Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Hessischen Dienstgerichtshofs für Richter bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main vom 16. April 1999 wird als unzulässig verworfen.
Kosten bleiben außer Ansatz.
Gründe
I.
Die Antragstellerin hat im Prüfungsverfahren nach §§ 26 Abs. 3 DRiG, 50 Nr. 4 lit. f HessRiG beim Hessischen Dienstgericht für Richter bei dem Landgericht Frankfurt am Main beantragt festzustellen, daß das dem Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 6. Februar 1998 beigefügte Dienstleistungszeugnis vom 12. November 1996 unzulässig ist, hilfsweise festzustellen, daß bestimmte Passagen in diesem Dienstleistungszeugnis unzulässig sind.
Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, das Dienstleistungszeugnis, insbesondere die beanstandeten Passagen, verletzten sie in ihrer richterlichen Unabhängigkeit.
Das Hessische Dienstgericht für Richter hat den Antrag mit Urteil vom 23. Dezember 1998 zurückgewiesen. Das Urteil, das dem Bevollmächtigten der Antragstellerin am 29. Dezember 1998 zugestellt wurde, enthält die Rechtsmittelbelehrung:
„Gegen das Urteil steht der Antragstellerin die Berufung zu, wenn sie von dem für Entscheidung über Berufungen gegen Urteile des Richterdienstgerichts zuständigen Dienstgerichtshof bei dem Oberlandesgericht … zugelassen wird (§ 124 Abs. 1 VwGO). Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist durch einen Rechtsanwalt … bei dem Richterdienstgericht zu stellen …”.
Den daraufhin fristgemäß gestellten Antrag der Antragstellerin auf Zulassung der Berufung hat der Hessische Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main durch einstimmigen Beschluß vom 16. April 1999 gemäß §§ 68 Abs. 1 HRiG, 124 a Abs. 2 VwGO abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt:
Nach Prüfung des Urteils und der von der Richterin vorgetragenen Zulassungsgründe bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Dienstgerichts. Das vorliegende Prüfungsverfahren weise auch weder besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf noch habe es grundsätzliche Bedeutung.
Gegen diesen Beschluß hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, die angefochtene Entscheidung des Hessischen Dienstgerichtshofs für Richter abzuändern und die Revision zuzulassen, hilfsweise, das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren in das zulässige (Revisions-) Verfahren überzuleiten.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.
II.
Die Beschwerde, der der Dienstgerichtshof nicht abgeholfen hat, ist unzulässig.
1. Die Beschwerde gegen den Beschluß des Dienstgerichtshofs ist nicht statthaft. Entscheidungen durch die – wie hier – nach § 124 a Abs. 2 Satz 3 VwGO der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt wird, sind nach der eindeutigen verfahrensrechtlichen Regelung unanfechtbar (vgl. Kopp/Schenke, VwGO 12. Aufl. § 124 a Rdnr. 8 mit weiteren Nachweisen; Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO § 124 a Rdnr. 77).
Die von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren erstrebte Zulassung der Revision ist auch nicht ausnahmsweise geboten, um einen Verfahrensmangel zu korrigieren (vgl. dazu Kopp/Schenke a.a.O. vor § 124 Rdnr. 8 a mit weiteren Nachweisen). Dieser besteht – wie noch auszuführen ist – darin, daß Richterdienstgericht und Dienstgerichtshof rechtsfehlerhaft davon ausgegangen sind, daß im dienstgerichtlichen Verfahren die Zulassungsberufung an die Stelle der zulassungsfreien Berufung getreten sei. Rechtsnachteile ergeben sich für die Antragstellerin daraus nicht.
2. Gegen das Urteil des Richterdienstgerichts vom 23. Dezember 1998 ist die zulassungsfreie Berufung statthaft. Die in diesem Urteil enthaltene Rechtsmittelbelehrung ist unrichtig. Die Antragstellerin hat infolge unrichtiger Rechtsmittelbelehrung noch die Möglichkeit, zulassungsfreie Berufung einzulegen. Auf das zulässige Rechtsmittel müßte der Dienstgerichtshof in der Sache entscheiden.
a) Das Dienstgericht des Bundes hat mit Urteil vom 29. März 2000 (RiZ (R) 4/99) entschieden, daß im dienstgerichtlichen Verfahren – anders als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – die zulassungsfreie Berufung nicht durch die Zulassungsberufung ersetzt worden ist. Richtet der Landesgesetzgeber aufgrund der ihm rahmenrechtlich eingeräumten Rechtssetzungsermächtigung für das Prüfungsverfahren im Landesbereich zwei Tatsacheninstanzen ein, bestimmt sich die Art der Rechtsmittel nach dieser Organisation der Richterdienstgerichtsbarkeit und den landesgesetzlichen Zugangsvorschriften. Da rahmenrechtlich in jedem Fall die Revision eröffnet sein muß, kommt eine Einschränkung der Berufungszulassung mit der Folge eines Ausschlusses der Revision nicht in Betracht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen, das den Verfahrensbeteiligten übermittelt worden ist.
Dieses für den Anwendungsbereich des Landesrichtergesetzes Baden-Württemberg ergangene Urteil gilt entsprechend für den hier zu beurteilenden Bereich des Hessischen Richtergesetzes. Auch hier hat der Landesgesetzgeber im Prüfungsverfahren zwei Tatsacheninstanzen eingerichtet, die Vorschriften über die Zulassungsberufung (§ 124 a VwGO) nicht einbezogen (§§ 49 Abs. 1, 51 HRiG) und die Revision an das Dienstgericht des Bundes nach § 79 Abs. 2 und § 80 des Deutschen Richtergesetzes für gegeben erachtet (§ 68 Abs. 2 HRiG).
b) Der Antragstellerin ist die Möglichkeit, zulassungsfreie Berufung gegen das Urteil des Richterdienstgerichts einzulegen, nicht verwehrt. Die Zustellung dieses Urteils am 29. Dezember 1998 hat die Berufungsfrist nicht ausgelöst, weil die dem Urteil hinzugefügte Rechtsmittelbelehrung unrichtig war (§§ 57 Abs. 1, 58 Abs. 1 VwGO). § 58 Abs. 2 VwGO steht ebenfalls nicht entgegen. Die dort vorgesehene Jahresfrist lief nicht; denn die Rechtsmittelbelehrung, daß die Möglichkeit des Antrages auf Zulassung der Berufung gegeben sei, steht, da in Wahrheit zulassungsfreie Berufung gegeben war, in ihrer Rechtsfolge der Belehrung gleich, daß „ein Rechtsmittel nicht gegeben sei” (vgl. BVerwGE 71, 359; 77, 184; Kopp/Schenke a.a.O. § 58 Rdnr. 21). Die Antragstellerin wurde durch die falsche Belehrung bereits im Ansatz daran gehindert, das zu tun, was sie hätte tun müssen, um den Eintritt der Rechtskraft zu verhindern (vgl. dazu Eyermann/Schmidt, VwGO 10. Aufl. § 58 Rdnr. 12 mit weiteren Nachweisen).
c) Die von der Antragstellerin hilfsweise begehrte Überleitung des Beschwerdeverfahrens in das Revisionsverfahren kommt nicht in Betracht; denn die Entscheidung des Dienstgerichtshofs, die Berufung nicht zuzulassen, bietet keine geeignete Grundlage für ein nachfolgendes Revisionsverfahren. Voraussetzung dafür ist eine vollständige zweitinstanzliche Überprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (§ 128 Satz 1 VwGO). Die Zulassungsberufung nach Maßgabe des § 124 a VwGO genügt, wie das Dienstgericht des Bundes im Urteil vom 29. März 2000 – RiZ (R) 4/99 – ausgeführt hat, der Forderung eines zweiten Rechtszuges nicht.
III.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens bleiben wegen unrichtiger Sachbehandlung durch die Vorinstanzen außer Ansatz (§ 8 GKG).
Unterschriften
Erdmann, Siol, Boetticher, Seiffert, Solin-Stojanovi[cacute]
Fundstellen