Entscheidungsstichwort (Thema)
räuberischer Angriff auf Kraftfahrer
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 14. Februar 2000
- im Schuldspruch dahin berichtigt, daß der Angeklagte des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung, Freiheitsberaubung und Fahren ohne Fahrerlaubnis schuldig ist,
- mit den Feststellungen aufgehoben, soweit von der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen worden ist.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten „wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit räuberischer Erpressung, Freiheitsberaubung und Fahren ohne Fahrerlaubnis” zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des Urteils, soweit eine Entscheidung über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist; auch ist ein offensichtliches Fassungsversehen im Urteilstenor zu berichtigen. Im Übrigen ist die Revision unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Das Landgericht hat in der rechtlichen Würdigung den die räuberische Erpressung qualifizierenden Tatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1 a StGB bejaht und diese Gesetzesbestimmung auch in die Liste der angewendeten Vorschriften aufgenommen; da der Angeklagte jedoch das Küchenmesser zur Bedrohung des Geschädigten einsetzte, ist der Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB erfüllt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Mai 1999 – 4 StR 380/98, zum Abdruck in BGHSt bestimmt = NJW 1999, 2198; BGH NJW 1998, 2296, 2298; NStZ-RR 1999, 7). Unabhängig davon hätte das Landgericht den Angeklagten in der Urteilsformel wegen schwerer räuberischer Erpressung verurteilen müssen. Da dies offensichtlich aufgrund eines Fassungsversehens unterblieben ist, hat der Senat den Schuldspruch entsprechend berichtigt (vgl. BGH NStZ 2000, 194).
2. Die Revision hat insoweit Erfolg, als das Landgericht nicht geprüft hat, ob der Angeklagte gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Die Erörterung dieser Frage drängte sich hier auf:
Nach den Urteilsfeststellungen nahm der Angeklagte schon seit geraumer Zeit Rauschgift, zunächst Haschisch, später Heroin, zu sich; nach seiner Entlassung aus der Bundeswehr ging er dazu über, Heroin zu spritzen und zudem Alkohol zu konsumieren, um die Wirkung des Betäubungsmittels zu verstärken. Der Angeklagte hatte sich am Tattag bereits eine Injektion gesetzt; er wollte sodann weiteres Heroin kaufen und konsumieren, weil er Angst vor Entzugserscheinungen hatte. Um sich das für den Erwerb des Rauschgifts erforderliche Geld zu verschaffen, überfiel er den Geschädigten („Beschaffungskriminalität”). Das Landgericht hat ausdrücklich festgestellt, daß bei dem Angeklagten eine Drogensucht bestand, die er vor der in diesem Verfahren abgeurteilten Tat durch Diebstähle „finanziert” hatte. Es konnte nicht ausschließen, daß bei ihm aufgrund seines Alkohol- und Drogenkonsums sowie der drohenden Entzugserscheinungen die Voraussetzungen des § 21 StGB vorlagen.
Angesichts dieser Feststellungen lag die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nahe. Daß bei dem Angeklagten die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges nicht besteht (vgl. BVerfGE 91, 1 ff. = NStZ 1994, 578), ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Allein der Umstand, daß er den Bitten seiner Eltern, sich einer Therapie zu unterziehen, nur halbherzig Folge leistete und sich nach einer Entgiftung alsbald wieder dem Drogenkonsum zuwandte, genügt hierfür nicht (vgl. BGH NStZ-RR 1996, 85; 163; 1998, 70; BGH, Beschluß vom 21. Januar 1999 – 4 StR 697/98). Das Landgericht hätte daher darlegen müssen, warum es gleichwohl von der Unterbringung abgesehen hat (vgl. BGHSt 37, 5, 7; 38, 362, 363).
Die Sache bedarf somit insoweit neuer tatrichterlicher Prüfung unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO). Daß nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5).
Der Senat schließt aus, daß der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung auf eine niedrigere Strafe erkannt hätte. Der Strafausspruch kann daher bestehen bleiben.
Unterschriften
Meyer-Goßner, Richter am BGH Dr. Kuckein ist wegen Urlaubs an der Unterzeichnung verhindert. Meyer-Goßner, Athing, Solin-Stojanovi[cacute], Ernemann
Fundstellen