Verfahrensgang
LG Stuttgart (Entscheidung vom 21.06.2022; Aktenzeichen 17 KLs 211 Js 24436/22) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21. Juni 2022 wird als unbegründet verworfen; jedoch wird der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen schuldig ist.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt, seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet und einen Vorwegvollzug von einem Jahr und sechs Monaten bestimmt. Daneben hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 248.750 Euro angeordnet. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO unbegründete Rechtsmittel führt allein zu einer Änderung des Schuldspruchs.
Rz. 2
1. Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen erwarb der Angeklagte in allen sieben zur Aburteilung gelangten Fällen erhebliche Mengen an Marihuana oder Kokain, um dieses gewinnbringend zu verkaufen und sich eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einiger Dauer und einigem Umfang zu verschaffen. Die angekauften Betäubungsmittel verkaufte der Angeklagte in allen Fällen vollständig weiter. Das Landgericht hat diesen Sachverhalt jeweils als unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG bewertet.
Rz. 3
2. a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Begriff des Handeltreibens im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG weit auszulegen. Darunter fällt jede eigennützige, auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit, selbst wenn es sich nur um eine gelegentliche, einmalige oder auch nur vermittelnde Tätigkeit handelt (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 - GSSt 1/05, BGHSt 50, 252, 256, 262). Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob es zu Umsatzgeschäften tatsächlich gekommen ist (vgl. BGH, Urteile vom 15. April 1980 - 5 StR 135/80, BGHSt 29, 239, 240 und vom 20. Januar 1982 - 2 StR 593/81, BGHSt 30, 359, 361; Beschluss vom 8. Juni 2022 - 5 StR 168/22 Rn. 6). Schon das Führen ernsthafter Verkaufsverhandlungen reicht sowohl für den Verkäufer als auch für den Käufer grundsätzlich zur Annahme eines vollendeten Handeltreibens aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 17. Juni 2020 - 1 StR 110/20 Rn. 9 und vom 7. Juli 2006 - 2 StR 184/06 Rn. 5).
Rz. 4
b) Hieran gemessen hat der Angeklagte in sämtlichen im Urteil festgestellten Fällen Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge getrieben; mit dem An- und Weiterverkauf der Betäubungsmittel hat er alle denkbaren - und jeweils bereits für sich allein zur Tatbestandsverwirklichung ausreichenden - Handelsstufen verwirklicht. Der Senat ändert deshalb in analoger Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO den Schuldspruch wie aus der Beschlussformel ersichtlich ab.
Rz. 5
c) Das Verschlechterungsverbot des § 358 StPO hindert die Verschärfung des Schuldspruchs nicht (vgl. BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 8 f.; zur verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit s. BVerfG, Beschluss vom 1. März 2000 - 2 BvR 2049/99 Rn. 3).
Rz. 6
Auch § 265 StPO steht nicht entgegen, weil sich der Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
Jäger |
|
Fischer |
|
Wimmer |
|
Leplow |
|
Allgayer |
|
Fundstellen
Haufe-Index 15568062 |
NStZ-RR 2023, 114 |