kläger der Feierabend und das Wochenende zur Verfügung; im übrigen hilft seine Ehefrau neben ihrem Haushalt mit.
Das FA rechnete das noch unbebaute Grundstück zum 1. Januar 1956 dem Kläger zu und bewertete es als landwirtschaftlichen Betrieb. Nach Fertigstellung des Wohngebäudes schrieb das FA den Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebes zum 1. Januar 1957 fort, wobei es die Wohnung des Klägers in den Einheitswert des landwirtschaftlichen Betriebes einbezog. Daneben bewertete es die im Dachgeschoß befindliche Wohnung als Grundvermögen.
Im Anschluß an eine Besichtigung des Grundstücks im Jahre 1964 bewertete das FA den Grundbesitz des Klägers zum 1. Januar 1964 als Grundvermögen (Einfamilienhaus). Durch Bescheid vom 24. November 1964 schrieb es den Einheitswert auf ... DM fort.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Die Klage war dagegen erfolgreich. Die Vorinstanz schloß sich der Auffassung des Klägers an, daß es für die Bewertung seines Grundstücks entscheidend darauf ankomme, daß das Grundstück landwirtschaftlich genutzt werde. Zu dem gleichen Ergebnis war auch der vom FG bestellte landwirtschaftliche Sachverständige als Gutachter gekommen.
Auf die Beschwerde des FA gegen die Nichtzulassung der Revision hatte der erkennende Senat die Revision zugelassen.
II. Das Vorbringen in der Revisionsinstanz und Stellungnahme des BdF
1. Mit der Revision rügt das FA unrichtige Anwendung des § 29 Abs. 1 BewG i. d. F. vor 1965 sowie Verfahrensmängel.
Das FG habe zur Unrecht allein darauf abgestellt, ob die zur Nebenerwerbsstelle gehörende Nutzfläche die Größe eines Hausgartens überschreite. Werde der über den Hausgarten hinausgehende Teil der Nutzfläche nur als Grünland oder zur Heuerwerbung genutzt, so könne der Zusammenhang mit der Tierhaltung nicht außer acht gelassen werden. Für eine Kleinviehhaltung bedürfe es nicht dieser relativ großen Fläche. Die Bezugnahme auf die Entscheidung des BFH vom 29. November 1963 III 44/61 (HFR 1964, 189) gehe insofern fehl, als in dem dort entschiedenen Fall das Land überwiegend mit Kartoffeln, aber auch mit Gemüse, Getreide, Grünmais und Körnermais bebaut worden sei.
Das FG habe auch zu Unrecht die Wohnung des Klägers dem landwirtschaftlichen Betrieb zugerechnet. Zu dieser Schlußfolgerung sei es gekommen, weil insoweit das Gutachten des Sachverständigen unvollständige und zum Teil falsche Angaben enthalte. Nicht entscheidend sein könne, ob in dem Wohngebäude ein oder zwei Räume als Stallräume vorgesehen seien, sondern wie diese Räume am Stichtag tatsächlich genutzt würden. Unerheblich sei dagegen, ob die Wohngebäude tatsächlich Gebäuden mit ländlichem Charakter entsprächen.
Die Verfahrensrügen werden wie folgt begründet:
Das FG habe bisher stets entgegengesetzt entschieden. Wenn es von seiner ständigen Rechtsprechung habe abweichen wollen, so hätte es das FA hierauf hinweisen müssen. Hierin liege eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Außerdem sei der Sachverhalt unzureichend und zum Teil falsch aufgeklärt worden. So habe es der Sachverständige unterlassen, die Beteiligten - und somit auch das FA - von der beabsichtigten Besichtigung des Anwesens zu unterrichten. Dies sei bereits im finanzgerichtlichen Verfahren gerügt worden. Hätte der Gutachter die Beteiligten verständigt, so hätte das FA auf eine bessere Tatsachenfeststellung hinwirken können.
Das Gutachten sei insofern unverständlich, als es keine erschöpfende Auskunft über die tatsächliche Nutzung des Wohnhauses gebe. Die Feststellung des Gutachters, es handle sich um ein zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörendes gegendübliches Wohnhaus, sei weder schlüssig noch nachprüfbar. Es liege ein Verstoß gegen Erfahrungssätze vor.
Das FA beantragt Aufhebung des angefochtenen Urteils und Abweisung der Klage.
Der Kläger beantragt kostenpflichtige Zurückweisung der Revision. Er hält die Feststellungen und Rechtsausführungen des angefochtenen Urteils für zutreffend. Zur Feststellung der Grundstücksart genüge es, daß die landwirtschaftliche Nutzung in der Form feldwirtschaftlicher Bewirtschaftung möglich sei und eine solche Nutzung auch tatsächlich stattfinde. Hinsichtlich der Zugehörigkeit des Wohngebäudes zum landwirtschaftlichen Vermögen könne heute nicht mehr auf die Vergleichbarkeit mit Bauernhäusern der früheren Zeit abgestellt werden. Es dürfe überhaupt nicht auf die allgemeine Verkehrsauffassung abgestellt werden, da moderne Bauernhäuser nach ihrer Bauart und inneren und äußeren Einrichtung sich immer mehr Wohnhäusern mit städtischem Charakter anglichen.
2. Stellungnahme des BdF
Der BdF hat seinen Beitritt zum Verfahren erklärt. Er führt im wesentlichen folgendes aus:
Das Gelände, auf dem die Nebenerwerbsstellen errichtet worden seien, sei im Flächennutzungsplan der Stadt N. als vorhandene Wohnbaufläche ausgewiesen. Bei der genutzten Fläche handle es sich im Streitfall um absolutes Grünland, was sich auch aus den Ergebnissen der Bodenschätzung ersehen lasse. Derartiges Grünland lasse sich aber, selbst wenn Anlagen zur Entwässerung vorhanden seien, nicht produktiv nutzen, wenn nicht eine ausreichende Tierhaltung vorhanden sei, über die die anfallenden Futtermittel verwendet würden. Zwar gebe es, wie auch das FG ausgeführt habe, Betriebe, die kein Vieh mehr hielten; das sei jedoch ohne nachhaltige Beeinträchtigung der Bodenfruchtbarkeit nur auf Akkerböden bester Bonität möglich. Gründlandbetriebe ohne Tierhaltung dürfte es kaum geben, es sei denn, eine rationelle Verwertungsmöglichkeit der Bodenerzeugnisse über eine in der Nähe gelegene Trocknungsanlage sei möglich. Hierzu sei aber nichts festgestellt; es müsse daher der vorhandene Tierbestand als nicht ausreichend angesehen werden. Die "landwirtschaftliche" Bodennutzung und die Kleintierhaltung seien nur Nebenzweck.
Hinsichtlich des baulichen Charakters des Gebäudes schließt sich der BdF den Ausführungen der angefochtenen Entscheidung an, daß Wohnhäuser im gleichen Stil sowohl bei kleineren Bauernhöfen als auch in rein städtischen Wohn- und Siedlungsgebieten anzutreffen seien. Weder der äußere Eindruck noch die Inneneinrichtung seien als Abgrenzungskriterium geeignet. Entscheidend sei allein, daß nach § 29 Abs. 1 BewG Teile einer wirtschaftlichen Einheit des landwirtschaftlichen Vermögens nur dann in die wirtschaftliche Einheit "landwirtschaftlicher Betriebe" einbezogen werden könnten, wenn diese Teile dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dienen. Hauptzweck sei aber ohne Zweifel die Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Klägers für ihn und seine Familie. Die Wohngebäude landwirtschaftlicher Nebenerwerbssiedlungen seien daher in der Regel dem Grundvermögen zuzurechnen (Hinweis auf Rössler-Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 7. Aufl. Anm. 8 zu § 29 BewG).
Entscheidungsgründe
III. Entscheidung des Senats
Auf die Revision wird die Vorentscheidung aufgehoben.
Der Grundbesitz des Klägers ist im Rahmen eines Siedlungsverfahrens als sogenannte landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle gebildet worden. Wie der erkennende Senat in seiner Entscheidung III 44/61 ausgeführt hat, ist der Begriff "landwirtschaftliche Nebenerwerbsstelle" nur in § 143 Satz 2 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) gesetzlich definiert. Diese Definition ist aber für das Bewertungsrecht nicht brauchbar, da sie ganz auf den Zweck des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung zugeschnitten ist.
Die Tatsache, daß die Nebenerwerbsstelle im Rahmen eines größeren landwirtschaftlichen Siedlungsverfahrens errichtet wurde, dessen Durchführung in den Händen eines Siedlungsamtes lag und daß sie zur Ansiedlung heimatvertriebener Landwirte dienen sollte, ist nicht für die Entscheidung maßgebend, ob die einzelne Siedlerstelle als landwirtschaftlicher Betrieb im bewertungsrechtlichen Sinne anzusehen ist oder nicht.
Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, ist die hier maßgebende Gesetzesnorm § 29 Abs. 1 BewG. Hiernach gehören zu einem landwirtschaftlichen Vermögen alle Teile (insbesondere Grund und Boden, Gebäude, stehende und umlaufende Betriebsmittel, Nebenbetriebe und Sonderkulturen) einer wirtschaftlichen Einheit, die dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient (landwirtschaftlicher Betrieb). Diese Vorschrift gilt auch für Nebenerwerbsstellen. Die zu einer landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstelle gehörende Fläche muß daher eine bestimmte Größe haben und landwirtschaftlich genutzt werden. Wenn die Vorinstanz in diesem Zusammenhang auf die Vorschrift des § 51 Abs. 2 BewG verweist, so hat sie nicht beachtet, daß § 51 Abs. 2 BewG nur für unbebaute Grundstücke in Betracht kommt.
Nach allgemeinem Sprachgebrauch versteht man unter Landwirtschaft die Nutzung des Grund und Bodens zur Gewinnung pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse sowie die unmittelbare Verwertung dieser Erzeugnisse, einschließlich der erzeugten Pflanzen und Tiere selbst (siehe z. B. Steinhardt, Bewertungsgesetz, § 33 BewG 1965 Anm. 3). Andererseits erfordert der Begriff des landwirtschaftlichen Betriebs nach der ständigen Rechtsprechung weder eine Mindestgröße noch vollen landwirtschaftlichen Besatz. Entscheidend ist die tatsächliche nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung. Deshalb können auch als Weide oder Ackerland genutzte Flächen als landwirtschaftlicher Betrieb zu bewerten sein (vgl. BFH-Entscheidungen vom 20. November 1959 III 197/58 U, BFHE 70, 500, BStBl III 1960, 205, und vom 21. Dezember 1965 III 291/62 U, BFHE 84, 381, BStBl III 1966, 138), wie dies nach neuem Recht für die bewertungsrechtliche Behandlung der sogenannten Stückländereien ausdrücklich vorgeschrieben ist (§ 34 Abs. 7 BewG 1965).
Die Vorschrift des § 29 Abs. 1 BewG erfordert, wie bereits ausgeführt, daß die zu bewertende wirtschaftliche Einheit dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient. Diese Voraussetzung ist nach Auffassung des Senats nur dann erfüllt, wenn eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung dem Inhaber einen angemessenen Nutzen in Form eines nachhaltig erzielbaren Rohertrages erbringt. Bei reinen Grünlandbetrieben der hier vorliegenden Art ist aber ein angemessener Rohertrag nur dann zu erzielen, wenn ein ausreichender Viehbesatz vorhanden ist. Als angemessen erscheint dem Senat hierbei ein Rohertrag von 3 000 DM. Die Vorinstanz hat es demgegenüber darauf abgestellt, ob die landwirtschaftlich genutzte Fläche die für Kleinsiedlungen vorgesehene "angemessene Landzulage" im Sinne des § 10 Abs. 1 II. WoBauG von 800 qm bzw. 600 qm übersteigt und daß eine landwirtschaftliche Nutzung vorhanden ist. Die Vorinstanz hat es ausdrücklich abgelehnt, auf den Umfang der Tierhaltung als geeignetes Abgrenzungsmerkmal abzustellen, da es zahlreiche Betriebe ohne Tierhaltung gebe, die wegen der landwirtschaftlichen Nutzung des Grund und Bodens trotzdem als landwirtschaftlicher Betrieb zu bewerten seien. Da diese Rechtsauffassung mit den zuvor dargelegten Grundsätzen im Widerspruch steht, ist die Vorentscheidung aufzuheben.
Die Sache ist nicht spruchreif. Sie wird deshalb zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
Die Vorinstanz hat sich zur Begründung ihrer Entscheidung in vielen Punkten auf die Ausführungen des Sachverständigen bezogen, obwohl das FA bereits im finanzgerichtlichen Verfahren die Ausführungen des Gutachters in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beanstandet hatte. Das FA macht in der Revision gerade insoweit auch Verfahrensrügen geltend. Insbesondere rügt es als Verfahrensfehler, daß der Sachverständige die Besichtigung der Siedlerstellen ohne vorherige Benachrichtigung der Beteiligten vorgenommen hat. Diese vom FA rechtzeitig erhobene Verfahrensrüge ist begründet, da insoweit gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweiserhebung und der Parteiöffentlichkeit verstoßen wurde (§§ 82, 83 FGO). Das Unterlassen der rechtzeitigen Benachrichtigung und der Beweiserhebung durch alleinige Inaugenscheinnahme durch den Sachverständigen in Abwesenheit der nicht geladenen übrigen Beteiligten stellt einen Verfahrensmangel im Sinne des § 118 Abs. 3 Satz 1 FGO dar. Das FA braucht hierbei nicht zu beweisen, daß das FG andere Feststellungen und möglicherweise andere Schlußfolgerungen gezogen hätte, wenn die Beteiligten zugegen gewesen wären und hätten Fragen stellen Können (siehe Entscheidung des Reichsgerichts in Zivilsachen Bd. 136 S. 299). Dieser Verfahrensmangel ist nicht dadurch geheilt worden, daß der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gehört wurde. Nach dem Sitzungsprotokoll hat die Vorinstanz dem Antrag des FA, den zur Verhandlung mitgebrachten landwirtschaftlichen Sachverständigen des FA zu hören, nur insoweit berücksichtigt, als es zuließ, daß dieser Sachverständige die vom FA abweichende Auffassung zur landwirtschaftlichen Nutzung und des baulichen Charakters des Gebäudes vortragen durfte. Auch den Antrag, einen weiteren Sachverständigen zu beauftragen und eine Ortsbesichtigung durch das FG selbst vorzunehmen, hatte die Vorinstanz abgelehnt. Die Vorinstanz hat damit gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO) verstoßen.
Das FG wird nunmehr erneut Feststellungen darüber zu treffen haben, ob im Streitfall ein ausreichender Viehbesatz vorhanden ist, der zu einer Bewertung der landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstelle als landwirtschaftlicher Betrieb führen könnte. Hierbei können nach Auffassung des Senats weitgehend die Richtlinien für die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens (BewRL) für die Hauptfeststellung der Einheitswerte des Grundbesitzes auf den 1. Januar 1964 zur Beurteilung herangezogen werden. Die dort genannten Ausführungen gelten zwar grundsätzlich erst für die Hauptfeststellung 1. Januar 1964. Soweit es sich jedoch hierbei um die Feststellung des üblichen Viehbesatzes im Verhältnis zur vorhandenen Grundstücksfläche handelt, beruhen diese Ausführungen auf den in der Landwirtschaft gegebenen tatsächlichen Verhältnissen, die einer Heranziehung als Anhaltspunkt für die Bewertung nach altem Recht nicht entgegenstehen. Im übrigen übernehmen sie nur Rechtsgrundsätze des alten Rechts für die neue Hauptfeststellung 1964. Das gilt nach Auffassung des Senats z. B. für die Ausführungen in Abschn. 1.02 Abs. 7 BewRL, wonach bei Kleinbetrieben mit ausschließlich landwirtschaftlicher Nutzung mindestens eine Vieheinheit oder bei Geflügel zwei Vieheinheiten gehalten werden müssen, sowie für Abschn. 2.11 Abs. 5 letzter Satz über die Umrechnung der Tierbestände in Vieheinheiten nach der Jahreserzeugung oder nach dem Jahresdurchschnittsbestand.
Die Vorinstanz hat selbst keine Feststellungen über den tatsächlichen Viehbestand entsprechend den vorhergehenden Ausführungen getroffen. Soweit die Vorinstanz sich auf die Ausführungen des Sachverständigen beruft, sind diese zum Teil unvollständig, zum Teil wurden sie vom FA bestritten. Es ist daher erforderlich, insoweit neue Feststellungen zu treffen.
Sollte sich hierbei ergeben, daß kein ausreichender Viehbesatz vorhanden ist, so scheidet eine Bewertung als landwirtschaftlicher Betrieb aus. Der Grundbesitz müßte dann insgesamt, d. h. einschließlich des Wohngebäudes als Grundvermögen bewertet werden.
Würde sich jedoch ergeben, daß ein ausreichender Viehbesatz vorhanden war, so wäre nur die landwirtschaftlich genutzte Fläche als landwirtschaftlicher Betrieb zu bewerten. Das Wohngebäude kann nach Auffassung des Senats in keinem Fall in das landwirtschaftliche Vermögen einbezogen werden, da der Hauptzweck des Wohngebäudes dem Wohnbedürfnis des Eigentümers der landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstelle und seiner Familie dient. Entgegen der Meinung des FG können die in dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen 1935 aufgestellten Grundsätze über die Vergleichbarkeit landwirtschaftlicher Wohngebäude mit städtischen Wohngebäuden heute keine Rolle mehr spielen, da sich die tatsächlichen Verhältnisse seit 1935 verändert haben (§ 1 Abs. 3 StAnpG).
Fundstellen
Haufe-Index 70336 |
BStBl II 1973, 282 |
BFHE 1973, 445 |