Leitsatz (amtlich)
Die Vergütung des in einer Unterbringungssache im Wege der Verfahrenskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts bestimmt sich nach Nr. 6300 RVG-VV (im Anschluss an BGH Beschl. v. 29.3.2012 - V ZB 309/10 - juris).
Normenkette
FamFG § 312; RVG-VV Vorbem. 3.2.2 Nr. 6300
Verfahrensgang
LG Lübeck (Entscheidung vom 30.06.2010; Aktenzeichen 7 T 300/10) |
Tenor
Die Erinnerung gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des BGH vom 8.7.2011 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Rz. 1
Der Senat hat dem Betroffenen für die Rechtsbeschwerde gegen die betreuungsrechtliche Genehmigung der Unterbringung Verfahrenskostenhilfe bewilligt und ihm die Erinnerungsführerin als Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet. Nach Abschluss des Rechtsbeschwerdeverfahrens, das zur Zurückverweisung der Sache an das LG führte, hat die Erinnerungsführerin bei dem BGH beantragt, ihre Vergütung nach Nr. 3208 RVG-VV i.V.m. der Vorbemerkung 3.2.2 Nr. 1b RVG-VV festzusetzen. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des BGH hat den Antrag mit Beschluss vom 8.7.2011 teilweise zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Erinnerungsführerin mit der Erinnerung.
II.
Rz. 2
Die - nicht fristgebundene (vgl. BT-Drucks. 15/4952, 51) - Erinnerung ist gem. § 56 Abs. 1 RVG zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vergütung der Erinnerungsführerin nach Nr. 6300 RVG i.H.v. 172 EUR (zzgl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer) festgesetzt.
Rz. 3
1. Entgegen der Auffassung der Erinnerungsführerin bestimmt sich die Vergütung des im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe gem. § 78 Abs. 1 FamFG beigeordneten Rechtsanwalts in Unterbringungssachen nicht nach Nr. 3208 RVG-VV i.V.m. der Vorbemerkung 3.2.2 Nr. 1b RVG-VV, sondern nach Nr. 6300 RVG-VV.
Rz. 4
Danach beträgt die Verfahrensgebühr für die Tätigkeit eines Rechtsanwalts in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG, in Unterbringungssachen nach § 312 FamFG und bei Unterbringungsmaßnahmen nach § 151 Nr. 6 und 7 FamFG für jeden Rechtszug 172 EUR. Diese Vergütungsregelung ist auch maßgeblich, wenn ein Rechtsanwalt in einer Unterbringungssache für das Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem BGH beigeordnet wird.
Rz. 5
Für Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG hat dies der BGH bereits entschieden (BGH Beschl. v. 29.3.2012 - V ZB 309/10 - juris). Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Rechtsbeschwerde in Freiheitsentziehungssachen nach § 415 FamFG in der Vorbemerkung 3.2.2 RVG-VV nicht erwähnt und insb. nicht von Nr. 1b der Vorbemerkung erfasst werde. Danach sei der Unterabschnitt 2 zwar auch in Verfahren über Rechtsbeschwerden in Familiensachen anzuwenden. Mit dem Begriff "Familiensachen" knüpfe das Gesetz jedoch an § 111 FamFG an, der den Kreis der Familiensachen definiert (vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe RVG 19. Aufl. VV Vorbem. 3.2.2 Rz. 4). Keine Familiensachen seien deshalb die in Buch 3 bis 8 des FamFG geregelten Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, also auch nicht die in Buch 7 geregelten Freiheitsentziehungssachen. Da die Definition des § 111 FamFG auch für andere Gesetze maßgeblich sei, die den Begriff der Familiensache verwenden (BT-Drucks. 16/6308, 223), gelte sie ebenfalls im Rahmen der Nr. 1b der Vorbemerkung 3.2.2 RVG-VV. Hätte der Gesetzgeber dort alle Rechtsbeschwerden nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und nicht lediglich die Rechtsbeschwerden in Familiensachen erfassen wollen, hätte es nahe gelegen, dies - ebenso wie in den vergleichbaren Fällen der Nr. 1c bis 1e der Vorbemerkung 3.2.2 RVG-VV - durch die Formulierung "Rechtsbeschwerden nach dem FamFG" zum Ausdruck zu bringen.
Rz. 6
2. Dieser Auffassung schließt sich der Senat für die Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts in Unterbringungssachen nach § 312 FamFG an. Für Unterbringungssachen nach § 312 FamFG enthält Teil 6 des Vergütungsverzeichnisses in Nr. 6300 RVG-VV eine Sonderregelung. Entgegen der Auffassung der Erinnerung gilt diese Vergütungsregelung nach ihrem eindeutigen Wortlaut auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren in Unterbringungssachen (vgl. BGH Beschl. v. 29.3.2012 - V ZB 309/10 - juris). Denn nach der Anmerkung zu Nr. 6300 RVG-VV entsteht die dort geregelte Gebühr für jeden Rechtszug. Eine Einschränkung dahingehend, dass die Rechtsbeschwerde von dieser Vergütungsregelung ausgenommen sein soll, lässt sich der Norm nicht entnehmen (vgl. BGH, a.a.O.).
Fundstellen
NJW 2012, 8 |
EBE/BGH 2012 |
FamRZ 2012, 1377 |
FuR 2012, 548 |
NJW-RR 2013, 67 |
FGPrax 2012, 227 |
JurBüro 2012, 528 |
BtPrax 2012, 208 |
JZ 2012, 568 |
MDR 2012, 1004 |
Rpfleger 2012, 637 |
FamRB 2012, 340 |
RVGreport 2012, 381 |
Reno 2012, 24 |