Verfahrensgang
OLG Hamm (Entscheidung vom 22.12.2022; Aktenzeichen I-12 U 69/22) |
LG Arnsberg (Entscheidung vom 09.05.2022; Aktenzeichen I-7 O 266/22) |
Tenor
Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) wird auf bis zu 20.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Kläger verlangt Erteilung einer Schlussrechnung über erbrachte Leistungen für den Umbau eines Gebrauchtfahrzeugs in ein individuelles Reisemobil. Den voraussichtlichen Streitwert hat der Kläger in der Klageschrift mit 20.000 € beziffert.
Rz. 2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und den Streitwert auf 20.000 € festgesetzt.
Rz. 3
Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt. In der Berufungs-begründung hat er zum Wert des Beschwerdegegenstands (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) keine Angaben gemacht. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers durch Beschluss vom 22. Dezember 2022 nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen und darin den Streitwert für das Berufungsverfahren - in Übereinstimmung mit der bereits am 16. September 2022 erfolgten vorläufigen Wertfestsetzung - auf bis zu 20.000 € festgesetzt.
Rz. 4
Gegen die Streitwertfestsetzung in dem Beschluss vom 22. Dezember 2022 hat der Kläger "Beschwerde" mit dem Antrag eingelegt, den Streitwert auf bis zu 30.000 € festzusetzen. Mit richterlicher Verfügung vom 24. Januar 2023 hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, die Beschwerde sei nach § 68 Abs. 1 Satz 3, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unstatthaft und daher als Gegenvorstellung zu behandeln. Es hat ferner um Klarstellung gebeten, ob die Beschwerde beziehungsweise Gegenvorstellung vom Kläger oder von seinem Prozessbevollmächtigten eingelegt sei und ferner mitgeteilt, aus welchen Gründen eine abweichende Wertfestsetzung nicht beabsichtigt sei. Nachdem der Kläger von der ihm hierzu eingeräumten Stellungnahmemöglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, hat das Berufungsgericht durch Beschluss vom 23. Februar 2023 die als Gegenvorstellung zu wertende Beschwerde zurückgewiesen.
Rz. 5
Mit der am 1. Februar 2023 eingelegten und am 8. Mai 2023 begründeten Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt der Kläger die Zulassung der Revision, mit der er seinen Klageantrag weiterverfolgen möchte. Mit der Beschwerdebegründung macht der Kläger im Wesentlichen geltend, unter Berücksichtigung der von ihm geleisteten Vorauszahlung, der Restfertigstellungsarbeiten und des unstreitig gewährten Preisnachlasses stehe ihm ein Rückforderungsanspruch in Höhe von 37.500 € zu. Bei Vornahme eines Abschlags von 20 % auf den auf Abrechnung gerichteten Klageantrag (analog zur Wertfestsetzung bei einem Feststellungsantrag) seien der Streitwert und der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer auf über 20.000 € festzusetzen.
II.
Rz. 6
Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung der Entscheidung des Berufungsgerichts (BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2019 - VII ZR 151/19 Rn. 7, juris; Beschluss vom 21. Juni 2017 - VII ZR 41/17 Rn. 11, NJW 2017, 3164).
Rz. 7
1. Maßgebend für die Bewertung der Beschwer bei der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (BGH, Beschluss vom 21. August 2019 - VII ZR 2/19 Rn. 7, juris; Beschluss vom 21. Juni 2017 - VII ZR 41/17 Rn. 11, NJW 2017, 3164). Im schriftlichen Verfahren nach § 128 ZPO tritt an dessen Stelle der vom Gericht bestimmte Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können. Entsprechendes gilt im hier vom Berufungsgericht gewählten Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO, bei dem es sich ebenfalls um ein schriftliches Verfahren ohne mündliche Verhandlung handelt, in dem jedenfalls der Tatsachenvortrag der Parteien bis zum Ablauf der nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO gesetzten Frist zu berücksichtigen ist (BGH, Urteil vom 28. Juli 2011 - VII ZR 180/10 Rn. 13, BauR 2011, 1846 = NZBau 2011, 670).
Rz. 8
2. Unter Berücksichtigung der vorstehenden Grundsätze beläuft sich der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer auf nicht mehr als 20.000 €.
Rz. 9
a) Der Kläger hat sich erstmals nach Erlass des Beschlusses vom 22. Dezember 2022 gegen die Streitwertfestsetzung durch das Berufungsgericht auf bis zu 20.000 € gewandt, ohne geltend zu machen, dass er auf einen höheren Streitwert rechtfertigende Umstände schon in der Berufungsinstanz hingewiesen hätte. Parteivortrag zur Höhe von Streitwert und Beschwer, der erstmals nach Erlass des Beschlusses nach § 522 Abs. 2 ZPO mit dem Ziel gehalten wird, die Wertgrenze des § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zu überschreiten, ist ebenso zu behandeln wie (erstmaliger) Vortrag im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren.
Rz. 10
b) Auf einen höheren Streitwert und eine damit einhergehende höhere Beschwer im Fall der Verurteilung hat die Partei bereits in den Vorinstanzen hinzuweisen. Einer Partei, die weder die Streitwertfestsetzung in den Vorinstanzen beanstandet noch sonst glaubhaft gemacht hat, dass für die Festlegung des Streitwerts maßgebliche Umstände, die bereits dort vorgebracht worden sind, nicht hinreichend berücksichtigt worden sind, ist es nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung regelmäßig versagt, sich erstmals im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde auf einen höheren, die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erreichenden Wert zu berufen (BGH, Beschluss vom 15. April 2021 - I ZR 23/20 Rn. 5, MMR 2021, 812).
Rz. 11
3. Kommt eine von der vorinstanzlichen Wertfestsetzung abweichende Beurteilung schon hiernach nicht in Betracht, ist der vom Berufungsgericht festgesetzte Streitwert in Höhe von bis zu 20.000 € im Übrigen auch in der Sache nicht zu beanstanden.
Rz. 12
Bei einer Klage auf Rechnungslegung richtet sich die Wertfestsetzung gemäß § 3 ZPO danach, inwieweit der Kläger auf die Rechnungslegung angewiesen ist. Da das Verlangen nach der Rechnungslegung nur der Vorbereitung des Leistungsanspruchs dient, ist für die Festsetzung des Werts der Beschwer regelmäßig eine daran orientierte Bruchteilsbewertung vorzunehmen, die sich zwischen einem Zehntel und einem Viertel bewegt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Februar 2017 - II ZR 47/16 Rn. 3, juris; Kurpat in Schneider/Kurpat, Streitwert-Kommentar, 15. Aufl., Rechnungslegung, Rn. 2.4153). Hiernach ist, ausgehend von der Bezifferung des dem Kläger angeblich zustehenden Rückforderungsanspruchs mit 37.500 €, für eine 20.000 € übersteigende Wertfestsetzung kein Raum. Eine Annäherung an den Wert des vermuteten Leistungsanspruchs kommt nur dann in Betracht, wenn der Kläger ohne Abrechnung seinen Leistungsanspruch überhaupt nicht durchsetzen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 1982 - VII ZR 147/82, JurBüro 1983, 1182, juris Rn. 9; Kurpat in Schneider/Kurpat, Streitwert-Kommentar, 15. Aufl., Rechnungslegung, Rn. 2.4156). Dass dies der Fall ist, hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht vorgetragen.
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