Entscheidungsstichwort (Thema)
Einlage von GmbH-Anteilen in eine schweizerische AG - Realisierung von Verlusten
Leitsatz (amtlich)
1. Die (verdeckte) Einlage von GmbH-Anteilen des Privatvermögens in das Vermögen einer schweizerischen Aktiengesellschaft führt nicht zu einer Realisierung von Verlusten gemäß § 6 Abs.3 Nr.1 AStG.
2. Die (verdeckte) Einlage von einbringungsgeborenen GmbH-Anteilen i.S. des § 20 Abs.1 UmwStG 1977 in das Vermögen einer schweizerischen Aktiengesellschaft führt dagegen zu einer Realisierung von Verlusten gemäß § 21 Abs.2 Nrn.2 und 3 UmwStG 1977 i.V.m. Abs.1 und § 16 EStG.
Orientierungssatz
1. § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG erfaßt nur Fälle, in denen die Besteuerung eines Vermögenszuwachses in Betracht kommt. Wertminderungen von Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften werden dagegen nicht davon erfaßt.
2. Ist ein Sachverhalt nur teilweise vom FG festgestellt und hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung noch bezüglich des nicht festgestellten Sachverhalts eine zulässige Gegenrüge erhoben, so entfällt die Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. Literatur).
Normenkette
AStG § 6 Abs. 3 Nr. 1; EStG § 16; AStG § 6 Abs. 1 S. 1; EStG § 17; FGO § 118 Abs. 2; EStG § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c; UmwStG 1977 § 20 Abs. 1, § 21 Abs. 1, 2 Nrn. 2-3
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 06.02.1986; Aktenzeichen 3 K 80/85) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) hatte im Februar 1977 die K-GmbH mit einem Stammkapital von 20 000 DM gegründet und einen Geschäftsanteil von 19 500 DM übernommen. Später erwarb er auch den weiteren Geschäftsanteil in Höhe von 500 DM. Im Juni 1977 wurde das Stammkapital der K-GmbH auf 3 Mio DM erhöht. Der Kläger übernahm auch den neuen Geschäftsanteil und erfüllte seine Einlageverpflichtung dadurch, daß er sein Einzelunternehmen mit mehreren Kaufhäusern in die K-GmbH zu den Buchwerten einbrachte. Er hielt die Anteile an der K-GmbH bis zum 21.Dezember 1982. In dieser Zeit erwirtschaftete die K-GmbH nur Verluste in einer Gesamthöhe von 10 166 210 DM.
Am 16.Dezember 1982 beschloß der Kläger, das Stammkapital der K-GmbH auf 500 000 DM herabzusetzen und den Differenzbetrag von 2,5 Mio DM zur Verlustabdeckung zu verwenden. Am 21.Dezember 1982 übertrug der Kläger seine Anteile an der K-GmbH ohne Gegenleistung auf die T-AG, eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz im Kanton Solothurn, die als Domizilgesellschaft fungierte. Die T-AG war vom Kläger, seiner Ehefrau und seiner Schwiegermutter errichtet worden.
Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung 1982 einen Verlustabzug in Höhe von 4 193 786 DM geltend, der dem Stammkapital der K-GmbH in Höhe von 3 Mio DM zuzüglich weiterer Einlagen in Höhe von 1 193 786 DM entsprach. Der Kläger stützte den Verlustabzug auf § 6 Abs.3 Nr.1 des Außensteuergesetzes (AStG).
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es setzte die Einkommensteuer 1982 auf 0 DM herab. Das FG-Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1986, 272 veröffentlicht.
Mit seiner vom FG zugelassenen Revision rügt der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) die Verletzung der §§ 6 AStG, 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und 42 der Abgabenordnung (AO 1977).
Er beantragt, das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 6.Februar 1986 3 K 80/85 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
A.
Der erkennende Senat geht in tatsächlicher Hinsicht davon aus, daß das Stammkapital der K-GmbH im Juni 1977 von 20 000 DM auf 3 Mio DM erhöht wurde. Der Kläger übernahm den damals neu gebildeten Geschäftsanteil. Er erfüllte seine Einlageverpflichtung dadurch, daß er sein Einzelunternehmen zu den Buchwerten in die K-GmbH einbrachte. Dieser Sachverhalt ist zwar nur teilweise vom FG festgestellt. Der Kläger hat jedoch in der mündlichen Verhandlung noch bezüglich des nicht festgestellten Sachverhaltes eine zulässige Gegenrüge erhoben. Außerdem haben die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erklärt, daß der hier wiedergegebene Sachverhalt unstreitig sei. In einem solchen Fall entfällt die Bindung an die tatsächlichen Feststellungen des FG (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 118 FGO Rdnr.51, 59 m.w.N.). Daraus ergibt sich, daß die Anwendung des § 6 AStG und des § 17 EStG nur für die durch Gründung der Klägerin im Februar 1977 entstandenen Geschäftsanteile in Betracht kommt. Bei den im Juni 1977 erworbenen Geschäftsanteilen handelt es sich dagegen um sog. einbringungsgeborene, auf die weder § 17 EStG noch § 6 AStG, sondern nur § 21 des Umwandlungs-Steuergesetzes (UmwStG) 1977 anwendbar ist (vgl. Flick/Wassermeyer/Becker, Kommentar zum Außensteuergesetz, § 6 Rdnr.21; Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Rdnr.7389). Für die Entscheidung über den Streitfall bedeutet dies folgendes:
B.
Soweit die Vorentscheidung einen (fiktiven) Veräußerungsverlust betrifft, der auf die Übertragung der durch Gründung der K-GmbH im Februar 1977 entstandenen Geschäftsanteile entfällt, ist sie fehlerhaft. Ein entsprechender Verlust kann bei der Einkommensermittlung 1982 des Klägers nicht berücksichtigt werden:
1. Nach § 17 Abs.1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und die innerhalb eines Veranlagungszeitraums veräußerten Anteile 1 v.H. des Kapitals der Gesellschaft übersteigen. Dazu hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 27.Juli 1988 I R 147/83 (BFHE 155, 52, BStBl II 1989, 271) entschieden, daß unter Veräußerung i.S. des § 17 Abs.1 EStG begrifflich die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an einer wesentlichen Beteiligung auf einen anderen Rechtsträger zu verstehen ist. Allerdings folgt aus § 17 Abs.1 Satz 4 und Abs.2 EStG, daß unter § 17 Abs.1 Satz 1 EStG nur entgeltliche Veräußerungen fallen. Einlagen ohne Gegenleistung sind deshalb keine Veräußerung im Sinne der Vorschrift. Daran scheitert im Streitfall deren unmittelbare Anwendung.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, die den erkennenden Senat binden (§ 118 Abs.2 FGO), übertrug der Kläger seine Anteile an der K-GmbH am 21.Dezember 1982 auf die T-AG. Eine solche Übertragung ist steuerrechtlich als Einlage i.S. des § 4 Abs.1 Satz 5 EStG 1982 zu beurteilen. Dies schließt die Annahme einer Veräußerung i.S. des § 17 Abs.1 Satz 1 EStG aus (vgl. Urteil in BFHE 155, 52, BStBl II 1989, 271).
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, daß der Kläger, wie er erst in der Revisionsinstanz vortrug, durch die Anteilsübertragung auf die T-AG von einem Haftungsrisiko befreit worden sei. § 17 Abs.2 EStG stellt insoweit nur auf den Veräußerungspreis ab. Darunter fällt nur die "vereinbarte Gegenleistung". Nach den Feststellungen des FG war jedoch eine Befreiung von einem Haftungsrisiko als Gegenleistung nicht vereinbart.
2. Nach § 6 Abs.1 Satz 1 AStG ist bei einer natürlichen Person, die insgesamt mindestens zehn Jahre nach § 1 Abs.1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war und deren unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes endet, auf Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft § 17 EStG im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht auch ohne Veräußerung anzuwenden, wenn im übrigen für die Anteile zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind. Nach § 6 Abs.3 Nr.1 AStG steht der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht i.S. des Absatzes 1 Satz 1 die Übertragung der Anteile durch ganz oder teilweise unentgeltliches Rechtsgeschäft unter Lebenden auf nicht unbeschränkt steuerpflichtige Personen gleich.
Zu diesen Voraussetzungen hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und in einer den erkennenden Senat bindenden Weise festgestellt (§ 118 Abs.2 FGO), daß der Kläger im Streitjahr 1982 unbeschränkt steuerpflichtig war. Das FG hat zwar nicht festgestellt, daß er in der Zeit vor dem 21.Dezember 1982 mindestens 10 Jahre lang nach § 1 Abs.1 EStG einkommensteuerpflichtig war. Es ist jedoch von dieser Voraussetzung stillschweigend ausgegangen. Schließlich hat das FG die bereits erwähnte Anteilsübertragung am 21.Dezember 1982 festgestellt. Die die Anteile erwerbende T-AG war am 21.Dezember 1982 eine nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person. Der gemeine Wert der Anteile lag am 21.Dezember 1982 unter den Anschaffungskosten, die der Kläger in den Jahren 1977 bis 1982 auf die Beteiligung aufgewendet hatte.
3. Aus diesen tatsächlichen Feststellungen folgt, daß die Rechtsfolge des § 17 Abs.1 EStG auch nicht mittelbar zugunsten des Klägers Anwendung findet. Dazu geht der Senat abweichend von der Auffassung des FG davon aus, daß § 6 Abs.1 Satz 1 AStG nur für die Fälle auf § 17 EStG verweist, in denen der gemeine Wert der Anteile zu dem für die Besteuerung maßgebenden Zeitpunkt die Anschaffungskosten übersteigt.
a) Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortsinn des § 6 Abs.1 Satz 1 AStG, jedoch aus zahlreichen anderen Auslegungskriterien. Dazu gehört einmal die Überschrift vor § 6 AStG. Wenn dort von der "Besteuerung des Vermögenszuwachses" die Rede ist, dann folgt daraus, daß die Vorschrift nur diesen regelt. Dies ergibt sich ferner aus § 6 Abs.1 Satz 5 AStG. Danach ist der nach §§ 17 und 49 Abs.1 Nr.2 Buchst.c EStG anzusetzende Gewinn "um den nach den vorstehenden Vorschriften besteuerten Vermögenszuwachs zu kürzen". Würde § 6 Abs.1 Satz 1 AStG auch Wertminderungen von Anteilen an inländischen Kapitalgesellschaften erfassen, so wäre es nur logisch und systemgerecht, den nach §§ 17 und 49 Abs.1 Nr.2 Buchst.c EStG anzusetzenden Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen um die bereits nach § 6 Abs.1 Satz 1 AStG erfaßte Vermögensminderung zu erhöhen. Die klare Fassung des § 6 Abs.1 Satz 5 AStG erlaubt jedoch eine solche Rechtsfolge nicht. Dies spricht dafür, daß § 6 Abs.1 Satz 1 AStG nur die Fälle erfassen will, in denen die Besteuerung eines Vermögenszuwachses in Betracht kommt.
b) Für die vom erkennenden Senat vertretene Auffassung spricht ferner die Normierung der Ersatztatbestände in § 6 Abs.3 AStG sowie die Regelung in § 6 Abs.4 AStG. Die Aufstellung von Ersatztatbeständen in § 6 Abs.3 AStG wird in der Regierungsbegründung zu dem Gesetz (BTDrucks VI/2883, Rdnr.79) mit dem Ziel der Verhinderung von Steuerumgehungsmöglichkeiten begründet. Eine Umgehung der Steuerpflicht nach § 17 EStG droht aber nicht, wenn ein Steuerpflichtiger Anteile an einer inländischen Kapitalgesellschaft, deren gemeiner Wert unter die Anschaffungskosten gesunken ist, in eine ausländische Kapitalgesellschaft oder in ein ausländisches Betriebsvermögen einlegt. Würde deshalb § 6 Abs.1 Satz 1 AStG auch auf Anteilswertminderungen angewendet, so würden die Ersatztatbestände des § 6 Abs.3 AStG nicht mehr der Verhinderung der Steuerumgehung dienen, sondern eine Steuerbegünstigung begründen. - Ähnliches gilt für die Anwendung des § 6 Abs.4 AStG. Nach dieser Vorschrift entfällt der Steueranspruch nach § 6 Abs.1 AStG, wenn der Steuerpflichtige innerhalb von fünf Jahren seit Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht wieder unbeschränkt steuerpflichtig wird. Sollte die Vorschrift auch auf Anteilswertminderungen anzuwenden sein, dann würde die Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht steuerbegünstigend wirken, während die Wiederbegründung der unbeschränkten Steuerpflicht die Steuerbegünstigung in Fortfall geraten ließe. Dies macht --wie im folgenden noch auszuführen sein wird-- keinen Sinn und steht auch mit den Zielsetzungen des AStG nicht in Einklang.
c) Gegen die vom FG vertretene Auffassung sprechen nicht zuletzt die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und der Zweck der Vorschrift. Dazu ist zu berücksichtigen, daß das AStG ein Teil des sog. Außensteuerreformgesetzes ist. Das Außensteuerreformgesetz lautet seiner vollen Überschrift nach "Gesetz zur Wahrung der steuerlichen Gleichmäßigkeit bei Auslandsbeziehungen und zur Verbesserung der steuerlichen Wettbewerbslage bei Auslandsinvestitionen" (vgl. BGBl I 1972, 1713). § 6 AStG bezieht sich auf die erste Hälfte der Gesetzesüberschrift. Die Vorschrift will die steuerliche Gleichmäßigkeit bei Auslandsbeziehungen wahren. Die steuerliche Gleichmäßigkeit ist aber nur dann bedroht, wenn ein Steuerpflichtiger stille Reserven ins Ausland verlagert und sie damit der inländischen Besteuerung entzieht. Eine entsprechende Ungleichmäßigkeit droht nicht, wenn Wertminderungen ins Ausland verlagert werden. Verluste aus einer Anteilsveräußerung sind gemäß §§ 17 und 49 Abs.1 Nr.2 Buchst.c EStG im Inland aus vielerlei Gründen nur sehr beschränkt berücksichtigungsfähig. § 6 Abs.1 Satz 1 AStG hätte deshalb einen begünstigenden Charakter, wenn die Vorschrift auch auf Anteilswertminderungen anzuwenden sein sollte. Daß ein solcher begünstigender Charakter nicht beabsichtigt war, ergibt sich sowohl aus der Regierungsbegründung zum AStG (vgl. BTDrucks VI/2883 Rdnrn.24, 25, 26, 74, 75, 77 und 78) als auch aus dem Bericht des Finanzausschusses des Bundestages (BTDrucks VI/3537). Danach wird § 6 AStG allein von der Überlegung getragen, Vermögenszuwächse in wesentlichen Beteiligungen an inländischen Kapitalgesellschaften steuerlich noch zu einem Zeitpunkt zu erfassen, in dem die Besteuerung im Inland nach den Grundsätzen der unbeschränkten Steuerpflicht uneingeschränkt möglich ist.
4. Die gegenüber dieser Auffassung von dem Kläger geltend gemachten Bedenken greifen nicht durch:
a) § 6 Abs.1 Satz 1 AStG beinhaltet keine Rechtsgrundverweisung auf § 17 EStG dergestalt, daß letztere Vorschrift mit Ausnahme des Tatbestandsmerkmals der Veräußerung in vollem Umfang anwendbar ist. Die Verweisung ist nur für die Fälle vorgesehen, in denen ein Vermögenszuwachs im Anteilswert anzunehmen ist.
b) Es reicht aus, wenn die Einschränkung in der Verweisung des § 6 Abs.1 Satz 1 AStG auf § 17 EStG aus der Überschrift vor § 6 AStG und aus dem Gesamtzusammenhang zu erkennen ist, in den die Vorschrift gestellt ist. Die Überschrift vor § 6 AStG gehört zum Gesetz selbst, weshalb sie auch zur Auslegung der Vorschrift herangezogen werden kann und muß.
c) Aus der Tatsache, daß § 17 Abs.1 EStG ummittelbar auch auf Anteilsveräußerungsverluste anzuwenden ist (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10.Oktober 1978 VIII R 126/75, BFHE 126, 206, BStBl II 1979, 77), ergibt sich für die Verweisung des § 6 Abs.1 Satz 1 AStG auf § 17 EStG nichts. Der Gesetzgeber des AStG war nicht gezwungen, die Verweisung auch für Anteilswertminderungen auszusprechen.
d) Der erkennende Senat folgt nicht der von Flick/Wassermeyer/Becker (a.a.O., Rdnrn.27 ff.), von Böttcher/Beinert/Hennerkes (Außensteuergesetz - Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Schweiz, S.48) und von Krabbe (in Lademann/Söffing/Brockhoff, Einkommensteuergesetz, § 6 AStG Rdnr.27) vertretenen Auffassung. Er folgt der Auffassung von Hellwig (Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15.Aufl., § 6 AStG Rdnr.4 a und Steuerberater-Jahrbuch 1976/77 S.450 ff.).
C.
Soweit die Vorentscheidung einen Veräußerungsverlust betrifft, der auf die Übertragung des durch Kapitalerhöhung im Juni 1977 entstandenen Geschäftsanteils entfällt, ist sie --allerdings aus anderen Gründen-- dem Grunde nach zutreffend, weil § 21 Abs.2 Nrn.2 und 3 UmwStG 1977 i.V.m. Absatz 1 und § 16 EStG anzuwenden ist.
1. Nach § 21 Abs.2 Nr.2 UmwStG 1977 treten die Rechtsfolgen des Absatzes 1 auch ohne Veräußerung der Anteile ein, wenn der Anteilseigner beschränkt einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtig wird. Dazu hat das FG in tatsächlicher Hinsicht und den erkennenden Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs.2 FGO), daß die Anteile auf die T-AG, eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in der Schweiz, übertragen wurden. Das FG hat nicht festgestellt, daß die T-AG ihre Geschäftsleitung im Inland hatte. Sie war deshalb in der Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik) nicht unbeschränkt steuerpflichtig und wurde in Bezug auf die erworbene Beteiligung erst am 21.Dezember 1982 beschränkt steuerpflichtig i.S. des § 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977 i.V.m. § 49 EStG. Damit waren alle Voraussetzungen des § 21 Abs.2 Nr.2 UmwStG 1977 erfüllt.
Dem steht nicht entgegen, daß sich die persönliche Steuerpflicht des Klägers als des bisherigen Anteilseigners am 21.Dezember 1982 nicht veränderte. Aus § 21 Abs.1 Satz 1 UmwStG 1977 folgt insoweit, daß bei einem unentgeltlichen Erwerb der Anteile die Tatbestandsvoraussetzungen der Vorschrift auch durch den Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolger erfüllt werden können. Dies muß für die Ersatztatbestände des § 21 Abs.2 UmwStG 1977 entsprechend gelten (vgl. Widmann/Mayer, a.a.O., Rdnr.7391).
2. Nach § 21 Abs.2 Nr.3 UmwStG 1977 treten die Rechtsfolgen des Absatzes 1 auch dann ein, wenn das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile durch ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) ausgeschlossen wird. Diese Voraussetzung ist durch die vom FG festgestellte Anteilsübertragung auf die T-AG ebenfalls erfüllt, weil das Recht, den Anteilsveräußerungsgewinn zu versteuern, gemäß Art.13 Abs.3 des Abkommens vom 11.August 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen --DBA-Schweiz-- (BGBl II 1972, 1021, BStBl I 1972, 518) auf die Schweiz überging (vgl. Widmann/Mayer, a.a.O., Rdnr.7392). Die Voraussetzungen des Art.13 Abs.4 DBA-Schweiz wurden von der T-AG nicht erfüllt. Auch insoweit ist es unerheblich, daß der Übergang des Besteuerungsrechts auf die Schweiz auf einer unentgeltlichen Anteilsübertragung beruht.
3. Der erkennende Senat pflichtet der Auffassung des FA nicht bei, daß § 21 Abs.2 UmwStG 1977 --ähnlich wie § 6 Abs.1 AStG-- nur auf Vermögenszuwächse anzuwenden sei. Die Vorschrift läßt die Rechtsfolgen des Absatzes 1 eintreten. Diese bestehen in der Anwendung des § 16 EStG. § 16 EStG ist aber auch anzuwenden, wenn die Gewinnermittlung nach § 16 Abs.2 EStG zu einem Verlust führt. Dies muß in den Fällen des § 21 Abs.2 UmwStG 1977 entsprechend gelten. Dem folgt die ganz herrschende Meinung (vgl. Widmann/Mayer, a.a.O., Rdnr.7375; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 21 UmwStG Rdnr.9; Glade/Steinfeld, Umwandlungsteuergesetz 1977, Rdnr.1185; Loos, Umwandlungsteuergesetz 1969, Rdnr.1019). Sie wird durch die in § 22 Abs.1 Satz 2 UmwStG 1977 getroffene Regelung bestätigt. Deshalb schließt sich der erkennende Senat ihr an.
4. Entgegen der Auffassung des FA findet § 42 AO 1977 auf den Streitfall keine Anwendung. Die Übertragung der Geschäftsanteile auf die T-AG war kein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne der Vorschrift. Dies ergibt sich schon daraus, daß § 21 Abs.2 Nr.1 UmwStG 1977 dem Kläger das Recht einräumte, durch bloße Antragstellung beim FA die Rechtsfolge des Absatzes 1 auszulösen (vgl. BFH-Urteil vom 5.März 1986 I R 203/82, BFHE 146, 257, BStBl II 1986, 625). Die Antragstellung war an keine weiteren Tatbestandsvoraussetzungen gebunden. Der Antrag konnte insbesondere jederzeit gestellt werden (vgl. Widmann/Mayer, a.a.O., Rdnr.7387). Dann aber ist es kein Rechtsmißbrauch, wenn die Rechtsfolge des § 21 Abs.1 und 2 UmwStG 1977 nicht durch Antragstellung (Abs.2 Nr.1), sondern durch die Erfüllung der Voraussetzungen des Absatzes 2 Nrn.2 oder 3 ausgelöst wurde.
5. Der erkennende Senat kann allerdings die Höhe des vom FG angesetzten Verlustes revisionsrechtlich nicht überprüfen. Dies setzt die Feststellung des gemeinen Wertes zum 21.Dezember 1982 des im Juni 1977 vom Kläger erworbenen Geschäftsanteils einerseits und die Feststellung der auf diesen Anteil entfallenden Anschaffungskosten andererseits voraus. Die Feststellungen nachzuholen ist die Aufgabe des FG. Zu diesem Zweck war die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache war an das FG zurückzuverweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 63440 |
BFH/NV 1990, 52 |
BStBl II 1990, 615 |
BFHE 160, 180 |
BFHE 1991, 180 |
BB 1990, 1687 |
BB 1990, 1687-1689 (LT) |
DStR 1990, 417 (KT) |
HFR 1990, 479 (LT) |
StE 1990, 219 (K) |