Verfahrensgang
Tenor
Die Erinnerung der Schuldnerin gegen den Ansatz der Gerichtskosten vom 25. Februar 2022 (Kostenrechnung vom 28. Februar 2022, Kassenzeichen 780022109758) wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Rz. 1
1. Mit Beschluss vom 27. Januar 2022 hat der Senat die Rechtsbeschwerde der Schuldnerin auf ihre Kosten als unzulässig verworfen und den Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens auf 2.000.000 € festgesetzt. Die Rechtsbeschwerde hat sich gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts vom 21. Juni 2021 gerichtet, mit dem dieses die sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Insolvenzgerichts vom 19. Mai 2021, die vorläufige Eigenverwaltung aufzuheben und einen vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen, als unzulässig verworfen hatte. Das Insolvenzverfahren wurde am 1. Juli 2021 eröffnet. Mit dem Ansatz der Gerichtskosten wurden der Schuldnerin zwei Gerichtsgebühren nach einem Wert von 2.000.000 €, mithin 19.682 €, in Rechnung gestellt.
Rz. 2
Mit ihrer Erinnerung macht die Schuldnerin geltend, es habe kein Mandat von ihrer Seite gegeben, das Rechtsbeschwerdeverfahren zu führen. Das Mandat des zunächst beauftragten Instanzanwalts sei gemäß § 117 InsO mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erloschen. Zudem habe der Insolvenzverwalter die diesem erteilte Vollmacht auch ausdrücklich widerrufen. Demgemäß habe der Instanzanwalt auch nicht Rechtsanwalt Prof. Dr. S. wirksam für das Rechtsbeschwerdeverfahren beauftragen und bevollmächtigen können. Die Kosten seien richtigerweise dem Instanzanwalt beziehungsweise Prof. Dr. S. aufzuerlegen.
Rz. 3
2. Zur Entscheidung über eine Erinnerung gegen den Kostenansatz ist gemäß §§ 1 Abs. 5, 66 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 GKG auch beim Bundesgerichtshof grundsätzlich der Einzelrichter berufen (BGH, Beschluss vom 23. April 2015 - I ZB 73/14, MDR 2015, 724; vom 8. Juni 2015 - IX ZB 52/14, NJW-RR 2015, 1209, Rn. 1). Ein Anlass, von diesem Grundsatz abzuweichen, besteht im vorliegenden Fall nicht.
II.
Rz. 4
1. Die Erinnerung der Schuldnerin ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 66 Abs. 1 GKG).
Rz. 5
2. In der Sache hat die Erinnerung keinen Erfolg. Der Kostenansatz ist zutreffend.
Rz. 6
a) Mit der Verwerfung der unzulässigen Rechtsbeschwerde durch den Senat sind die geltend gemachten Gerichtsgebühren in der in Rechnung gestellten Höhe entstanden. Das ergibt sich aus Nr. 2383 des Kostenverzeichnisses zum GKG (Anlage 1) in Verbindung mit § 34 Abs. 1 GKG.
Rz. 7
b) Soweit die Erinnerung meint, die Kosten hätten nicht der Schuldnerin, sondern den beteiligten Rechtsanwälten auferlegt werden müssen, steht dem bereits entgegen, dass im Erinnerungsverfahren keine Änderung der rechtskräftigen Kostengrundentscheidung mehr erfolgen kann.
Rz. 8
c) Die Voraussetzungen für eine Niederschlagung der Gerichtskosten gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG liegen nicht vor. Nach dieser Bestimmung werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Die Vorschrift ist auch im Rahmen einer Kostenerinnerung anzuwenden (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2005 - XII ZR 217/04, MDR 2005, 956; BeckOK-KostenR/Boiczenko, 2022, § 20 FamGKG Rn. 21a mwN). Eine Nichterhebung kommt aber nur in Betracht, wenn ein offensichtlicher und schwerer Verfahrensfehler festgestellt wird oder in offensichtlich eindeutiger Weise materielles Recht verkannt wurde (vgl. BGH, aaO; BFH/NV 2014, 867 Rn. 37; BeckOK-KostenR/Boiczenko, 2022, § 21 GKG Rn. 3 mwN).
Rz. 9
Hier fehlt es bereits an einem einfachen Fehler des Senats. Die Kostengrundentscheidung trifft zu. Die Schuldnerin ist von den von ihr beauftragten und bevollmächtigten Rechtsanwälten wirksam vertreten worden. Das Gesetz zeigt beispielsweise mit § 34 Abs. 2 InsO oder mit § 64 Abs. 2 Satz 1 InsO, dass der Grundsatz des Erlöschens von Aufträgen und Vollmachten an einen Rechtsanwalt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäß §§ 115 ff InsO nicht ausnahmslos gelten kann. Nach den genannten Vorschriften steht dem Schuldner trotz Eröffnung die sofortige Beschwerde gegen den Eröffnungsbeschluss oder gegen die Festsetzung der Vergütung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters zu. Daher muss der Schuldner auch die Möglichkeit haben, einen Anwalt zu beauftragen oder den - wie mutmaßlich hier - an einen solchen bereits vor Eröffnung erteilten Auftrag fortzuführen, um seine Rechte im Insolvenzverfahren durchsetzen zu können. Ein Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag, der lediglich die Vertretung des Schuldners im Insolvenzverfahren zum Gegenstand hat, fällt daher nicht unter §§ 115 ff InsO und erlischt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht, wie der Senat bereits entschieden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Januar 2011 - IX ZB 242/08, ZIP 2011, 1014 Rn. 4; OLG Dresden, ZIP 2002, 2000; HK-InsO/Marotzke, 10. Aufl., § 115 Rn. 11; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 15. Aufl., § 117 Rn. 8; HmbKomm-InsR/Ahrendt, 9. Aufl., § 117 InsO Rn. 3). Der Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Insolvenzverwalter gemäß § 80 Abs. 1 InsO lässt in diesem Zusammenhang auch die Kompetenz der Gesellschaft und ihrer Organmitglieder in Bezug auf die Rechte und Pflichten der Gesellschaft als Schuldnerin im Insolvenzverfahren unberührt (vgl. MünchKomm-InsO/Vuia, § 117 Rn. 10).
Rz. 10
3. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
Harms
Fundstellen
EWiR 2023, 117 |
NZI 2022, 998 |
InsbürO 2024, 48 |
NJW-Spezial 2023, 151 |
ZRI 2022, 968 |