Verfahrensgang
LG Stralsund (Entscheidung vom 28.06.2022; Aktenzeichen 22 KLs 11/22) |
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Stralsund vom 28. Juni 2022
a) dahin geändert, dass die Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubs in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung jeweils zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt sind,
b) im Ausspruch über die den Angeklagten L. betreffende Einziehungsentscheidung aufgehoben.
2. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.
3. Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat die Angeklagten jeweils wegen versuchter schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung sowie wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und gegen sie jeweils die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 800 Euro angeordnet. Die auf die Sachrüge gestützten Revisionen der Angeklagten haben in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen sind sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Rz. 2
Nach den Feststellungen hielten die Angeklagten den Zeugen B. mehrere Stunden lang unter Vorhalt einer Softair-Pistole, die einer echten Schusswaffe ähnelte und die der Zeuge als echt ansah, in verschiedenen Wohnungen fest, um von ihm Geld, auf das sie keinen Anspruch hatten, zu erlangen. Da B. kein Geld besaß, rief er auf Drängen der Angeklagten seine Eltern an, schilderte ihnen seine Situation und bat sie, ihm 800 Euro zu bringen, weil er sonst „die Nacht nicht überleben“ werde. Aus Sorge um ihren Sohn erklärten sich die Eltern dazu bereit. Der Vater fuhr sodann zu dem vereinbarten Treffpunkt und übergab dem Angeklagten K. das Geld. Die Angeklagten ließen den Zeugen B. im Anschluss hieran frei.
Rz. 3
1. Auf der Grundlage dieser Feststellungen haben sich die Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubs (§ 239a Abs. 1 StGB) strafbar gemacht. Sie haben sich zunächst des Opfers bemächtigt und es dann durch die Mitnahme in die weitere Wohnung entführt. Die Angeklagten handelten, um (jedenfalls im weiteren Geschehen) die Sorge der Eltern - mithin von Dritten - zu einer Erpressung auszunutzen. Da diese der Forderung nachkamen, haben sich die Angeklagten zudem der (vollendeten) schweren räuberischen Erpressung (§§ 255, 250 Abs. 1 Nr. 1 lit. b StGB) schuldig gemacht. Zwischen dem erpresserischen Menschenraub und der - durch dieselbe Handlung begangenen - Erpressungstat besteht Tateinheit (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2019 - 5 StR 526/18; Beschluss vom 18. Mai 2010 - 3 StR 115/10, NStZ 2011, 213; MüKo-StGB/Sander, 4. Aufl., § 255 Rn. 12).
Rz. 4
Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend § 354 Abs. 1 StPO; § 265 StPO steht nicht entgegen, da sich die Angeklagten nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können.
Rz. 5
Durch die Schuldspruchänderungen entfallen die vom Landgericht für die von ihm angenommenen zwei Taten verhängten Strafen. Der Senat lässt jedoch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO die jeweils ausgesprochene Gesamtstrafe als Einzelstrafe bestehen. Er schließt aus, dass die Strafkammer bei Annahme einer einheitlichen Tat auf geringere Strafen verhängt hätte, insbesondere angesichts des höheren Strafrahmens des § 239a Abs. 1 StGB. Die Annahme eines minder schweren Falles (§ 239a Abs. 2 StGB) schied angesichts der Vorstrafen der Angeklagten und des Tatbildes aus.
Rz. 6
2. Die den Angeklagten L. betreffende Einziehungsentscheidung hat keinen Bestand. Denn dieser hat durch die Tat nichts im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB erlangt. Nach den Feststellungen übergab der Vater des Zeugen B. die 800 Euro dem Angeklagten K.. Aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe ergibt sich, dass dieser mit der Tatbeute Schulden begleichen wollte. Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte L. zumindest einen Teil des Geldes erhielt, sind den Urteilsgründen nicht zu entnehmen.
Sander |
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Feilcke |
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Tiemann |
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von Schmettau |
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Arnoldi |
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Fundstellen
Dokument-Index HI15521864 |