Leitsatz (amtlich)
1. Die Beweislastumkehr nach § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB knüpft an die Auskunft an, mit der der auf den Trennungszeitpunkt bezogene Auskunftsanspruch nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB erfüllt wurde.
2. Bei einer Auskunft über das Trennungsvermögen handelt es sich auch dann um eine solche iSd § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB, wenn ihr ein anderer Zeitpunkt als der tatsächliche Trennungszeitpunkt zugrunde liegt, sofern der Auskunftsgläubiger die Auskunft zu dem konkreten Datum verlangt oder die vom Auskunftsschuldner unaufgefordert erteilte Auskunft als Erfüllung seines Auskunftsanspruchs nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB angenommen hat.
Normenkette
BGB § 1375 Abs. 2 S. 2, § 1379 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
OLG Stuttgart (Entscheidung vom 27.11.2023; Aktenzeichen 16 UF 133/23) |
AG Reutlingen (Entscheidung vom 12.04.2023; Aktenzeichen 3 F 592/18) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 16. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. November 2023 aufgehoben, soweit darin zum Nachteil der Antragstellerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe
A.
Rz. 1
Die Beteiligten streiten über einen Zugewinnausgleichsanspruch der Antragstellerin.
Rz. 2
Die Beteiligten sind deutsche Staatsangehörige. Sie schlossen am 4. Oktober 2014 die Ehe und zogen im November desselben Jahres nach Katar um. Am 17. September 2017 flog die Antragstellerin nach Deutschland und kehrte nicht mehr nach Katar zurück.
Rz. 3
Mit dem Antragsgegner am 1. Oktober 2018 zugestelltem Schriftsatz hat die Antragstellerin die Scheidung der Ehe beantragt. Im Mai 2019 erteilte der Antragsgegner außergerichtlich Auskunft über den Bestand seines Vermögens am Tag der Eheschließung, am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags und „am Stichtag der Trennung (17.09.2017)“, zu letzterem mit einem Betrag von 152.709,23 €. Die Antragstellerin hat hierauf gestützt einen Antrag auf Zahlung von Zugewinnausgleich als Folgesache anhängig gemacht. Nachdem der Antragsgegner den Zeitpunkt der Trennung streitig gestellt hatte, hat sie die Zwischenfeststellung beantragt, dass die Trennung der Beteiligten am 17. September 2017 erfolgt sei. Diesen Antrag hat das Amtsgericht als unbegründet abgewiesen. In der Folge hat das Amtsgericht die Ehe der Beteiligten unter Anwendung katarischen Rechts geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt, den Unterhaltsantrag der Antragstellerin abgewiesen und den Antragsgegner unter Abweisung des weitergehenden güterrechtlichen Antrags verpflichtet, an die Antragstellerin einen Zugewinnausgleich iHv 54.870,02 € zu zahlen. Dabei ist es von einer Trennung der Beteiligten am 17. September 2017 ausgegangen und hat dem Endvermögen des Antragsgegners (27.014,16 €) unter Zugrundelegung der Angaben in seiner Vermögensauskunft zum 17. September 2017 (152.709,23 €) und Anwendung der Beweislastumkehr nach § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB illoyale Vermögensminderungen iHv 112.986,65 € hinzugerechnet.
Rz. 4
Auf die gegen den Ausspruch über den Zugewinnausgleich gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht den Ausgleichsanspruch der Antragstellerin unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels auf 36.717,63 € gekürzt. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung in der Folgesache Güterrecht erstrebt.
B.
Rz. 5
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, soweit darin zum Nachteil der Antragstellerin erkannt worden ist, und im Umfang der Aufhebung zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
I.
Rz. 6
Die in jeder Lage des Verfahrens zu prüfende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juni 2019 - XII ZB 299/18 - FamRZ 2019, 1535 Rn. 10 mwN) ist gegeben. Sie ergibt sich vorliegend aus Art. 5 Abs. 1 iVm Art. 69 Abs. 1 EuGüVO, Art. 3 Abs. 1 lit. b Brüssel IIa-VO, da beide Beteiligte die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und das Güterrechtsverfahren nach dem 28. Januar 2019 sowie das Scheidungsverfahren vor Beginn des zeitlichen Anwendungsbereichs der Verordnung (EU) 2019/1111 des Rates vom 25. Juni 2019 über die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und über internationale Kindesentführungen (Brüssel IIb-VO) am 1. August 2022 (vgl. Art. 100 Brüssel IIb-VO) eingeleitet worden sind.
II.
Rz. 7
1. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Antragstellerin habe keinen Zugewinn erzielt und der Antragsgegner habe ein Anfangsvermögen iHv indexiert 30.260,78 € sowie ein Vermögen bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags iHv 27.014,16 € gehabt. Die Beweislast für illoyale Vermögensminderungen liege allerdings entgegen der Ansicht des Amtsgerichts trotz der vom Antragsgegner erteilten Auskunft über sein Trennungsvermögen zum 17. September 2017 nicht gemäß § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB beim Antragsgegner, sondern bei der Antragstellerin. Denn mit der Abweisung des Zwischenfeststellungsantrags stehe zwischen den Beteiligten fest, dass Trennungszeitpunkt nicht der 17. September 2017 gewesen sei. Dem Zwischenfeststellungsbeschluss komme Bindungswirkung zu, weil es sich bei dem Trennungszeitpunkt um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis handele. Die Antragstellerin habe auch, wie mit dem Zwischenfeststellungsbeschluss entschieden, ein Feststellungsbedürfnis gehabt, nachdem der Trennungszeitpunkt im Verfahren streitig gewesen sei und die Beweislastumkehr nach § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB nur greife, wenn die Auskunft tatsächlich zum Trennungszeitpunkt erteilt wurde. Die vom Antragsgegner erteilte Auskunft habe somit die Beweislastumkehr nicht ausgelöst. Nach den danach geltenden allgemeinen Grundsätzen zur Darlegungs- und Beweislast sei dem Endvermögen des Antragsgegners gemäß § 1375 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB ein Betrag von lediglich 76.681,87 € hinzuzurechnen, denn nur insoweit habe der Antragsgegner seiner sekundären Darlegungslast für die Verwendung der von seinen Konten abgehobenen Beträge nicht entsprochen. Im Übrigen sei dagegen nicht von illoyalen Vermögensminderungen auszugehen. Hiernach ergebe sich ein Zugewinn des Antragsgegners iHv 73.435,25 €, so dass sich ein Zugewinnausgleichsanspruch der Antragstellerin von 36.717,63 € errechne.
Rz. 8
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Die Ermittlung der Höhe des Anspruchs der Antragstellerin auf Zugewinnausgleich durch das Beschwerdegericht begegnet durchgreifenden Rechtsbedenken. Sie beruht auf einer den Voraussetzungen des § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht entsprechenden Beurteilung der Beweislast für die Verwendung des Vermögens, um dessen Betrag das Endvermögen des Antragsgegners gegenüber dem in der zum Trennungszeitpunkt erteilten Auskunft angegebenen Vermögen gemindert ist.
Rz. 9
a) Die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe der Beteiligten richten sich gemäß Art. 15 Abs. 1 iVm Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB in der bis zum 28. Januar 2019 geltenden Fassung nach deutschem Recht. Diese Regelungen finden aufgrund der Übergangsregelung in Art. 229 § 47 Abs. 1 und 2 Nr. 2 EGBGB auf den vorliegenden Fall weiterhin Anwendung, weil die Ehe vor dem 29. Januar 2019 geschlossen und von den Beteiligten in der Folgezeit keine Rechtswahl über das auf ihren Güterstand anzuwendende Recht getroffen wurde.
Rz. 10
Aus der Verordnung (EU) 2016/1103 des Rates vom 24. Juni 2016 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands (EuGüVO; ABl. Nr. L 183 S. 1) ergibt sich nichts anderes. Denn nach Art. 69 Abs. 3 EuGüVO sind die Regelungen über das anwendbare Recht (Kapitel III, Art. 20 ff. EuGüVO) nur anwendbar, wenn die Ehegatten nach dem 28. Januar 2019 die Ehe eingegangen sind oder eine Rechtswahl des auf ihren Güterstand anzuwendenden Rechts getroffen haben. Dies ist hier nicht der Fall.
Rz. 11
b) Bei Beendigung des gesetzlichen Güterstands auf andere Weise als durch den Tod eines Ehegatten ist gemäß § 1372 BGB der von den Ehegatten während der Zugewinngemeinschaft erzielte Zugewinn nach Maßgabe der §§ 1373 ff. BGB zwischen diesen auszugleichen. Zugewinn ist dabei nach § 1373 BGB der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt. Für die Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs wird dem Endvermögen eines Ehegatten (§ 1375 Abs. 1 BGB) dabei gemäß § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB der Betrag hinzugerechnet, um den dieses Vermögen dadurch vermindert ist, dass der Ehegatte nach Eintritt des Güterstandes unentgeltliche Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen hat, Vermögen verschwendet oder Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den anderen Ehegatten zu benachteiligen. Ist das Endvermögen eines Ehegatten geringer als das Vermögen, das er in der Auskunft zum Trennungszeitpunkt angegeben hat, so hat dieser Ehegatte nach § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB darzulegen und zu beweisen, dass die Vermögensminderung nicht auf Handlungen im Sinne des Satzes 1 zurückzuführen ist.
Rz. 12
c) Das Beschwerdegericht hat das Endvermögen des Antragsgegners indes rechtsfehlerhaft nicht unter Rückgriff auf die gesetzliche Regelung in § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB, sondern aufgrund der allgemeinen Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast bestimmt und auf dieser Grundlage den Anspruch der Antragstellerin auf Zugewinnausgleich berechnet. Die von ihm insoweit als entscheidend erachtete - umstrittene - Frage, ob es sich bei dem Trennungszeitpunkt um ein (zwischen)feststellungsfähiges Rechtsverhältnis iSd § 256 ZPO handelt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Juli 2020 - XII ZB 334/19 - FamRZ 2020, 1572 Rn. 8 und vom 13. Februar 2019 - XII ZB 499/18 - FamRZ 2019, 818 Rn. 12 mwN), bedarf dabei keiner Entscheidung. Offenbleiben kann auch, ob, wie das Beschwerdegericht meint, die Entscheidung über den Trennungszeitpunkt durch den Zwischenfeststellungsbeschluss des Amtsgerichts nur dann in materielle Rechtskraft erwachsen wäre und Bindungswirkung entfaltet hätte, wenn es sich beim Trennungszeitpunkt um ein solches Rechtsverhältnis handelte und hier einer Zwischenfeststellung nach § 256 Abs. 2 ZPO zugänglich gewesen wäre.
Rz. 13
Denn für die in § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB vorgesehene Beweislastumkehr (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. Februar 2019 - XII ZB 499/18 - FamRZ 2019, 818 Rn. 13 und vom 17. Oktober 2012 - XII ZR 101/10 - FamRZ 2013, 103 Rn. 18) kommt es vorliegend von vornherein nicht darauf an, ob in der Auskunft des Antragsgegners zum Trennungszeitpunkt der zutreffende Zeitpunkt zugrunde gelegt ist (vgl. OLG Karlsruhe FF 2024, 450, 452; OLG Frankfurt FamRZ 2021, 1870, 1873; OLG Koblenz FamRZ 2018, 42, 44 f.; Braeuer FamRZ 2014, 1458, 1459; MünchKommBGB/Koch 9. Aufl. § 1379 Rn. 53; Koch FamRZ 2015, 1073, 1075; Kintzel FamRZ 2021, 371, 372; Kohlenberg in Johannsen/Henrich/Althammer Familienrecht 7. Aufl. § 1379 Rn. 6 mwN; Scholz/Kleffmann/Kohlenberg Praxishandbuch Familienrecht [Stand: September 2019] Teil B Eheliches Güterrecht Rn. 132; aA OLG Celle FamRZ 2014, 326, 327; Staudinger/Thiele BGB [2017] § 1375 Rn. 46; Grüneberg/Siede BGB 83. Aufl. § 1376 Rn. 33).
Rz. 14
aa) Die Frage, ob nur eine Auskunft die Beweislastumkehr nach § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB auslöst, die den Vermögensbestand zum tatsächlichen Trennungszeitpunkt zum Gegenstand hat, lässt sich mit dem Gesetzeswortlaut nicht eindeutig beantworten. Denn die Regelung knüpft die Umkehr der Darlegungs- und Beweislast ohne nähere Maßgaben an den Inhalt der erteilten „Auskunft zum Trennungszeitpunkt“ und verhält sich insbesondere nicht dazu, ob nur die Auskunft zum tatsächlichen Trennungszeitpunkt die Beweislastumkehr auszulösen vermag. Der Wortlaut lässt mithin auch die Auslegung zu, dass eine Auskunft Ansatzpunkt für die Beweislastumkehr sein kann, die zwar als Auskunft zum Trennungszeitpunkt erteilt wurde, der aber ein anderes als das tatsächliche Trennungsdatum zugrunde liegt.
Rz. 15
bb) Die Regelung in § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB wurde - ebenso wie der in § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB geregelte Anspruch der Ehegatten auf Erteilung einer Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung gegen den jeweils anderen Ehegatten - auf Anregung des Rechtsausschusses (vgl. BT-Drucks. 16/13027 S. 7) durch das Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 6. Juli 2009 (BGBl I S. 1696 ff.) mit Wirkung zum 1. September 2009 in die Vorschriften über den Zugewinnausgleich (§§ 1371 ff. BGB) aufgenommen.
Rz. 16
Der Auskunftsanspruch wurde dabei eingefügt, „um Vermögensverschiebungen zwischen der Trennung der Ehegatten und dem Stichtag der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags zu vermeiden“ (BT-Drucks. 16/13027 S. 7). Mit der Beweislastregel in § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB sollte dieser Schutz vor illoyalen Vermögensminderungen ergänzt werden, indem der Ausgleichsschuldner, soweit sein Endvermögen geringer ist als das Vermögen, das er in der Auskunft zum Trennungsvermögen angegeben hat, die Vermögensminderung nachvollziehbar darlegen muss (vgl. BT-Drucks. 16/3027 S. 7). Diese Beweislastumkehr erklärt sich mit der Überlegung, dass gerade mit der Trennung das Bestreben der Ehegatten, eigenes Vermögen auf die in § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB beschriebene Weise dem Zugriff des anderen Ehegatten vorzuenthalten und dem späteren Zugewinnausgleich zu entziehen, erfahrungsgemäß zunimmt und der auskunftsberechtigte Ehegatte nach der Trennung regelmäßig keine Möglichkeit mehr hat, die Vermögensbewegungen des anderen Ehegatten nachzuvollziehen (vgl. hierzu Senatsbeschluss BGHZ 194, 245 = FamRZ 2012, 1785 Rn. 40 mwN).
Rz. 17
cc) Die Regelung in § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB knüpft mithin systematisch an den Auskunftsanspruch nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB an (vgl. Senatsbeschluss vom 5. April 2017 - XII ZB 259/16 - FamRZ 2017, 1039 Rn. 14; vgl. auch Kohlenberg in Johannsen/Henrich/Althammer Familienrecht 7. Aufl. § 1379 Rn. 6). Die zur Beweislastumkehr führende „Auskunft zum Trennungszeitpunkt“ ist daher diejenige, mit der der Auskunftsanspruch aus § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB erfüllt wird.
Rz. 18
(1) Wird der auskunftspflichtige Ehegatte in einem Auskunftsverfahren rechtskräftig zur Erteilung einer Auskunft über das Trennungsvermögen zu einem konkreten Zeitpunkt verpflichtet, steht damit gleichzeitig fest, dass nur die hiernach zu erteilende Auskunft zu dem in der Auskunftsentscheidung zugrunde gelegten Trennungsdatum eine solche iSd § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB ist, aufgrund deren die Beweislastumkehr eintreten kann. Gleichzeitig ist mit einer solchen Auskunftsentscheidung bindend darüber entschieden, dass eine Auskunft über das Vermögen zum Trennungsstichtag zu einem anderen Zeitpunkt gerade nicht geschuldet ist (vgl. Kohlenberg in Johannsen/Henrich/Althammer Familienrecht 7. Aufl. § 1379 Rn. 6).
Rz. 19
(2) Fehlt es dagegen an einem derartigen rechtskräftigen Auskunftstitel und der damit verbundenen bindenden Entscheidung über die einzig erfüllungstaugliche Auskunft über das Vermögen des Auskunftsschuldners zur Zeit der Trennung, hat aber der Auskunftsschuldner auf Aufforderung die Auskunft über sein Vermögen zum in der Aufforderung benannten Trennungszeitpunkt erteilt oder der andere Ehegatte eine unaufgefordert erteilte Auskunft als Erfüllung seines Auskunftsanspruchs akzeptiert, ist damit der Auskunftsanspruch gemäß §§ 362 Abs. 1, 364 Abs. 1 BGB erloschen. Auch eine Auskunft zu einem anderen als dem tatsächlichen Trennungszeitpunkt erfüllt unter derartigen Umständen den Auskunftsanspruch nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB und löst die Beweislastumkehr nach § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB aus, wenn das darin angegebene Vermögen das Endvermögen übersteigt (vgl. auch Staudinger/Thiele BGB [2017] § 1379 Rn. 7).
Rz. 20
dd) Dieses Gesetzesverständnis wird dem Zweck des § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB gerecht, illoyale Vermögenminderungen zu unterbinden und dem ausgleichsberechtigten Ehegatten eine effektive Durchsetzung seines Zugewinnausgleichsanspruchs zu ermöglichen. Denn der auskunftsverpflichtete Ehegatte wird an dem Inhalt der von ihm zur Erfüllung des Auskunftsanspruchs zum Trennungszeitpunkt erteilten Auskunft festgehalten und hat den Verbleib des dort angegebenen Vermögens zu erklären und ggf. zu beweisen. Die spätere Behauptung, der seiner Auskunft zugrunde gelegte Zeitpunkt sei nicht der Trennungszeitpunkt gewesen und die Angaben zum Trennungsvermögen träfen daher nicht zu, ist damit rechtlich irrelevant (vgl. auch Braeuer FamRZ 2014, 1458, 1459).
Rz. 21
Einer Auskunft über das Vermögen zu einem als Trennungszeitpunkt bezeichneten, mit diesem aber nicht übereinstimmenden Datum kommt im Übrigen eine vergleichbare Indizwirkung wie einer Auskunft zum tatsächlichen Trennungszeitpunkt zu. Ergibt sich aus ihr ein das Endvermögen übersteigender Vermögenswert, bietet das ebenso Anlass, dem Ehegatten die Darlegungs- und Beweislast dafür aufzuerlegen, dass diese Vermögensminderung nicht auf den in § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB genannten Umständen beruht. Da sich die Auskunft auch mit dem darin angegebenen Trennungszeitpunkt ausschließlich auf eine in der Kenntnis des Auskunftspflichtigen liegende Tatsache bezieht, wird der erklärende Ehegatte insoweit nicht unangemessen benachteiligt, sondern lediglich am Inhalt seiner Erklärung festgehalten.
Rz. 22
ee) Der Antragsgegner hat vorliegend eine Auskunft über sein Vermögen „am Stichtag der Trennung (17.09.2017)“ erteilt. Die Antragstellerin hat diese Auskunft als Erfüllung akzeptiert, indem sie diese ihrem güterrechtlichen Antrag und ihrer Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs zugrunde gelegt hat. Den Inhalt der Auskunft hat sie - anders als die Antragsgegnerseite in der mündlichen Senatsverhandlung gemeint hat - auch nicht etwa nachfolgend als unrichtig in Frage gestellt. Sie hat vielmehr ausgehend von den Angaben des Antragsgegners in seiner Auskunft zum Trennungsvermögen und dessen Auskunft zum Endvermögen illoyale Vermögensminderungen zu ihrem Nachteil geltend gemacht. Bei der vom Antragsgegner erteilten und mithin auch von ihm zunächst als erfüllungstauglich angesehenen Auskunft zum Trennungsvermögen handelte es sich danach um eine solche im Sinne des § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB, woraus die dort vorgesehene Beweislastumkehr folgt. Für die Berechnung des Endvermögens hätte daher der Antragsgegner das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 1375 Abs. 2 Satz 1 BGB darlegen und beweisen müssen, weil sein Endvermögen mit 27.014,16 € gegenüber dem in der Auskunft zum Trennungszeitpunkt angegebenen Vermögen von 152.709,23 € gemindert ist.
Rz. 23
Dies hat das Beschwerdegericht in entscheidungserheblicher Weise verkannt. Es hat seiner Entscheidung ausgehend von den allgemeinen Grundsätzen zur Darlegungs- und Beweislast lediglich eine sekundäre Darlegungslast des Antragsgegners zugrunde gelegt und diese als durch dessen Vorbringen zur Verwendung des im Endvermögen nicht mehr vorhandenen Vermögenswerts für notwendige Medikamente teilweise als erfüllt erachtet. Damit hat das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft verneint, dass der Antragsgegner dieses von der Antragstellerin bestrittene Vorbringen zu beweisen hatte.
Rz. 24
3. Die angefochtene Entscheidung kann mithin keinen Bestand haben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif, weil noch weitere Tatsachenfeststellungen zu treffen sind. Sie ist daher an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 1 und 2 FamFG).
Guhling Klinkhammer Günter
Pernice Recknagel
Fundstellen
Haufe-Index 16748307 |
NJW 2025, 8 |
NJW 2025, 900 |
JZ 2025, 76 |
JZ 2025, 81 |
FF 2025, 130 |
FamRB 2025, 6 |
NJW-Spezial 2025, 164 |