Entscheidungsstichwort (Thema)
Markenanmeldung N 25 879/11 Wz
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der rechtserhaltenden Benutzung einer Marke auf dem Warengebiet der Haushaltsgeräte, wenn sie gemeinsam mit einer weiteren Kennzeichnung verwendet wird.
Normenkette
MarkenG § 26 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 32. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 24. Juni 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,– DM festgesetzt.
Gründe
I. Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 12. August 1993 eingereichten Anmeldung Schutz für das Wortzeichen „CONTURA” für die Waren „Einbauspülen mit Zubehör, nämlich Aufsetz-Körbe und – Schneidbretter”.
Der gemäß § 5 Abs. 2 WZG bekanntgemachten Anmeldung hat die Inhaberin der prioritätsälteren Marke Nr. 745 784 „Contura”, eingetragen für „Elektrische Haushaltsgeräte, insbesondere Waschmaschinen, automatische Waschmaschinen, Wäschetrockner, Wäscheschleudern, Bügelpressen, Geschirrspülmaschinen, Warmwasserspeicher, Durchlauferhitzer, Heiz- und Klimageräte” aus den Gründen des § 5 Abs. 4 Nr. 1 WZG widersprochen.
Die Prüfungsstelle des Patentamts hat, nachdem die Anmelderin die Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten und die Widersprechende Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung vorgelegt hatte, den Widerspruch zurückgewiesen. Auf die hiergegen erhobene Erinnerung hat dieselbe Markenstelle der angemeldeten Marke die Eintragung für „Einbauspülen” versagt und im übrigen die Erinnerung zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Widersprechenden hat das Bundespatentgericht der angemeldeten Marke die Eintragung in vollem Umfang versagt.
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung die Widersprechende beantragt, verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.
II. Das Bundespatentgericht hat, wie schon die Markenstelle, unter Anwendung des neuen Markenrechts eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke angenommen und markenrechtliche Verwechslungsgefahr bejaht. Es hat dazu ausgeführt:
Die Nichtbenutzungseinrede der Anmelderin greife nicht durch. Die Widersprechende habe für den Zeitraum von 1991 bis 1993 die Benutzung der Widerspruchsmarke für Geschirrspülmaschinen glaubhaft gemacht. Die Tatsache, daß die Widerspruchsmarke stets mit dem Hauptzeichen „Constructa” zusammen verwendet worden sei, stehe der Annahme der Benutzung der Widerspruchsmarke nicht entgegen, weil die beiden Marken nicht in so enger Verbindung miteinander verwendet worden seien, daß sich der Eindruck eines einheitlichen Zeichens habe aufdrängen können. Auf eine Weiterbenutzung in den späteren Jahren vor der Entscheidung komme es nicht an, weil sich die Tatbestände der Nichtbenutzungseinreden nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG ausschlössen.
Angesichts der Identität der einander gegenüberstehenden Marken sei eine Verwechslungsgefahr selbst bei nur geringer Ähnlichkeit der Waren, die nicht verneint werden könne, nicht auszuschließen.
III. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.
1. Zutreffend ist das Bundespatentgericht nach dem Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. Januar 1995 davon ausgegangen, daß im Streitfall auf den ursprünglich nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 WZG erhobenen Widerspruch nunmehr die Vorschrift des § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG anzuwenden (§ 158 Abs. 2 Satz 2 MarkenG) und zu prüfen ist, ob das bekanntgemachte Zeichen mit der prioritätsälteren Widerspruchsmarke im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG kollidiert und ihm deshalb die Eintragung versagt werden muß.
2. Der angefochtene Beschluß kann schon deshalb keinen Bestand haben, weil das Bundespatentgericht – wie die Rechtsbeschwerde mit Erfolg rügt – die von der Anmelderin erhobene Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke nicht umfassend geprüft hat.
Gemäß § 158 Abs. 3 MarkenG ist im Streitfall, obwohl der Widerspruch bereits vor dem Inkrafttreten des Markengesetzes erhoben worden ist, die Bestimmung des § 43 Abs. 1 MarkenG entsprechend anzuwenden. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG hat der Widersprechende im Fall, daß der Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung nach der Veröffentlichung der Eintragung des angemeldeten Zeichens endet und die Anmelderin die Benutzung bestreitet, glaubhaft zu machen, daß die Widerspruchsmarke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Die vom Bundespatentgericht hierzu vertretene einschränkende Auslegung, die nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG mögliche Nichtbenutzungseinrede sei jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn – wie im Streitfall – die auf den Tatbestand des § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG gestützte Einrede der Nichtbenutzung im Verfahren möglich gewesen ist, ist nicht gerechtfertigt. Der Bundesgerichtshof hat bereits entschieden, daß eine einschränkende Auslegung der Vorschrift des § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG nicht in Betracht kommt (BGH, Beschl. v. 14.5.1998 – I ZB 9/96, GRUR 1998, 938, 939 f. = WRP 1998, 993 – DRAGON; Beschl. v. 9.7.1998 – I ZB 37/96, GRUR 1999, 54, 55 = WRP 1998, 1081 – Holtkamp). Hieran ist festzuhalten; die Rechtsbeschwerdeerwiderung zeigt keine durchgreifenden Gründe auf, die ein Abrücken von der genannten Auffassung gebieten.
Dabei ist zeitlich – anders als die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint – nicht von der Entscheidung des Patentamtes über den Widerspruch, sondern von der Beschwerdeentscheidung (im Streitfall von der mündlichen Beschwerdeverhandlung, nach der sogleich die Entscheidung verkündet worden ist) an zurückzurechnen. Dies ist der Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG; denn das Bundespatentgericht entscheidet als Beschwerdegericht, wie sich der besonderen Regelung des § 70 Abs. 3 MarkenG entnehmen läßt, regelmäßig in der Sache selbst, also auch über den Widerspruch, sofern nicht die besonderen Voraussetzungen des § 70 Abs. 3 MarkenG vorliegen.
Demgemäß wäre es Aufgabe der Widersprechenden gewesen, für den vor dem Tag der mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren (vgl. § 25 Abs. 2 Satz 2 MarkenG) liegenden Fünf-Jahres-Zeitraum die Benutzung der Widerspruchsmarke glaubhaft zu machen. Aus der Feststellung des Bundespatentgerichts, in der Zeit von 1991 bis 1993 seien 2.864 Geschirrspülmaschinen unter der Widerspruchsmarke verkauft worden, läßt sich nicht hinreichend entnehmen, daß die Widersprechende die Widerspruchsmarke in dem maßgeblichen Zeitraum vom 24. Juni 1993 bis zum 24. Juni 1998 rechtserhaltend benutzt hat. Zwar erfaßt die Feststellung des Bundespatentgerichts auch noch das erste Halbjahr 1993, also die Zeit vom 1. Januar bis zum 24. Juni 1993. Angesichts des Fehlens jeder konkreten Feststellung über die Zahl der in diesem Zeitraum, der lediglich ein halbes Jahr des gesamten maßgeblichen Zeitraumes von fünf Jahren abdeckt, vertriebenen Geschirrspülmaschinen kann nach den bisherigen Feststellungen von einer ernsthaften Benutzung im Sinne von § 26 Abs. 1 MarkenG nicht ausgegangen werden. Entsprechende Feststellungen werden demnach im neueröffneten Beschwerdeverfahren zu treffen sein.
3. Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde allerdings gegen die Annahme des Bundespatentgerichts, die Art und Weise, in der die Widerspruchsmarke in dem festgestellten Zeitraum benutzt worden sei, sei eine Benutzung der Widerspruchsmarke gewesen. Das Bundespatentgericht ist davon ausgegangen, daß die Verwendung der Widerspruchsmarke im Zusammenhang mit der weiteren Marke „Constructa” keine den kennzeichnenden Charakter verändernde Benutzung im Sinne von § 26 Abs. 3 MarkenG darstelle. Bei der Verwendung mehrerer Marken zur Kennzeichnung einer Ware handele es sich um eine weit verbreitete und wirtschaftlich sinnvolle Praxis. Insbesondere sei es üblich, neben einem Hauptzeichen weitere Marken zur Identifizierung der speziellen einzelnen Artikel einzusetzen. Die gegen diese Beurteilung von der Rechtsbeschwerde geführten Angriffe greifen nicht durch.
Zutreffend ist das Bundespatentgericht davon ausgegangen, daß zur rechtserhaltenden Benutzung einer Marke auch deren Verwendung als Zweitmarke ausreicht (vgl. BGH, Urt. v. 1.7.1993 – I ZR 194/91, GRUR 1993, 972, 974 – Sana/Schosana). Hiergegen wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht. Soweit sie meint, das Bundespatentgericht habe unzutreffende Maßstäbe zugrunde gelegt und den Sachverhalt unvollständig ausgeschöpft und unzutreffend gewürdigt, hat sie keinen Erfolg.
Zu Unrecht bezieht sich die Rechtsbeschwerde darauf, die beiden Wörter „Constructa” und „Contura” würden stets – optisch ins Auge springend – als einheitliche zusammengehörige Wortgruppe verwendet. Abgesehen davon, daß das Bundespatentgericht in tatrichterlicher Würdigung das Erscheinungsbild anders beurteilt hat und die Rechtsbeschwerde mit ihrer eigenen Beurteilung aus Rechtsgründen nicht gehört werden kann, vernachlässigt sie auch die sich aus den von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen ohne weiteres ergebende Tatsache, daß die Bezeichnung „Constructa” nicht allein mit der weiteren Kennzeichnung „Contura” verwendet wird, sondern daß – wie die Widersprechende von der Anmelderin unbeanstandet vorgetragen hat – von ihr auch weitere Kennzeichnungen für Waschautomaten bzw. Geschirrspüler in einer zusammengesetzten Art, nämlich „Constructa selecta”, „Constructa prima”, „Constructa chroma” und „Constructa serva” verwendet worden sind. Die Widersprechende folgt, wie ihrem weiteren von der Anmelderin unwidersprochenen Vortrag entnommen werden kann, damit der Übung anderer Hersteller von Haushaltsgeräten, die ebenfalls neben ihrer Hauptmarke für konkrete Waren eine weitere eigentliche Produktkennzeichnung verwenden (vgl. zur Übung auf anderen Warengebieten: BGH, Urt. v. 19.12.1960 – I ZR 39/59, GRUR 1961, 280, 281 f. – Tosca). Da für die Annahme einer rechtserhaltenden Benutzung eine Verwendung der Marke erforderlich aber auch ausreichend ist, wie sie üblicherweise dem Verkehr entgegentritt (vgl. BGH, Beschl. v. 9.2.1995 – I ZB 5/93, GRUR 1995, 347 – TETRASIL; Beschl. v. 6.5.1999 – I ZB 54/96, GRUR 1999, 995, 997 = WRP 1999, 936 – HONKA), durfte das Bundespatentgericht im Streitfall den vorerwähnten Umständen entnehmen, daß der Verkehr – wie er es durch anderweitige Übung gewöhnt ist – auch die Widerspruchsmarke in der verwendeten Kombination von „Constructa contura” als eigene selbständige Zweitmarke ansieht.
IV. Danach war der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen.
Unterschriften
Erdmann, Mees, Starck, Bornkamm, Büscher
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 10.11.1999 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 556160 |
BGHR |
NJW-RR 2000, 1568 |
GRUR 2000, 510 |
Nachschlagewerk BGH |
WRP 2000, 541 |
MarkenR 2000, 97 |