Verfahrensgang
LG Cottbus (Entscheidung vom 18.12.2023; Aktenzeichen 21 KLs 9/23) |
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 18. Dezember 2023
a) dahin geändert, dass
aa) er
- des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln in drei Fällen,
- des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln,
- des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln und mit Handeltreiben mit Cannabis,
- sowie des Handeltreibens mit Cannabis in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln schuldig ist;
bb) die über 176.750 Euro hinausgehende Einziehung des Wertes von Taterträgen entfällt;
b) aufgehoben im Ausspruch über die Strafen in den Fällen II.1 bis II.5 und II.11 der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe, wobei die jeweils zugehörigen Feststellungen Bestand haben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln und in drei Fällen in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln, wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, und wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Zudem hat es eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
1. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung teilweise nicht stand.
Rz. 3
a) Im Fall II.5 der Urteilsgründe handelte der Angeklagte mit 60,95 Gramm Marihuana (Wirkstoffmenge 0,28 Gramm THC) und 8,56 Gramm Methamphetamin (Wirkstoffmenge 6,92 Gramm (R)-Methamphetaminbase). Daneben besaß er 1,06 Gramm Methamphetamin sowie rund zehn Gramm eines Marihuana-Tabakgemischs zum Eigenkonsum. Im Fall II.11 der Urteilsgründe führte er zum gewinnbringenden Weiterverkauf 99,09 Gramm Marihuana (Wirkstoffmenge 18,05 Gramm THC) und 96,49 Gramm Haschisch (Wirkstoffmenge 31,9 Gramm THC) sowie zum Eigenkonsum 9,23 Gramm Methamphetamin (Wirkstoffmenge 9,23 Gramm (R)-Methamphetaminbase), 1,38 Gramm Methamphetamin (Wirkstoffmenge 1,08 Gramm (S)-Methamphetaminbase) und 0,69 Gramm Methamphetamingemisch bei sich.
Rz. 4
b) Der Schuldspruch ist in diesen Fällen in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO zu ändern, weil bei der Revisionsentscheidung nach § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO das am 1. April 2024 in Kraft getretene Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis vom 27. März 2024 (KCanG; BGBl. I Nr. 109) zu berücksichtigen ist. Da der Umgang mit Konsumcannabis nunmehr abschließend im KCanG geregelt ist, sind damit im Zusammenhang stehende Taten allein nach § 34 KCanG zu bewerten (vgl. BT-Drucks. 20/8704, S. 130). Danach stellt sich Fall II.5 der Urteilsgründe als Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) in Tateinheit mit Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG) und Besitz von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG) und Fall II.11 der Urteilsgründe als Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 4 KCanG) in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG) dar. Da es sich bei § 34 Abs. 3 KCanG um eine Strafzumessungsregel handelt, ist der Zusatz „in nicht geringer Menge“ nicht in die Urteilsformel aufzunehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2024 - 6 StR 116/24; KK-StPO/Tiemann, 9. Aufl., § 260 Rn. 31). Die Vorschrift des § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht entgegen, weil sich der insoweit geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
Rz. 5
2. Die Strafaussprüche haben nur teilweise Bestand.
Rz. 6
a) Sie können in den von der Schuldspruchkorrektur betroffenen Fällen nicht bestehen bleiben. Dies gilt, obwohl im Fall II.5 der Urteilsgründe die Strafe nach § 52 Abs. 2 StGB weiter aus den Strafrahmen des Betäubungsmittelgesetzes zuzumessen sein wird. Denn es ist zu berücksichtigen, dass der nach dem Betäubungsmittelgesetz zu ahndende Schuldumfang des Handeltreibens geringer geworden ist und es sich bei dem zum Eigenkonsum bestimmten Tabak-Marihuanagemisch um einen Fall des erlaubten Besitzes im Sinne von § 2 Abs. 3 i.V.m. § 3 Abs. 1 KCanG handelt, dem bei der Strafzumessung keine Bedeutung mehr zukommen darf. Obwohl die Strafkammer im Fall II.11 der Urteilsgründe einen minder schweren Fall nach § 29a Abs. 2 BtMG bejaht und im Rahmen der Strafzumessung die „gesetzgeberische Intention in Bezug auf die teilweise Legalisierung von Cannabis“ ausdrücklich berücksichtigt hat, kann der Senat auch in diesem Fall nicht ausschließen, dass sie aufgrund der Sicherstellung der Betäubungsmittel einen besonders schweren Fall nach § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG verneint, die Strafe dem gegenüber § 29a Abs. 2 BtMG milderen Strafrahmen des § 34 Abs. 1 KCanG entnommen und eine geringere Strafe verhängt hätte.
Rz. 7
b) Die Strafaussprüche in den Fällen II.1 bis II.4 der Urteilsgründe unterliegen der Aufhebung, weil das Landgericht eine Strafmilderung nach § 31 BtMG nicht erörtert hat, obwohl hierzu nach den Feststellungen Anlass bestand. Der Angeklagte teilte unmittelbar nach seiner Festnahme einer Polizeibeamtin mit, dass er das Methamphetamin in den festgestellten Mengen von „A. “ bezogen habe, dessen richtigen Namen er nicht kenne. Auf Vorlage eines Lichtbildes bestätigte er, dass es sich bei dieser - der Polizei namentlich bekannten - Person um seinen Lieferanten handele. Der Senat kann vor diesem Hintergrund nicht ausschließen, dass die Voraussetzungen des § 31 Satz 1 Nr. 1 BtMG gegeben sind (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 2023 - 6 StR 345/23).
Rz. 8
c) Die Aufhebung der Strafaussprüche entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage. Die zugehörigen Feststellungen können bestehen bleiben und um ihnen nicht widersprechende ergänzt werden (§ 353 Abs. 2 StPO).
Rz. 9
3. Der Einziehungsausspruch ist geringfügig zu ändern.
Rz. 10
Der Strafkammer ist ein den Angeklagten belastender Rechenfehler unterlaufen, weil sich in den Fällen II.6 bis II.10 der Urteilsgründe bei einer Handelsmenge von je fünf Gramm Methamphetamin und einem Verkaufspreis von 40 Euro pro Gramm ein Tatertrag in Höhe von 1.000 Euro und nicht - wie der Berechnung zugrunde gelegt wurde - von 1.200 Euro ergibt. Vom ansonsten rechtsfehlerfrei bestimmten Einziehungsbetrag von 176.950 Euro sind daher 200 Euro abzuziehen.
Feilcke |
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Tiemann |
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Fritsche |
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von Schmettau |
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Arnoldi |
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Fundstellen
Dokument-Index HI16461681 |