Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß der 22. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 20. Juni 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Wert des Gegenstands des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 663,27 Euro festgesetzt.
Tatbestand
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Rückzahlung eines geminderten Reisepreises für eine Pauschalreise. Das Amtsgericht hat über die Klage am 19. Dezember 2001 mündlich verhandelt. Dem Kläger wurde dabei ein Schriftsatznachlaß bis zum 16. Januar 2002 eingeräumt.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt, mit der er seinen erstinstanzlichen Anspruch in vollem Umfang weiterverfolgt hat. Das Landgericht hat die Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
II. Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat das Rechtsmittel als nicht zulässig angesehen. Dieser Bewertung hat es das bis zum 31. Dezember 2001 geltende Recht zugrunde gelegt. Deshalb hat es die Berufung gemäß § 511 a Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F. als nicht statthaft behandelt, weil der Wert des Beschwerdegegenstands 766,94 EUR (1.500,– DM) nicht übersteige.
Das Berufungsgericht hat sich dabei darauf gestützt, daß die letzte mündliche Verhandlung vor dem in § 26 Nr. 5 EGZPO genannten Stichtag stattgefunden habe; der über den Stichtag hinaus gewährte Schriftsatznachlaß ändere daran nichts. Die zweite Alternative dieser Bestimmung erfasse nur die Fälle, in denen ein schriftliches Verfahren angeordnet worden sei, auf den Schriftsatznachlaß finde sie keine Awendung.
2. Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg.
a) Für die Frage, wann die mündliche Verhandlung im Sinn von § 26 Nr. 5 Satz 1 EGZPO geschlossen worden ist, hat die Einräumung eines Schriftsatzrechts nach § 283 ZPO keine Bedeutung.
aa) Nach dem Wortlaut des § 26 Nr. 5 Satz 1 EGZPO ist allein der Abschluß der mündlichen Verhandlung maßgeblich. Als solche kommt nur die Verhandlung der Parteien vor dem Gericht in Betracht. Auf eine den Parteien im Anschluß an eine solche Verhandlung gewährte Schriftsatzfrist hebt das Gesetz nur in Satz 2 dieser Bestimmung für den hier nicht gegebenen Fall eines schriftlichen Verfahrens ab.
bb) Sinn und Zweck des § 26 Nr. 5 EGZPO führen zu keinem anderen Ergebnis.
Allerdings steht der Ablauf einer gemäß § 283 ZPO gesetzten Frist nach verbreiteter Auffassung in verschiedener Hinsicht dem Schluß der mündlichen Verhandlung gleich. Insbesondere soll für die Frage, ob späteres Vorbringen gemäß § 767 Abs. 2 oder § 323 Abs. 2 ZPO präkludiert ist, der Tag des Fristablaufs maßgeblich sein, soweit es um Vorbringen geht, auf das sich der Schriftsatzvorbehalt bezogen hat (so MünchKommZPO/Prütting, 2. Aufl., § 283 Rdn. 24; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 21. Aufl., § 283 Rdn. 30; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 283 Rdn. 1). Hieraus können für den vorliegenden Zusammenhang indes keine Schlußfolgerungen gezogen werden.
Die Übergangsregelung in § 26 Nr. 5 EGZPO hat eine andere Zielsetzung als die Präklusionsvorschriften in § 767 Abs. 2 und § 323 Abs. 2 ZPO. Die an diese Regelung anknüpfenden Ausschlußtatbestände betreffen den Fall von Vorbringen, zu dem schon früher Gelegenheit bestanden hatte. Für die hier in Rede stehende Fragestellung läßt sich daraus schon wegen des anders gearteten Hintergrundes und der abweichenden Interessenlage nichts gewinnen. Sinn und Zweck dieser Vorschriften mag es entsprechen, Vorbringen nicht mehr zu berücksichtigen, zu dem der Gegner aufgrund eines eingeräumten Schriftsatzrechts schon früher hatte Stellung nehmen können. § 26 Nr. 5 EGZPO soll demgegenüber gewährleisten, daß das neue Berufungsrecht nur in solchen Verfahren Anwendung findet, in denen sich Parteien und Gericht darauf schon im ersten Rechtszug einstellen konnten (vgl. BT-Drucks. 14/4722, S. 126; ähnlich Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 26 EGZPO Rdn. 8 a.E.). Die Einräumung einer Schriftsatzfrist ist damit schon deshalb weder gleichzusetzen noch vergleichbar, weil sie nicht die Einstellung auf eine solche Rechtsänderung betrifft. Mit ihr soll nach der Vorstellung des Gesetzes lediglich der Partei, die kurzfristig vor oder in der Verhandlung mit neuem Vorbringen befaßt worden ist, die Gelegenheit einer Stellungnahme und einer angemessenen Prüfung dieses Vorbringens gegeben werden. Für eine Einstellung auf Rechtsänderungen besteht hierbei kein Anlaß. Eine dem § 26 Nr. 5 EGZPO entsprechende Interessenlage entsteht erst dann, wenn diese Stellungnahme eine erneute Verhandlung erforderlich macht. Dann aber sind die Voraussetzungen der Vorschrift unmittelbar gegeben; die Frage einer entsprechenden Anwendung stellt sich hier nicht.
Bestätigt wird dieses Verständnis durch Sinn und Zweck von Übergangsregelungen und deren übliche Handhabung durch den Gesetzgeber. Derartige Regelungen sollen im Interesse der Beteiligten regelmäßig möglichst einfach ausgestaltet werden (vgl. Aschke, Übergangsregelungen als verfassungsrechtliches Problem, 1987, S. 47 f.). Dem entspricht auch § 26 Nr. 5 EGZPO, indem mit dem Tag, an dem die letzte mündliche Verhandlung stattgefunden hat, zur Bestimmung des anwendbaren Rechts an ein formales und leicht feststellbares Kriterium angeknüpft wird. Dieser Tag ist im Hinblick auf § 313 Abs. 3 Nr. 3 ZPO aus dem angefochtenen Urteil ersichtlich (vgl. dazu Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 24. Aufl., § 26 EGZPO Rdn. 5). Die Berücksichtigung von Schriftsatzfristen würde demgegenüber die Gefahr unübersichtlicher Verhältnisse zur Folge haben. Ob einer Partei ein Schriftsatzrecht gemäß § 283 Abs. 1 ZPO eingeräumt worden ist, ist oft nur anhand der Akten zu ermitteln. In Einzelfällen kann darüber hinaus zweifelhaft sein, ob tatsächlich ein Erklärungsrecht gemäß § 283 ZPO gewährt oder lediglich Gelegenheit zu ergänzenden Rechtsausführungen eingeräumt worden ist. Dann wäre nicht mehr mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen, ob ein beabsichtigtes Rechtsmittel überhaupt statthaft wäre. Dies erscheint weder zumutbar noch sachgerecht.
b) Im vorliegenden Fall beurteilt sich die Zulässigkeit der Berufung mithin nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften, weil die mündliche Verhandlung am 19. Dezember 2001 geschlossen worden ist. Die Berufung ist damit nicht statthaft. Die nach dem maßgeblichen Recht maßgebliche Berufungssumme von 766,94 EUR (= 1.500,– DM) ist nicht überschritten. Die Rechtsbeschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Unterschriften
Melullis, Jestaedt, Scharen, Keukenschrijver, Asendorf
Fundstellen
Haufe-Index 884717 |
NJOZ 2003, 143 |