Leitsatz (amtlich)
Ist in der notariellen Fachprüfung eine Aufsichtsarbeit wegen eines Bewertungsfehlers des Prüfers neu zu bewerten, ist die Neubewertung aus Gründen der Chancengleichheit in der Regel durch die ursprünglichen Prüfer vorzunehmen, soweit diese nicht als befangen anzusehen sind. Allein der Umstand, dass einem Prüfer ein Bewertungsfehler angelastet wird, ist dabei nicht geeignet, die Unvoreingenommenheit des Prüfers in Frage zu stellen (Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2016 - 6 B 1/16, juris Rn. 19 f.).
Normenkette
BNotO §§ 7a, 7b
Verfahrensgang
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Kammergerichts - Senat für Notarsachen - vom 8. Juni 2023 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 25.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Kläger begehrt die Neubewertung von zwei seiner im Rahmen der notariellen Fachprüfung erbrachten schriftlichen Leistungen.
Rz. 2
Der Kläger nahm unter Gewährung eines Nachteilsausgleichs an der Prüfungskampagne 2021/II der von dem Beklagten durchgeführten notariellen Fachprüfung teil. Mit Bescheid vom 6. Januar 2022 wurde ihm die Bewertung seiner Aufsichtsarbeiten wie folgt mitgeteilt:
Klausur F 20-121: 2,50 Punkte
Klausur F 20-122: 3,00 Punkte
Klausur F 20-123: 9,00 Punkte
Klausur F 20-113: 6,00 Punkte
Rz. 3
Zugleich stellte der Beklagte fest, dass der Kläger von der mündlichen Prüfung ausgeschlossen sei und die notarielle Fachprüfung nicht bestanden habe. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte nach Beteiligung sämtlicher Korrektoren mit Bescheid vom 20. Mai 2022 zurück.
Rz. 4
Mit der hiergegen erhobenen Klage wendet sich der Kläger, soweit für das Zulassungsverfahren noch relevant, gegen die Bewertung der beiden mit weniger als vier Punkten bewerteten Aufsichtsarbeiten. Das Kammergericht hat dem Begehren teilweise stattgegeben und den Beklagten verurteilt, den Kläger nach Neubewertung der Klausur F 20-121 unter Beachtung seiner Rechtsauffassung (betreffend einzelne Beanstandungen des Erstkorrektors) neu zu bescheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit seinen allgemeinen Einwendungen gegen das Prüfungsverfahren könne der Kläger nicht gehört werden. Hinsichtlich der Aufgaben 3, 4 und 5 der Klausur F 20-121 beanstande der Kläger zu Recht einige vom Erstkorrektor angebrachte Kritikpunkte. Insoweit sei eine Neubewertung geboten, die aber nicht durch andere Korrektoren vorzunehmen sei. Von diesen Aufgaben abgesehen und insgesamt hinsichtlich der Klausur F 20-122 gebe die angegriffene Bewertung keinen Anlass für Beanstandungen.
Rz. 5
Das Kammergericht hat die Berufung nicht zugelassen. Mit seinem Antrag begehrt der Kläger die Zulassung des Rechtsmittels durch den Senat.
II.
Rz. 6
Der Antrag ist unbegründet. Ein Zulassungsgrund ist nicht gegeben.
Rz. 7
1. Die begehrte Zulassung der Berufung ist nicht aufgrund der allgemeinen Einwendungen des Klägers gegen den Ablauf des Prüfungsverfahrens geboten.
Rz. 8
a) Der Kläger macht geltend, der Beklagte sei ihm gegenüber voreingenommen und habe auf unlautere Weise darauf hingewirkt, dass er als "missliebiger Kandidat" die Prüfung nicht bestanden habe. Als Beleg benennt der Kläger die Setzung einer aus seiner Sicht zu kurzen Frist zur Beibringung eines Gesundheitszeugnisses für den beantragten Nachteilsausgleich aus medizinischen Gründen, die Überprüfung seiner zur notariellen Fachprüfung zugelassenen Hilfsmittel durch eine Klausuraufsicht ("akribisches Durchblättern der Gesetzestexte") sowie die personelle Besetzung einer (anderen) Klausuraufsicht mit einem Verwandten des Beklagten.
Rz. 9
Entgegen der Auffassung des Klägers rechtfertigen die genannten Punkte unbeschadet der Frage ihrer rechtzeitigen Rüge (vgl. zur Ausschlussfrist des § 18 Abs. 1 NotFV Senat, Beschluss vom 16. November 2020 - NotZ (Brfg) 5/20, ZNotP 2021, 225 Rn. 3) weder für sich genommen noch in der Gesamtschau den Schluss, der Beklagte sei voreingenommen und habe an die Korrektoren der Aufsichtsarbeiten "durchgestochen", dass der Kläger unerwünscht sei und durchfallen müsse. Der Nachteilsausgleich aus medizinischen Gründen (§ 16 NotFV) wurde antragsgemäß gewährt, nachdem der Kläger das hierfür erforderliche Gesundheitszeugnis innerhalb der gesetzten Frist vorgelegt hatte; seinen vorsorglich gestellten Fristverlängerungsantrag hat der Kläger zurückgenommen. Die stichprobenartige Kontrolle der mitgeführten Hilfsmittel im Sinne des § 11 Abs. 4 NotFV ist ein anerkanntes und probates Mittel zur Unterbindung und gegebenenfalls Aufdeckung eines Täuschungsversuchs im Sinne des § 7f BNotO und damit zur Wahrung der Chancengleichheit der Prüflinge geboten (vgl. Fischer/Jeremias/Dieterich, Prüfungsrecht, 8. Aufl., Rn. 231 f.; Teschner in BeckOK BNotO, Stand 1. August 2023, § 7f Rn. 1). Die Wahrnehmung der Klausuraufsicht im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 2 NotFV durch einen Verwandten des Beklagten lässt nicht erkennen, inwiefern dies Einfluss auf das Prüfungsergebnis des Klägers gehabt haben könnte; Entsprechendes behauptet auch der Kläger mit seinem Zulassungsantrag nicht.
Rz. 10
Vor diesem Hintergrund war das Kammergericht nicht veranlasst, die vom Kläger hierzu angebotenen Beweise zu erheben. Ein Anhaltspunkt dafür, dass der Name des Klägers den Korrektoren seiner schriftlichen Aufsichtsarbeiten entgegen § 7b Abs. 2 Satz 1 BNotO vor Abschluss der Begutachtung bekannt gemacht worden sein könnte, besteht auch nach Auswertung der - die Korrespondenz mit den Korrektoren enthaltende - Prüfungsakte nicht. Die Klausuren enthielten keine Hinweise auf die Person des Klägers und waren ordnungsgemäß nur mit der dem Kläger zugeteilten Kennziffer versehen, die dieser selbst auf ihnen vermerkt hat (§ 11 Abs. 3 NotFV). Ein Verfahrensmangel, auf dem die angegriffene Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO in Verbindung mit § 111d Satz 2 BNotO), liegt daher nicht vor.
Rz. 11
b) Die Rechtmäßigkeit der offenen Zweitbewertung ist höchstrichterlich geklärt (vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2016 - 6 B 1/16, juris Rn. 12 mwN) und in der Literatur allgemein anerkannt (vgl. Fischer/Jeremias/Dieterich, aaO Rn. 609; Teschner in BeckOK BNotO, Stand 1. August 2023, § 7b Rn. 12; Lerch in Arndt/Lerch/Sandkühler, BNotO, 8. Aufl., § 7b Rn. 2; jeweils mwN). Die hiergegen erhobenen grundsätzlichen Einwände des Klägers sind nicht geeignet, die Zulassung der Berufung zu rechtfertigen.
Rz. 12
2. Ein Zulassungsgrund ist auch insoweit nicht gegeben, als das Kammergericht den Angriffen des Klägers gegen die inhaltliche Bewertung der streitgegenständlichen Klausuren nicht gefolgt ist. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO in Verbindung mit § 111d Satz 2 BNotO) bestehen nicht.
Rz. 13
a) Nach ständiger Rechtsprechung unterliegt die Prüfertätigkeit, die sich aufgrund ihrer Komplexität weitgehend nicht durch allgemeingültige Regeln erfassen lässt, einer nur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die Eigenart dieses Bewertungsvorgangs und die dabei zu beachtenden Anforderungen des Gebots der Chancengleichheit machen es notwendig, den Prüfern einen Bewertungsspielraum zuzuerkennen, dessen Wahrnehmung nur einer eingeschränkten Nachprüfung unterliegt. Unter diesen prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum fallen zum Beispiel die Einordnung des Schwierigkeitsgrades der Aufgabenstellung, die Gewichtung verschiedener Aufgaben untereinander oder die Würdigung der Qualität der Darstellung im Gesamtzusammenhang des Prüfungsverfahrens, ferner Wertungen, die sich damit befassen, ob der Bearbeiter die von der Prüfungsaufgabe aufgeworfenen Fragen vollständig oder nur lückenhaft erkannt hat, oder die Frage, ob ein in der Prüfungsarbeit enthaltenes Problem lediglich ein "Randproblem" oder ein "entscheidendes Problem" der Arbeit darstellt. Dies gilt gleichermaßen für das Gewicht positiver Ausführungen in der Prüfungsarbeit oder die Bedeutung eines Mangels in der Gesamtbewertung. Schließlich ist die Vergabe von Punkten und Noten - sofern nicht (anders als hier) mathematisch determiniert - sowie die Frage, ob eine Prüfungsleistung als "brauchbar" zu bewerten ist, Gegenstand des Bewertungsspielraums (zuletzt Senat, Beschluss vom 14. November 2022 - NotZ (Brfg) 5/22, ZNotP 2023, 323, juris Rn. 26 mwN).
Rz. 14
In den Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraumes dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen, sondern haben nur zu überprüfen, ob die Prüfer die objektiven, auch rechtlich beachtlichen Grenzen ihres Bewertungsspielraums überschritten haben, etwa, weil sie von falschen Tatsachen ausgegangen sind oder sachfremde Erwägungen angestellt haben, ihre autonomen Bewertungsmaßstäbe nicht einheitlich angewandt oder allgemeingültige Bewertungsgrundsätze nicht beachtet haben. Ferner müssen prüfungsspezifische Wertungen und Gewichtungen nachvollziehbar sein und dürfen keine inhaltlichen Widersprüche aufweisen. Ob ein angerufenes Gericht nur zu einer abweichenden Bewertung kommt, ist mithin unerheblich, denn es darf sich nicht an die Stelle des Prüfers setzen (Senat, aaO Rn. 27 mwN).
Rz. 15
Anderes gilt für die fachliche Wertung durch den Prüfer, das heißt dessen Entscheidungen über die fachliche Richtigkeit konkreter Ausführungen des Prüfungsteilnehmers. Deren Bewertung hängt davon ab, ob der vom Prüfungsteilnehmer eingenommene Standpunkt nach dem Stand der Fachwissenschaft vertretbar ist. Dieser objektive - gerichtlich voll überprüfbare - Bewertungsmaßstab tritt für die Beantwortung von Fachfragen an die Stelle der autonomen Einschätzung des Prüfers, der fachlich vertretbare Antworten und brauchbare Lösungen nicht als falsch bewerten darf. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist, die Beurteilung vielmehr unterschiedlichen Ansichten Raum lässt, muss dem Prüfling ein angemessener Antwortspielraum zugestanden werden (Senat, aaO Rn. 28 mwN).
Rz. 16
Ob der Prüfer seinen Bewertungsspielraum eingehalten hat, kann nur anhand seiner Begründung festgestellt werden. Der Prüfer hat bei schriftlichen Prüfungsarbeiten daher die tragenden Erwägungen darzulegen, die zur Bewertung der Prüfungsleistung geführt haben, um dem Prüfling eine - gegebenenfalls gerichtliche - Kontrolle der Prüfungsentscheidung zu ermöglichen. Die Begründung muss so beschaffen sein, dass der Prüfling diese in den Grundzügen nachvollziehen kann, das heißt die Kriterien erfährt, die für die Benotung maßgeblich waren, und verstehen kann, wie die Anwendung dieser Kriterien in wesentlichen Punkten zu dem Bewertungsergebnis geführt hat. Es muss insoweit nicht in allen Einzelheiten, aber doch in den für das Ergebnis ausschlaggebenden Punkten erkennbar sein, welchen Sachverhalt sowie welche allgemeinen und besonderen Bewertungsmaßstäbe der Prüfer zugrunde gelegt hat und auf welcher wissenschaftlich-fachlichen Annahme die Benotung beruht. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Begründung nur kurz ausfällt, vorausgesetzt, die vorstehend dargestellten Kriterien für ein mögliches Nachvollziehen der grundlegenden Gedankengänge des Prüfers sind erfüllt. Eine zunächst fehlende Begründung kann insoweit auch im Verlauf des Verwaltungsstreitverfahrens - etwa im Rahmen der Überdenkung durch den Prüfer - nachgeholt werden (Senat, aaO Rn. 29 mwN).
Rz. 17
b) Dies zugrunde gelegt, sind die - hinreichend begründeten - Voten der Korrektoren - soweit in zweiter Instanz noch zu überprüfen - in jeder Hinsicht von dem ihnen zustehenden prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum gedeckt und enthalten auch keine fachlich angreifbaren Einschätzungen.
Rz. 18
aa) Die gegen die Bewertung der Aufsichtsarbeit F 20-121 gerichteten Rügen des Klägers greifen nicht durch.
Rz. 19
(1) In Aufgabe 1 dieser Klausur ging es um die gutachterliche Erörterung, wie die von F und S gewünschte asymmetrische Aufteilung der Wohnungen rechtlich zu realisieren ist; zudem war anzugeben, was hierfür im Hinblick auf die beiden Grundstücke zuvor zu veranlassen ist. Bei dieser Aufgabenstellung durften, wie das Kammergericht zutreffend erkannt hat, beide Korrektoren über die bloße Nennung von §§ 3 und 8 WEG hinaus eine Auseinandersetzung mit den Eigenheiten der beiden möglichen Lösungswege erwarten. Die hierzu vom Kläger in seiner Klausur maßgeblich angebotenen Argumente (Auseinandersetzung der vermeintlichen Erbengemeinschaft) waren vom Sachverhalt nicht gedeckt ("vormals in Erbengemeinschaft") und lagen zudem jedenfalls jenseits der konkreten Aufgabenstellung.
Rz. 20
Angesichts der konkreten Frage, was im Hinblick auf die beiden (Nachbar-)Grundstücke zuvor, d.h. vor Aufteilung der Wohnungen, zu veranlassen sei, genügte der vom Kläger erbrachte Hinweis auf § 5 GBO offensichtlich nicht, zumal er lediglich im Zusammenhang mit sonst fehlenden Dienstbarkeiten erfolgte. Diese Antwort schöpft die zwingende Vorgabe zur Begründung eines einheitlichen Grundstücks (§ 1 Abs. 4 WEG) nicht aus. Vielmehr wären durch Erörterung des § 890 Abs. 1 BGB die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine grundbuchrechtliche Vereinigung der Grundstücke zu klären gewesen. Die hierzu bestehende Alternative einer Zuschreibung des einen Grundstücks zum anderen nach § 890 Abs. 2 BGB, § 6 GBO wurde insgesamt nicht geprüft.
Rz. 21
(2) Aufgabe 2 erforderte die Prüfung eines möglichen Ausschlusses der Sachmängelgewährleistung gegenüber dem Kaufinteressenten C und die Formulierung der entsprechenden Regelungen zur Sachmängelgewährleistung. Die vom Kläger hierzu befürwortete Anwendung der Regeln über den Bauträgervertrag war von dem vorgegebenen Klausursachverhalt nicht getragen. An der Aufgabenstellung weitgehend vorbei geht in der Folge die vom Kläger vorgeschlagene Vertragsklausel, die sich im Wesentlichen mit der Abnahme des Werkes befasst und lediglich einen Nacherfüllungsanspruch formuliert.
Rz. 22
bb) Auch hinsichtlich der Klausur F 20-122 zeigt der Zulassungsantrag des Klägers keinen Bewertungsfehler auf.
Rz. 23
(1) Die geringfügige redaktionelle Unvollständigkeit des Klausursachverhalts war, wie das Kammergericht zutreffend ausgeführt hat, für die angegriffene Bewertung nicht erheblich. Der Satz "Die Grundbücher sind inzwischen dahingehend berichtigt worden, dass die Tochter T als Eigentümerin ist und für E in Abteilung II ein Nacherbenvermerk besteht" ließ sich ohne Weiteres und zweifelsfrei um das Wort "eingetragen" nach "Eigentümerin" ergänzen. Der Kläger macht selbst nicht geltend, dass er insoweit Verständnisschwierigkeiten unterlegen wäre.
Rz. 24
(2) Im Rahmen der aufgegebenen gutachterlichen Prüfung durften die Korrektoren neben der erfolgten inhaltlichen Erörterung der Rechtslage auch die Zitierung der einschlägigen Gesetzesvorschriften erwarten. Dies betrifft bei Aufgabe 1a die Nennung von § 2096 BGB und bei Aufgabe 1c die Nennung von § 2102 BGB.
Rz. 25
(3) Der Kläger hat die Aufgaben 1b und 1c, in denen gesondert nach Gestaltungsmöglichkeiten der T (Vorerbin) und der E (Nacherbin) gefragt wird, teilweise gemeinsam beantwortet und in diesem Zusammenhang den Sachverhalt freihändig um einen gemeinsamen Antrag von T und E auf Grundbuchberichtigung ergänzt - und damit abgeändert. Auf dieser Grundlage ist der Kläger von einer bereits erfolgten Annahme der Erbschaft durch sowohl T als auch E ausgegangen. Eine solche Ergänzung des Sachverhalts war in diesem jedoch weder angelegt noch durch die oben unter (1) erörterte geringfügige Unvollständigkeit veranlasst. Allein von der Eintragung der Nacherbschaft der E kann, wie das Kammergericht unter Hinweis auf § 51 GBO zutreffend ausgeführt hat, nicht auf einen entsprechenden Antrag der E geschlossen werden.
Rz. 26
Entgegen der Auffassung des Klägers waren die Korrektoren nicht von Amts wegen gehalten, Teile der vom Kläger zu Aufgabe 3 angebotenen Lösung auch bei der Bewertung von Aufgabe 1b zu berücksichtigen. Dies folgt - unbeschadet des fehlenden eindeutigen Verweises durch den Kläger in seiner Klausurlösung - schon aus der unterschiedlichen Aufgabenstellung: In Aufgabe 1b war danach gefragt, welche Gestaltungsmöglichkeiten die T bei dem vorliegenden Testament der F hat (also ex post), während in Aufgabe 3 danach gefragt war, wie F anders hätte testieren können (also ex ante), um die Stellung von T zu verbessern.
Rz. 27
(4) Bei Aufgabe 1d haben die Korrektoren ausdrücklich anerkannt, dass der Kläger die Notwendigkeit der Löschung des Nacherbenvermerks für sich genommen zutreffend gesehen hat. Angesichts der gebotenen gutachterlichen Prüfung ist es jedoch mit dem Kammergericht nicht zu beanstanden, dass die Korrektoren in diesem Zusammenhang Ausführungen dazu erwartet haben, welche Regelungen der Notar den Kaufvertragsparteien vorschlagen könnte, um insbesondere auch den Käufer zu schützen. Dagegen lagen Erörterungen zum Geldwäschegesetz weder nach dem Sachverhalt noch nach der Aufgabenstellung zu 1d nahe. Den hierzu gleichwohl erfolgten Ausführungen des Klägers musste daher keine entscheidend positive Bedeutung beigemessen werden.
Rz. 28
(5) Bei Aufgabe 2 haben die Korrektoren zu Recht beanstandet, dass der Kläger die unter den Umständen des Klausurfalles nach vorherrschender Rechtsprechung und Literatur gegebene Möglichkeit einer Vereinbarung zwischen T und E zur Befreiung der T nicht benannt und stattdessen, ohne die Streitfrage zu diskutieren, lediglich die Einsetzung eines Pflegers für die nach seiner Auffassung zwingend zu beteiligenden Ersatzerben vorgeschlagen hat.
Rz. 29
(6) Bei Aufgabe 3 hat der Kläger die anerkannten Möglichkeiten eines Vorausvermächtnisses und der Bestellung eines Nacherbenvollstreckers nicht genannt. Beides durfte jedoch angesichts des vorgegebenen Klausursachverhalts erwartet werden. Die Gewichtung dieses Mangels im Verhältnis zu dem stattdessen angebotenen Lösungsweg obliegt im Rahmen des prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums den Korrektoren; für eine Überschreitung der diesbezüglichen Grenzen ist hier nichts ersichtlich.
Rz. 30
3. Ein Zulassungsgrund ergibt sich auch nicht insoweit, als das Kammergericht entschieden hat, dass die gebotene Neubewertung der Aufsichtsarbeit F 20-121 durch die bisherigen Korrektoren vorzunehmen ist. Geht es - wie im Streitfall - um eine Neubewertung wegen eines Bewertungsfehlers des Prüfers, ist die Neubewertung aus Gründen der Chancengleichheit in der Regel durch die ursprünglichen Prüfer vorzunehmen, soweit diese nicht als befangen anzusehen sind. Die Herstellung möglichst gleicher Prüfungsbedingungen ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur juristischen Staatsprüfung bei einem Einsatz der bisherigen Prüfer am besten gewährleistet, weil diese für die Nachbewertung auf ihr aufgabenbezogenes Bewertungssystem und darauf beruhende Leistungsvergleiche zurückgreifen können (BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2016 - 6 B 1/16, juris Rn. 19 f.; Urteil vom 24. Februar 1993 - 6 C 38/92, NVwZ 1993, 686, 688, juris Rn. 20; vgl. auch Fischer/Jeremias/Dieterich, aaO Rn. 509; jeweils mwN). Allein der Umstand, dass einem Prüfer ein Bewertungsfehler angelastet wird, ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht geeignet, die Unvoreingenommenheit des Prüfers in Frage zu stellen (BVerwG, Beschluss vom 19. Mai 2016, aaO, juris Rn. 19 mwN). Dem schließt sich der Senat für die notarielle Fachprüfung an.
Rz. 31
4. Schließlich ist eine Zulassung auch nicht im Hinblick auf den ursprünglichen Feststellungsantrag (Klageantrag Ziff. 3) geboten. Die Parteien haben diesen Antrag im erstinstanzlichen Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt, so dass das Kammergericht insoweit nur noch über die Kostenfrage zu entscheiden hatte. Der Zulassungsantrag des Klägers zeigt schon nicht auf (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO in Verbindung mit § 111d Satz 2 BNotO), inwiefern diese Kostenentscheidung zulassungsrelevant fehlerhaft sein sollte; er blendet die Erledigung vielmehr aus und stellt allein auf die Bedeutung der Hauptsache ab.
III.
Rz. 32
Die Kostenentscheidung beruht auf § 111b Abs. 1 Satz 1 BNotO in Verbindung mit § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 111g Abs. 1 BNotO, § 52 Abs. 1 GKG.
Herrmann |
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Klein |
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Pernice |
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Hahn |
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Bord |
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Fundstellen
Dokument-Index HI16241385 |