Entscheidungsstichwort (Thema)
gewerbsmäßige Hehlerei
Leitsatz (amtlich)
Durch das unberechtigte Einfügen der Kontonummer in der Kodierzeile gestohlener Euroscheckvordrucke wird im Sinne von § 152 a Abs. 1 StGB ein falscher Vordruck hergestellt.
Normenkette
SchwbG § 26 Abs. 3, § 45 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 9. September 1999
im Schuldspruch dahin geändert, daß der Angeklagte
- im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
I.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 23 Fällen, davon in drei Fällen tateinheitlich mit Fälschung von Vordrucken für Euroschecks, sowie wegen Urkundenfälschung in 32 Fällen jeweils tateinheitlich mit Betrug, wobei es in drei Fällen beim Versuch blieb, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt, hat mit der Sachrüge in dem aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist sie im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.
II.
Nach den Feststellungen erwarb der Angeklagte von 1992 bis 1997 in 18 Fällen von „Zwischenhändlern” insgesamt 604 gestohlene Schecks zur eigenen Verfügung, die er durch 29 Handlungen u.a. bei Banken, Postämtern und Geschäften einlöste und in drei Fällen einzulösen versuchte. Hierdurch wollte er sich eine fortlaufende Einnahmequelle verschaffen. In zwei Fällen handelte es sich um Original-Blanko-Euroschecks, die bei Banken entwendet und danach von Unbekannten ohne Berechtigung jeweils in der Kodierzeile mit einer aufgedruckten Kontonummer versehen worden waren. Dies war dem Angeklagten beim Ankauf bekannt.
III.
1. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß das Sichverschaffen der gestohlenen Euroscheckvordrucke, auf die ohne Einverständnis der Bank in der Kodierzeile eine Kontonummer aufgedruckt worden war, unter den Tatbestand des § 152 a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF fällt.
§ 152 a StGB erfaßt u.a. Vordrucke für Euroschecks. Darunter fallen schon nach dem Wortlaut nicht nur Blanko-Euroscheckvordrucke. Vielmehr ist auch ein bereits mit der Kodierzeile (Schecknummer, Kontonummer, Bankleitzahl) bedrucktes Scheckformular noch ein Vordruck. Erst wenn dieser Vordruck vom Aussteller ausgefüllt und unterschrieben wird, wird er zum Scheck im Sinne des Scheckgesetzes (vgl. Art. 1, 2 ScheckG). Zum Ausfüllen des Euroscheckvordrucks durch den Bankkunden gehört aber nicht das Einsetzen der Kontonummer. Die Kontonummer wird vielmehr von der Bank vor dem Aushändigen des Vordrucks an den Kunden in der Kodierzeile aufgedruckt. Durch das unberechtigte Einfügen der Kontonummer in der Kodierzeile gestohlener Scheckvordrucke wird im Sinne von § 152 a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF ein falscher Vordruck hergestellt. Denn der scheinbare Aussteller des Vordrucks, die bezogene Bank, ist insoweit mit dem tatsächlichen nicht identisch, weil der Vordruck von der Bank nicht für das in der Kodierzeile genannte Konto ausgegeben wurde.
Die in der Literatur vertretene einschränkende Auslegung des Tatbestands, nach der das unberechtigte Kodieren im übrigen echter Scheckvordrucke von § 152 a Abs. 1 Nr. 1 StGB aF nicht erfaßt werde, da die Kodierzeile nicht zu dem Formular gehöre (Tröndle/Fischer, StGB 49. Aufl. § 152 a Rdn. 2; Rudolphi in SK-StGB § 152 a Rdn. 5 jeweils zu § 152 a StGB nF; Puppe in NK-StGB § 152 a Rdn. 12) läßt sich weder aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift noch aus Sinn und Zweck der Regelung herleiten.
§ 152 a StGB aF ist durch Art. 1 Nr. 5 des 2. WiKG vom 15. Mai 1986 in das Strafgesetzbuch eingefügt worden. Unmittelbarer Anlaß hierfür war ein teilweise freisprechendes Urteil des Landgerichts Berlin vom 30. November 1983 (wistra 1985, 241), mit dem die Strafbarkeit des Herstellens falscher, auch bereits kodierter Euroscheckvordrucke als vollendete oder versuchte Urkundenfälschung verneint wurde (BTDrucks. 10/5058 S. 26). Diese Entscheidung ging auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18. Oktober 1978 – 2 StR 219/78 – zurück, in dem der Senat ausgesprochen hatte, daß das Aufdrucken (oder Ergänzen) der Kodierzeile auf Euroschecks noch nicht den Tatbestand des § 267 StGB erfüllt. Diese Entstehungsgeschichte des § 152 a StGB belegt, daß der Gesetzgeber das Problem des Kodierens von Scheckvordrucken gesehen und in seine Erwägungen einbezogen hat. Es sind keine Anhaltspunkte für die Absicht des Gesetzgebers erkennbar, das unberechtigte Kodieren von Euroscheckvordrucken durch eine einschränkende Auslegung des Begriffs „Vordruck” von der Strafbarkeit der Fälschung von Vordrucken für Euroschecks nach § 152 a StGB auszunehmen. Sinn und Zweck der Norm ist es gerade, die in der Rechtsprechung zutage getretenen Strafbarkeitslücken im Vorfeld der Urkundendelikte zu schließen und die Sicherheit und Funktionsfähigkeit des Zahlungsverkehrs zu schützen (BTDrucks. 10/5058 S. 26). Der strafrechtliche Fälschungsschutz des § 152 a StGB erfaßt daher nicht nur den Blanko-Euroscheckvordruck, sondern auch die auf das Blankoformular aufgedruckte Kodierzeile. Die Einbeziehung der Kodierzeile, insbesondere der Kontonummer, in den strafrechtlichen Fälschungsschutz ist auch sachlich gerechtfertigt; denn erst nach dem Aufdruck einer konkreten Kontonummer ist der Vordruck zusammen mit der zugehörigen Scheckkarte im Euroscheckverkehr verwendbar. Gerade hierdurch erhöht sich im besonderen Maß die Gefahr für die Sicherheit des Zahlungsverkehrs.
Die Neufassung des § 152 a StGB durch Art. 1 Nr. 18 des 6. StrRG vom 26. Januar 1998 hat insoweit keine Änderung gebracht. Durch die Neuregelung sollten neben den Euroscheckvordrucken auch weitere Zahlungskarten im Sinne von § 152 a Abs. 4 StGB erfaßt werden (BTDrucks. 13/8587 S. 29). Die Tathandlungen Nachmachen und Verfälschen sind in Anlehnung an § 146 StGB eingeführt worden. Auch nach § 152 a Abs. 1 Nr. 2 StGB nF hat sich der Angeklagte falsche Vordrucke für Euroschecks verschafft und sie gebraucht, weil die Kontonummern in der Kodierzeile unberechtigt aufgedruckt worden waren.
2. Hinsichtlich der gewerbsmäßigen Hehlerei ist das Landgericht, da die Erwerbshandlungen im einzelnen nicht mehr aufzuklären waren, zugunsten des Angeklagten zu Recht davon ausgegangen, daß er sich jeweils mehrere Scheckserien auf einmal verschafft haben kann und hat aus dem Vergleich der Daten der Diebstahls- und der Einlösungstaten eine Mindestanzahl von Erwerbshandlungen errechnet. Dabei hat die Kammer jedoch übersehen, daß nach dem von ihr angewandten Prinzip auch in den Fällen 6 – 8, 9 – 11 sowie 30 mit 32 und 33 jeweils nur von einer Tat der gewerbsmäßigen Hehlerei auszugehen ist. Danach hat sich der Angeklagte auch lediglich in zwei Fällen (5 sowie 6 – 8) tateinheitlich zur gewerbsmäßigen Hehlerei der Fälschung von Vordrucken für Euroschecks schuldig gemacht.
Zu Recht hat das Landgericht im vorliegenden Fall angenommen, daß zwischen der gewerbsmäßigen Hehlerei einerseits und der Urkundenfälschung in Tateinheit mit (versuchtem) Betrug andererseits grundsätzlich Tatmehrheit vorliegt (vgl. Stree in Schönke/Schröder, StGB 25. Aufl. § 259 Rdn. 62; Tröndle/Fischer a.a.O. § 259 Rdn. 29).
Dies gilt jedoch nicht in den Fällen 5 sowie 6 – 8. Denn insoweit hat sich der Angeklagte auch der Fälschung von Vordrucken für Euroschecks schuldig gemacht. § 152 a Abs. 1 Nr. 1 StGB steht jedoch zu §§ 263, 267 StGB im Verhältnis der Tateinheit, da die erforderliche Täuschungsabsicht das Sichverschaffen der falschen Vordrucke und ihre Verwendung zu einer deliktischen Einheit verbindet (Weber JZ 1987, 215, 218; Puppe a.a.O. Rdn. 23; Tröndle/Fischer, a.a.O. § 152 a Rdn. 10; Stree a.a.O. § 52 Rdn. 12; aA Lackner/Kühl, StGB 23. Aufl. § 152 a Rdn. 9: Tatmehrheit). Gegen ein Zurücktreten des § 152 a StGB hinter dem Vergehen des § 267 StGB im Wege der Gesetzeskonkurrenz (vgl. Rudolphi a.a.O. Rdn. 15) spricht schon die Verbrechensnatur des § 152 a StGB (Weber JZ 1987, 215, 218). Diese führt vielmehr dazu, daß durch die Verwirklichung des § 152 a StGB die tateinheitlich dazu begangenen Vergehen der gewerbsmäßigen Hehlerei einerseits sowie des Betruges und der Urkundenfälschung andererseits miteinander zur Tateinheit verklammert werden (vgl. Stree a.a.O. § 52 Rdn. 14 ff.).
Der Angeklagte hat sich somit im Fall 5 und in den materiell-rechtlich eine Tat bildenden Fällen 6 – 8 jeweils der Fälschung von Vordrucken für Euroschecks in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Hehlerei, Betrug und Urkundenfälschung schuldig gemacht. Der Schuldspruch war daher wie aus der Beschlußformel ersichtlich neu zu fassen. § 265 StPO steht der Schuldspruchberichtigung nicht entgegen, da auszuschließen ist, daß sich der Angeklagte gegen den geänderten Tatvorwurf anders als geschehen hätte verteidigen können.
4. Die Änderung des Schuldspruchs führt in den Fällen 9 – 11, 30, 32 und 33 jeweils zur Aufhebung der Einzelstrafe für die gewerbsmäßige Hehlerei sowie in den Fällen 5 und 6 – 8 zur Aufhebung aller Einzelstrafen (betreffend die gewerbsmäßige Hehlerei sowie den Betrug in Tateinheit mit Urkundenfälschung). Damit sind gerade die erheblichen Einzelstrafen, u.a. auch die Einsatzstrafe weggefallen. Der Senat hebt daher auch die von der Schuldspruchänderung nicht unmittelbar betroffenen Einzelstrafen auf, da nicht auszuschließen ist, daß sie von den Überlegungen zur Strafzumessung im übrigen beeinflußt worden sind. Damit kann der Tatrichter sämtliche Strafen im Verhältnis zueinander neu bestimmen. Mit der Aufhebung der Einzelstrafen entfällt die Grundlage für die Gesamtfreiheitsstrafe.
IV.
In der neuen Verhandlung wird der Tatrichter zu erörtern haben, ob die von dem Angeklagten in der Slowakischen Republik verbüßte Haft gemäß § 51 Abs. 3 S. 1 oder 2 StGB (vgl. Stree a.a.O. § 51 Rdn. 34) auf die Strafe anzurechnen ist und gegebenenfalls gemäß § 51 Abs. 4 S. 2 einen Anrechnungsmaßstab zu bestimmen haben. Wie bei inländischer Freiheitsentziehung genügt es dabei, daß die im Ausland erlittene Haft eine Tat betrifft, die Gegenstand des inländischen Strafverfahrens gewesen ist. Der Anrechnung steht nicht entgegen, daß die Strafkammer insoweit im Hinblick auf die gemäß § 154 StPO vorgenommene Einstellung an der Aburteilung dieser Tat gehindert war (vgl. BGHSt 35, 172, 177/178).
Unterschriften
Jähnke, Detter, Bode, Otten, Rothfuß
Fundstellen
Haufe-Index 540420 |
BGHSt |
BGHSt, 48 |
NJW 2000, 2597 |
NStZ 2001, 138 |
Nachschlagewerk BGH |
wistra 2000, 348 |
Kriminalistik 2000, 736 |
StV 2000, 663 |
StraFo 2000, 349 |
ZBB 2000, 336 |