Entscheidungsstichwort (Thema)

Eintragung von Wohnungseigentum

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 07.03.1990)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin werden die Beschlüsse des Grundbuchamts Stuttgart vom 4. Dezember 1989 und der 1. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 7. März 1990 aufgehoben.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, von seinen Bedenken gegen die Berechtigung der Eintragungsanträge Abstand zu nehmen.

 

Gründe

1. Die Antragstellerin ist Eigentümerin mehrerer bebauter Grundstücke, für die sie Teilungserklärungen abgegeben hat. Sie hat beantragt, die Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum in die Grundbücher einzutragen. Die von der Baubehörde erteilten Abgeschlossenheitsbescheinigungen enthalten folgenden Hinweis: „Die Wohnungstrennwände und Decken entsprechen nicht den heutigen Anforderungen nach DIN 4109, 4108 und 4102 (Schall-, Wärme- und Brandschutz).”

Das Grundbuchamt hat die Eintragungsanträge mangels Abgeschlossenheit der Raumeinheiten zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde ist erfolglos geblieben. Die weitere Beschwerde möchte das Oberlandesgericht zurückweisen. Daran sieht es sich jedoch durch den Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 20. Juni 1990 – BReg 2 Z 37/90 = BayObLGZ 1990, 168 gehindert und hat daher die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.

2. Der Senat hat die Vorlage für zulässig gehalten. Er hat die weitere Beschwerde auch als begründet angesehen. Mit einer dahingehenden Entscheidung wäre er aber von dem Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Juli 1989 – 8 B 112/89 = NJW 1990, 848 abgewichen. Dieses hat den Standpunkt vertreten, daß für die Begründung von Wohnungseigentum auch bei Altbauten die Abgeschlossenheit nach den gegenwärtigen bautechnischen Anforderungen der jeweiligen Bauordnung zu beurteilen sei. Der Senat hat deshalb die Sache durch Beschluß vom 14. Februar 1991 (NJW 1991, 1611) gemäß §§ 2, 11 RsprEinhG dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung der Frage vorgelegt, ob Wohnungen und sonstige Räume in bestehenden Gebäuden nur dann im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG in sich abgeschlossen sind, wenn die Trennwände und Trenndecken den Anforderungen entsprechen, die das Bauordnungsrecht des jeweiligen Bundeslandes an Neubauten stellt. Der Gemeinsame Senat hat durch Beschluß vom 30. Juni 1992 wie folgt entschieden: Wohnungen und sonstige Räume in bestehenden Gebäuden können auch dann im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG in sich abgeschlossen sein, wenn die Trennwände und Trenndecken nicht den Anforderungen entsprechen, die das Bauordnungsrecht des jeweiligen Bundeslandes aufstellt.

3. Der Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat zur Folge, daß die – zulässige – weitere Beschwerde begründet ist. Denn das Grundbuchamt hat an das in § 3 Abs. 2 Satz 1 WEG aufgestellte Erfordernis der Abgeschlossenheit rechtsirrig den Maßstab angelegt, daß bei schon errichteten Gebäuden die Wände und Decken zwischen den Raumeinheiten dem heutigen Bauordnungsrecht und damit dessen Anforderungen an den Brand-, Schall- und Wärmeschutz entsprechen müßten. Daher sind die Anträge, durch Grundbucheintragung die Teilungserklärungen zu vollziehen, zu Unrecht abgelehnt worden.

Die Beschlüsse des Grundbuchamts vom 4. Dezember 1989 und des Beschwerdegerichts vom 7. März 1990 sind mithin aufzuheben. Das Grundbuchamt hat über die Eintragungsanträge nunmehr erneut zu befinden.

Zu einer Kostenentscheidung besteht kein Anlaß, weil die Beschwerdeführerin obsiegt hat und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten mangels eines Verfahrensgegners nicht in Betracht kommt.

 

Unterschriften

Hagen, Räfle, Lambert-Lang, Tropf, Schneider

 

Fundstellen

Haufe-Index 1622224

NJW 1993, 592

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?