Leitsatz (amtlich)
Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht u.a. dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 544 Abs. 9
Verfahrensgang
OLG Hamburg (Urteil vom 04.06.2019; Aktenzeichen 7 U 14/13) |
LG Hamburg (Urteil vom 18.01.2013; Aktenzeichen 324 O 255/12) |
Tenor
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen OLG vom 4.6.2019 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin auf die Berufung der Beklagten das Urteil der 24. Zivilkammer des LG Hamburg vom 18.1.2013 in Bezug auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung der nicht streitgegenständlichen und von der Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten vom 24.8.2011 erfassten Äußerung abgeändert und die Klage auch insoweit nebst dem geltend gemachten Zinsanspruch abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Im Übrigen wird die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil des 7. Zivilsenats des Hanseatischen OLG zurückgewiesen.
Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf bis zu 35.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Kläger verlangt die Unterlassung einer in dem Artikel "Daten zu Handygefahr unter Verdacht" in der Ausgabe der von der Beklagten verlegten S. Z. vom 12.7.2011 enthaltenen Äußerung. Daneben begehrt er die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten, die ihm durch die Abmahnung der Beklagten hinsichtlich der streitgegenständlichen sowie einer weiteren Äußerung, bezüglich derer die Beklagte außergerichtlich eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hat, entstanden sind.
Rz. 2
Das LG hat der Klage im Wesentlichen - auch hinsichtlich der geltend gemachten Abmahnkosten - stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das OLG das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der angegriffenen Äußerung, da diese den Kläger nicht in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletze. Mangels Begründetheit eines Unterlassungsanspruchs bestehe auch kein Anspruch auf Ersatz vorprozessualer Rechtsanwaltskosten.
Rz. 3
Die Revision hat das OLG nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
Rz. 4
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat nur insoweit Erfolg und führt gem. § 544 Abs. 9 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, als das OLG unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage auch hinsichtlich der geltend gemachten Abmahnkosten für die nicht streitgegenständliche, von der Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten erfasste Äußerung abgewiesen hat. Insoweit macht die Beschwerde zu Recht eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG geltend.
Rz. 5
1. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht u.a. dazu, den wesentlichen Kern des Vorbringens der Partei zu erfassen und - soweit er eine zentrale Frage des jeweiligen Verfahrens betrifft - in den Gründen zu bescheiden (st.Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. v. 27.8.2019 - VI ZR 460/17, MDR 2020, 56 Rz. 12 m.w.N.). Diese Pflicht hat das Berufungsgericht in entscheidungserheblicher Weise verletzt, indem es zwar den Zahlungsantrag des Klägers im Tatbestand des Berufungsurteils richtig wiedergegeben, ausweislich der Entscheidungsgründe bei der vollständigen Abweisung der Klage aber offensichtlich aus dem Blick verloren hat, dass die mit dem Zahlungsantrag geltend gemachten Abmahnkosten nicht nur die streitgegenständliche, sondern auch eine weitere, von der außergerichtlichen Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten erfasste Äußerung betreffen.
Rz. 6
Dem Erfolg der vom Kläger erhobenen Gehörsrüge steht hier entgegen der Ansicht der Beschwerdeerwiderung nicht der Grundsatz der materiellen Subsidiarität entgegen. Der von der Beschwerdeerwiderung insoweit angeführte Hinweis des Berufungsgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 23.4.2019, dass es auf eine Erkennbarkeit des Klägers in dem angegriffenen Artikel möglicherweise nicht ankomme, weil die angegriffene Äußerung nicht mit einem Verbot belegt werden könne, gab dem Kläger keine Veranlassung, das Berufungsgericht darauf hinzuweisen, dass die von ihm geltend gemachten Abmahnkosten nicht allein die streitgegenständliche Äußerung betreffen.
Rz. 7
2. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist dagegen unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage durch das OLG im Übrigen wendet. Die Beschwerde zeigt insoweit nicht auf, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wird gem. § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 13851843 |
FamRZ 2020, 1210 |
NJW-RR 2020, 693 |
JZ 2020, 360 |
MDR 2020, 750 |
K&R 2020, 435 |