Leitsatz (amtlich)
1. Die Erklärung des Klägers, ein während des Revisionsverfahrens geänderter Bescheid werde zum Gegenstand des Verfahrens gemacht (§ 68 FGO), kann nicht widerrufen werden.
2. Zur Angemessenheit der Gewinnverteilung bei Familienpersonengesellschaften (vgl. den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 29. Mai 1972 Gr. S. 4/71, BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5).
Normenkette
FGO §§ 68, 127; EStG § 15 Nr. 2; StAnpG § 1 Abs. 2-3
Tatbestand
Streitig ist, ob die innerhalb einer Familien-KG vereinbarte Gewinnverteilung steuerlich anzuerkennen ist.
Die Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine KG. Sie war am 1. Januar 1962 dadurch gebildet worden, daß der bisher als Alleininhaber auftretende Komplementär der neuen Gesellschaft seine beiden Söhne mit einer ihnen in vorweggenommener Erbfolge geschenkten Kommanditeinlage von je 35 000 DM als Kommanditisten aufgenommen hatte. Laut Gesellschaftsvertrag sollten die Kommanditisten mit je 17 v. H. am Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligt sein. Da die Söhne, die noch studierten, vorerst nur in den Semesterferien gelegentlich im Betrieb gearbeitet hatten, erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) nur eine Gewinnzuweisung von je 10 v. H. als angemessen an. Für die Jahre 1962 und 1963 hatte die Klägerin diese Gewinnkorrektur hingenommen. Gegen die entsprechende Gewinnzuweisung bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für das Jahr 1964 erhob sie dagegen Sprungklage.
Zur Begründung der Klage trug sie vor, das Kapitalrisiko der Kommanditisten habe sich durch nicht entnommene Gewinne der Jahre 1961 und 1962 erhöht. Grundsätzlich sei die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Gewinnverteilung auch steuerlich maßgebend. Wenn jetzt den Kommanditisten sogar ein niedrigerer Gewinnanteil von 13 v. H. zugeteilt worden sei, so bestehe angesichts ihres Kapitalrisikos kein Mißverhältnis der Gewinnanteile zueinander.
Das FG wies die Klage ab und führte aus, eine in ihrer Höhe nicht betrieblich, sondern durch familiäre Erwägungen bedingte Gewinnzuteilung sei steuerlich unbeachtlich. Arbeiteten Kommanditisten nicht im Betrieb der KG mit, seien sie vielmehr nur mit ihrer Kapitaleinlage beteiligt, so könnten sie auch handelsrechtlich (§ 168 HGB) grundsätzlich nicht mehr als eine angemessene Verzinsung ihrer Einlage als Gewinn verlangen. Im Streitfall hätten die Kommanditisten nur in den Semesterferien im Betrieb der Klägerin mitgearbeitet. Es könne daher von einer bedeutsamen oder maßgeblichen Tätigkeit für das Unternehmen nicht gesprochen werden. Allerdings werde im Hinblick darauf, daß sie als Kinder in den väterlichen Betrieb aufgenommen worden und an dem Familienunternehmen stärker interessiert seien als Fremde, auch eine über die normale Verzinsung des Kapitalanteils hinausgehende Gewinnbeteiligung noch als angemessen anzusehen sein. Auch das Kapitalrisiko, das sie entgegen der Ansicht des FA nicht nur hinsichtlich des Nennbetrags ihrer Einlage, sondern tatsächlich in voller Höhe ihres Kapitalkontos trügen, könne bei der Gewinnverteilung berücksichtigt werden. Alle diese Umstände rechtfertigten aber nicht die von der Klägerin berechneten hohen Gewinnanteile der Kommanditisten. Ihre jeweiligen Gewinnanteile betrügen mehr als 60 v. H. ihrer tatsächlichen Kapitalbeteiligung und fast 200 v. H. ihrer Einlage. Ob nicht auch die vom FA anerkannte Gewinnbeteiligung von 10 v. H. als überhöht anzusehen sei, könne dahingestellt bleiben. Keinesfalls sei sie zu niedrig.
Gegen dieses Urteil legten die Klägerin und alle Gesellschafter Revision ein, mit der sie weiterhin anstreben, daß die vereinbarte Gewinnzuweisung bestätigt werde. Sie meinen, bei der Bewertung des Kapitalrisikos seien nicht nur die Festkonten und die Darlehnskonten zu berücksichtigen, sondern auch der Anteil der Kommanditisten an den stillen Reserven. Die Gewinnverteilung mit 74 v. H. : 13 v. H. : 13 v. H. sei nach den für Fest- und Darlehnskonten zu Beginn des Geschäftsjahres 1964 bestehenden Verhältnissen errechnet worden. Durch den außergewöhnlich guten Gewinn des Jahres 1964 sei das Kapitalrisiko bilanzmäßig Ende 1964 und damit auch für die gesamte Haftung der Kommanditisten nach bürgerlichem Recht noch bedeutend über die genannten Prozentsätze angestiegen. Die Kommanditisten, die nach dem Gesellschaftsvertrag auch am Verlust beteiligt seien, liefen wegen der branchenbedingten Unsicherheit ein nicht unerhebliches Risiko.
Während des Revisionsverfahrens änderte das FA aufgrund einer Betriebsprüfung den angefochtenen Feststellungsbescheid. Der Gewinn wurde erhöht; die Gewinnverteilung (80 v. H. : 10 v. H. : 10 v. H.) blieb aufrechterhalten.
Die Kläger erklärten darauf in einem an das FA gerichteten und von diesem an den BFH weitergeleiteten Schriftsatz, sie legten gegen den berichtigten Bescheid Einspruch ein und beantragten, diesen Bescheid anstelle des angefochtenen Bescheids zum Gegenstand des beim BFH schwebenden Verfahrens zu machen. In einem weiteren Schriftsatz, der ebenfalls an das FA gerichtet und von diesem in Ablichtung an den BFH weitergegeben wurde, erklärten sie, den damals gestellten Antrag, den berichtigten Bescheid anstelle des ursprünglichen Bescheids zum Gegenstand des Revisionsverfahrens zu machen, nähmen sie wieder zurück. Es sei zweckmäßiger, wenn der BFH zunächst über die dort allein streitige Frage der Gewinnverteilung entscheide. Sie bäten deshalb, die Entscheidung über den Einspruch auszusetzen, bis eine Entscheidung des BFH zu der alten Streitfrage vorliege. Ihre Einwendungen gegen den berichtigten Feststellungsbescheid und die Feststellungen der Betriebsprüfung würden sie in einem getrennten Schriftsatz vortragen.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an die Vorinstanz.
A. Der Senat entscheidet über den Verwaltungsakt in der Form, die er durch den Berichtigungsbescheid gefunden hat.
Die Kläger haben von dem ihnen nach §§ 68, 123 Satz 2 FGO auch im Revisionsverfahren zustehenden Recht Gebrauch gemacht, zu beantragen, daß der nach Klageerhebung geänderte Bescheid zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werde. Mit Stellung des Antrags ist diese Folge eingetreten.
I. Die Kläger konnten den Antrag nicht widerrufen. Es besteht zwar kein allgemeiner Rechtsgrundsatz, daß prozessuale Erklärungen grundsätzlich nicht widerrufen werden können (BFH-Beschluß vom 23. Oktober 1968 VII B 7/66, BFHE 94, 46, BStBl II 1969, 80). Doch ist für das Prozeßrecht allgemein anerkannt, daß die Frage der Widerruflichkeit vom Wesen und den rechtlichen Wirkungen der jeweiligen Prozeßhandlung abhängt (Beschluß VII B 7/66) und solche Prozeßhandlungen, die einen Prozeßvorgang endgültig festlegen sollen, grundsätzlich unwiderruflich sind (Baumbach-Lauterbach, Zivilprozeßordnung, Grdz. vor § 128; Rosenberg, Lehrbuch des Zivilprozeßrechts, 9. Aufl., § 59 Anm. 1). Die Stellung des Antrags nach § 68 FGO stellt nach allgemeiner Ansicht einen Fall der Klageänderung (§ 67 FGO) dar. Das ergibt sich sowohl aus der Stellung des § 68 FGO unmittelbar nach dem die Klageänderung behandelnden § 67 FGO als auch aus § 123 FGO, nach dem eine Klageänderung in der Revisionsinstanz ausgeschlossen ist, jedoch für die Antragstellung nach § 68 FGO eine Ausnahme gemacht wird. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß - handelte es sich nur um eine Klageänderung - eine solche (bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 67 FGO) wieder durch Rückkehr zum ursprünglichen Antrag rückgängig gemacht werden könnte. Die Rechtsprechung des BFH hat deshalb für den ähnlich liegenden Fall des Widerrufs einer Erklärung, durch die der Kläger die Hauptsache für erledigt erklärt hatte, die Rückkehr des Klägers zum ursprünglichen Antrag gestattet (BFH-Beschluß VII B 7/66). Das gilt allerdings nur, solange sich der Beklagte der Erledigungserklärung noch nicht angeschlossen hat (BFH-Urteil vom 9. März 1972 IV R 170/71, BFHE 105, 3, BStBl II 1972, 466); denn dann ist ohne weitere Nachprüfung davon auszugehen, daß die Hauptsache tatsächlich erledigt ist, haben also die Erklärungen eine konstitutive, den Streit in der Hauptsache beendende Wirkung.
Eine derartige konstitutive Wirkung tritt im Falle des § 68 FGO ohne Mitwirkung des Beklagten unmittelbar durch die Antragstellung durch den Kläger ein. Es handelt sich dabei - wie bereits angedeutet - nicht allein um eine Änderung des Klageantrags, sondern um eine weitergehende, den Prozeß umgestaltende Wirkung, die Ähnlichkeit mit einem Rechtsbehelf hat: Es wird nunmehr nicht nur hinsichtlich des angefochtenen Verwaltungsakts ein anderer Antrag gestellt, sondern es wird ein anderer Verwaltungsakt angefochten. Das bedingt aber endgültige Klarheit über die prozessuale Situation. Dem Kläger kann es nicht überlassen bleiben, ob er - etwa bei sich abzeichnendem ungünstigem Verlauf des Verfahrens - wieder zur Anfechtung des ursprünglichen Verwaltungsakts zurückkehrt. Der Senat folgt insoweit Rössler (DStZ A 1968, 256 [258]), nicht allerdings auch darin, daß der Widerruf möglich sei, bevor sich der Gegner auf den Antrag geäußert oder das Gericht hinsichtlich des geänderten Bescheids Ermittlungen angestellt habe. Denn die prozessuale Wirkung tritt unabhängig davon ein. Der Senat folgt auch nicht der Ansicht von v. Wallis-List in Hübschmann-Hepp-Spitaler, Kommentar zur Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Anm. 15 zu § 68 FGO), bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 67 FGO könne der Kläger, da § 68 FGO einen Sonderfall der Klageänderung darstelle, zum ursprünglichen Antrag zurückkehren. Er hält vielmehr die Meinung von Brockhoff-Groh (Kommentar zur Finanzgerichtsordnung, § 68 B 2), die allerdings nicht begründet wird, für richtig, daß ein "Widerruf" des Antrags in keinem Falle zulässig ist.
Aber selbst wenn man für das erstinstanzliche Verfahren (mit Hübschmann-Hepp-Spitaler, a. a. O.) unter den Voraussetzungen des § 67 FGO eine Rückkehr zum alten Antrag als Klageänderung für zulässig halten wollte, könnte das für das Revisions verfahren nicht gelten. Denn eine Klageänderung ist im Revisionsverfahren unzulässig (§ 123 Satz 1 FGO). Gestattet ist - und zwar eindeutig als Ausnahme - nur der Antrag nach § 68 FGO, nicht auch die Änderung dieses Antrags.
Die verfahrensmäßige Behandlung durch den Senat liegt auch im Interesse der Kläger, so wie sie es selbst zum Ausdruck gebracht haben. Nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25. Oktober 1972 Gr. S. 1/72 (BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231) tritt, wie der erkennende Senat früher schon entschieden hatte, der Änderungsbescheid in vollem Umfange an die Stelle des geänderten Bescheids. Das hat zur Folge, daß, wenn - wie hier - sowohl der alte als auch der neue Bescheid angefochten sind, über den alten Bescheid erst entschieden werden kann, wenn über das Schicksal des neuen Bescheids entschieden ist, so daß also das Verfahren über den alten Bescheid ausgesetzt werden müßte (so der Große Senat). Dem Antrag der Kläger, das Verfahren über den neuen Bescheid auszusetzen, könnte also nicht entsprochen werden. Andererseits können die Kläger das, was sie erreichen wollen, nämlich eine Entscheidung des eigentlichen - schon in dem alten Bescheid enthaltenen - Streitpunktes (Gewinnverteilung) auch durch Fortsetzung des Verfahrens über den neuen Bescheid erreichen, da dieser Bescheid die Streitfrage noch nicht beseitigt hat. Insoweit kann der Senat im schwebenden Revisionsverfahren die Rechtsfrage entscheiden; nur soweit der neue Bescheid neue Streitpunkte enthält, muß an das FG zurückverwiesen werden, da insofern noch keine Tatsachenfeststellungen getroffen sind (§ 127 FGO; vgl. den Beschluß des Großen Senats des BFH vom 8. November 1971 Gr. S. 9/70, BFHE 103, 549, BStBl II 1972, 219, unter B II 4b bb).
II. Im vorliegenden Falle kann dennoch nicht endgültig zu der Frage der Gewinnverteilung Stellung genommen werden, allerdings aus einem anderen Grunde (B).
B. Zur Frage der Gewinnbeteiligung von Kindern, die ein Gewerbetreibender unter Schenkung von Anteilen in sein Unternehmen aufgenommen hat und die nicht im Unternehmen mitarbeiten, hat der Große Senat des BFH nach Erlaß des finanzgerichtlichen Urteils eine grundsätzliche Entscheidung gefällt (Beschluß vom 29. Mai 1972 Gr. S. 4/71, BFHE 106, 504, BStBl II 1973, 5), der sich der erkennende Senat anschließt. Die bisher vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen reichen nicht aus, um den Rechtsstreit anhand der vom Großen Senat festgelegten Grundsätze zu entscheiden. Das FG muß diese Feststellungen nunmehr nachholen. Es muß ferner die durch den geänderten Bescheid etwa aufgetretenen Streitfragen behandeln.
I. Der Große Senat hat zunächst die bisherige Rechtsprechung insoweit bestätigt, als er aussprach, daß für die Besteuerung zwar bei der Zurechnung der Einkunftsquelle von der von dem Steuerpflichtigen getroffenen vertraglichen Regelung auszugehen sei, aber für die Bestimmung, welche Bezüge einer bestimmten Einkunftsquelle zuzurechnen seien, kein Gestaltungsspielraum der Steuerpflichtigen bestehe, und daß deshalb Verwaltung und Rechtsprechung befugt seien, unter wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 1 Abs. 2 und 3 StAnpG) zu prüfen, ob und inwieweit bei einer Personengesellschaft, deren Gesellschafter nahe Angehörige, insbesondere Eltern und Kinder sind, die den Gesellschaftern vertraglich zugeteilten Gewinnanteile aus der ihnen als Einkunftsquelle (schenkungsweise) eingeräumten Stellung als Gesellschafter und Mitunternehmer fließen, also dieser angemessen sind.
Der Große Senat ist sodann unter teilweiser Preisgabe der bisherigen Rechtsprechung zu dem Ergebnis gekommen, bei einer KG, bei der vertraglich feste Kapitalanteile gebildet waren und der nach Abzug einer Tätigkeitsvergütung für den Komplementär und einer festen Verzinsung aller Kapitalanteile verbleibende Restgewinn im Verhältnis der festen Kapitalanteile verteilt werden sollte, könne die Angemessenheit der Gewinnanteile der Kommanditisten entgegen der bisher teilweise in der Rechtsprechung und der Verwaltungspraxis vertretenen Meinung nicht nach der nominellen Höhe der Kapitalanteile beurteilt werden, "sondern nur nach dem tatsächlichen (gemeinen) Wert des Kapitalanteils (Gesellschaftsanteils)". Der tatsächliche Wert sei unter Berücksichtigung der Bestimmungen des im Einzelfalle geschlossenen Gesellschaftsvertrags zu ermitteln. Sei der Kommanditist nach dem Gesellschaftsvertrag an den stillen Reserven des Unternehmens und dem Geschäftswert nicht beteiligt, so müsse dies bei der Wertermittlung berücksichtigt werden. Angemessen sei eine Gewinnbeteiligung, die zu einer marktüblichen Verzinsung des tatsächlichen Werts der Beteiligung des nicht mitarbeitenden Kommanditisten führe und seiner Gesellschafterstellung Rechnung trage. Im allgemeinen werde eine Gewinnverteilung dann nicht zu beanstanden sein, wenn der Gewinnverteilungsschlüssel eine durchschnittliche Rendite von nicht mehr als 15 v. H. des tatsächlichen Werts der Beteiligung ergebe. Ein niedrigerer Satz könne unter Umständen gerechtfertigt sein. Gewinnanteile, die die hiernach gegebene Begrenzung überstiegen, seien den anderen Gesellschaftern zuzurechnen, sofern nicht auch bei ihnen Begrenzungen zu beachten seien.
II. Die vom Großen Senat aufgestellten Grundsätze bedürfen noch der Ausfüllung und Verdeutlichung durch die Rechtsprechung. Die im vorliegenden Falle gewählte vertragliche Gestaltung, die möglicherweise durch die tatsächliche Handhabung zum Teil abgeändert wurde - das FG wird das im einzelnen aufzuklären haben -, gibt dem Senat lediglich Veranlassung, zu einzelnen rechtlichen Fragen Stellung zu nehmen, die möglicherweise hier von Bedeutung sind und die das FG dann entsprechend zu beurteilen hat.
1. Nach den vom Großen Senat entwickelten Grundsätzen darf der Gewinnanteil des Kommanditisten in der Regel 15 v. H. des gemeinen Werts seines Anteils am Unternehmen nicht übersteigen. Der Senat hat keine Veranlassung, im vorliegenden Fall dazu Stellung zu nehmen, ob dieser Satz unter außergewöhnlichen Umständen überstiegen werden kann, da - jedenfalls nach dem bisher bekannten Sachverhalt - keine Umstände erkennbar sind, die eine Abweichung von dieser Regel erkennen lassen könnten.
a) Es ist zunächst festzustellen, welches die genannte äußerste Grenze von 15 v. H. ist.
aa) Dazu bedarf es der Feststellung, welchen Wert das Unternehmen im ganzen zur Zeit des Abschlusses des Vertrages mit dem aufzunehmenden Kommanditisten hatte (so auch Beisse, FR 1973, 53 f. und Littmann, Information 1973, 1 [3]). Dabei sind die stillen Reserven und ein etwaiger Geschäftswert zu berücksichtigen.
Der Große Senat hat keine Ausführungen dazu gemacht, nach welchem Verfahren der Wert des Unternehmens zu ermitteln ist. Die einzelnen Wirtschaftsgüter sind ohne Zweifel mit dem Teilwert anzusetzen. Die Ermittlung des Geschäftswerts stellt eine dem FG als Tatsacheninstanz obliegende Würdigung von Tatsachen dar.
bb) Der so ermittelte Gesamtwert des Unternehmens muß sodann auf die einzelnen Gesellschafter aufgeteilt werden.
Bei der Ermittlung des Verteilungsmaßstabes ist dem Sinn der Rechtsprechung des Großen Senats entsprechend zu berücksichtigen, daß der nur kapitalmäßig beteiligte Gesellschafter eine Rendite von nicht mehr als 15 v. H. des wahren Wertes seiner Beteiligung erhalten soll, d. h. dessen, was ein Fremder für die Beteiligung zahlen würde. Das hängt aber insbesondere davon ab, inwieweit der Gesellschafter an den Buchwerten, an den stillen Reserven und am Geschäftswert des Unternehmens beteiligt ist.
Die Beteiligung an allen diesen Komponenten kann durch die Vertragsgestaltung einheitlich, d. h. nach demselben Aufteilungsmaßstab (nach bestimmten Bruchteilen, nach einem festen Kapitalanteil, nach einem variablen Kapitalanteil, nach Köpfen) geregelt sein. Dann bestehen (falls auch sonst keine unten noch zu erörternde Beschränkungen bestehen) keine Bedenken, daß der auf den Anteil entfallende Teil des Werts des Gesamtunternehmens ebenfalls nach diesem Verteilungsschlüssel bestimmt wird.
Oft ist indessen - gerade bei Familienpersonengesellschaften - vertraglich bestimmt, daß einer oder mehrere Gesellschafter nicht an den stillen Reserven (und zwar überhaupt oder im Falle vorzeitigen Ausscheidens und/oder im Falle der Liquidation) und/oder nicht am Geschäftswert (und zwar überhaupt oder im Falle vorzeitigen Ausscheidens und/oder im Falle der Liquidation) beteiligt sein sollen. In diesen Fällen ist ein Abschlag zu machen. Eine weitere Minderung des Anteilswertes muß dann angenommen werden, wenn die Gesellschafter in der Verfügung über ihre Anteile oder in der Befugnis, Gewinn zu entnehmen, beschränkt sind. Es kann daher in der Regel weder eine schematische Aufteilung nach dem Gewinnverteilungsschlüssel noch dem Kapitalanteil noch dem Anteil am Liquidationserlös erfolgen. Es ergibt sich vielmehr eine Fülle von tatsächlichen Gestaltungen, angesichts deren der jeweils einen Anteil erwerbende Dritte nur insgesamt die verschiedenen Komponenten, die den Wert des Anteils bestimmen, gegeneinander abwägen könnte. Diese wertung, die das FG nachvollziehen muß, stellt im wesentlichen eine der Tatsacheninstanz obliegende Sachverhaltswürdigung dar. Nach dem für das Besteuerungsverfahren geltenden Grundsatz der bestmöglichen Praktikabilität wird in der Regel nichts dagegen einzuwenden sein, daß die Feststellung des Wertes des Anteils nur überschlägig erfolgt, zumal da anerkanntermaßen den Beteiligten in der Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen ein Spielraum zu gewähren ist, der nur insoweit Korrekturen gestattet, als die gewählte Gestaltung ersichtlich den wirtschaftlichen Gegebenheiten nicht entspricht und zu einer wesentlich anderen Verteilung des Gewinns führen muß (vgl. z. B. das BFH-Urteil vom 8. Juni 1967 IV 162/63, BFHE 89, 235, BStBl III 1967, 598).
b) Es ist sodann zu überprüfen, ob der Gewinn, der dem Kommanditisten nach den vertraglichen Vereinbarungen zukommen soll, diese zuvor ermittelte Grenze von 15 v. H. übersteigt.
Bei dieser Prüfung ist nicht auf den tatsächlichen Gewinn abzustellen, der in den einzelnen Geschäftsjahren erzielt wird, auch nicht auf einen tatsächlichen Durchschnittsgewinn der auf den Vertragschluß folgenden fünf Jahre (so Littmann, a. a. O.), sondern auf den (fiktiven) Gewinn, der nach den zum Zeitpunkt der Gewinnverteilungsvereinbarung bekannten Umständen und der sich aus ihnen für die Zukunft (in der Regel den nächsten fünf Jahren) ergebenden wahrscheinlichen Entwicklung zu erwarten ist (vgl. die Ausführungen unter IV 2 d, cc des Beschlusses des Großen Senats Gr. S. 4/71). Wird dieser Wert in einzelnen Jahren bei besonders günstiger Geschäftsentwicklung überschritten oder bei besonders ungünstiger Entwicklung unterschritten, so hat das auf die tatsächliche Gewinnverteilung keinen Einfluß (vgl. auch BFH-Urteil vom 14. Februar 1973 I R 131/70, BStBl II 1973, 395).
Beispiel:
Wahrer Wert des Anteils eines Kommanditisten 10 000 DM,
15 v. H. des Wertes des Anteils also 1 500 DM,
nachhaltig zu erwartender jährlicher Gewinn 100 000 DM,
höchstmöglicher Gewinnanteil 1 500 DM
von 100 000 DM = 1,5 v. H. des zu erwar-
tenden Gewinns. Tatsächlich erzielter Gewinn 200 000 DM,
anzuerkennender Gewinn 1,5 v. H. von 200 000 DM = 3 000 DM.
Nach dem Beschluß des Großen Senats (IV 2d cc letzter Absatz) verbleibt es, falls eine Gewinnverteilungsabrede als angemessen anzusehen ist, bei dieser Beurteilung so lange, bis eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse dergestalt eintritt, daß auch bei einer Gesellschaft zwischen fremden Personen eine Revision des Gewinnverteilungsschlüssels vorgenommen würde. Der Senat vermag aufgrund des bisher vom FG ermittelten Sachverhalts nicht zu beurteilen, ob sich im vorliegenden Falle (Vertragschluß 1961, Streitjahr 1964) insoweit Probleme ergeben. Gegebenenfalls wäre vom FG zu prüfen, ob zwischen Vertragschluß und Streitjahr Umstände eingetreten sind, die unter Fremden zu einer Abänderung des Gewinnverteilungsschlüssels führen würden, so daß die Nichtänderung als durch außerbetriebliche Erwägungen bedingt und daher steuerlich unbeachtlich anzusehen wäre.
2. Führt der vereinbarte Gewinnverteilungsschlüssel zu einer höheren Rendite als 15 v. H. des wahren Werts des Anteils, so ist die Besteuerung so vorzunehmen, als wenn ein angemessener Gewinnverteilungssatz vereinbart worden wäre.
Beispiel:
15 v. H. des wahren Werts des Kommanditanteils 1 500 DM,
zu erwartender Gewinn 100 000 DM,
vereinbarte Gewinnbeteiligung 10 v. H.
(= 10 000 DM vom zu erwartenden Gewinn).
Angemessene (fiktive) Gewinnbeteiligung
1,5 v. H. (= 1 500 DM vom zu erwartenden Gewinn).
3. Aber auch, wenn eine vereinbarte oder (oben 2) fingierte Gewinnquote die im obenstehend entwickelten Sinn zu verstehende 15 v. H.-Grenze nicht übersteigt, kann diese Quote unangemessen hoch sein.
Das ergibt sich eindeutig aus dem Beschluß des Großen Senats. Unter IV 2c bb und dd stellt der Große Senat klar, daß er lediglich die Verteilung des "Restgewinns", d. h. des "nach angemessener Abgeltung der Geschäftsführertätigkeit und der Übernahme des Haftungsrisikos" verbleibenden Gewinns behandelt. Er setzt also voraus, daß Sonderleistungen der Gesellschafter (Arbeitsleistung, Übernahme des Haftungsrisikos etc.) entsprechend honoriert sein müssen (vgl. insoweit die Rechtsprechung des Senats, insbesondere das Urteil vom 15. November 1967 IV R 139/67, BFHE 90, 399, BStBl II 1968, 152), ehe die Abgeltung des bloßen Kapitaleinsatzes richtig beurteilt werden kann. Es leuchtet auch ohne weiteres ein, daß ein selbst unter 15 v. H. liegendes Gewinnergebnis für einen nicht mitarbeitenden Kommanditisten nicht angemessen wäre, wenn der allein im Unternehmen arbeitende Komplementär ebenfalls nur eine seinem Kapitaleinsatz entsprechende Quote des Gewinns erhielte.
Es muß daher - ebenfalls überschlägig - geprüft werden, ob der nach dem vereinbarten oder fiktiven Gewinnverteilungsschlüssel dem Kommanditisten zukommende Gewinnsatz dem Komplementär einen Gewinnsatz beläßt der ihm nach Abzug einer gleichhohen Rendite aus seinem Kapitalanteil, wie sie dem Kommanditisten zugebilligt wurde (15 v. H. des wahren wertes des Anteils) noch einen angemessenen Gewinn zur Abgeltung seiner Sonderleistungen garantiert. Auch dabei ist auf die zur Zeit des Abschlusses der Vereinbarung obwaltenden Umstände und die sich daraus ergebende Gewinnerwartung abzustellen.
Verbleibt ein solcher angemessener Gewinn für den Komplementär nicht, so muß eine weitere Korrektur des Gewinnverteilungsschlüssels zuungunsten des Kommanditisten erfolgon.
Fundstellen
Haufe-Index 70421 |
BStBl II 1973, 489 |
BFHE 1973, 47 |