Leitsatz (amtlich)

a) Im Verfahren über die Gewährung einer Auslagenpauschale aus der Staatskasse für den Vormund oder Betreuer eines mittellosen Mündels oder Betreuten nach §§ 1908 i, 1836 a, 1835 Abs. 4 BGB findet die weitere Beschwerde statt, soweit es um die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Staatskasse – und nicht nur um die Höhe des Betrages – geht.

b) Der Anspruch auf die Aufwandsentschädigung nach § 1836 a BGB steht auch dem Vormund oder Betreuer zu, der ein naher Verwandter oder Elternteil des Mündels oder Betreuten ist.

 

Normenkette

BGB § 1835 Abs. 4, §§ 1836a, 1908i

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 27.09.1995; Aktenzeichen 5 T 3958/95)

AG Augsburg (Beschluss vom 02.08.1995; Aktenzeichen XVII 697/95)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Betreuerin werden die Beschlüsse der 5. Zivilkammer des Landgerichts Augsburg vom 27. September 1995 (5 T 3958/95) und des Amtsgerichts Augsburg vom 2. August 1995 (XVII 697/95) aufgehoben.

Der Beteiligten zu 1 wird als Betreuerin des Betroffenen für die Zeit vom 27. Juni 1994 bis zum 26. Juni 1995 eine pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 375 DM bewilligt.

Die Beteiligte zu 2 hat der Beteiligten zu 1 die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Beschwerdewert: 375 DM.

 

Tatbestand

I.

Auf Antrag der Eltern wurde für den 1971 geborenen Betroffenen durch Beschluß des Amtsgerichts Augsburg vom 27. Juni 1991 Gebrechlichkeitspflegschaft mit den Wirkungskreisen Aufenthaltsbestimmung einschließlich Heilfürsorge und Besorgung der Vermögensangelegenheiten angeordnet. Zur Pflegerin wurde die Mutter des Betroffenen, die Beteiligte zu 1, bestellt. Nach Inkrafttreten des Betreuungsgesetzes zum 1. Januar 1992 wurde die Gebrechlichkeitspflegschaft gemäß Art. 9 § 1 Abs. 1 und 2 des Gesetzes (BGBl. 1990 I S. 2002) als Betreuung fortgeführt.

Mit Schriftsatz vom 22. Juli 1995 beantragte die Betreuerin, ihr für die Zeit vom 27. Juni 1994 bis zum 26. Juni 1995 eine pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 375 DM zu bewilligen. Nach Anhörung des Bezirksrevisors wies der Rechtspfleger den Antrag durch Beschluß vom 2. August 1995 mit der Begründung zurück, die Betreuerin sei für ihren Sohn unterhaltspflichtig; eine Erstattung der Aufwandsentschädigung aus der Staatskasse scheide deswegen aus. Der Erinnerung gegen diesen Beschluß half der Vormundschaftsrichter nicht ab. Das Landgericht wies die Beschwerde durch Beschluß vom 27. September 1995 als unbegründet zurück.

Der hiergegen gerichteten weiteren Beschwerde der Betreuerin möchte das Bayerische Oberste Landesgericht stattgeben. Es sieht sich daran durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Februar 1995 (16 Wx 18/95 – FamRZ 1995, 1599) gehindert, in der die weitere Beschwerde gegen die Versagung einer Aufwandsentschädigung für unzulässig erachtet wurde. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat die Sache deshalb gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlage ist zulässig. Der Vorlegungsbeschluß ergibt, daß das vorlegende Bayerische Oberste Landesgericht bei Befolgung der abweichenden Ansicht des Oberlandesgerichts Köln zu einer anderen als der von ihm beabsichtigten Entscheidung gelangen würde und daß es für die zu treffende Entscheidung des vorliegenden Falles auf die streitige Rechtsfrage ankommt (vgl. Senatsbeschluß vom 5. Februar 1986 – IVb ZB 1/86 = FamRZ 1986, 460, 461; Senatsbeschluß BGHZ 120, 305).

1. Das Oberlandesgericht Köln (16. Zivilsenat) hält, ebenso wie auch andere Oberlandesgerichte, die weitere Beschwerde im Verfahren über die Festsetzung der Aufwandsentschädigung gegenüber der Staatskasse nach § 1835 Abs. 4 BGB generell für nicht statthaft, unabhängig davon, ob mit dem Rechtsmittel nur die Höhe oder auch die Entscheidung zum Grund des Aufwendungsersatzanspruchs angegriffen werden soll (vgl. OLG Oldenburg FamRZ 1994, 585 und 1993, 1243; früher auch BayObLG Rpfleger 1984, 270; BtPrax 1993, 64 und FamRZ 1994, 1332). Das Oberlandesgericht Köln stützt seine Auffassung auf die Erwägung: Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Zahlung einer gegen die Staatskasse festzusetzenden Vergütung sei – durch Verweisung nach § 1908 i Abs. 1 i.V. mit § 1836 Abs. 2 Satz 4 BGB – die Vorschrift des § 1835 Abs. 4 BGB, nach welcher die Bestimmungen über das Verfahren bei der Entschädigung von Zeugen hinsichtlich ihrer baren Auslagen sinngemäß anzuwenden seien. In dem damit in Bezug genommenen Gesetz über die Entschädigung von Zeugen- und Sachverständigen (im folgenden: ZSEG) sei nach § 16 Abs. 2 gegen den Festsetzungsbeschluß unter den dort genannten Voraussetzungen nur die Erstbeschwerde statthaft; eine weitere Beschwerde sei hingegen für den Anwendungsbereich des ZSEG ausgeschlossen. Die Verweisung auf dieses Gesetz in §§ 1835, 1836 BGB habe zur Folge, daß sich auch der Rechtsmittelzug gegen den gerichtlichen Festsetzungsbeschluß nach den Vorschriften des ZSEG richte und eine weitere Beschwerde mithin nicht statthaft sei. Aus § 27 FGG könne die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde demgegenüber nicht hergeleitet werden. Denn diese Vorschrift gelte nur, soweit nicht in speziellen Normen eine Regelung enthalten sei. Mit der Verweisung auf das ZSEG in §§ 1836 Abs. 2, 1835 Abs. 4 BGB sei jedoch eine derartige Spezialvorschrift gegeben (im Ergebnis ebenso MünchKomm/Schwab BGB 3. Aufl. § 1835 Rdn. 26; Soergel/Damrau BGB 12. Aufl. § 1835 Rdn. 13; Staudinger/Engler, BGB 12. Aufl. § 1835 Rdn. 52).

2. Das vorlegende Bayerische Oberste Landesgericht vertritt demgegenüber die Auffassung: § 16 ZSEG stehe der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde insoweit nicht entgegen, als es – wie im vorliegenden Fall – nicht um einen Angriff gegen die Höhe des festgesetzten Betrages, sondern um die Feststellung gehe, ob die Voraussetzungen für eine Inanspruchnahme der Staatskasse dem Grunde nach gegeben seien. Da § 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB die „sinngemäße” Geltung der Vorschriften über das Verfahren bei der Entschädigung von Zeugen hinsichtlich ihrer baren Auslagen bestimme, sei bei der Auslegung des § 16 Abs. 2 ZSEG nicht allein auf den Wortlaut der Vorschrift abzustellen, sondern eine Abwägung aller Umstände – insbesondere der unterschiedlichen Funktionen von Zeugen einerseits und Betreuern andererseits – vorzunehmen. Der Zeuge sei Beweismittel. Seine Tätigkeit beschränke sich auf seine Aussage im Verfahren. Er könne seine Funktion nicht berufsmäßig ausüben. Sein Anspruch richte sich gegen die Staatskasse unabhängig von der Vermögenslage der Parteien bzw. Betroffenen und etwaigen verwandtschaftlichen Beziehungen des Zeugen zu ihnen. Demgegenüber sei der Betreuer gesetzlicher Vertreter. Er werde im wesentlichen außerhalb des Verfahrens oft über Jahre hinweg (im Rahmen seiner Berufsausübung) tätig. Für die Beurteilung seiner Aufwandsentschädigung könnten Probleme auftreten, die das Festsetzungsverfahren für die Entschädigung von Zeugen nicht kenne. So könne die Mittellosigkeit des Betreuten als Voraussetzung für den Anspruch des Betreuers gegen die Staatskasse umstritten (vgl. BayObLGZ 1995, 307 und 395) oder die Anspruchsvoraussetzung des § 1836 Abs. 2 BGB, daß die Betreuung im Rahmen der Berufsausübung geführt werden müsse (BayObLGZ 1995, 332), zweifelhaft sein. Auch könne, wie im hier zu entscheidenden Fall, fraglich sein, ob verwandtschaftliche Beziehungen des Betreuers zum Betreuten den Anspruch gegen die Staatskasse ausschlössen. Die sich hiernach als klärungsbedürftig erweisenden Fragen hätten mit dem eigentlichen Festsetzungsverfahren nichts zu tun. Sie ließen sich auch nicht durch Anwendung der Bestimmungen des ZSEG beantworten, sondern nur durch Auslegung von Normen des BGB. Demgemäß könne Entscheidungen, die den Grund des Anspruchs, also die Frage beträfen, ob das Festsetzungsverfahren als solches zulässig sei, eine erhöhte Tragweite zukommen mit der Folge, daß auch aus Gründen der Rechtssicherheit eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts müsse herbeigeführt werden können.

III.

Angesichts der dargelegten unterschiedlichen Auffassungen des Oberlandesgerichts Köln und des Bayerischen Obersten Landesgerichts zur Statthaftigkeit der weiteren Beschwerde sind die Vorlagevoraussetzungen nach § 28 Abs. 2 FGG erfüllt. Der beschließende Senat hat daher gemäß § 28 Abs. 3 FGG (anstelle des Bayerischen Obersten Landesgerichts) über die von der Betreuerin eingelegte weitere Beschwerde zu entscheiden.

1. Der Senat tritt der Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts bei, daß die weitere Beschwerde im Verfahren der Festsetzung einer Auslagenpauschale für einen Betreuer nach (§ 1908 i Abs. 1 i.V.m.) §§ 1836 Abs. 2 Satz 4, 1835 Abs. 4 BGB insoweit nicht ausgeschlossen ist, als mit ihr nicht die Abänderung des zuerkannten Betrages, sondern die Feststellung begehrt wird, daß eine Inanspruchnahme der Staatskasse – nicht – in Betracht kommt (vgl. BayObLG 3. Zivilsenat BayObLGZ 1995, 212).

In den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zu denen die Betreuungssachen gehören (vgl. §§ 35 ff FGG, Keidel/Kuntze/Winkler FGG 13. Aufl. vor §§ 35 bis 70 n Rdn. 5), findet nach § 27 FGG grundsätzlich die weitere Beschwerde als Rechtsbeschwerde statt. Sie kann allerdings durch gesetzliche Sonderregelungen ausgeschlossen sein (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler a.a.O. § 27 Rdn. 79). Als derartige Sonderregelung könnte hier § 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB i.V. mit § 16 Abs. 2 ZSEG in Betracht kommen. Die Verweisung auf das Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen und damit (auch) auf § 16 Abs. 2 ZSEG in § 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB kann indessen nur soweit reichen, wie der Anwendungsbereich des § 16 ZSEG bei einer Entscheidung über die Festsetzung einer Aufwandsentschädigung gegenüber der Staatskasse betroffen ist, d.h. soweit es um die Höhe des Aufwendungsersatzanspruchs geht. Für einen darüber hinaus anzunehmenden Ausschluß der weiteren Beschwerde auch in den Fällen, die den Grund der Aufwandsentschädigung betreffen, bietet die in § 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB angeordnete „sinngemäße” Anwendung der Vorschriften des ZSEG, wie das vorlegende Bayerische Oberste Landesgericht im einzelnen zutreffend dargelegt hat, keinen Anhaltspunkt.

So sprechen schon die Entstehungsgeschichte von § 16 Abs. 2 ZSEG einerseits und die Regelung in § 27 Abs. 2 FGG andererseits dafür, daß die weitere Beschwerde in den dort geregelten Bereichen nur für das Höheverfahren ausgeschlossen sein soll. Während der ursprüngliche Entwurf des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 21. Juni 1956 (BT-Drucks. 11/2545) in § 16 Abs. 2 Satz 2 ZSEG die Statthaftigkeit einer weiteren Beschwerde vorsah, wenn diese vom Beschwerdegericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen werde, wurde diese Regelung im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen, weil sie im Kostenverfahren „nicht angezeigt” erschien (BT-Drucks. 11/2545 S. 293). Bei der Einfügung des Abs. 2 in § 27 FGG durch das Rechtspflege-Vereinfachungsgesetz (vom 27. Dezember 1990 – BGBl I 2847) wurde im Gesetzgebungsverfahren hervorgehoben, eine generelle Zulässigkeit der (sofortigen) weiteren Beschwerde gegen isolierte Kostenentscheidungen (wie sie seinerzeit im Schrifttum zu § 20 a Abs. 2 FGG befürwortet wurde) erscheine, auch angesichts der wachsenden Geschäftslast der Gerichte, wenig sinnvoll; die weitere Beschwerde diene in erster Linie der Wahrung der Rechtseinheit; diese Aufgabe spiele bei Entscheidungen über Kostenfragen keine wesentliche Rolle.

Im Gegensatz Hierzu stellen sich, wie vom Bayerischen Obersten Landesgericht in dem Vorlagebeschluß näher ausgeführt, im Zusammenhang mit der Festsetzung einer Aufwandsentschädigung für Betreuer nach § 1835 Abs. 4 BGB nicht selten Fragen von grundsätzlicher, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung zum Anspruchsgrund, die das Festsetzungsverfahren bei der Zeugen- und Sachverständigenentschädigung nicht kennt. Derartige allgemein bedeutsame Fragen verlangen im Interesse der Rechtssicherheit die Gewährleistung einer einheitlichen Rechtsanwendung, die sich verfahrensrechtlich nur mit Hilfe der weiteren Beschwerde (mit der zusätzlichen Möglichkeit einer Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 28 Abs. 2 FGG) verwirklichen läßt (vgl. hierzu Jansen, FGG 2. Aufl. § 27 Rdn. 1). Auch unter diesem Gesichtspunkt ist daher nach dem Sinn und Zweck des § 27 Abs. 1 FGG im Gegensatz zu § 16 ZSEG der Ausschluß der weiteren Beschwerde auf das reine Höheverfahren zu beschränken, während für das Verfahren über den Anspruchsgrund nach dem allgemeinen Grundsatz des § 27 FGG von der Zulässigkeit der weiteren Beschwerde auszugehen ist.

Das gilt schließlich auch im Hinblick auf das Verfahren über die Bewilligung einer Vergütung für den Betreuer nach § 1908 i Abs. 1 i.V. mit § 1836 Abs. 1 BGB, in dem die Zulässigkeit der weiteren Beschwerde – mangels Bezugnahme auf § 1835 Abs. 4 BGB – keinen Bedenken unterliegt (vgl. MünchKomm/Schwab a.a.O. § 1836 Rdn. 43; BGB-RGRK/Dickescheid, 12. Aufl. § 1836 Rdn. 32; Soergel/Damrau a.a.O. § 1836 Rdn. 16). Nachdem auch im Rahmen eines Verfahrens nach § 1836 Abs. 1 BGB, etwa im Zusammenhang mit der Beurteilung des Vermögens des Betreuten, die Frage nach dessen Mittellosigkeit von Bedeutung sein kann (vgl. MünchKomm/Schwab a.a.O. Rdn. 7–10), ist kein Grund ersichtlich, für die Beurteilung derselben Frage, nämlich der Mittellosigkeit des Betreuten, im Fall des § 1836 Abs. 1 BGB den Rechtsweg zum Oberlandesgericht zu eröffnen, im Fall des § 1835 Abs. 4 Satz 2 BGB hingegen die weitere Beschwerde auszuschließen.

2. Die nach alledem statthafte weitere Beschwerde der Betreuerin hat auch in der Sache Erfolg.

a) Der Beteiligten zu 1 steht als Betreuerin des Betroffenen ein Anspruch auf pauschale Aufwandsentschädigung gegen die Staatskasse nach den §§ 1908 i, 1836 a, 1835 Abs. 4 Satz 1 BGB zu.

Der gegenteiligen Auffassung, daß der Betreuerin die begehrte Aufwandsentschädigung nicht gewährt werden könne, weil sie mit der Betreuung ihres geistig behinderten Sohnes eigene Unterhaltspflichten (§ 1610 Abs. 2 BGB) erfülle und § 1836 a BGB nicht dem Zweck diene, Unterhaltspflichten zu Lasten der Allgemeinheit zu mindern (vgl. LG Passau JurBüro 1993, 734; LG Ingolstadt Rpfleger 1994, 354; LG München I FamRZ 1995, 116; LG Bamberg JurBüro 1995, 604 sowie Kittel, Betreuungsrecht, Loseblattausgabe, Stand 1. Juli 1995, § 1836 a BGB Rdn. 2 a) kann nicht gefolgt werden. Die Tatsache, daß Eltern und Kinder einander nach § 1618 a BGB Beistand und Rücksicht schulden (LG Passau, LG Ingolstadt, LG München I, LG Bamberg jew. aaO), rechtfertigt es nicht, einem Elternteil, der zum Betreuer seines (hier volljährigen) eigenen Kindes bestellt worden ist, die pauschale Entschädigung zum Ausgleich geringfügiger Aufwendungen für die mit der Betreuung dauerhaft verbundenen Tätigkeiten zu versagen, zumal diese das übliche Maß von Beistand und Rücksichtnahme in der Regel weit übersteigen (vgl. Kittel aaO).

Der Wortlaut des § 1836 a BGB bietet ebenfalls keine Anhaltspunkte für eine Unterscheidung zwischen Verwandten und fremden Betreuern bei der Bewilligung einer pauschalen Aufwandsentschädigung (vgl. Bienwald, FamRZ 1995, 463; BayObLG FamRZ 1996, 247). Das ziehen auch die Vertreter der einschränkenden Auslegung des § 1836 a BGB nicht in Zweifel (LG Passau aaO).

Auch die Motive der gesetzlichen Neuregelung in § 1836 a BGB sprechen gegen eine unterschiedliche Behandlung von fremden und elterlichen Betreuern.

In der Begründung des Gesetzentwurfs zum Betreuungsgesetz, durch das § 1836 a in das BGB eingefügt wurde, (BT-Drucks. 11/4528 vom 11. Mai 1989, S. 112), werden elterliche oder sonst verwandte Betreuer nicht erwähnt. Oberstes Ziel der Vorschriften zur Vergütung und Aufwandsentschädigung des Betreuers war es, die Regelungen verfassungskonform auszugestalten (BT-Drucks. 11/4528 S. 87). Dabei sollte insbesondere der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 1. Juli 1980 (BVerfGE 54, 251 ff) Rechnung getragen werden. Dieses hatte bereits damals darauf hingewiesen, daß derjenige, der eine Vormundschaft führe, schon ein persönliches Opfer erbringe und es ihm nicht zumutbar sei, darüber hinaus auch noch materielle Einbußen auf sich zu nehmen (BVerfGE aaO, 268; vgl. auch Jürgens, Betreuungsrecht, § 1836 a BGB Rdn. 4). Aus diesem Grunde hatte das Bundesverfassungsgericht die seinerzeit bestehende Gesamtregelung (der §§ 1835 und 1836 BGB) „schon für Einzelvormundschaften” für „nicht völlig bedenkenfrei” angesehen. Insbesondere gehöre die Errichtung und Verwaltung von Vormundschaften zu den obersten Aufgaben der staatlichen Wohlfahrtspflege, deren Anlaß und Grundlage das öffentliche Interesse an der Fürsorge für den schutzbedürftigen Einzelnen sei (BVerfGE aaO; BVerfGE 10, 302, 311).

Der Gesetzgeber sah bei der Neuregelung im Jahre 1989 auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eine allgemeine Vergütungsregelung für Betreuertätigkeit, die nur ein kleiner Teil der Bevölkerung überhaupt auf sich nehme, als an sich „gerechteste Lösung” an. Aus Gründen mangelnder Finanzierbarkeit mußte jedoch letztlich an der Unentgeltlichkeit der Vormundschaft und Betreuung in § 1836 Abs. 1 Satz 1 BGB festgehalten werden (BT-Drucks. 11/4528 S. 88). Dabei erschien es allerdings zwingend notwendig, die eingeschränkte Vergütungsregelung durch eine Aufwandsentschädigung für solche Personen zu ersetzen, die für die jeweilige Vormundschaft, Pflegschaft oder Betreuung keine Vergütung erhalten (BT-Drucks. aaO). Dieser Umstand belegt, daß die gesetzliche Neuregelung nur aus fiskalischen Gesichtspunkten auf ein verfassungsrechtlich notwendiges Minimum beschränkt wurde. Eine weitergehende restriktive Auslegung der Vorschriften verbietet sich indessen. Das gilt um so mehr, als § 1836 a BGB über die pauschale Aufwandsentschädigung dazu beitragen soll, daß eine ausreichende Zahl von Vormündern, Pflegern und Betreuern gewonnen werden kann (vgl. Staudinger/Engler a.a.O. § 1836 a Rdn. 2; auch: Das Betreuungsgesetz in der Praxis, Bundesanzeiger Jahrgang 44 Nr. 37 a vom 22. Februar 1992 S. 76).

In diesem Sinn spricht auch die gesetzliche Regelung zur Betreuerauswahl gegen eine einschränkende Auslegung des § 1836 a BGB. Bei der Auswahl des Betreuers ist gemäß § 1897 Abs. 1 BGB einer natürlichen Person der Vorzug vor Vereins- oder Behördenbetreuern zu geben. Innerhalb der Betreuergruppe ist zudem gemäß § 1897 Abs. 5 BGB auf verwandtschaftliche Beziehungen des Volljährigen zu Eltern, Kindern oder zum Ehegatten Rücksicht zu nehmen. Die Bereitschaft zur Übernahme der Betreuung durch diese Personen ist nach dem Gesetz mithin erwünscht, allerdings letztlich nicht erzwingbar (vgl. § 1898 Abs. 2 BGB, BayObLG, FamRZ 1996, 247, 248). Da der Zweck der gesetzlichen Neuregelung zum Vergütungs- und Aufwandsentschädigungsanspruch dahin ging, „die Rechtsstellung auch derjenigen Personen zu stärken, denen keine Vergütung gewährt werden kann, also der ehrenamtlichen Betreuungspersonen für mittellose Betroffene” (BT-Drucks. 11/4528 S. 112; BayObLG aaO), würde es der gesetzlichen Neuregelung zuwiderlaufen, wenn ausgerechnet der vornehmlich gewünschten Betreuergruppe, nämlich den nahen Angehörigen, der Anspruch auf die pauschale Aufwandsentschädigung nicht zustehen sollte (vgl. im einzelnen Bienwald aaO; LG Kaiserslautern FamRZ 1995, 52; LG Münster FamRZ 1996, 248; LG Wuppertal JurBüro 1995, 603; LG Göttingen JurBüro 1995, 602 und BayObLG FamRZ 1996, 247 sowie Jürgens, Betreuungsrecht § 1836 a Rdn. 4; Hellmann, BtPrax 1995, 158, 164; Damrau/Zimmermann, Betreuung und Vormundschaft 2. Aufl. 1995 § 1836 a Rdn. 7; Palandt/Diederichsen BGB 55. Aufl. § 1836 a Rdn. 1).

b) Der Anspruch der Beteiligten zu 1 als Betreuerin richtet sich gemäß § 1836 a i.V. mit § 1835 Abs. 4 Satz 1 BGB gegen die Staatskasse, da der Betreute mittellos ist (vgl. BayObLGZ 1995, 212; OLG Oldenburg Nds Rpfl 1996, 59). Die Mittellosigkeit ist zwar vom Landgericht – aufgrund seiner Rechtsauffassung folgerichtig – nicht festgestellt worden, sie ergibt sich jedoch aus dem Akteninhalt. Der Betroffene hatte ausweislich des Berichts der Betreuerin zum 4. September 1994 ein Reinvermögen in Höhe von 862,78 DM. Im Hinblick darauf ist von seiner Vermögenslosigkeit auszugehen.

c) Die Betreuerin hat eine pauschale Aufwandsentschädigung für die Zeit vom 27. Juni 1994 bis zum 26. Juni 1995, mithin für ein Jahr verlangt. Dieser vom Jahresablauf abweichende Abrechnungszeitraum ist zulässig und entspricht der Intention des Gesetzes, zumal das Gericht sonst „jeweils zum Jahreswechsel mit einer Vielzahl von Abrechnungen, die sich wegen der Verrechnung mit bereits gewährten Vorschüssen oder Ersatz für Aufwendungen ergeben könnten, befaßt wäre” (BT-Drucks. 11/4528 S. 112).

Der Höhe nach entspricht die von der Betreuerin beantragte pauschale Aufwandsentschädigung den Vorgaben des § 1836 a BGB, nämlich dem fünfzehnfachen des Höchstbetrages der Zeugenentschädigung nach § 2 Abs. 2 ZSEG (15 × 25 DM = 375 DM). Einer weitergehenden Substantiierung bedarf es nach dem Gesetzeszweck (BT-Drucks. 11/4528 S. 112) nicht.

 

Unterschriften

Blumenröhr, Krohn, Zysk, Hahne, Gerber

 

Fundstellen

Haufe-Index 1128074

BGHZ, 337

BGHZ, zu I bis III 1 der Gründe und LS a

NJW 1997, 58

Nachschlagewerk BGH

MDR 1997, 62

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