Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22. Januar 2020 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Gründe
Rz. 1
I. Die Klägerin hat die Beklagte wegen Verletzung einer deutschen Marke auf Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Mit Urteil vom 29. August 2019 hat das Landgericht der Klage stattgegeben und der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Mit Beschluss vom selben Tage hat das Landgericht den Streitwert auf 20.000 € festgesetzt.
Rz. 2
Die Klägerin hat mit der Klageschrift die Mitwirkung eines Patentanwalts angezeigt. Im Kostenfestsetzungsverfahren hat sie vorgetragen, dem Patentanwalt sei die Klageschrift zur Durchsicht und Stellungnahme übersandt worden. Zudem seien der Rechtsanwalt und der Patentanwalt in regelmäßigem telefonischen Kontakt im Hinblick auf das weitere Vorgehen gewesen. Der Patentanwalt habe seine Mitwirkung auch in Rechnung gestellt.
Rz. 3
Mit Beschluss vom 13. September 2019 hat das Landgericht die der Klägerin zu erstattenden Kosten auf 4.238,41 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. September 2019 festgesetzt. Es hat dabei, wie von der Klägerin beantragt, Patentanwaltskosten in Höhe von 984,60 € für die erstinstanzliche Rechtsverfolgung (1,3-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV zum RVG zuzüglich Auslagenpauschale gemäß Nr. 7002 VV zum RVG) als erstattungsfähig anerkannt.
Rz. 4
Die gegen die Festsetzung der Patentanwaltskosten gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Rz. 5
Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss aufzuheben, soweit darin Patentanwaltskosten gegen sie festgesetzt worden sind.
Rz. 6
Der Senat hat mit Beschluss vom 9. November 2020 das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 ZPO bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem Verfahren I ZB 59/19 ausgesetzt (vgl. BGH, Beschluss vom 24. September 2020 - I ZB 59/19, GRUR 2020, 1239 = WRP 2020, 1577 - Kosten des Patentanwalts VI). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in diesem Verfahren durch Urteil vom 28. April 2022 (C-531/20, GRUR 2022, 853 = WRP 2022, 696 - NovaText) entschieden.
Rz. 7
II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die geltend gemachten Patentanwaltskosten seien von der Beklagten nach § 140 Abs. 3 MarkenG aF zu erstatten. Der Streitfall sei eine Kennzeichenstreitsache im Sinne dieser Vorschrift. Die anwaltliche Versicherung, der Patentanwalt habe mitgewirkt, sei als Nachweis der Mitwirkung hinreichend. Es sei nach § 140 Abs. 3 MarkenG aF nicht zu prüfen, ob die Mitwirkung des Patentanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen sei oder ob der Patentanwalt gegenüber dem von der Klägerin beauftragten Rechtsanwalt eine "Mehrleistung" erbracht habe. Eine mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vorzunehmende richtlinienkonforme Auslegung des § 140 Abs. 3 MarkenG aF mit dem Ziel einer Prüfung, ob die Einschaltung des Patentanwalts notwendig gewesen sei, komme nicht in Betracht, da § 140 Abs. 3 MarkenG aF diesen Richtlinienvorschriften entspreche. § 140 Abs. 3 MarkenG aF verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da für die Ungleichbehandlung der Kostenerstattung von Patentanwälten in Kennzeichenstreitsachen gegenüber der allgemeinen zivilprozessualen Kostenerstattung, die nur für die Rechtsverfolgung notwendige Kosten erfasse, ein hinreichender sachlicher Grund bestehe, weil der Gesetzgeber die Mitwirkung von Patentanwälten in Kennzeichenstreitsachen wegen deren besonderer Sachkunde kostenrechtlich privilegiert habe.
Rz. 8
III. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung können die geltend gemachten Patentanwaltskosten nicht festgesetzt werden. Vielmehr ist § 140 Abs. 3 MarkenG aF dahingehend richtlinienkonform auszulegen, dass nur die Kosten einer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Mitwirkung von Patentanwälten erstattungsfähig sind.
Rz. 9
1. Nach § 140 Abs. 3 MarkenG aF, dessen Wortlaut mit Wirkung vom 14. Januar 2019 inhaltsgleich in die Vorschrift des § 140 Abs. 4 MarkenG übernommen worden ist, sind von den Kosten, die durch die Mitwirkung eines Patentanwalts in einer Kennzeichenstreitsache entstehen, die Gebühren nach § 13 RVG und außerdem die notwendigen Auslagen des Patentanwalts zu erstatten. Patentanwaltskosten sind im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO gegen den Kostenschuldner festzusetzen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Mai 2019 - I ZB 83/18, GRUR 2019, 983 [juris Rn. 6] = WRP 2019, 1195 - Kosten des Patentanwalts V).
Rz. 10
2. Das Beschwerdegericht hat die Kosten des Patentanwalts in Übereinstimmung mit der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der ganz herrschenden Auffassung im Schrifttum gemäß § 140 Abs. 3 MarkenG aF ohne Prüfung der Notwendigkeit der patentanwaltlichen Mitwirkung als erstattungsfähig angesehen (vgl. BGH, Beschluss vom 3. April 2003 - I ZB 37/02, GRUR 2003, 639, 640 [juris Rn. 13 und 17] = WRP 2003, 755 - Kosten des Patentanwalts I; Urteil vom 24. Februar 2011 - I ZR 181/09, GRUR 2011, 754 [juris Rn. 17] = WRP 2011, 1057 - Kosten des Patentanwalts II; Urteil vom 21. November 2011 - I ZR 196/10, GRUR 2012, 756 [juris Rn. 20] - Kosten des Patentanwalts III; Urteil vom 10. Mai 2012 - I ZR 70/11, GRUR 2012, 759 [juris Rn. 11] - Kosten des Patentanwalts IV; BGH, GRUR 2019, 983 [juris Rn. 10] - Kosten des Patentanwalts V; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 140 MarkenG Rn. 23; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 140 MarkenG Rn. 40; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 140 Rn. 56; Thiering in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 13. Aufl., § 140 Rn. 92).
Rz. 11
3. An dieser Sichtweise hält der Senat nicht fest. Die Vorschrift des § 140 Abs. 3 MarkenG aF ist vielmehr mit Blick auf Art. 3 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG dahingehend richtlinienkonform auszulegen, dass nur die Kosten der für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendigen patentanwaltlichen Mitwirkung erstattungsfähig sind.
Rz. 12
a) Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG sehen die Mitgliedstaaten die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe vor, die zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, auf die diese Richtlinie abstellt, erforderlich sind. Diese Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe müssen fair und gerecht sein, außerdem dürfen sie nicht unnötig kompliziert oder kostspielig sein und keine unangemessenen Fristen oder ungerechtfertigten Verzögerungen mit sich bringen. Nach Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Prozesskosten und sonstigen Kosten der obsiegenden Partei in der Regel, soweit sie zumutbar und angemessen sind, von der unterlegenen Partei getragen werden, sofern Billigkeitsgründe dem nicht entgegenstehen. Nach Erwägungsgrund 17 der Richtlinie 2004/48/EG sollen die in dieser Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe in jedem Einzelfall so bestimmt werden, dass den spezifischen Merkmalen dieses Falles, einschließlich der Sonderaspekte jedes Rechts an geistigem Eigentum und gegebenenfalls des vorsätzlichen oder nicht vorsätzlichen Charakters der Rechtsverletzung gebührend Rechnung getragen wird.
Rz. 13
b) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, dass Kosten der prozessualen Mitwirkung eines vom Rechtsinhaber allein oder zusammen mit einem Rechtsanwalt eingeschalteten Patentanwalts ihren unmittelbaren Ursprung im Prozess selbst haben und daher dem Begriff der Prozesskosten im Sinne des Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG unterfallen (EuGH, GRUR 2022, 853 [juris Rn. 40 bis 44] - NovaText).
Rz. 14
c) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verlangt Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG von den Mitgliedstaaten, die Erstattung der "zumutbaren" Prozesskosten sicherzustellen. Die Mitgliedstaaten müssen dafür sorgen, dass die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe, die zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, auf die diese Richtlinie abstellt, erforderlich sind, nicht unnötig kostspielig sind (EuGH, GRUR 2022, 853 [juris Rn. 45] - NovaText, mwN). So sind etwa übermäßige Kosten, die darauf zurückzuführen sind, dass die obsiegende Partei und ihr Anwalt ungewöhnlich hohe Honorare vereinbart haben oder der Anwalt Dienstleistungen erbracht hat, die für die Durchsetzung des betreffenden Rechts des geistigen Eigentums nicht als erforderlich angesehen werden, nicht zumutbar (EuGH, GRUR 2022, 853 [juris Rn. 46] - NovaText, mwN).
Rz. 15
Der Gerichtshof hat weiter entschieden, dass die Frage, ob Kosten im Sinne von Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG "angemessen" sind, nicht unabhängig von den Kosten beurteilt werden kann, die der obsiegenden Partei tatsächlich durch den Beistand eines Anwalts entstanden sind, sofern diese im vorstehend beschriebenen Sinne "zumutbar" sind. Zwar bedeutet das Erfordernis der Angemessenheit nicht, dass die unterlegene Partei zwangsläufig sämtliche Kosten der obsiegenden Partei erstatten muss, es verlangt jedoch, dass dieser Anspruch auf die Erstattung wenigstens eines erheblichen und angemessenen Teils der ihr tatsächlich entstandenen zumutbaren Kosten hat (EuGH, GRUR 2022, 853 [juris Rn. 47 bis 48] - NovaText, mwN).
Rz. 16
d) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat zudem entschieden, dass das zuständige Gericht nach Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG im Licht des 17. Erwägungsgrunds dieser Richtlinie in jedem Einzelfall in der Lage sein muss, zu prüfen, ob die der obsiegenden Partei durch die Mitwirkung eines Vertreters, beispielsweise eines Patentanwalts, entstehenden Prozesskosten zumutbar und angemessen sind. Der den Mitgliedstaaten bei der Tarifgestaltung zustehende Beurteilungsspielraum geht nicht so weit, eine Kategorie von Prozesskosten oder anderen Kosten von jeder gerichtlichen Kontrolle hinsichtlich ihrer Zumutbarkeit und Angemessenheit auszunehmen (EuGH, GRUR 2022, 853 [juris Rn. 49 bis 51] - NovaText).
Rz. 17
e) Die Art. 3 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG sind deshalb dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung oder einer Auslegung dieser Regelung entgegenstehen, die es dem mit einem unter diese Richtlinie fallenden Verfahren befassten Gericht nicht erlaubt, bei der Beurteilung, ob die der obsiegenden Partei entstandenen Prozesskosten zumutbar und angemessen sind, in jedem ihm vorgelegten Fall dessen spezifische Merkmale gebührend zu berücksichtigen (EuGH, GRUR 2022, 853 [juris Rn. 55] - NovaText).
Rz. 18
f) An der bisher anerkannten Sichtweise, dass die Kosten der Mitwirkung eines Patentanwalts nach § 140 Abs. 3 MarkenG ohne Prüfung der Notwendigkeit erstattungsfähig sind, kann danach nicht festgehalten werden. Vielmehr erfordern die Art. 3 und Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG eine richtlinienkonforme Auslegung dieser Vorschrift dergestalt, dass nur die Kosten einer notwendigen patentanwaltlichen Mitwirkung erstattungsfähig sind.
Rz. 19
aa) Die nationalen Gerichte müssen das innerstaatliche Recht mit Hilfe der anerkannten Auslegungsmethoden so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der einschlägigen Richtlinie auslegen, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen (vgl. Art. 288 Abs. 3 AEUV). Diese Pflicht zur unionsrechtskonformen Auslegung betrifft das gesamte nationale Recht, unabhängig davon, ob es vor oder nach der Richtlinie, um die es geht, erlassen wurde (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Februar 2021 - C-760/18, NZA 2021, 333 [juris Rn. 65 und 68] - M. V. u.a.; BGH, Urteil vom 28. Mai 2020 - I ZR 7/16, GRUR 2020, 891 [juris Rn. 53] = WRP 2020, 1009 - Cookie-Einwilligung II; Urteil vom 18. November 2020 - VIII ZR 78/20, NJW 2021, 1008 [juris Rn. 25], jeweils mwN). Allerdings findet die Verpflichtung der nationalen Gerichte, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts den Inhalt einer Richtlinie heranzuziehen, in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, insbesondere im Grundsatz der Rechtssicherheit und im Rückwirkungsverbot, ihre Schranken und darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen (vgl. EuGH, NZA 2021, 333 [juris Rn. 67] - M. V. u.a.; BGH, Beschluss vom 29. Juli 2021 - I ZR 135/20, GRUR 2021, 1320 [juris Rn. 36] = WRP 2021, 1290 - Flaschenpfand III, mwN).
Rz. 20
bb) Mit dem Wortlaut des § 140 Abs. 3 MarkenG aF ist die Auslegung, dass nur Kosten der für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung notwendigen Mitwirkung eines Patentanwalts erstattet verlangt werden können, vereinbar (vgl. auch Gruber, MarkenR 2022, 254 f.). Insbesondere kann aus dem Umstand, dass der Ersatz von Auslagen ausdrücklich an deren Notwendigkeit geknüpft ist, nicht hergeleitet werden, dass die Berücksichtigung der Notwendigkeit der patentanwaltlichen Mitwirkung ausscheidet.
Rz. 21
cc) Es kann nicht festgestellt werden, dass die Regelungsabsicht des Gesetzgebers der Auslegung entgegensteht, dass lediglich notwendige Patentanwaltskosten nach § 140 Abs. 3 MarkenG aF erstattungsfähig sind.
Rz. 22
(1) Allerdings trifft zu, dass nach der Vorgängernorm des § 32 Abs. 5 WZG die Gebühren des Patentanwalts bis zur Höhe einer Rechtsanwaltsgebühr und außerdem seine notwendigen Auslagen zu erstatten waren, ohne dass nach dem aus der Gesetzesbegründung sprechenden Willen des Gesetzgebers im einzelnen Fall noch zu prüfen sein sollte, ob und in welchem Umfang die Inanspruchnahme eines Patentanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war (vgl. Begründung zu den Gesetzen über den gewerblichen Rechtsschutz vom 5. Mai 1936, BlPMZ 1936, 103, 123 unter Verweis auf die Begründung zu § 51 PatG [S. 114 der Begründung]; Tyra, WRP 2007, 1059, 1061 f.). Mit dieser Regelung sollte Klarheit über die Erstattungspflicht geschaffen und zugleich verhindert werden, dass übermäßige Erstattungspflichten das Prozesswagnis unangemessen vergrößern. Höhere als nach § 32 Abs. 5 WZG vorgesehene Kosten sollten von der Erstattung schlechthin ausgenommen sein, ohne dass die Beschränkung der den Prozessgegner treffenden Erstattungspflicht die Frage berühren sollte, welche Gebühren die erstattungsberechtigte Partei an den von ihr in Anspruch genommenen Patentanwalt zu zahlen hat. Daher sollte der Beschränkung auch nicht die Bedeutung einer Bewertung der Tätigkeit des Patentanwalts im Vergleich zu der des Rechtsanwalts beigelegt werden (vgl. Gesetzesbegründung, BlPMZ 1936, 103, 114).
Rz. 23
Im Zuge der Einführung des Markengesetzes verwies der Gesetzgeber im Zusammenhang mit dem inhaltlich gleichlautenden § 140 Abs. 3 MarkenG aF ohne weitere Begründung auf die Entsprechung mit der Vorschrift des § 32 Abs. 5 WZG (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Markenrechts und zur Umsetzung der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken [Markenrechtsreformgesetz], BT-Drucks. 12/6581, S. 124).
Rz. 24
Durch das Gesetz zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums wurde die Beschränkung der Erstattungsfähigkeit von Patentanwaltskosten auf eine Gebühr unter Hinweis darauf aufgehoben, dass die auf einen Teil der Prozesskosten beschränkte Erstattung nicht mehr vertretbar sei, da sie die tatsächliche Arbeitsleistung in den jeweiligen Verfahren und die Stellung des Patentanwalts nach §§ 3 und 4 PAO nicht berücksichtige und zu einer Minderung des Schadensersatzes des obsiegenden Schutzrechtsinhabers führe (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums, BR-Drucks. 342/01, S. 94 unter Verweis auf die Begründung zu § 143 Abs. 5 PatG [S. 84 der BR-Drucks.]). Mit der Bezugnahme auf die tatsächliche Arbeitsleistung des Patentanwalts und durch die Betonung des Gesichtspunkts einer Minderung des Schadensersatzes des obsiegenden Schutzrechtsinhabers hat sich der Gesetzgeber von der ursprünglichen gesetzgeberischen Zielsetzung - schematische Kostenerstattung zur Begrenzung des Prozessrisikos beider Parteien - bereits entfernt (Tyra, WRP 2007, 1059, 1063).
Rz. 25
(2) Durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl. I S. 1191) hat der Gesetzgeber die Richtlinie 2004/48/EG in das deutsche Recht umgesetzt (vgl. Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums, BR-Drucks. 64/07, S. 55). Er war der Auffassung, dass kein Bedarf an einer Umsetzung des Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG bestehe, weil die Regelungen der §§ 91 ff. ZPO der von Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG vorgesehenen Pflicht der unterlegenen Partei zur Kostentragung voll entsprächen (vgl. BR-Drucks. 64/07, S. 77).
Rz. 26
Auch wenn der Gesetzgeber nicht ausdrücklich bekundet hat, dass die Regelung des § 140 Abs. 3 MarkenG aF den von Art. 14 der Richtlinie 2004/48/EG gestellten Anforderungen - also insbesondere dem Postulat des Ersatzes zumutbarer und angemessener Prozesskosten - genüge, lässt sich aufgrund des Umstands, dass mit Blick auf mit der Erstattung von Prozesskosten in Zusammenhang stehende Vorschriften kein Umsetzungsbedarf gesehen wurde, ein der richtlinienkonformen Auslegung dieser Vorschrift entgegenstehender Wille des Gesetzgebers nicht mehr feststellen.
Rz. 27
g) Diese Auslegung des § 140 Abs. 3 MarkenG aF erfasst nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Auslegung nationalen Rechts (dazu vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2022 - I ZR 38/21, GRUR 2022, 500 [juris Rn. 46] = WRP 2022, 452 - Zufriedenheitsgarantie, mwN) den gesamten Anwendungsbereich der Vorschrift. Deshalb kann offenbleiben, ob es in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem im Inland ansässige Parteien um die Verletzung deutscher Marken streiten, an einem für die Anwendung der Richtlinie 2004/48/EG etwaig erforderlichen Bezug zum Binnenmarkt der Europäischen Union fehlt (aA Gruber, MarkenR 2022, 101, 104 f.).
Rz. 28
IV. Danach ist auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Eine eigene Sachentscheidung gemäß § 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO steht dem Senat mangels Entscheidungsreife nicht offen. Es fehlt an Feststellungen zur Notwendigkeit der prozessualen Mitwirkung des Patentanwalts (zur Notwendigkeit außergerichtlicher Mitwirkung vgl. BGH, GRUR 2011, 754 [juris Rn. 15 ff.] - Kosten des Patentanwalts II; GRUR 2012, 756 Rn. 22 ff. - Kosten des Patentanwalts III; GRUR 2012, 759 [juris Rn. 14 und 17] - Kosten des Patentanwalts IV). Der Klägerin wird Gelegenheit zu entsprechendem Vortrag zu geben sein.
Koch |
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Löffler |
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Schwonke |
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Feddersen |
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Schmaltz |
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Fundstellen
Dokument-Index HI15615896 |