Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1 wird der Beschluß des 6. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 11. März 1999 aufgehoben, soweit er gegen die Beklagte zu 1 gerichtet ist.
Die Entscheidung über die Kosten dieses Beschwerdeverfahrens wird dem Berufungsgericht übertragen.
Beschwerdewert: 30.000 DM.
Gründe
I.
Die Beklagte zu 1 wurde zusammen mit zwei weiteren Beklagten vom Landgericht Potsdam zur Zahlung von 30.000 DM an die Klägerin verurteilt. Grundlage dafür war eine Bürgschaft, die sie für Verbindlichkeiten der M. GmbH übernommen hatte. Mitgesellschafter und Geschäftsführer dieser GmbH waren der Ehemann der Beklagten zu 1 – der Beklagte zu 2 – und N. U., die sich ebenfalls verbürgt hatten. Beide wurden gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 1 verurteilt. Diese und ihr Ehemann waren durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt vertreten worden, während sich für den Beklagten zu 3 ein anderer Rechtsanwalt bestellt hatte.
Gegen das am 3. November 1998 zugestellte Versäumnis-Teilurteil und Schlußurteil des Landgerichts legte der am Oberlandesgericht zugelassene Rechtsanwalt B. am 27. November 1998 Berufung ein. Der Eingang der Berufungsschrift lautet:
„Berufung
1. der Frau I. P., …– Beklagte zu 1) und Berufungsklägerin zu 1) -
2. des Herr R. P., …– Beklagter zu 2) und Berufungskläger zu 2) -
Prozeßbev. 1. Instanz: RA B. P., …
Prozeßbev. 2. Instanz: RA B., …
M. S. …– Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozeßbev. 1. Instanz: …
Namens und in Vollmacht des Berufungsklägers lege ich hiermit
Berufung
gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom … ein.”
Nach entsprechender Fristverlängerung wurde die Berufung der Beklagten zu 1 am 25. Januar 1999 begründet und diejenige des Beklagten zu 2 zurückgenommen.
Durch den angefochtenen Beschluß hat das Oberlandesgericht die Berufung der Beklagten zu 1 als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, aus der Rechtsmittelschrift ergebe sich nicht hinreichend, daß auch die Beklagte zu 1 Berufung einlegen wollte. Maßgebliche Bedeutung komme der ausdrücklichen Erklärung zu, für wen Berufung eingelegt werde. Diese Erklärung nenne jedoch nur einen und nicht mehrere Berufungskläger, der zudem nach der sprachlichen Fassung männlich sei. Demgegenüber genüge die Nennung der Beklagten zu 1 im Vorspann der Berufungsschrift nicht, um Zweifel auszuräumen.
Gegen diesen ihr am 7. April 1999 zugestellten Beschluß hat die Beklagte am 16. April 1999 sofortige Beschwerde eingelegt.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 519 b Abs. 2, 2. Halbs. i.V.m. §§ 547, 577 ZPO zulässig. Sie ist auch begründet. Insbesondere steht § 518 Abs. 2 Nr. 2 ZPO der Zulässigkeit nicht entgegen. Diese Vorschrift ist zwar dahin auszulegen, daß die Berufung nur dann zulässig ist, wenn sie auch zweifelsfrei erkennen läßt, für wen das Rechtsmittel eingelegt wird (BGH, Beschl. v. 29. April 1982 - I ZB 2/82, VersR 1982, 769, 770; v. 10. Juli 1985 - IV a ZB 8/85, VersR 1985, 970, 971; v. 31. März 1992 - VI ZB 7/92, VersR 1992, 762 f; v. 16. Juli 1998 - VII ZB 7/98, MDR 1998, 1429 f; Urt. v. 13. Oktober 1998 - VI ZR 81/98, MDR 1999, 182 f). Können jedoch trotz unrichtiger Parteibezeichnung bei dem Berufungsgericht und dem Berufungsbeklagten keine vernünftigen Zweifel über die Person des Rechtsmittelklägers aufkommen, so ist die Berufung zulässig (BGH, Beschl. v. 22. September 1977 - VII ZB 5/77, VersR 1977, 1100; v. 7. November 1995 - VI ZB 12/95, NJW 1996, 320 f).
Im vorliegenden Falle bestehen bei verständiger Würdigung keine ernsthaften Zweifel daran, daß auch die Beklagte zu 1 Berufungsklägerin sein sollte. Anders als das Berufungsgericht meint, ist im vorliegenden Falle auch dem Vorspann der Berufungsschrift entscheidende Bedeutung beizumessen. Dieser ist nicht etwa nur aus dem angefochtenen Urteil übernommen. Danach war die Beklagte zu 1 zugleich als Berufungsklägerin zu 1 benannt; und der neu bestellte, zweitinstanzliche Prozeßbevollmächtigte hatte seine Vertretung räumlich sowohl der Beklagten zu 1 als auch dem Beklagten zu 2 zugeordnet. Unter dieser Voraussetzung sprach von vornherein alles dafür, daß die ausdrücklich erklärte Berufungseinlegung namens „des Berufungsklägers” sich nicht nur auf eine einzelne, männliche Person bezog, sondern auf die zuvor näher bezeichneten „berufungsführende(n) Partei(en)”. Derartige, zusammenfassende Bezeichnungen sind in manchen Teilen Deutschlands üblich und werden allgemein dahin verstanden, daß sie sich auf die im Vorspann namentlich bezeichneten Berufungsführer beziehen. Jede andere Auslegung wäre eine leere, gegen Art. 2 Abs. 1 GG verstoßende Förmlichkeit (vgl. hierzu BVerfGE 71, 202, 204 f; BVerfG NJW 1991, 3140).
In dieser Hinsicht unterscheidet sich die hier zu beurteilende Sachlage von dem Fall, über den der Bundesgerichtshof durch Beschluß vom 26. September 1988 (II ZB 6/88, BGHR ZPO § 518 Abs. 2 Parteibezeichnung 5) befunden hat. Dort war nur ein Streitgenosse als Berufungskläger bezeichnet, während der andere Streitgenosse gerade als Berufungsbeklagter benannt war. Auch in dem durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Juni 1992 (VIII ZR 203/91, BGHR ZPO § 518 Abs. 2 Parteibezeichnung 7) entschiedenen Fall war insgesamt – auch im Rubrum der Berufungsschrift – nur eine einzige Partei als „Beklagte/Berufungsklägerin” bezeichnet.
Da auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind, ist der angefochtene Beschluß aufzuheben. Das Oberlandesgericht wird nunmehr über die Begründetheit des Rechtsmittels befinden müssen.
Unterschriften
Paulusch, Kirchhof, Fischer, Zugehör, Ganter
Fundstellen
Haufe-Index 539227 |
NJW-RR 1999, 1587 |