Entscheidungsstichwort (Thema)
Patentanmeldung F 37 508 IV b/12 o (DAS 1181 202)
Leitsatz (amtlich)
Der Patentsucher ist nicht dadurch beschwert, daß das Patentamt im Erteilungsbeschluß einen Antrag nicht mehr berücksichtigt hat, der erst eingegangen ist, als die Geschäftsstelle die zur Zustellung bestimmte Ausfertigung des Erteilungsbeschlusses bereits an die Postabfertigungsstelle abgegeben hatte.
Normenkette
PatG § 34 Abs. 1, § 36l; ZPO § 128 Abs. 2, § 329
Verfahrensgang
BPatG (Beschluss vom 25.08.1965) |
Tenor
1. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 16. Senats (technischer Beschwerdesenat XI) des Bundespatentgerichts vom 25. August 1965 wird auf Kosten der Rechtsbeschwerdeführerin zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdegegenstands für die Rechtsbeschwerdeinstanz wird auf
30.000,– DM
festgesetzt.
Tatbestand
I. Die Anmelderin hat am 3. August 1962 ein „Verfahren zur Herstellung von Isoharnstoffäthern” zum Patent angemeldet. Der Anspruch 1 lautete nach den ursprünglichen Unterlagen:
„Verfahren zur Herstellung von Isoharnstoffäthern durch Umsetzen von aliphatischen Carbodiimiden mit Alkoholen, welche mindestens zwei Hydroxylgruppen enthalten in Gegenwart eines Katalysators, dadurch gekennzeichnet, daß man in Gegenwart von Zinksalzen als Katalysator arbeitet.”
Mit Prüfungsbescheid vom 1. Juni 1964 hat die Prüfungsstelle des Deutschen Patentamts folgende geänderte Fassung des Anspruchs 1 vorgeschlagen (Änderungen unterstrichen):
„Verfahren zur Herstellung von Isoharnstoffäthern durch Umsetzen von 1 Mol eines aliphatischen Carbodiimids mit 1 bis 2 Mol eines Alkohols, welcher mindestens zwei Hydroxylgruppen enthält, in Gegenwart eines Katalysators, dadurch gekennzeichnet, daß man zwischen 0 und 150º C in Gegenwart von Zinksalzen als Katalysator arbeitet.”
Ferner hat der Prüfer entsprechende Änderungen der Beschreibung vorgeschlagen.
Die Anmelderin hat der vorgeschlagenen Fassung zugestimmt. Daraufhin hat die Prüfungsstelle am 6. Juli 1964 die Bekanntmachung der Anmeldung beschlossen. Die Auslegeschrift vom 12. November 1964 entspricht der vom Prüfer vorgeschlagenen Fassung. Am 9. März 1965 hat die Prüfungsstelle alsdann die Erteilung des Patents aufgrund der ausgelegten Unterlagen beschlossen. Auf der Urschrift des Erteilungsbeschlusses ist vermerkt, daß eine Beschlußausfertigung am 10. März 1965 zur Postabfertigungsstelle gegangen ist. Am 17. März 1965 ist der Anmelderin der Erteilungsbeschluß durch die Post zugestellt worden.
Inzwischen hatte die Anmelderin in einer am 13. März 1965 beim Patentamt eingegangenen Eingabe vom 11. März 1965 mit der Behauptung, die vom Prüfer vorgeschlagenen Änderungen hätten zu einem sinnentstellenden Fehler geführt, gebeten, den Hauptanspruch und die entsprechenden Stellen in der Beschreibung dahin zu ändern, daß es allenthalben statt „von 1 Mol eines aliphatischen Carbodiimids” heiße „von 2 Mol eines aliphatischen Carbodiimids”. Die Prüfungsstelle hat die beantragte Änderung mit Bescheid vom 24. März 1965 abgelehnt mit der Begründung, daß sie weder in den ursprünglichen Unterlagen noch in der Auslegeschrift eine Stütze finde. Der Anmelderin wurde anheimgestellt, vom Rechtsmittel der Beschwerde Gebrauch zu machen.
Daraufhin hat die Anmelderin den Erteilungsbeschluß mit der Beschwerde zum Bundespatentgericht angefochten, mit der sie ihr Änderungsbegehren weiterverfolgt hat.
Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde durch Beschluß vom 25. August 1965 als unzulässig verworfen mit der Begründung, die Anmelder in sei durch die angefochtene Entscheidung nicht beschwert, da das Patentamt nach ihrem Antrag entschieden habe. Als am 13. März 1965 die Eingabe, die erstmals auf eine Änderung der bekanntgemachten Unterlagen gezielt habe, eingegangen sei, sei der Erteilungsbeschluß schon an die Postabfertigungsstelle gelangt und damit existent geworden.
Das Bundespatentgericht hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 41 p Abs. 2 PatG wegen der Frage, ob das noch vor der Zustellung des Erteilungsbeschlusses dem Patentamt mitgeteilte Änderungsverlangen der Anmelderin bei der Prüfung der Beschwer zu berücksichtigen sei, zugelassen.
Entscheidungsgründe
II. Die von der Anmelderin eingelegte Rechtsbeschwerde ist kraft ausdrücklicher Zulassung (§ 41 p Abs. 1 PatG) an sich statthaft. Sie ist form- und auch fristgerecht eingelegt und begründet worden (§ 41 r Abs. 1, 3 und 5 PatG) und damit zulässig. Sie führt jedoch in der Sache nicht zum Erfolg, da der angefochtene Beschluß die Frage, ob die Anmelderin durch den Erteilungsbeschluß beschwert sei, zu Recht verneint hat.
1. Dem Patentgericht ist darin zuzustimmen, daß das Vorliegen einer Beschwer Voraussetzung der Zulässigkeit der Beschwerde nach § 36 l PatG ist. Mit der angefochtenen Entscheidung ist ferner davon auszugehen, daß eine Beschwer regelmäßig dann vorliegt, wenn dem Anmelder durch den Beschluß etwas nicht gewährt worden ist, was er beantragt hat und daß er andererseits dann nicht beschwert ist, wenn seinem Antrag voll entsprochen worden ist. Dies folgt aus der Bedeutung, die dem Antrag im Patenterteilungsverfahren zukommt:
Die Einleitung des Verfahrens ist vom Antrag abhängig (§ 26 PatG). Der Gegenstand des Verfahrens ist durch die Anmeldung bestimmt: Das Patent darf nur entsprechend dem Antrag erteilt werden; kann dies nicht geschehen, so muß die Anmeldung zurückgewiesen werden (§ 29 PatG, vgl. BGH GRUR 1966, 85, 86; BGH GRUR 1966, 488, 490 – Ferrit). Durch den Patenterteilungsbeschluß ist der Anmelder infolgedessen dann beschwert, wenn das Patentamt von seinem Antrag abgewichen ist (vgl. Benkard, Patentgesetz, 4. Aufl. § 36 l Rdn. 12; PA Bl. 1940, 66; 1952, 193).
2. Bei der Prüfung der Frage, ob eine Beschwer zu bejahen sei, hat das Beschwerdegericht zwischen Existent- und Wirksamwerden des Erteilungsbeschlusses unterschieden und ausgeführt, daß das Vorliegen einer Beschwer mit der Existenz des Beschlusses verknüpft sei: Ein Antrag, der beim Patentamt erst eingehe, nachdem der Erteilungsbeschluß existent geworden sei, könne keine Berücksichtigung bei der Entscheidung mehr finden. Sei aber eine Berücksichtigung dieses Antrags nicht mehr möglich, so sei die Anmelderin durch den Erteilungsbeschluß nicht beschwert, da den Anträgen, die dem Patentamt im Augenblick des Existentwerdens des Erteilungsbeschlusses vorgelegen hätten, in vollem Umfang stattgegeben worden sei. Entscheidend für das Existentwerden des Beschlusses sei der Zeitpunkt seiner Hinausgabe. Dies sei der 10. März 1965 gewesen, der Tag, an dem die zur Zustellung an die Anmelderin bestimmte Beschlußausfertigung an die Postabfertigungsstelle des Patentamts und damit aus dem inneren Bereich der Prüfungsstelle gelangt sei. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beschluß dem Einflußbereich der erlassenden Stelle so weit entrückt, daß die Möglichkeit, ihn anzuhalten – zumal bei einer Behörde mit dem umfangreichen Geschäftsbetrieb des Patentamts –, so sehr von Zufälligkeiten abhängig sei, daß ein späterer Zeitpunkt nicht in Betracht komme.
Die Rechtsbeschwerde wendet sich gegen diese Ausführungen des angefochtenen Beschlusses. Sie vertritt die Auffassung, ein Anmelder sei beschwert, wenn ein Antrag, der bis zur Zustellung des Erteilungsbeschlusses beim Patentamt eingegangen ist, unberücksichtigt geblieben sei. Die Erwägungen in der angefochtenen Entscheidung, dem Prüfer werde es in der Regel nicht möglich sein, einen Beschluß, der beim Eingang eines neuen Antrages den inneren Bereich der Geschäftsstelle bereits verlassen habe, noch anzuhalten, seien für die Frage der Beschwer ohne Bedeutung. Da eine gesetzliche Regelung fehle, könne die zeitliche Grenze für die rechtliche Beachtlichkeit neuen Vorbringens nur mit der Zustellung zusammenfallen. Sonst sei die Gestaltungsmöglichkeit des Anmelders unzulässig beschränkt und von den Zufälligkeiten behördeninterner Vorgänge abhängig gemacht. Schließlich sei die vom Bundespatentgericht getroffene Entscheidung zwischen Existent- und Wirksamwerden des Erteilungsbeschlusses verfehlt; die Rechtsprechung zu dieser Frage beziehe sich lediglich auf Falle, in denen sich die Annahme eines erst mit dem Zugang der Entscheidung eintretenden Existentwerdens nachteilig für die betreffende Partei ausgewirkt haben würde.
Diese Angriffe der Rechtsbeschwerde können jedoch nicht durchgreifen.
Aus der von der Rechtsbeschwerde angeführten Rechtsprechung zur Frage des Wirksamwerdens nicht verkündeter Entscheidungen (RGZ 156, 385 mit Anmerkung Jaeger in ZZP 619 201 ff; 160, 307; BGHZ 25, 60, 63 mit Anmerkung Johannsen in LM Nr. 1 zu § 775 ZPO; vgl. weiter BGHZ 4, 389, 399; 14, 148, 150 ff; BGH LM Nr. 2 zu § 329) läßt sich weder für noch gegen die in dem angefochtenen Beschluß und von der Anmelderin vertretenen Rechtsstandpunkte zwingend etwas entnehmen. Die Rechtsprechung hat sich in jenen Fällen mit der Frage des Wirksamwerdens nicht verkündeter, nach § 329 Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht von Amts wegen zuzustellender Entscheidungen befaßt und den dafür maßgebenden Zeitpunkt in zum Teil unterschiedlicher Weise festzulegen versucht. Ob aus dieser Rechtsprechung entnommen werden könnte, daß nicht verkündete, jedoch von Amts wegen zuzustellende Entscheidungen nicht erst mit der Zustellung Bestand und Geltung nach außen erlangen und erst damit den Parteien gegenüber wirksam werden, braucht nicht entschieden zu werden. Im hier gegebenen Falle geht es nicht um die Frage des Wirksamwerdens des Patenterteilungsbeschlusses, sondern um die davon zu unterscheidende Frage, bis zu welchem Zeitpunkt ein Antrag mit der Wirkung gestellt werden kann, daß der Antragsteller, wenn der Antrag nicht berücksichtigt ist, beschwert ist.
Daß diese beiden Fragen nicht gleich zu beantworten sind, zeigt ein Blick auf das Prozeßverfahren mit mündlicher Verhandlung. Eine in einem solchen Verfahren ergehende, zu verkündende Entscheidung wird zwar erst mit der Verkündung wirksam; grundsätzlich dürfen jedoch nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung eingereichte, nicht nach § 272 a ZPO zugelassene Schriftsätze – vorbehaltlich freilich der Möglichkeit der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) – nach feststehender Rechtsmeinung nicht mehr berücksichtigt werden. Der Kläger, dessen bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung gestellte Anträge beschieden sind, kann daher eine Beschwer nicht daraus herleiten, daß z.B. zwischen dem Schluß der mündlichen Verhandlung und der Verkündung der Entscheidung eingereichte neue, weitergehende Anträge im Urteil nicht berücksichtigt sind. Die Frage der Berücksichtigung solchen nachträglichen Vorbringens wird dabei nicht dadurch berührt, daß das Gericht sein auf Grund der mündlichen Verhandlung beschlossenes Urteil bis zur Verkündung ändern kann, weil erst die Verkündung das Urteil rechtlich zum Entstehen bringt und es bis dahin eine innere Angelegenheit des Gerichtes bleibt (vgl. Baumbach-Lauterbach, ZPO, Anm, 1 zu § 310 ZPO; Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 9. Aufl., § 73 III 1).
Bei dem Patenterteilungsverfahren handelt es sich um ein dem schriftlichen Verfahren der Zivilprozeßordnung (§ 128 Abs. 2 ZPO) vergleichbares Verfahren. Die den Beteiligten von Amts wegen zuzustellenden (§ 34 Abs. 1 PatG) Beschlüsse des Patentamtes über die Erteilung eines Patentes ergehen ohne mündliche Verhandlung im Sinne der Zivilprozeßordnung. Für die Entscheidung der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt der Anmelder im Patenterteilungsverfahren noch mit einer Berücksichtigung neuen Vorbringens rechnen darf und im Falle der Nichtberücksichtigung beschwert ist, kann daher auf Schrifttum und Rechtsprechung zum schriftlichen Verfahren der Zivilprozeßordnung zurückgegriffen werden.
Eine ausdrückliche Regelung der Frage, bis zu welchem – dem Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung im Prozeßverfahren entsprechenden – Zeitpunkt weiteres Vorbringen der Beteiligten vom Gericht bei der Entscheidung zu berücksichtigen ist, findet sich weder im Patentgesetz noch in den Vorschriften der Zivilprozeßordnung, die das schriftliche Verfahren betreffen. Als mögliche Zeitpunkte bieten sich an (vgl. hierzu auch BGH NJW 1966, 52 = LM Nr. 17 zu § 128 ZPO = JZ 1966, 70 mit Anmerkung Baur; Thomas in NJW 1962, 836; OLG Stuttgart SJZ 1946, 35): der Zeitpunkt der Beschlußfassung des Gerichtes, der der Übergabe der Entscheidung an die Geschäftsstelle, der der Absendung der Entscheidung durch die Geschäftsstelle oder der Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung.
Die Zeitpunkte der Beschlußfassung und der Übergabe der Entscheidung an die Geschäftsstelle scheiden, wie Stein-Jonas-Pohle, ZPO, 19. Aufl., Anm. X 4 zu § 128 ZPO und OLG Stuttgart a.a.O. mit Recht darlegen, aus, weil es sich hierbei um innerdienstliche Vorgänge handelt, die jederzeit rückgängig gemacht werden können (a.A. Baur, JZ 1966, 72, der den Zeitpunkt der Beschlußfassung für maßgebend hält). Der Zeitpunkt, von dem ab Parteivorbringen nicht mehr Gegenstand der Entscheidung im schriftlichen Verfahren sein kann, kann nur ein solcher sein, der mit Sicherheit festzustellen ist. Die beiden erwähnten Vorgänge aber sind im Regelfall aus den Akten nicht sicher feststellbar und daher nicht beweisbar. Auszuscheiden hat auch der Zeitpunkt der Zustellung, weil dann, wie Baur a.a.O. mit Recht ausführt, das Gericht gezwungen wäre, seine Entscheidung „zurückzurufen”. Dies aber ist, sofern überhaupt möglich, jedenfalls auf dem der Zustellung vorausgehenden letzten Teil des Beförderungsweges zum Zustellungsempfänger mit so erheblichen Schwierigkeiten verbunden, wie das Bundespatentgericht mit Recht ausgeführt hat, daß solche Maßnahmen nicht in Betracht kommen. Die Wahl des Zeitpunktes der Zustellung könnte überdies gerade im Patenterteilungsverfahren zu untragbaren Ergebnissen führen. Hierbei ist auf die Vorschrift des § 45 a Abs. 1 Nr. 4 PatG hinzuweisen, nach der an Inhaber eines Abholfaches beim Patentamt durch Niederlegung im Abholfach des Empfängers zugestellt werden kann mit der Wirkung, daß die Zustellung mit dem dritten Tage nach der Niederlegung als bewirkt gilt. Diese Vorschrift zeigt deutlich, daß die Zustellung nicht als maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage der Berücksichtigung weiteren Vorbringens herangezogen werden kann; es wäre sonst denkbar, daß die Patenterteilungsbehörde Anträge berücksichtigen müßte, die vom Empfänger in Kenntnis des Inhaltes der Entscheidung gestellt sein könnten.
Es verbleibt der Zeitpunkt der Absendung der Entscheidung durch die Geschäftsstelle. Dieser Zeitpunkt wird von der in Rechtsprechung und Schrifttum überwiegend vertretenen Meinung als maßgeblicher, dem Schluß der mündlichen Verhandlung entsprechender Zeitpunkt, bis zu dem die Beteiligten mit der Berücksichtigung neuen Vorbringens rechnen können, angesehen (so u.a. Rosenberg a.a.O. § 108 III 2 b; Stein-Jonas-Pohle a.a.O., 19. Aufl., Anm. X 4 zu § 128 ZPO; Baumbach-Lauterbach, ZPO, Anm. 4 A zu § 329 ZPO; Pohle zu BAG AP § 72 ArbGG Streitwert-Rev. Nr. 11; OLG Nürnberg JW 1929, 872; OLG Stuttgart SJZ 1946, 35). Dieser Rechtsauffassung tritt der erkennende Senat bei. Sie hätte ersichtlich auch die Billigung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes gefunden, wie sich aus dessen Urteil vom 21. Oktober 1965 (NJW 1966, 52 = LM Nr. 17 zu § 128 ZPO = JZ 1966, 70) ergibt, in dem der maßgebliche Zeitpunkt dann jedoch nicht ausdrücklich festgestellt zu werden brauchte. In diesem Urteil ist zutreffend ausgeführt, daß es sich beim Zeitpunkt der Absendung durch die Geschäftsstelle nicht nur um einen innerdienstlichen Vorgang handelt, der angehalten und rückgängig gemacht werden kann, sondern um einen Vorgang, mit dem die Verlautbarung der Entscheidung eingeleitet wird und mit dem sich das Gericht einer Einwirkungsmöglichkeit auf die Entscheidung entäußert, so daß auch weiterer Vortrag an der Entscheidung nichts mehr zu ändern vermag. Nach Absendung der Entscheidung können sonach die Beteiligten Berücksichtigung neuen Vorbringens nicht mehr erwarten, die Hinausgabe entspricht dem Schluß der mündlichen Verhandlung. Neues Vorbringen muß vielmehr vorher eingegangen sein, wobei es genügt, daß es bei dem zuständigen Gericht (hier: beim Patentamt) vor der Absendung der Entscheidung eingegangen ist, auch wenn es sich in diesem Zeitpunkt noch auf der Geschäftsstelle oder bei einer anderen Stelle des Gerichtes befindet (so zutreffend OLG Stuttgart a.a.O.).
Der Beschwerdesenat des Bundespatentgerichtes hat nun allerdings in dem angefochtenen Beschluß nicht auf den Zeitpunkt der Absendung durch die Geschäftsstelle, sondern auf den Zeitpunkt der Herausgabe der Beschlußfassung durch die Geschäftsstelle an die Postabfertigungsstelle als den maßgeblichen Zeitpunkt abgestellt. Dagegen sind indessen rechtliche Bedenken nicht zu erheben. Mit der Herausgabe an die Postabfertigungsstelle ist – ebenso wie mit der Aushändigung seitens des Urkundsbeamten an den Justizwachtmeister (vgl. Baumbach-Lauterbach a.a.O. Anm. 4 A zu § 329 ZPO) – die Verlautbarung der Entscheidung eingeleitet, mit ihr hat der Beschluß die Akten verlassen, um nach außen zu dringen.
Davon abgesehen ist der vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vermerkte Zeitpunkt der Abgabe an die Postabfertigungsstelle aber auch noch aus anderen Erwägungen der Zeitpunkt, der im hier gegebenen Falle praktisch allein in Betracht kommen kann. Das Bundespatentgericht führt in der angefochtenen Entscheidung hierzu u.a. aus, mit der Herausgabe an die Postabfertigungsstelle gelange der Beschluß in ein Stadium, in dem er dem Einflußbereich der erlassenden Stelle so weit entrückt sei, daß das Bemühen, seiner nochmals habhaft zu werden, bei dem umfangreichen Geschäftsverkehr, wie er beim Patentamt herrsche, mit erheblichen, den Betrieb störenden Schwierigkeiten verbunden und daher unzumutbar und in seinem Erfolg überdies sehr ungewiß sei. In vielen Fällen werde es nicht mehr gelingen, einen Beschluß, der bereits der Postabfertigungsstelle übergeben worden sei, von der weiteren Beförderung zurückzuhalten. Der Zeitpunkt der Herausgabe des Beschlusses an die Postabfertigungsstelle sei zudem der Zeitpunkt, der sich am leichtesten und eindeutig feststellen lasse, da dieser Zeitpunkt auf der im Akt bleibenden Beschluß-Urschrift vermerkt werde.
Diese Ausführungen des Bundespatentgerichtes, denen der erkennende Senat beipflichtet, rechtfertigen die im angefochtenen Beschluß vertretene Auffassung, daß bei der Art, in der sich der Betrieb beim Deutschen Patentamt abspielt, auf den Zeitpunkt der Abgabe an die Postabfertigungsstelle und nicht etwa auf den der Absendung der Entscheidung seitens der Postabfertigungsstelle abzustellen ist. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß die Absendung durch die Postabfertigungsstelle nicht in den Akten vermerkt wird und daher nachträglich nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, während über die Herausgabe durch die Geschäftsstelle an die Postabfertigungsstelle vom Urkundsbeamten ein schriftlicher Vermerk niedergelegt und somit die Nachprüfbarkeit sichergestellt wird. Wenn die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang meint, die Herausgabe durch die Geschäftsstelle könne schon deshalb kein geeigneter Zeitpunkt sein, weil sie ein innerdienstlicher Vorgang und der Kenntnisnahme durch die Verfahrensbeteiligten regelmäßig entzogen sei, so kann dieser Gesichtspunkt schon deshalb nicht durchgreifen, weil auch die Auflieferung bei der Post in gleicher Weise den Beteiligten verborgen bleibt und ihrer Einflußnahme entzogen ist.
Da im vorliegenden Fall die Eingabe der Anmelderin erst am 13. März 1965 beim Patentamt eingegangen ist, während die Geschäftsstelle die Ausfertigung des Erteilungsbeschlusses bereits am 10. März 1965 an die Postabfertigungsstelle hinausgegeben hat, erweist sich die Auffassung des Beschwerdesenates, die Eingabe könne bei der Prüfung der Frage, ob die Anmelderin durch den Erteilungsbeschluß beschwert ist, keine Berücksichtigung finden, als gerechtfertigt. Den im maßgeblichen Zeitpunkt vorliegenden, zu berücksichtigenden Anträgen aber hat das Patentamt in vollem Umfange entsprochen. Das Bundespatentgericht hat daher die Beschwerde der Anmelderin zu Recht mangels Vorliegens einer Beschwer als unzulässig verworfen.
3. Soweit sich die Rechtsbeschwerde auf entsprechende Anwendung des § 319 ZPO beruft, kann dahingestellt bleiben, ob eine Berichtigung im Sinne dieser Vorschrift überhaupt in Betracht kommen könnte, wenn – wie hier – der im Erteilungsbeschluß nach der Behauptung der Anmelderin enthaltene „offenbare Fehler” bereits im Bekanntmachungsbeschluß enthalten war. Denn jedenfalls kann die Berichtigung nur bei der die Entscheidung erlassenden Behörde, also beim Patentamt, angebracht werden, ohne daß gegen die Ablehnung des Berichtigungsantrags als solche ein Rechtsmittel gegeben wäre. Eine Berichtigung von Amts wegen durch den erkennenden Senat kommt nicht in Betracht, weil er nicht mit der Entscheidung in der Sache selbst befaßt ist.
4. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 41 y Abs. 1 Satz 2 PatG.
Die Entscheidung konnte gemäß § 41 w Abs. 1 PatG ohne mündliche Verhandlung getroffen werden, weil eine weitere Aufklärung durch eine mündliche Verhandlung nicht zu erwarten und auch nicht erforderlich war.
Unterschriften
Nastelski, Bock, Spreng, Löscher, Schneider
Fundstellen
Haufe-Index 1502344 |
NJW 1967, 1466 |
Nachschlagewerk BGH |
MDR 1967, 988 |