Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtverbringen von Testamenten in eine besonders amtliche Verwahrung duch einen Notar. Anfechtung einer Weisung
Normenkette
BeurkG § 34 Abs. 1 Sätze 1, 4
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Senats für Notarsachen des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Oktober 1988 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und dem Antragsgegner die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Notar mit Amtssitz im Landgerichtsbezirk D. Bei einer Geschäftsprüfung durch den Antragsgegner am 8. September 1987 wurde festgestellt, daß der Notar zwei vor ihm errichtete Testamente nicht in die besondere amtliche Verwahrung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BeurkG gebracht hatte. Die Testierenden hatten den Notar angewiesen, ihre letztwillige Verfügung nicht in amtliche Verwahrung zu geben.
Der Antragsgegner hat den Notar mit Verfügung vom 17. März 1988 angewiesen, die beiden unter UR-Nr. ...6/86 und UR-Nr. ...4/86 errichteten Testamente unverzüglich in amtliche Verwahrung zu geben. Daraufhin hat der Notar gerichtliche Entscheidung und die Aufhebung der Verfügung beantragt. Er hat vorgetragen, die ihm erteilte Anweisung sei rechtswidrig, weil der hier zugrundeliegende § 34 Abs. 1 Satz 4 BeurkG grundgesetzwidrig sei. Das gelte jedenfalls für die Auslegung, daß ein Notar selbst in Ausnahmefällen, insbesondere bei entsprechendem Verlangen des Testierenden nicht davon absehen dürfe, das vor ihm errichtete Testament unverzüglich in besondere amtliche Verwahrung zu bringen. Im einzelnen hat er geltend gemacht: Es bestehe kein sachlicher Grund, vor einem Notar errichtete öffentliche Testamente - anders als Erbverträge (§ 34 Abs. 2 BeurkG) - ausnahmslos in amtliche Verwahrung zu bringen. Die Urkundenverwahrung beim Notar sei der beim Amtsgericht mindestens gleichwertig; durch den Zwang, das Testament zum Amtsgericht zu bringen und es dort registrieren zu lassen, werde das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Testierenden verletzt. Es sei im übrigen willkürlich, daß nur in Baden-Württemberg die amtliche Verwahrung den Notaren obliege.
Das Oberlandesgericht hat den Antrag des Notars zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde, die er im wesentlichen mit seinem bisherigen Vorbringen begründet.
II.
Das Rechtsmittel ist nach § 111 Abs. 4 BNotO in Verbindung mit § 42 Abs. 4 BRAO zulässig. Es hat aber keinen Erfolg.
1.
Die Anweisung des Antragsgegners, die beiden Testamente in amtliche Verwahrung zu geben, ist ein Verwaltungsakt im Sinne des § 111 Abs. 1 BNotO (vgl. Senatsbeschluß vom 10. August 1987 - NotZ 7/87 = BGHR BNotO § 111 II, 1 Fristablauf 1), durch den der Notar unmittelbar in seiner Rechtsstellung betroffen ist und den er deshalb mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung anfechten kann.
2.
Ohne Erfolg beruft sich der Antragsteller jedoch darauf, daß die Verfügung des Antragsgegners der rechtlichen Grundlage entbehre. Die vom Antragsgegner als Aufsichtsbehörde nach § 92 Abs. 1 BNotO im Rahmen seiner Verpflichtung zur Prüfung und Überwachung der Amtsführung der Notare (§ 93 Abs. 1 BNotO) erteilte Weisung ist rechtmäßig.
a)
Der Antragsgegner ist zutreffend davon ausgegangen, daß sich aus § 34 Abs. 1 Satz 4 BeurkG die Verpflichtung für den Notar ergibt, ein vor ihm errichtetes Testament unverzüglich in besondere amtliche Verwahrung zu bringen. Durch die gesetzliche Formulierung, daß dies geschehen "soll" wird lediglich, entsprechend dem üblichen Sprachgebrauch des Beurkundungsgesetzes, zum Ausdruck gebracht, daß die Erfüllung dieser Pflicht nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit des Testaments ist. Der Notar ist aufgrund dieser Vorschrift jedoch, ungeachtet einer anders lautenden Bestimmung des Testierenden, dienstlich verpflichtet, (in jedem Fall) die Verbringung des Testaments in amtliche Verwahrung zu veranlassen (Jansen, FGG 2. Aufl., § 34 BeurkG Rdn. 2; Keidel/Kuntze/Winkler, FG Teil B: BeurkG, 12. Aufl., § 34 Rdn. 7, 19, 20; Staudinger/Firsching, BGB 12. Aufl., § 34 BeurkG Rdn. 9, 17; vgl. auch BGH NJW 1959, 2113).
b)
Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 34 Abs. 1 Satz 4 BeurkG mit dem Grundgesetz bestehen nicht. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, daß die dem Amtsgericht nach § 2258 a BGB obliegende besondere amtliche Verwahrung ein größeres Maß an Sicherheit im Hinblick auf die Geheimhaltung des Testaments und den Schutz vor nachträglichen Einwirkungen bietet, und hat diese Verwahrung aus der allgemeinen Aktenverwahrung deutlich herausgehoben und formalisiert (Jansen, FGG 2. Aufl., § 34 BeurkG Rdn. 6; BGH NJW 1959, 2113 - zum früheren § 2256 BGB). Diese Regelung ist ebensowenig sachwidrig und willkürlich wie die auf sachlichen Unterschieden beruhende ungleiche Behandlung der Verwahrungspflicht von öffentlichen Testamenten und Erbverträgen in § 34 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 4 BeurkG, wie das Oberlandesgericht im einzelnen zutreffend dargelegt hat. Daß in Baden-Württemberg die amtliche Verwahrung von Testamenten teilweise durch Notare erfolgt, besagt weder, daß die Regelung des § 34 Abs. 1 Satz 4 BeurkG sachwidrig ist, noch ergibt sich dadurch eine Verletzung des Gleichheitssatzes. Denn insoweit handelt es sich um eine Sonderregelung, hinsichtlich der die Gesetzgebungskompetenz des Bundes durch Art. 138 GG eingeschränkt ist, und aus deren Aufrechterhaltung deshalb nichts gegen die Regelungen des Beurkundungsgesetzes hergeleitet werden kann.
c)
Die Verfügung des Antragsgegners beeinträchtigt auch nicht die Unabhängigkeit des Notars dadurch, daß sie ihm eine unzulässige Weisung für die Rechtsanwendung im Einzelfall erteilt. Dem Antragsteller ist durch Gesetz vorgeschrieben, die vor ihm errichteten Testamente in die besondere amtliche Verwahrung zu bringen. Die Mitwirkung des Notars bei der notariellen Beurkundung soll die Gefahr einer unrichtigen Rechtsgestaltung der Urkunde durch den normalerweise rechtsunkundigen Beteiligten ausschließen. Hierzu gehört auch ein Hinwirken des Notars, daß die Aufnahme von Erklärungen in die Urkunde unterbleibt, die dem klaren Wortlaut des geltenden Rechts widersprechen. Eine entgegenstehende Weisung der Urkundsbeteiligten entbindet den Notar generell nicht von dieser Pflicht. Für eine unabhängige Entscheidung des Notars ist in einem solchen Fall kein Raum (vgl. Seybold/Hornig, Bundesnotarordnung 5. Aufl., § 93 BNotO Rdn. 2; Schippel in DNotZ 1965, 595, 602).
3.
Die sofortige Beschwerde bleibt somit erfolglos und ist mit der Kostenfolge aus § 111 Abs. 4 BNotO, §§ 201, 202 BRAO, § 13 a FGG zurückzuweisen.
Unterschriften
Krohn
Gribbohm
Goydke
Schierholt
Beckhoff
Fundstellen
Haufe-Index 1456280 |
DNotZ 1990, 436 |