Entscheidungsstichwort (Thema)
Wettbewerbsverbot. Karenzentschädigung
Leitsatz (amtlich)
Aus der in einem Geschäftsführeranstellungsvertrag getroffenen Vereinbarung eines (nachvertraglichen) Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigung kann - unabhängig von der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Vereinbarung - jedenfalls ein Anspruch auf Karenzentschädigung nicht abgeleitet werden.
Normenkette
GmbHG § 35; HGB § 74 ff.
Verfahrensgang
Tenor
Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision des Klägers durch Beschluss gem. § 552a ZPO zurückzuweisen.
Gründe
[1] Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Nr. 1, 2 ZPO) liegen nicht vor; das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a ZPO).
[2] 1. Die der Zulassungsentscheidung des Berufungsgerichts zugrunde gelegte Rechtsfrage der Wirksamkeit einer § 75 Abs. 3 HGB entsprechenden Ausschlussklausel in einem Geschäftsführeranstellungsvertrag ist nicht klärungsbedürftig und stellt sich in dieser Form auch gar nicht.
[3] Nach ständiger Rechtsprechung des Senats gelten die an dem arbeitsrechtlichen Schutz von Handlungsgehilfen orientierten Vorschriften der §§ 74 ff. HGB grundsätzlich nicht für den Geschäftsführer einer GmbH (vgl. BGHZ 91, 1; Urt. v. 4.3.2002 - II ZR 77/00, ZIP 2002, 709 f. zu b sowie zuletzt Urt. v. 28.4.2008 - II ZR 11/07, BB 2008, 1349). Nicht anwendbar ist insb. der Grundsatz der bezahlten Karenz gem. § 74 Abs. 2 HGB (BGHZ 91, 1). Das schließt zwar nicht aus, dass die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gem. § 138 BGB i.V.m. Art. 2, 12 GG nichtig sein kann, wenn das Verbot nicht dem berechtigten geschäftlichen Interesse der Gesellschaft dient oder es nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und die wirtschaftliche Tätigkeit des Geschäftsführers unbillig erschwert (BGHZ 91, 1, 5; Senat, Urt. v. 4.3.2002, a.a.O.). Darauf kommt es jedoch hier aus mehreren Gründen nicht an.
[4] Soweit die Revision unter Hinweis auf entsprechende Ausführungen im Schrifttum (Bauer/Diller, GmbHR 1999, 885, 891 f.) meint, die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigung sei grundsätzlich wegen unbilliger Erschwerung des beruflichen Fortkommens des ehemaligen Geschäftsführers gem. § 138 BGB unwirksam, wird zum einen übersehen, dass aus einer unwirksamen Vereinbarung kein Anspruch auf die von dem Kläger begehrte Karenzentschädigung folgen würde. Diese wird nicht kraft Gesetzes, sondern nur kraft (wirksamer) Vereinbarung gewährt. Das aus § 75d HGB resultierende Wahlrecht eines Handlungsgehilfen, den Arbeitgeber an einem gem. § 74 Abs. 2 HGB "unverbindlichen" Wettbewerbsverbot festzuhalten und eine Karenzentschädigung zu verlangen (vgl. dazu Baumbach/Hopt, HGB 33. Aufl., § 75d Rz. 2 m.w.N.), kommt bei einem Geschäftsführer nicht in Betracht (vgl. insoweit auch Bauer/Diller, a.a.O., S. 894 zu VIII 2).
[5] Zum anderen gehen die Ausführungen der Revision daran vorbei, dass der Kläger die erstinstanzliche Abweisung seiner Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots nicht angefochten hat und damit dessen Wirksamkeit rechtskräftig feststeht (BU 3 unten). Daraus folgt aber ebenfalls kein Anspruch auf eine Karenzentschädigung, weil diese für den hier gegebenen Fall einer zulässigen fristlosen Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages durch die Gesellschaft vertraglich ausgeschlossen, also für diesen Fall nicht vereinbart ist. Ebenso wie die Zahlung einer Karenzentschädigung insgesamt ausgeschlossen werden kann, kann sie auch für bestimmte Fälle ausgeschlossen werden. Es handelt sich hier nicht um den Wegfall einer vereinbarten Karenzentschädigung, wie er in der - von dem BAG (NJW 1977, 1357) für verfassungswidrig erachteten - Vorschrift des § 75 Abs. 3 HGB vorgesehen ist (vgl. dazu Baumbach/Hopt, a.a.O., § 75 Rz. 2). Ob der vertragliche Ausschluss einer Karenzentschädigung für den genannten Fall die (zulässige) "Funktion einer Vertragsstrafe" hat, wie das Berufungsgericht meint, bedarf keiner Entscheidung. Jedenfalls gelten hier die zugunsten eines Handlungsgehilfen zwingenden Regelungen der §§ 74 bis 75c HGB (vgl. § 75d HGB), wie schon erwähnt, nicht.
[6] Da im Übrigen rechtskräftig feststeht, dass die Vereinbarung des Wettbewerbsverbots trotz vertraglichen Ausschlusses einer Karenzentschädigung wirksam ist, kann aus dieser Vereinbarung von vornherein kein Anspruch auf Karenzentschädigung abgeleitet werden. Mit dem nachträglichen Wegfall einer vereinbarten Karenzentschädigungspflicht infolge Verzichts der GmbH auf das Wettbewerbsverbot (dazu Senat, Urt. v. 4.3.2002, a.a.O.) hat der vorliegende Fall nichts zu tun.
[7] 2. Aus den genannten Gründen ergibt sich zugleich, dass die Revision des Klägers keinen Erfolg haben kann.
Fundstellen
Haufe-Index 2032589 |
BB 2008, 2021 |
DB 2008, 2187 |
DStR 2008, 1842 |