Verfahrensgang
LG Dresden (Entscheidung vom 20.12.2021; Aktenzeichen 2 T 619/21) |
AG Dresden (Entscheidung vom 23.04.2021; Aktenzeichen 151 C 4101/18) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 20. Dezember 2021 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 1. März 2022 wird auf Kosten der Beklagten zu 10 und 11 zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 3.800,62 €.
Gründe
I.
Rz. 1
Die Parteien sind die Mitglieder der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) B. Straße 110, 110a, 110b in D.. Der Kläger ist, anders als die Beklagten zu 10 und 11, zudem Mitglied der Untergemeinschaft B. Straße 110a. Die Beklagten zu 10 und 11 waren Gesellschafterinnen der Bauträgerin. Die GdWE nimmt die Bauträgerin in einem anderen Verfahren wegen Gewährleistung in Anspruch; außerdem macht sie Hausgeldansprüche gegen die Beklagten zu 10 und 11 geltend. Die Beklagten zu 10 und 11 fochten in der Vergangenheit mehrfach Beschlüsse der GdWE an.
Rz. 2
Im Hauptsacheverfahren wandte sich der Kläger u.a. gegen einen Beschluss der Untergemeinschaft, mit dem sein Antrag, Gewährleistungsansprüche der Untergemeinschaft gegen die Bauträgerin außergerichtlich und gerichtlich zu verfolgen, von den übrigen Mitgliedern der Untergemeinschaft abgelehnt wurde. Zur Verteidigung gegen diese Klage beauftragte der Verwalter der GdWE denselben Prozessbevollmächtigten, der die GdWE bzw. die übrigen Wohnungseigentümer in den anderen mit der Bauträgerin bzw. mit den Beklagten zu 10 und 11 geführten Verfahren vertreten hatte; dieser bestellte sich für die Beklagten. Die Beklagten zu 10 und 11 beauftragten einen eigenen Rechtsanwalt. Nach auf die Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche bezogener übereinstimmender teilweiser Erledigungserklärung erklärte das Amtsgericht einen weiteren Beschluss für unwirksam und erlegte dem Kläger 90 % der Kosten auf. Beide auf Beklagtenseite tätigen Rechtsanwälte stellten Kostenanträge.
Rz. 3
Mit Beschlüssen vom 23. April 2021 hat das Amtsgericht die Kosten für den von dem Verwalter beauftragten Rechtsanwalt in Höhe von 5.145,06 € festgesetzt und den Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten zu 10 und 11 zurückgewiesen. Die Beschwerde der Beklagten zu 10 und 11 ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen sie ihren Antrag weiter.
II.
Rz. 4
Nach der Auffassung des Beschwerdegerichts war eine Vertretung durch mehrere Prozessbevollmächtigte nicht im Sinne von § 50 WEG aF geboten. Das Ziel aller Beklagten sei gleichlaufend auf die Abwehr der Anfechtungsklage gerichtet gewesen; die dem zugrunde liegenden Motive spielten keine Rolle. In dem gegen die Bauträgerin geführten Parallelverfahren gehe es um Gewährleistungsansprüche der GdWE, nicht der Untergemeinschaft; dass die Beklagten zu 10 und 11, obwohl sie nicht Mitglieder der Untergemeinschaft seien, bei der Anfechtung des Beschlusses der Untergemeinschaft überhaupt mitzuverklagen gewesen seien, sei dem hier noch anwendbaren alten Recht geschuldet. Allein die Lagerbildung in der GdWE, die sich daran zeige, dass die Beklagten zu 10 und 11 die Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen nicht unterstützten und regelmäßig Positionen verträten, die jenen der übrigen Wohnungseigentümer entgegengesetzt seien, führe nicht zu einem grundsätzlichen Anspruch, nicht von dem Anwalt der GdWE vertreten zu werden.
III.
Rz. 5
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde (§ 575 ZPO) ist unbegründet.
Rz. 6
1. Das Beschwerdegericht geht zu Recht davon aus, dass eine Vertretung der Beklagten durch mehrere Anwälte nicht im Sinne von § 50 WEG in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung geboten war.
Rz. 7
a) Da das Hauptsacheverfahren vor dem 1. Dezember 2020 anhängig und gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtet war, ist § 50 WEG aF anzuwenden, ohne dass es darauf ankommt, wann der Kostenfestsetzungsantrag eingegangen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 20. April 2023 - V ZB 56/22, juris Rn. 8). Nach dieser Bestimmung sind Wohnungseigentümern zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung als notwendige Kosten nur die Kosten eines bevollmächtigten Rechtsanwalts zu erstatten, wenn nicht aus Gründen, die mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängen, eine Vertretung durch mehrere bevollmächtigte Rechtsanwälte geboten war.
Rz. 8
b) Geklärt ist in der Rechtsprechung des Senats, dass die Beauftragung eines gemeinsamen Rechtsanwalts für die Verteidigung gegen eine Beschlussanfechtungsklage gemäß § 46 Abs. 1 WEG aF grundsätzlich ausreicht und dass die Erstattungsfähigkeit im Regelfall auf diejenigen Kosten beschränkt ist, die bei gemeinsamer Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts entstanden wären (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Juli 2009 - V ZB 11/09, NJW 2009, 3168 Rn. 8 f.). Denn in der Sache verfolgen die beklagten Wohnungseigentümer dasselbe Ziel, nämlich die Abwehr der von der Klägerseite erhobenen Einwendungen gegen die Wirksamkeit eines gefassten Beschlusses (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juli 2011 - V ZB 171/10, NJW 2011, 3165 Rn. 6). Auch unterschiedliche Rechtsauffassungen der einzelnen beklagten Wohnungseigentümer reichen nicht aus, um die Notwendigkeit einer Mehrfachvertretung zu begründen (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Juli 2009 - V ZB 11/09, aaO Rn. 11; Beschluss vom 14. Juli 2011 - V ZB 171/10, aaO Rn. 7). Ebenso wenig genügt es, dass ein einzelner Wohnungseigentümer über die Mehrheit der Stimmen verfügt und den angefochtenen Beschluss gegen die Stimmen aller übrigen Wohnungseigentümer herbeigeführt hat; auch in diesem Fall verfolgen die übrigen Wohnungseigentümer, die nach altem Recht ohne Rücksicht auf ihr individuelles Abstimmungsverhalten zu verklagen waren, dasselbe prozessuale Ziel wie der Mehrheitseigentümer (Senat, Beschluss vom 1. Juli 2021 - V ZB 55/20, NJW-RR 2021, 1598 Rn. 7). Denn mit der Regelung sollte das Kostenrisiko für anfechtende Wohnungseigentümer begrenzt und gewährleistet werden, dass Wohnungseigentümer nicht wegen der Befürchtung von einer Klageerhebung Abstand nehmen, im Unterliegensfalle Kosten für eine Vielzahl von Rechtsanwälten erstatten zu müssen (vgl. Senat, Beschluss vom 1. Juli 2021 - V ZB 55/20, aaO Rn. 6 mwN).
Rz. 9
c) Daran gemessen liegt, wie das Beschwerdegericht zutreffend annimmt, ein mit dem Gegenstand des Rechtsstreits zusammenhängender Grund im Sinne von § 50 WEG aF, der eine Vertretung der beklagten Wohnungseigentümer durch mehrere Rechtsanwälte rechtfertigt, nicht deshalb vor, weil die Beklagten zu 10 und 11 als Gesellschafterinnen der Bauträgerin kein Interesse an der Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gegen die Bauträgerin haben. Die übrigen Wohnungseigentümer sind ohne Rücksicht auf ihr individuelles Abstimmungsverhalten und ihre jeweiligen Motive Beklagte und verfolgen als solche dasselbe prozessuale Ziel (vgl. Senat, Beschluss vom 1. Juli 2021 - V ZB 55/20, NJW-RR 2021, 1598 Rn. 7). Ob das Abstimmungsverhalten der Beklagten zu 10 und 11 ansonsten regelmäßig jenem der übrigen Wohnungseigentümer gegenläufig ist, tut ebenfalls nichts zur Sache. Eine Lagerbildung als solche genügt nicht (so letztlich auch schon Senat, Beschluss vom 1. Juli 2021 - V ZB 55/20, aaO), zumal sie sich hier, ohne dass es entscheidend darauf ankäme, nicht einmal konkret ausgewirkt hat, weil die übrigen Mitglieder der Untergemeinschaft geschlossen gegen die Beschlussvorlage des Klägers gestimmt haben.
Rz. 10
2. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde ist auch eine quotale Erstattung der den Beklagten zu 10 und 11 entstandenen Rechtsanwaltskosten nicht angezeigt. Nach gefestigter Rechtsprechung des Senats ist eine vorrangige Kostenerstattung gerechtfertigt, wenn der Verwalter einen Rechtsanwalt für die beklagten Wohnungseigentümer aufgrund der gesetzlichen Befugnis nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG aF beauftragt hat (Senat, Beschluss vom 1. Juli 2021 - V ZB 55/20, NJW-RR 2021, 1598 Rn. 10; Beschluss vom 14. Juli 2011 - V ZB 171/10, NJW 2011, 3165 Rn. 9, 16; Beschluss vom 16. Juli 2009 - V ZB 11/09, NJW 2009, 3168 Rn. 16). So liegt es nach den - insoweit berichtigten und im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffenen - Feststellungen des Beschwerdegerichts hier. Einer mehrheitlichen Einigung auf die Beauftragung eines bestimmten Anwalts, der zumindest der Versuch einer Verständigung hätte vorausgehen müssen (vgl. Senat, Beschluss vom 14. Juli 2011 - V ZB 171/10, aaO Rn. 9), bedurfte es daher entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde gerade nicht.
IV.
Rz. 11
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Brückner |
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Grau |
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Fundstellen