Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitglieder der sich Ende des Zweiten Weltkriegs im Amt befindlichen US-Regierung. Beteiligung am Völkermord und Mord
Tenor
Von der Bestimmung eines zuständigen Gerichts wird abgesehen.
Gründe
I.
Der Anzeigeerstatter hat mit Schreiben vom 4. Mai 1999 beim Generalbundesanwalt Strafanzeige wegen des Verdachts der „Beteiligung an Völkermord und Mord gegen die Mitglieder der US-Regierung, des Kriegs- und Luftfahrtministeriums, der amerikanischen Militär- und Geheimdienstführung, der US-Luftgeschwader, welche die Nichtbombardierung der Tötungsfabrik Auschwitz, der Gaskammern und Krematorien nebst zugehörigen Infrastrukturen, der zuführenden Eisenbahnlinien und Brücken zu verantworten” hätten, erstattet. Durch die der US-Regierung mögliche Zerstörung des Konzentrationslagers Auschwitz und der dorthin führenden Bahnstrecken hätte zumindest der Völkermord an den ungarischen Juden ab März (richtig: ab Mai) 1944 verhindert werden können.
Der Generalbundesanwalt hat von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen Völkermordes im Hinblick auf das Bestimmtheitsgebot abgesehen, weil § 220a StGB erst mit Gesetz vom 9. August 1954 in das Strafgesetzbuch eingefügt wurde. Soweit auch Anzeige wegen Mordes erstattet wurde, hat der Generalbundesanwalt ohne Begründung beantragt, gemäß § 13a StPO das zuständige Gericht zu bestimmen.
II.
Für die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 13a StPO ist schon aus verfahrensrechtlichen Gründen kein Raum.
1. Soweit der Anzeigeerstatter geltend macht, die Beschuldigten seien des Völkermordes verdächtig, besteht – wovon offensichtlich auch der Generalbundesanwalt ausgeht – kein Bedürfnis für die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts.
Zweck des § 13a StPO ist es, ein Strafverfahren auch dann zu ermöglichen, wenn ein zuständiges Gericht fehlt oder nicht ermittelt werden kann. Die Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts erfolgt deshalb regelmäßig bereits zu Beginn des Ermittlungsverfahrens, da durch sie zugleich gemäß § 143 Abs. 1 GVG eine Staatsanwaltschaft verpflichtet wird, sich der Ermittlungen anzunehmen (Wendisch in Löwe/Rosenberg, StPO 24. Aufl. § 13a Rdn. 5; Pfeiffer in KK 4. Aufl. § 13a Rdn. 2). Geht es – wie bei Völkermord – um die Verfolgung von Katalogtaten im Sinne des § 120 Abs. 1 GVG, sind die Ermittlungszuständigkeit des Generalbundesanwalts gemäß § 142a Abs. 1 S. 1, § 120 Abs. 1 GVG und die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof gemäß § 169 Abs. 1 S. 2 StPO gesetzlich festgelegt, so daß es der Bestimmung eines Oberlandesgerichts nicht bedarf (vgl. BGH NStZ 1994, 139). Ob er ein Verfahren wegen Völkermordes einleitet, hat der Generalbundesanwalt zu entscheiden. Eine Überprüfung der Entschließung des Generalbundesanwalts, mangels Anfangsverdachts einer Katalogtat von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, durch den Bundesgerichtshof ist gesetzlich nicht vorgesehen, was über eine Gerichtsstandsbestimmung nach § 13a StPO nicht umgangen werden darf.
2. Eine Gerichtstandsbestimmung kommt aber auch nicht in Betracht, soweit hierdurch die Durchführung eines Strafverfahrens wegen Mordes (durch Unterlassen) ermöglicht werden soll.
Denn ein Gerichtsstand kann nur für einzelne individualisierte Taten und nicht für pauschal geschilderte Gesamtkomplexe bestimmt werden. § 13 a StPO setzt deshalb ebenso wie die sonstigen Vorschriften über den Gerichtsstand eine bestimmte, nach Sachverhaltsmerkmalen wie Ort, Zeit, Ausführung und Täter konkretisierte Tat als Bezugsgegenstand des Verfahrens voraus (BGH NStZ 1994, 139 und NStZ 1998, 25; Pfeiffer aaO § 13a Rdn. 1; Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO 44. Aufl. § 13a Rdn. 4). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Das Anzeigevorbringen erschöpft sich im wesentlichen in dem Vorwurf, die „US-Verantwortlichen” hätten es unterlassen, das Vernichtungslager Auschwitz und die dahin aus Richtung Budapest führenden Bahnlinien zu zerstören und damit zumindest den Völkermord an den ungarischen Juden im Jahre 1944 zu verantworten. Soweit der Anzeigeerstatter behauptet, der damalige stellvertretende Verteidigungsminister der USA, Mc Cloy, habe in Kenntnis des Völkermordes eine Bombardierung der Gaskammern abgelehnt, steht einer Strafverfolgung und damit einer Gerichtsstandsbestimmung in bezug auf diese Person der Umstand entgegen, daß John J. Mc Cloy am 11. März 1989 verstorben ist. Welche weiteren noch lebenden Personen damals in Kenntnis der fortdauernden Vernichtung aufgrund ihrer Stellung verpflichtet und in der Lage gewesen sein könnten, die Zerstörung der Gaskammern zu befehlen, kann der Senat dem Anzeigevorbringen nicht entnehmen.
Unterschriften
Kutzer, Rissing-van Saan, Blauth, Winkler, Pfister
Fundstellen