Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterbrechung des Verfahrens. Tod der Partei. Niederlegung des Mandats nach dem Tod durch den Prozeßbevollmächtigten. Kündigung des Vollmachtsvertrags. Erbe. Rechtsnachfolger
Leitsatz (redaktionell)
Die Niederlegung des Mandats durch den Prozessbevollmächtigten nach dem Tod der Partei stellt keine Kündigung des Vollmachtsvertrags dar. Der Vollmachtsvertrag kann durch den Prozessbevollmächtigten nach dem Tod der von ihm vertretenen Partei wirksam nur gegenüber dem Erben der Prozesspartei gekündigt werden, der in diesen Vertrag als Rechtsnachfolger eintritt.
Normenkette
ZPO § 246 Abs. 1, § 239
Verfahrensgang
LG Mannheim (Beschluss vom 02.05.2002) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerinnen wird der Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 2. Mai 2002 aufgehoben.
Die Sache wird zur Fortsetzung des Verfahrens an das Landgericht zurückgegeben, das auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu entscheiden haben wird.
Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens: 925,33 EUR (1.809,78 DM).
Tatbestand
I.
Im Berufungsverfahren hat die Prozeßbevollmächtigte der Beklagten dem Landgericht mit Schriftsatz vom 6. Februar 2002 mitgeteilt, daß die Beklagte an diesem Tag verstorben sei und sie – die Prozeßbevollmächtigte – das Mandat „hiermit” niederlege. Daraufhin hat das Berufungsgericht den auf den 6. März 2002 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben. Den Antrag der Klägerinnen, erneut Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen, hat das Berufungsgericht mit der Begründung zurückgewiesen, das Verfahren sei unterbrochen (§ 239 ZPO), der Ausnahmetatbestand des § 246 ZPO greife nicht ein. Dagegen richtet sich die – zugelassene – Rechtsbeschwerde der Klägerinnen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Das form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel (§ 575 ZPO) ist auch begründet.
Die Rechtssache hat allerdings entgegen der Auffassung des Landgerichts keine grundsätzliche Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), die eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt hätte. Denn die vom Landgericht für klärungsbedürftig gehaltene Rechtsfrage, ob § 246 ZPO dann nicht anzuwenden ist, wenn der Prozeßbevollmächtigte der Partei das Mandat nach deren Tod niederlegt, stellt sich im gegebenen Fall nicht. Das Rechtsbeschwerdegericht ist jedoch an die Zulassung gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
Eine Unterbrechung des Verfahrens durch den Tod der Beklagten am 6. Februar 2002 trat nach § 239 ZPO zu diesem Zeitpunkt nicht ein, weil die Beklagte durch ihre Prozeßbevollmächtigte vertreten war, als sie verstarb (§ 246 ZPO). Davon geht auch das Landgericht aus. Ob die Rechtsfolge des § 239 ZPO, wie das Landgericht meint, dann später noch eintreten kann, wenn der Prozeßbevollmächtigte der Partei nach deren Tod den Vollmachtsvertrag kündigt (§ 87 ZPO), ist hier nicht zu beurteilen. Die Erklärung der Prozeßbevollmächtigten der Beklagten gegenüber dem Gericht im Schriftsatz vom 6. Februar 2002, sie lege „hiermit” das Mandat nieder, stellte keine Kündigung des Vollmachtvertrages dar, sondern war rechtlich wirkungslos. Den Vollmachtsvertrag konnte die Prozeßbevollmächtigte der Beklagten nach deren Tod wirksam nur gegenüber dem Erben der Beklagten kündigen, der in diesen Vertrag als Rechtsnachfolger eintrat. Diesem gegenüber hat sie eine Kündigung jedoch, wie aus ihrem Schreiben vom 6. Februar 2002 hervorgeht, nicht ausgesprochen. Die „gesetzlichen oder testamentarischen Erben” waren ihr „im einzelnen nicht bekannt”. Durch die schriftsätzliche Erklärung der Prozeßbevollmächtigten gegenüber dem Gericht, sie lege „hiermit” das Mandat nieder, konnte die Prozeßbevollmächtigte weder ihre Vollmacht selbst widerrufen (BGHZ 43, 135, 137), noch den der Vollmacht zugrundeliegenden Vertrag mit dem Rechtsnachfolger der Beklagten kündigen. Offenbar hat die Prozeßbevollmächtigte verkannt, daß sie in einer Situation, in der ihr nach dem Tod der Partei deren Rechtsnachfolger unbekannt ist, sich nicht ohne weiteres von dem Mandat befreien, sondern zunächst nur eine Aussetzung des Verfahrens nach § 246 ZPO beantragen kann. Solange ein solcher Antrag nicht gestellt ist, wird der Rechtsstreit mit Wirkung für den (noch unbekannten) Rechtsnachfolger der Beklagten fortgeführt (BGHZ 121, 263, 265; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 246 Rdnr. 2 b).
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Hübsch, Dr. Beyer, Dr. Leimert, Dr. Frellesen
Fundstellen