Verfahrensgang

OLG Hamm (Beschluss vom 20.12.1996)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde gegen den Beschluß des 12. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Dezember 1996 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 1.000 DM.

 

Tatbestand

I.

In dem Scheidungsverbundverfahren hat das Amtsgericht – Familiengericht – durch Urteil vom 11. Juli 1996 vorab über den Scheidungsantrag und über die elterliche Sorge für die gemeinsamen Kinder entschieden. Das Urteil ist bezüglich des Scheidungsausspruchs durch Rechtsmittelverzicht am 11. Juli 1996 rechtskräftig geworden, im übrigen am 3. September 1996. Über die abgetrennte Folgesache Versorgungsausgleich hat das Amtsgericht – Familiengericht – durch Beschluß vom 22. Oktober 1996 entschieden. Dieser Beschluß wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 28. Oktober 1996 zugestellt. Sie haben mit einem an das Amtsgericht – Familiengericht – gerichteten Schriftsatz vom 11. November 1996 gegen diesen Beschluß Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat die Beschwerde an das Oberlandesgericht weitergeleitet, bei dem die Akten am 13. November 1996 eingegangen sind. Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin sind beim Oberlandesgericht nicht zugelassen. Deshalb hat das Oberlandesgericht die Beschwerde durch den angefochtenen Beschluß als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Antragstellerin.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die weitere Beschwerde ist nach § 621 e Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft und auch sonst zulässig, sie hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Erstbeschwerde zu Recht und mit zutreffender Begründung als unzulässig verworfen, weil sie nicht von einem beim Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist.

Nach § 78 Abs. 2 Nr. 1 ZPO besteht in Folgesachen Anwaltszwang in allen Rechtszügen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats gilt das ohne Ausnahme auch dann, wenn über den Scheidungsantrag nach § 628 ZPO vorab entschieden worden ist und über die abgetrennte Folgesache erst entschieden wird, nachdem das den Scheidungsausspruch enthaltende Urteil bereits rechtskräftig geworden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 15. Oktober 1980 – IVb ZB 597/80 – FamRZ 1981, 24 und vom 10. Juli 1985 – IVb ZB 102/84 – VersR 1985, 1185, 1186). An dieser Rechtsprechung, die in der Literatur allgemein Zustimmung gefunden hat (vgl. Stein/Jonas/Bork, ZPO 21. Aufl. § 78 Rdn. 3 c und -/Schlosser, § 628 Rdn. 16; MünchKomm-ZPO/von Mettenheim, § 78 Rdn. 46 und -/Klauser § 628 Rdn. 23; Zöller/Vollkommer, ZPO 20. Aufl. § 78 Rdn. 34 und -/Philippi § 628 Rdn. 19 a; Thomas/Putzo, ZPO 20. Aufl. § 78 Rdn. 15 und § 628 Rdn. 15), ist entgegen der Ansicht der weiteren Beschwerde festzuhalten.

Die weitere Beschwerde führt aus, der Senat habe in der Entscheidung vom 15. Oktober 1980 (aaO) entscheidend darauf abgestellt, daß der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs in der abgetrennten Folgesache nicht immer zweifelsfrei feststehe. Das Gebot der Rechtssicherheit verlange es deshalb, daß der Anwaltszwang in der Folgesache unabhängig davon fortbestehe, ob der Scheidungsausspruch rechtskräftig geworden sei oder nicht. Im vorliegenden Fall sei das den Scheidungsausspruch enthaltende Urteil aber durch Rechtsmittelverzicht der Parteien zweifelsfrei rechtskräftig geworden. Es bestehe deshalb kein Anlaß, mit Rücksicht auf eine mögliche Unsicherheit über den Eintritt der Rechtskraft den Anwaltszwang in der Folgesache fortbestehen zu lassen.

Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Sie beruht auf einer unzutreffenden Interpretation der Senatsentscheidung vom 15. Oktober 1980. Die Rechtssicherheit verlangt, daß generell – unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalles – feststeht, ob in einer abgetrennten Folgesache Anwaltszwang besteht oder nicht. Es kann nicht hingenommen werden, daß das Bestehen oder Nichtbestehen des Anwaltszwangs in jedem Einzelfall von einer Abwägung abhängig ist, ob bezüglich des Eintritts der Rechtskraft des Scheidungsausspruchs Zweifel bestehen können oder nicht.

Für dieses Ergebnis spricht auch die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum 1. Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts. Die heute in § 628 ZPO enthaltene Möglichkeit, über den Scheidungsausspruch vorab zu entscheiden, war in dem Entwurf in § 627 a ZPO vorgesehen. In der Begründung der Bundesregierung zu dieser Bestimmung heißt es ohne jede Einschränkung, ein abgetrenntes Verfahren behalte seinen Charakter als Folgesache und unterliege weiter dem Anwaltszwang (BT-Drucks. 7/650, S. 211).

Nach § 621 e Abs. 3 ZPO mußte die Beschwerde beim Beschwerdegericht eingelegt werden. Sie konnte nicht wirksam eingelegt werden bei dem Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hatte. Daraus ergibt sich, daß nur ein bei dem Beschwerdegericht zugelassener Rechtsanwalt die Beschwerde wirksam einlegen konnte.

 

Unterschriften

Blumenröhr, Krohn, Gerber, Sprick, Weber-Monecke

 

Fundstellen

Haufe-Index 1383891

FamRZ 1998, 1505

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