Verfahrensgang
LG Osnabrück (Urteil vom 14.09.2020; Aktenzeichen 15 KLs/1410 Js 44852/18 – 5/20) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten C. wird das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 14. September 2020, auch soweit es den Mitangeklagten A. betrifft, im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten ebenso wie den Mitangeklagten wegen Beihilfe zum vorsätzlichen Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion in Tateinheit mit Beihilfe zum Diebstahl zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Zudem hat es den Anrechnungsmaßstab für im Ausland vollzogene Auslieferungshaft bestimmt. Der Angeklagte wendet sich mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision, die er nachträglich wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat, gegen die Verurteilung. Das Rechtsmittel hat in dem verbliebenen Umfang, auch zugunsten des Mitangeklagten, Erfolg.
Rz. 2
1. Die beschränkte Revision ist angesichts ihrer Begründung und des Aufhebungsantrags allein zum Strafausspruch dahin auszulegen, dass sich das Rechtsmittel lediglich noch gegen diesen, nicht aber gegen die Bestimmung des Anrechnungsmaßstabs richtet.
Rz. 3
2. Insoweit ist es begründet, da die Bemessung der Strafe rechtsfehlerhaft ist. Die Strafkammer hat „gemäß § 52 Abs. 2 StGB die Strafe dem Straftatbestand des § 308 Abs. 1 StGB entnommen, der Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu 15 Jahren vorsieht”. Einen minder schweren Fall im Sinne des § 308 Abs. 4 StGB hat sie abgelehnt. Dabei hat sie in den Urteilsgründen weder in diesem Zusammenhang noch sonst den angesichts der Beihilfe zu beachtenden vertypten Strafmilderungsgrund nach § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB berücksichtigt.
Rz. 4
Sieht das Gesetz einen besonderen Strafrahmen für minder schwere Fälle vor und ist – wie hier gemäß § 27 Abs. 2 Satz 2, § 49 Abs. 1 StGB – auch ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund gegeben, muss bei der Strafrahmenwahl im Rahmen einer Gesamtabwägung zunächst geprüft werden, ob die allgemeinen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falles tragen. Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines minder schweren Falles abzulehnen, so sind zusätzlich die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände in die gebotene Gesamtabwägung einzubeziehen. Erst wenn das Tatgericht die Anwendung des milderen Strafrahmens danach weiterhin nicht für gerechtfertigt hält, darf – im Falle einer wie hier zwingenden Anwendung muss – es seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gegebenen gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen (st. Rspr.; s. BGH, Beschlüsse vom 17. Oktober 2017 – 3 StR 264/17, juris Rn. 18 mwN; vom 25. August 2020 – 2 StR 241/20, NStZ-RR 2021, 18).
Rz. 5
Daran fehlt es. Die Strafe kann hier keinesfalls dem herangezogenen unveränderten Grundstrafrahmen entnommen werden.
Rz. 6
3. Die Urteilsaufhebung ist auf den Mitangeklagten gemäß § 357 StPO zu erstrecken, da der gegen ihn verhängten Strafe gleichfalls trotz seiner Gehilfenstellung der Strafrahmen des § 308 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt worden ist (vgl. auch BGH, Beschluss vom 2. Oktober 2012 – 3 StR 374/12, juris Rn. 6).
Rz. 7
4. Das neue Tatgericht wird prüfen und gegebenenfalls erwägen können, ob in Bezug auf die nach der Tat ergangene niederländische Verurteilung vom 2. September 2016 ein Härteausgleich in Betracht kommt (s. BGH, Beschluss vom 18. Dezember 2018 – 1 StR 508/18, NJW 2019, 1159 Rn. 6 mwN).
Unterschriften
Schäfer, Ri'inBGH Wimmer ist erkrankt und deshalb gehindert zu unterschreiben. Schäfer, Hoch, Anstötz, Kreicker
Fundstellen
Dokument-Index HI14574682 |