Leitsatz (amtlich)
Die Vergütung, die der Unternehmer nach Kündigung oder vertraglicher Auflösung eines Werklieferungsvertrags vereinnahmt, ohne an den Besteller die bereitgestellten Werkstoffe oder das teilweise vollendete Werk geliefert zu haben, ist kein Entgelt im Sinne des Umsatzsteuerrechts.
Normenkette
BGB §§ 649, 651; UStG 1951 § 1 Nr. 1, § 3 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) vereinnahmte im Jahre 1959 aus vier X-bauverträgen, die auf Veranlassung der Auftraggeber aufgehoben wurden, insgesamt ... DM. Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) zog diesen Betrag abweichend von der Steuererklärung mit 4 v. H. zur Berechnung der Umsatzsteuer 1959 heran. Die Steuerpflichtige, die die Auffassung vertritt, der dem Streit zugrunde liegende Betrag sei ihr nicht als Gegenwert für Leistungen im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG 1951 zugeflossen und deshalb kein vom Umsatzsteuerrecht erfaßtes Entgelt, focht den Bescheid im Umfang von ... DM an. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Beim Finanzgericht (FG) erstritt die Steuerpflichtige jedoch ein Urteil nach ihrem Klageantrag. Noch vor der Entscheidung über den Einspruch hatte die Steuerpflichtige mit einer berichtigten Umsatzsteuererklärung vom 27. September 1966 beantragt, die Umsatzsteuer um einen weiteren Betrag von ... DM zu ermäßigen, weil irrig sowohl sie selbst in ihrer ursprünglichen Umsatzsteuererklärung wie auch das FA im angefochtenen Bescheid Entgelte für das Umfüllen von Flüssigsauerstoff aus Tankwagen in Stahlflaschen mit 4 v. H. statt mit 1 v. H. zur Umsatzsteuer herangezogen hätten. Auf diesen Antrag ist weder das FA in der Einspruchsentscheidung noch das FG im angefochtenen Urteil eingegangen.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das FG ausgeführt: Von den vier annulierten Bauverträgen, die die Steuerpflichtige mit den Bau-Nrn. 582, 577, 580 und 590 (alt) gekennzeichnet habe, hätten die Besteller den zuerst und den zuletzt genannten Vertrag gemäß § 649 BGB gekündigt, also einseitig aufgelöst. Die beiden weiteren Bauverträge seien zwar möglicherweise im gegenseitigen Einvernehmen zwischen der Steuerpflichtigen und dem in beiden Fällen selben Besteller, also durch Vertrag aufgehoben worden; die wirtschaftliche Bedeutung dieses Vertrags sei aber die gleiche wie die der einseitigen Kündigung durch den Besteller und deshalb umsatzsteuerrechtlich wie eine solche zu behandeln. Es sei also davon auszugehen, daß die strittigen Einnahmen in allen Fällen Vergütungen im Sinne des § 649 BGB gewesen seien, somit Entgelte, die für eine Leistung (Werklieferung) vereinbart und - allerdings der Höhe nach verkürzt - zu zahlen gewesen seien, obwohl die Steuerpflichtige die Leistung nicht erbracht habe. Ein solcher Geschäftsvorgang sei nicht steuerbar, da die Umsatzsteuer nach § 1 Nr. 1 UStG 1951 nur ausgeführte Leistungen erfasse. Abzulehnen sei die Auffassung des FA, die vor Auflösung eines Vertrags entfaltete Herstellungstätigkeit - nach den Baukonten der Steuerpflichtigen handelt es sich dabei im Falle der Nr. 582 um einen Aufwand von 19 100 DM, im Falle der Nrn. 577 und 580 um einen solchen von 20 896 DM; im vierten Falle ist das Konto nicht belastet - sei die Leistung, der die strittigen Vergütungen von über ... Millionen DM umsatzsteuerrechtlich entsprächen. Auch die Meinung des FA, die Bereitschaft der Steuerpflichtigen zur Erfüllung der Verträge sei eine Leistung im Sinne des Umsatzsteuerrechts, sei irrig. Denn der Erfolg aus der bis zur Vertragsauflösung entfalteten Tätigkeit des Unternehmers sei für den Besteller ohne Interesse gewesen. Dieser habe es nur auf das hergestellte Werk abgesehen gehabt; es habe ihm der Wille gefehlt, für bloße Herstellungsmaßnahmen des Unternehmers zu zahlen. Auch von einem durch Leistungsbereitschaft ausgeführten Umsatz könne nicht die Rede sein. Denn die Steuerpflichtige habe nicht ihre Dienste zur jederzeitigen Inanspruchnahme zur Verfügung gestellt, sondern habe - wie der Verkäufer bei einem gegen Entschädigung aufgelösten Kaufvertrag, für den der BFH im Urteil V 263/58 U vom 27. April 1961 (BFH 73, 90, BStBl III 1961, 300) das Vorliegen einer umsatzsteuerrechtlich relevanten Leistungsbereitschaft verneint habe - vor allem liefern wollen.
Das FG hat deshalb den angefochtenen Umsatzsteuerbescheid aufgehoben und für den im Streit stehenden Veranlagungszeitraum 1959 einen Erstattungsbetrag von ... DM festgesetzt.
Gegen dieses Urteil hat das FA Revision eingelegt und dazu ausgeführt:
Das FG habe die vorliegenden schriftlichen Willenserklärungen, die die Auflösung der Verträge beträfen, falsch ausgelegt. Es handele sich in allen Fällen um gegenseitige Vereinbarungen, durch die die Steuerpflitige jeweils Verzicht auf die Vertragserfüllung seitens des Bestellers geleistet und dafür den Entgeltanspruch erworben habe. Es lägen schon aus diesem Grunde steuerpflichtige Umsätze vor. Für eine Umdeutung dieser Geschäftsvorgänge nach dem dem § 649 BGB entsprechenden Tatbestand bestehe auch nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise keine Möglichkeit. Aber auch wenn von der Anwendbarkeit dieser Vorschrift auszugehen sei, müßten die strittigen Beträge zur Berechnung der Umsatzsteuer herangezogen werden. Denn die Zahlungen nach § 649 BGB dienten der Befriedigung des Erfüllungs anspruchs des Unternehmers. Im vorliegenden Falle habe die Stpfl. überdies auf Grund der ursprünglichen Verträge bereits mit den Herstellungsarbeiten begonnen gehabt. Durch die vereinnahmten Entgelte seien diese und der gesamte kalkulierte Auftragsgewinn abgegolten worden. Auch die nach der ursprünglichen Vereinbarung bewiesene und auf eine längere Zukunft eingestellte Bereitschaft zur Herstellung der X. seien Leistungen, die in enger Wechselbeziehung mit den strittigen Zahlungen stünden. Im übrigen gelte im Wirtschaftsverkehr, daß niemand zahle, ohne dafür selbst etwas zu bekommen.
Die Steuerpflichtige hat beantragt, die Revision zurückzuweisen und hat außerdem mit Schreiben vom 8. Februar 1968 angeregt, in Abänderung der Umsatzsteuerberechnung des FG den Erstattungsbetrag um Y DM zu erhöhen. Das FA hat zu dieser Anregung erklärt, es handle sich um eine zutreffende Forderung.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet.
1. Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist es ohne Bedeutung, ob die Besteller ihre mit der Steuerpflichtigen geschlossenen Werklieferungsverträge (§ 651 BGB) gekündigt (§ 649 BGB) oder durch gegenseitige Verträge aufgelöst haben. In beiden Fällen wirken die Rechtshandlungen - anders als beim Rücktritt vom Vertrag - nur für die Zukunft (ex nunc). Allerdings unterscheidet sich die vertragliche Aufhebung von der Kündigung durch die Mitwirkung des Unternehmers (Steuerpflichtige). Die Meinung des FA, die Willenserklärung der Steuerpflichtigen sei als Rechtsverzicht eine Leistung im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG 1951, ist aber irrig. Die Vereinbarung, die den Verzicht des Unternehmers auf Abnahme der diesem ursprünglich oblegenen Vertragsleistung enthält, ist ein Abänderungsvertrag, der sich auf den jeweiligen X-bauvertrag bezieht. Im Rahmen dieses Vertrags wurde zwar eine neue Vereinbarung über das Entgelt getroffen, die Zahlungspflicht des Bestellers aber nicht wegen der Verzichtleistung des Unternehmers, sondern wegen dessen Ansprüchen aus dem X-bauvertrag geregelt. Wie das FA in der Revisionsbegründung selbst einräumt, hat sich die Steuerpflichtige bei der vertraglichen Auflösung den Anspruch auf Erfüllung der Vertragspflichten, die dem Besteller oblegen sind, gesichert und diesen Anspruch lediglich nach den Gesichtspunkten des § 649 BGB ermäßigt. Nach dieser Vorschrift muß sich der Unternehmer dasjenige anrechnen lassen, "was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt". Die Besteller haben also nicht für den Verzicht bezahlt, sondern den verbindlichen Werklieferungsvertrag, soweit sie sich davon nicht lösen konnten, erfüllt (vgl. dazu Nr. 2 des Urteils des BFH V 263/58 U vom 27. April 1961, BFH 73, 90, BStBl III 1961, 300). Der Verzicht ist somit, auch wenn er als Leistung zu beurteilen wäre, jedenfalls keine entgeltliche Leistung. Im übrigen hat die Steuerpflichtige, wenn mit dem FA von dem von Popitz (Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 3. Aufl., 1928, S. 355) definierten Begriff ausgegangen wird, nicht einmal eine "Leistung" erbracht. Denn leisten heißt hiernach, ein Rechtsgut (des Wirtschaftsverkehrs) zur Herbeiführung des Nutzens eines anderen zu opfern. Hier hat zwar die Steuerpflichtige durch ihren Verzicht den Bestellern sinnlose Mehrauslagen erspart und diesen deshalb genützt; sie hat aber selbst das Rechtsgut ihres Auftragsbestands ohne jedes Opfer aufgegeben, weil ihr der betriebswirtschaftliche Wert desselben kraft des ursprünglichen Vertrags zugeflossen ist.
Der in Rede stehende Geschäftsvorgang ist nicht vergleichbar mit den vom Senat entschiedenen Fällen, in denen der Leistungscharakter eines Verzichts auf Fortsetzung eines gegenseitigen Vertrags bejaht wurde (insbesondere bei Miet- oder Pachtverträgen, vgl. z. B. das Urteil V 177/65 vom 7. August 1969, BFH 96, 441, BStBl II 1969, 696). Denn in diesen Fällen hat stets der Leistungs empfänger bzw. der hinsichtlich der Hauptleistung Forderungsberechtigte gegen Entgelt verzichtet. Ein solcher Vorgang ist seiner wirtschaftlichen Bedeutung nach - je nachdem, ob er den Interessen des Verpflichteten oder eines Dritten dient - nichts anderes als entweder die entgeltliche Zession einer Forderung oder die entgeltliche Aufhebung eines Schuldverhältnisses. Im vorliegenden Falle handelt es sich aber um einen Verzicht des Unternehmers, also des zur Hauptleistung Verpflichteten, wobei sich dieser Verzicht nicht auf die Gegenleistung, sondern nur auf die künftige Abnahme der eigenen noch zu erbringenden Leistung, also auf einen Gegenstand bezieht, der kein verkehrsfähiges Wirtschaftsgut ist.
Der Senat ist deshalb der Auffassung, daß die Steuerpflichtige durch ihre etwaige willentliche Mitwirkung bei der Auflösung eines oder aller X-bauverträge keine steuerbare Leistung erbracht hat.
2. Die Steuerpflichtige hat auch durch andere Handlungen oder Verhaltensweisen keine steuerbaren Leistungen erbracht.
a) Die vom FA herausgestellte Bereitschaft zur Erfüllung des Schuldverhältnisses (Werklieferungsvertrags) ist gemäß § 241 BGB selbst keine Leistung im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG 1951. Mit dem Begriff "Leistungsbereitschaft" bezeichnet das FA nichts anderes als den Vertragswillen des Unternehmers, also lediglich dessen Vorhaben, die bestellte Werklieferung auszuführen. Dieses Vorhaben ist aber nicht Gegenstand des Rechtsverkehrs; vielmehr liegt dem Umsatz allein die Bestellung zugrunde. Entfällt die Bestellung, so entfällt auch das Vorhaben des Unternehmers.
Von diesen Verhältnissen zu unterscheiden sind die Fälle, in denen der Unternehmer den Gegenstand des Schuldverhältnisses (z. B. vereinbarte Dienste oder gekaufte Ware) dem Abnehmer zur Verfügung stellt (anbietet) und dieser in Annahmeverzug gerät. Diese Leistungsbereitschaft ist eine Leistung, auch wenn die Dienste nicht mehr erbracht (§ 615 BGB) oder die Waren - etwa wegen nachträglichen Untergangs (§ 324 Abs. 2 BGB) - nicht mehr geliefert, die Entgelte aber gleichwohl bezahlt werden müssen. Leistungen im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG 1951 liegen ferner vor, wenn ein Unternehmer entgeltlich seine Arbeitskraft oder sächliche Mittel zum jederzeitigen vertragsmäßigen Einsatz oder Abruf für einen anderen bereitstellt. Hier ist die Leistungsbereitschaft umsatzsteuerrechtlich relevant, weil über das bloße Verpflichtungsgeschäft hinaus dem anderen Teil zugleich die Verfügungsbefugnis über die Dienste oder die Sachen des Unternehmers übertragen wird. Beispiele für derartige im Verpflichtungsgeschäft selbst bestehende Leistungen sind entgeltliche Dauerverträge mit Anwälten, Steuerberatern, Agenten oder Maklern zur jederzeitigen Übernahme von Geschäftsbesorgungen, die entgeltliche Zugehörigkeit zu einem Lesezirkel oder die entgeltliche Bereitstellung von Darlehen durch eine Bank. Beim Kauf-, Werk oder Werklieferungsvertrag dagegen verfügt der Unternehmer über den Einsatz seiner Arbeitskraft und seiner Betriebsmittel selbst (vgl. dazu Nr. 3 des BFH-Urteils V 263/58 U, a. a. O.).
b) Die bisherigen Erwägungen stellen klar, daß der nach Auflösung eines Werklieferungsvertrags gezahlten Vergütung im Sinne des § 649 BGB jedenfalls dann keine Leistung des Unternehmers gegenübersteht, wenn dieser mit der Herstellung des Werks noch nicht begonnen hatte.
Hat der Unternehmer - wie hier jedenfalls in den Fällen der Bau-Nrn. 582, 577 und 580 - zur Erfüllung des Werklieferungsvertrags bereits Arbeit und Material eingesetzt, ohne den hierdurch erzielten Erfolg anderweit verwerten zu können, so enthält die Vergütung zwar die Abgeltung dieses Aufwands.
Trotzdem ist der Senat aber der Auffassung, daß auch die durchgeführten Arbeiten nicht als Leistungen im umsatzsteuerrechtlichen Sinn beurteilt werden können. Diese Rechtsüberzeugung gewinnt der Senat aus dem besonderen Wesen des Werklieferungsvertrags (§ 651 BGB) und der besonderen Regelung im § 3 Abs. 2 UStG 1951, wonach die übernommene Be- oder Verarbeitung eines Gegenstandes, bei der der Unternehmer selbstbeschaffte Stoffe verwendet, als Lieferung (Werklieferung) anzusehen ist. Im Gegensatz zum gewöhnlichen Werkvertrag (z. B. Reparaturauftrag) oder zum Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 BGB (z. B. die Tätigkeiten des Rechtsanwalts, des Handelsvertreters oder einer Bank), wo das Element der zur Erledigung der Bestellung erforderlichen Arbeitsleistung des Unternehmers vom ersten bis zum letzten Schritt die Rechtsverhältnisse des Auftraggebers berührt - sei es wegen dessen Rechten am Material oder wegen dessen enger rechtlicher oder tatsächlicher Beziehung zu den Angelegenheiten, die der Unternehmer zu besorgen hat -, tritt dieses Element beim Werklieferungsvertrag hinter den Liefervorgang völlig zurück. Denn bei Ausführung eines solchen Vertrags investiert der Unternehmer seine Arbeitskraft stets in das eigene Material; was hierdurch entsteht, gehört ihm; der Besteller ist nicht in der Lage, eine vertragsfremde Verwertung (Verkauf an einen Dritten) zu verhindern; den zufälligen Untergang - selbst wenn er vom Besteller zu vertreten wäre - hat grundsätzlich der Unternehmer zu tragen, solange die Sache nicht geliefert ist (§§ 651 Abs. 1 Satz 2, 446 BGB). Entsprechend dieser bürgerlich-rechtlichen Natur des Werklieferungsvertrags hat das UStG 1951 in der oben wiedergegebenen Vorschrift ausdrücklich angeordnet, daß von der auf einem solchen Vertrag beruhenden Tätigkeit des Unternehmers nur die Verschaffung der Verfügungsmacht an der für den Besteller gefertigten Sache als Leistung anzusehen sei. Da das Gesetz dabei ausdrücklich auf das obligatorische Geschäft abstellt ("Hat der Unternehmer die Bearbeitung ... übernommen ..."), ist es nach Auffassung des Senats nicht möglich, bei Auflösung des Vertragsverhältnisses, wenn zugleich der Unternehmer den Erfüllungsanspruch gegenüber dem Besteller behält und deshalb Entgelt vereinnahmt, den bisher auf die Herstellung verwendeten Arbeits- und Materialaufwand wie beim gewöhnlichen Werkvertrag oder wie beim Dienstvertrag als Leistung im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG zu werten. Dieser Aufwand muß vielmehr ebenso wie die Arbeit und die sächlichen Mittel, die von einem Unternehmer zur Herstellung einer beliebigen Ware vor der Lieferung eingesetzt werden, als eine dem Eigenleben des Unternehmens zuzurechnende, umsatzsteuerrechtlich nicht erfaßbare Tätigkeit beurteilt werden.
Das FG ist deshalb in der angefochtenen Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, daß den vereinnahmten Beträgen, die Gegenstand des Rechtsstreits sind, keine Leistungen der Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Nr. 1 UStG 1951 gegenüberstehen. Da aber Besteuerungsgrundlage für die Umsatzsteuer grundsätzlich nur Leistungen ("Lieferungen und sonstige Leistungen") und nicht die Entgelte sind (§ 1 Nr. 1 UStG 1951), ist der Steuerbescheid im Umfang der Anfechtung rechtswidrig. Das FA muß daher mit seiner Revision unterliegen.
Der Anregung der Steuerpflichtigen, den vom FG festgesetzten Erstattungsbetrag um Y-DM zu erhöhen, kann der Senat nicht nachkommen. Das Gericht kann Sachentscheidungen nur im Rahmen zulässiger Anträge treffen (§§ 121, 96 Abs. 1 Satz 2 FGO). Die Forderung könnte deshalb im Revisionsverfahren nur berücksichtigt werden, wenn sie die Steuerpflichtige innerhalb einer Anschlußrevision in zulässiger Weise hätte erheben können. Hierfür fehlt aber eine verfahrensrechtliche Möglichkeit.
Ziel der Anregung ist es, über das Klagebegehren hinaus eine weitere Minderung der Steuerschuld zu erreichen. Dieses neue Begehren ist auf Tatsachen gestützt, die mit dem bisherigen Klagevorbringen nichts zu tun haben. Das Vorbringen wäre deshalb, wenn die Anregung als Anschlußrevision gewertet würde, nicht nur als Klageerweiterung (vgl. § 268 Nr. 2 ZPO), sondern als Änderung des Klagegrundes zu beurteilen. Eine Klageänderung ist aber in der Revision gemäß § 123 FGO ausgeschlossen. Dies gilt auch unter der Erwägung, daß die Stellungnahme des FA als Anerkenntnis des neu geltend gemachten Anspruchs anzusehen wäre. Denn auch einem Anerkenntnisurteil analog § 307 ZPO steht jedenfalls entgegen, daß die Klage insoweit verfahrensrechtlich nicht ordnungsgemäß erhoben ist und deshalb eine Prozeßvoraussetzung fehlt (vgl. Baumbach-Lauterbach, Zivilprozeßordnung, Anm. 3 B a. E. zu § 307). Der Senat sieht sich deshalb im Kosteninteresse der Steuerpflichtigen gehindert, deren bloße Anregung mit der Folge als prozessualen Antrag zu verstehen, daß dieser als unzulässig verworfen wird.
Fundstellen
BStBl II 1971, 6 |
BFHE 1971, 259 |