Leitsatz (amtlich)
Satz 2 Nr. 1 des am 1. Mai 1993 in Kraft getretenen Gesetzes über eine Sozialklausel in Gebieten mit gefährdeter Wohnungsversorgung (Art. 14 des Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland vom 22. April 1993, BGBl. I S. 466, 487) in Verbindung mit der Verordnung über eine Sozialklausel in Gebieten mit gefährdeter Wohnungsversorgung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 18. Mai 1993 (HambGVBl. 1993 S. 98) ist auf Fälle anwendbar, bei denen an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum erstmals zwischen dem 1. August 1990 und dem 1. Mai 1993 veräußert worden ist.
Normenkette
InVorG § 16
Verfahrensgang
AG Hamburg |
LG Hamburg |
OLG Hamburg |
Tenor
Satz 2 Nr. 1 des am 1. Mai 1993 in Kraft getretenen Gesetzes über eine Sozialklausel in Gebieten mit gefährdeter Wohnungsversorgung (Art. 14 des Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland – Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz – vom 22. April 1993, BGBl. I S. 466, 487) in Verbindung mit der Verordnung über eine Sozialklausel in Gebieten mit gefährdeter Wohnungsversorgung – Sozialklauselverordnung – der Freien und Hansestadt Hamburg vom 18. Mai 1993 (HmbGVBl. 1993 S. 98) ist auf Fälle anwendbar, bei denen an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum erstmals zwischen dem 1. August 1990 und dem 1. Mai 1993 veräußert worden ist.
Gründe
I.
Die Klägerin ist Eigentümerin einer an die Beklagte vermieteten Eigentumswohnung. Den Mietvertrag schloß die Beklagte am 25. Februar 1986 mit K. -H. B. ab, der das Anwesen, in welchem sich die Wohnung befindet, im Jahr 1982 zusammen mit K. -D. B. erworben hatte. Durch Teilungserklärung vom 2. Februar/3. März 1983 war das Grundstück in Wohnungseigentum aufgeteilt worden. Am 25. Juni 1986 hoben die Eigentümer das Wohnungseigentum auf und verkauften das Grundstück an W., der als neuer Grundstückseigentümer im Grundbuch eingetragen wurde. Dieser teilte das Anwesen am 26. Juni 1991 erneut in Wohnungseigentum auf und verkaufte die Wohnungen einzeln weiter. Erwerber der von der Beklagten bewohnten Wohnung war zunächst die Firma V., …, die am 14. Januar 1992 als Eigentümerin im Wohnungsgrundbuch eingetragen wurde. Am 21. August 1991 veräußerte die Gesellschaft das Wohnungseigentum an die Klägerin, deren Eintragung als Wohnungseigentümerin am 14. April 1992 im Grundbuch erfolgte.
Mit Schreiben vom 5. Mai 1998 kündigte sie das Mietverhältnis gegenüber der Beklagten wegen Eigenbedarfs zum 30. April 1999. Die Beklagte hat den geltend gemachten Eigenbedarf bestritten. Sie hält die Kündigung für unwirksam, hat ihr widersprochen und begehrt die unbefristete Fortsetzung des Mietverhältnisses. Die daraufhin von der Klägerin erhobene Räumungsklage hat das Amtsgericht H. abgewiesen, weil die zehnjährige Kündigungssperrfrist nach Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes über eine Sozialklausel in Gebieten mit gefährdeter Wohnungsversorgung (Art. 14 des Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetzes vom 22. April 1993 – Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz –, BGBl. I S. 466, 487; im folgenden: Sozialklauselgesetz) in Verbindung mit der Verordnung über eine Sozialklausel in Gebieten mit gefährdeter Wohnungsversorgung – Sozialklauselverordnung – der Freien und Hansestadt Hamburg vom 18. Mai 1993 (HmbGVBl. 1993 S. 98; im folgenden: Sozialklauselverordnung) im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht abgelaufen gewesen sei.
Das auf die Berufung der Klägerin mit der Sache befaßte Landgericht H. möchte die Klage ebenfalls abweisen, weil die Sperrfrist nach Satz 2 Nr. 1 des Sozialklauselgesetzes durch alle nicht vor dem 1. August 1990 abgeschlossenen Erst-Erwerbsvorgänge von Wohnungseigentum in Lauf gesetzt werde, das nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter begründet worden sei und sich in einem durch Verordnung der Landesregierung bestimmten Gebiet mit Wohnraummangel befinde. Es hat deshalb durch Beschluß vom 18. Januar 2000 dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:
„Ist das am 1.5.1993 in Kraft getretene sogenannte Sozialklauselgesetz (Art. 14 des Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland vom 22.4.1993; BGBl. I S. 466, 487) in Verbindung mit der Sozialklauselverordnung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 18.5.1993 (HmbGVBl. 1993, S. 98) auf Erst-Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach dem 1. August 1990, aber vor dem 1. Mai 1993 abgeschlossen worden sind?”
Das Hanseatische Oberlandesgericht möchte im gleichen Sinne wie das Landgericht H. entscheiden, sieht sich hieran jedoch durch den Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Februar 1995 (WuM 1995, 262) gehindert. Nach jenem Rechtsentscheid findet die in Satz 2 Nr. 1 des Sozialklauselgesetzes bestimmte Frist, während deren Lauf die berechtigten Interessen des Vermieters im Sinne des § 564b Abs. 2 Nr. 2 und 3 BGB (Eigenbedarf und wirtschaftliche Verwertung) an der Beendigung des Mietverhältnisses nicht zu berücksichtigen sind, keine Anwendung, wenn die Veräußerung des nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter begründeten Wohnungseigentums vor dem 1. Mai 1993 stattgefunden hat.
Das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg hat deshalb mit Beschluß vom 3. Mai 2000 (WuM 2000, 350) dem Bundesgerichtshof folgende Frage zur Entscheidung vorgelegt:
„Ist Satz 2 Nr. 1 des am 1. Mai 1993 in Kraft getretenen Gesetzes über eine Sozialklausel in Gebieten mit gefährdeter Wohnungsversorgung (Art. 14 des Gesetzes zur Erleichterung von Investitionen und der Ausweisung und Bereitstellung von Wohnbauland vom 22. April 1993, BGBl. 1 S. 466, 487) in Verbindung mit der Sozialklauselverordnung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 18. Mai 1993 (HmbGVBl. 1993, S. 98) auf Fälle anwendbar, in denen das Wohnungseigentum nicht vor dem 1. August 1990, aber vor dem 1. Mai 1993 erstmals veräußert worden ist?”.
Zur Begründung hat es unter Bezugnahme auf seinen Rechtsentscheid vom 22. November 1996 (WuM 1997, 29) sowie unter Heranziehung der Rechtsentscheide des Kammergerichts vom 9. Mai 1996 (WuM 1996, 395) und des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Oktober 1997 (WuM 1997, 664) ausgeführt:
Das Sozialklauselgesetz enthalte keine Übergangsregelung. Der Anwendungsbereich des Gesetzes erfasse nach seinem Wortlaut, seiner Entstehungsgeschichte sowie seinem Sinn und Zweck auch bereits vor seinem Inkrafttreten verkaufte Eigentumswohnungen. Es sei nicht davon auszugehen, daß nach den Vorstellungen des Gesetzgebers das Sozialklauselgesetz nur auf nach dem 1. Mai 1993 abgeschlossene Veräußerungsverträge Anwendung finden sollte. Ein Problembewußtsein des Gesetzgebers zur Frage der (unechten) Rückwirkung habe bei der Formulierung des Gesetzes offenbar nicht bestanden. Das Sozialklauselgesetz enthalte aber hinsichtlich seines rückbezüglichen Tatbestandes eine verdeckte Regelungslücke. Die zehnjährige Kündigungssperrfrist in Satz 2 Nr. 1 des Gesetzes passe nicht, wenn das Wohnungseigentum aufgrund vor dem 1. August 1990 abgeschlossener Verträge veräußert worden sei. Durch Art. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtstellung des Mieters bei Begründung von Wohnungseigentum an vermieteten Wohnungen vom 20. Juli 1990 (BGBl. I S. 1456) seien diese Vorgänge von der mit diesem Gesetz angeordneten Verlängerung der Sperrfrist freigestellt worden. Ihre Unterwerfung unter eine durch das Sozialklauselgesetz später erneut verlängerte Sperrfrist würde eine partielle Rücknahme des einmal gewährten Vertrauensschutzes bedeuten. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden im übrigen gegen das Sozialklauselgesetz nicht. Das Vertrauen der Eigentümer, die ab dem 1. August 1990 eine in Wohnungseigentum umgewandelte Mietwohnung erworben hätten, auf den Fortbestand der damaligen gesetzlichen Regelung des Kündigungsrechts sei dagegen nicht schutzwürdiger als das Interesse an der Verbesserung der Rechtslage der von umwandlungsbedingter Kündigung bedrohten Mieter.
II.
Die Voraussetzungen für eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 541 Abs. 1 ZPO sind gegeben.
1. Die Vorlagefrage stellt sich in einem Rechtsstreit über den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum, den das Landgericht als Berufungsgericht zu entscheiden hat (§ 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
a) Daß das Oberlandesgericht die vorzulegende Rechtsfrage auf die zeitliche Erstreckung des Satzes 2 Nr. 1 des Sozialklauselgesetzes beschränkt, ist unschädlich. Es handelt sich lediglich um eine der Verdeutlichung dienende Präzisierung.
b) Die Frage ist – jedenfalls vom Rechtsstandpunkt des Landgerichts aus – erheblich.
Das Landgericht ist der Ansicht, das Sozialklauselgesetz in Verbindung mit der Hamburgischen Sozialklauselverordnung sei einschlägig, obwohl der Beklagten bei der Anmietung ein bereits vorher in Wohnungseigentum umgewandelter Wohnraum überlassen wurde. Es stützt sich dabei darauf, daß das Wohnungseigentum nach Überlassung aufgehoben und später erneut begründet wurde. Der erkennende Senat hat diese Rechtsauffassung zugrunde zu legen. Denn die Entscheidungserheblichkeit ist vom Rechtsstandpunkt des Landgerichts aus zu beurteilen (BGHZ 136, 314, 318; Musielak/Ball, ZPO, 2. Aufl., § 541 Rdnr. 20 m.w.Nachw.).
Das Wohnungseigentum ist in einem durch entsprechende Verordnung bestimmten Gebiet belegen. Wäre durch den Erwerb des nach der Überlassung der Wohnung an die Beklagte – erneut – begründeten Wohnungseigentums die zehnjährige Frist des Satzes 2 Nr. 1 des Sozialklauselgesetzes in Verbindung mit der Sozialklauselverordnung in Lauf gesetzt worden, hätte die Klage auf Räumung und Herausgabe keinen Erfolg. Denn die Zehn-Jahresfrist wäre auch jetzt noch nicht abgelaufen. Während des Laufs der Frist ist das Interesse der Klägerin an der Beendigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs nicht zu berücksichtigen.
c) Die Vorlage ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil eine Beweisaufnahme ergeben könnte, daß der behauptete Eigenbedarf nicht besteht oder eine umfassende Abwägung der im Einzelfall gegebenen beiderseitigen Interessen zu einer Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses führen könnte und es dann auf die Vorlagefrage nicht mehr ankäme. Das Landgericht ist zur Vorlage stets schon dann verpflichtet, wenn die Berufung, über die es zu entscheiden hat, auch nur bei einer der möglichen Antworten, die auf die Rechtsfrage gegeben werden könnte, ohne Beweisaufnahme zur Endentscheidung reif ist (BGHZ 126, 357, 360 m.w.Nachw.).
2. Mit der beabsichtigten Entscheidung würde das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg von dem erwähnten Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Mai 1995 (aaO) abweichen (§ 541 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Stuttgart ist Satz 2 Nr. 1 des Sozialklauselgesetzes nicht anwendbar, wenn das Wohnungseigentum vor dem 1. Mai 1993 veräußert wurde. Zwar wäre das Hanseatische Oberlandesgericht bei der Beurteilung des dem Oberlandesgericht Stuttgart unterbreiteten Sachverhalts nicht zu einem anderen Ergebnis gelangt; denn dem Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Stuttgart lag ein Wohnungserwerb aus der Zeit vor dem 1. August 1990 zugrunde. Zu Recht stellt das Hanseatische Oberlandesgericht jedoch bei der Frage der Zulässigkeit seiner Vorlage darauf ab, daß das Oberlandesgericht Stuttgart ausweislich des Tenors und der Begründung seiner Entscheidung eine Aussage für alle Erwerbsvorgänge vor dem 1. Mai 1993 getroffen hat. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat ausgeführt, ein Wille des Gesetzgebers, in den Anwendungsbereich des Gesetzes auch alle in den zurückliegenden zehn Jahren vor dessen Inkrafttreten erfolgte Veräußerungen einzubeziehen, sei nicht vorhanden gewesen. Der Zweck des Gesetzes beschränke sich darauf, den Kaufanreiz für künftige Erwerber vermieteter Eigentumswohnungen zu vermindern. Das vorlegende Oberlandesgericht geht daher zutreffend davon aus, daß die tragenden Gründe jenes Rechtsentscheids auch den hier zu beurteilenden Sachverhalt erfassen.
III.
Der Senat beantwortet die ihm vorgelegte Rechtsfrage wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich.
1. Nach Satz 2 Nr. 1 des Sozialklauselgesetzes in Verbindung mit einer entsprechenden Verordnung bleiben bei der erstmaligen Veräußerung von Wohnungseigentum an vermieten Wohnräumen, das nach der Überlassung an den Mieter begründet worden war, für die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters die in Absatz 2 Nr. 2 und 3 des § 564 b BGB genannten berechtigten Interessen bis zum Ablauf von zehn Jahren nach der Veräußerung unberücksichtigt. Angesichts des Fehlens einer Übergangsregelung ist umstritten, ob das Gesetz auf Veräußerungsvorgänge vor seinem Inkrafttreten (1. Mai 1993) Anwendung findet.
a) In Rechtsprechung und Schrifttum wird dies überwiegend bejaht. Dieses Ergebnis wird auf eine Auslegung des Gesetzes gestützt (LG Hamburg WuM 1994, 320; WuM 1996, 398; LG München I WuM 1994, 369; AG Hamburg WuM 1994, 25; AG Schöneberg GE 1994, 817; Beuermann GE 1993, 440, 448; Kohlenbach BuW 1993, 402; Börstinghaus/Meyer NJW 1993, 1353, 1356; Sternel, Mietrecht Aktuell, 3. Aufl., Rdnr. 151a; ders. ZMR 1995, 1, 4; Blank WuM 1994, 115, 116; Wiek WuM 1995, 376, 378; ders. WuM 1996, 461 und WuM 1997, 153, Emmerich/Sonnenschein, Miete, 7. Aufl., Anh. zu § 556a Rdnr. 18; Staudinger/Sonnenschein, BGB, Bearb. 1995, Anh. zu § 556a Rdnr. 46; MünchKomm/Voelskow, BGB, 3. Aufl., §§ 556a bis 556c Rdnr. 37 f).
Hierbei wird, in Übereinstimmung mit der in den Rechtsentscheiden des Kammergerichts vom 9. Mai 1996 (aaO), des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 22. November 1996 (WuM 1997, 29) und des Oberlandesgerichts Hamm vom 20. Oktober 1997 (WuM 1997, 664) geäußerten Auffassung, zum Teil die Meinung vertreten, der Regelungsbereich des Sozialklauselgesetzes sei auf den Zeitraum nach dem 1. August 1990 zu begrenzen, weil der Gesetzgeber durch die Übergangsregelungen in Art. 2 des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtstellung des Mieters bei Begründung von Wohnungseigentum an vermieteten Wohnungen vom 20. Juli 1990 (BGBl. I S. 1456) einen Vertrauensschutz für den Erwerber geschaffen habe (AG Schöneberg GE 1994, 1321; Gather DWW 1993, 155, 156; Schilling, Neues Mietrecht 1993, S. 108; ders. ZMR 1993, 441, 444; Franke DWW 1997, 63; Päch/Poll Rbeistand 1994, 40, 41 f.; Börstinghaus DWW 1998, 129, 130; Fischer-Dieskau/Pergande/Schwendner, Wohnungsbaurecht, BGB-Mietrecht, Anh. zu § 556a Anm. 8 unter 4; Schubart/Kohlenbach/Wienicke, Wohn- und Mietrecht, Stand März 1999, SozklG Anm. 6; Schmidt/Futterer/Blank, Mietrecht, 7. Aufl., § 564b BGB Rdnr. 155). Nach dieser Übergangsbestimmung finden die Vorschriften des genannten Gesetzes, durch das die bestehende Kündigungssperrfrist des § 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB von drei auf fünf Jahre verlängert und hinsichtlich des Kündigungsgrundes des § 564b Abs. 2 Nr. 3 BGB erstmals eine Sperrfrist eingeführt wurde, keine Anwendung, wenn der auf die Veräußerung des Wohnungseigentums gerichtete Vertrag vor dem Inkrafttreten des Gesetzes, dem 1. August 1990, abgeschlossen wurde.
b) Nach anderer Auffassung werden vor dem Inkrafttreten des Sozialklauselgesetzes liegende Veräußerungsvorgänge von seinem Regelungsbereich nicht erfaßt (Grapentin in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., IV Rdnr. 76a; Barthelmess, Wohnraumkündigungsschutzgesetz, Miethöhegesetz, 5. Aufl. 1995, § 564b BGB Rdnr. 88; im Ergebnis ebenso OLG Stuttgart, Beschl. v. 22. Februar 1995, aaO). Dabei geht Barthelmess (aaO) davon aus, daß Art. 2 des Gesetzes vom 20. Juli 1990 einen allgemeinen Grundsatz für belastende Kündigungssperrfristen enthalte. Grapentin (aaO) lehnt die Annahme einer Erstreckung des zeitlichen Geltungsbereichs des Gesetzes auf Veräußerungsvorgänge vor dessen Inkrafttreten mit der Begründung ab, die Erstreckung würde einen verfassungsrechtlich nicht haltbaren Eingriff in das Vertrauen des Erwerbers darstellen, über sein Eigentum nach Ablauf der zur Zeit des Erwerbs bestehenden Sperrfrist disponieren zu können; auch gingen die aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen vom Stand der Wohnungsversorgung zur Zeit ihres Erlasses aus.
c) Schließlich wird die Regelung von einem Teil des Schrifttums als verfassungswidrig angesehen, weil innerhalb der zehnjährigen Frist das berechtigte Interesse des Eigentümers an der Beendigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs nicht berücksichtigt werde und deshalb eine sinnvolle Lebensplanung nicht möglich sei (MünchKomm/Voelskow, BGB, 3. Aufl., §§ 556a bis 556c Rdnr. 37 b; Franke DWW 1993, 156, 158).
2. Der Senat ist in Übereinstimmung mit dem vorlegenden Gericht der Auffassung, daß Satz 2 Nr. 1 des Sozialklauselgesetzes in Verbindung mit einer aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung Anwendung findet, wenn die Veräußerung von vermieteten Wohnräumen, an denen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet wurde, zwischen dem 1. August 1990 und dem 1. Mai 1993 erfolgt ist.
a) Nach dem Wortlaut der Vorschrift werden auch die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zustande gekommenen Mietverhältnisse erfaßt. Der Wortlaut knüpft an die Veräußerung des an der Mietwohnung begründeten Wohnungseigentums und nicht an den Beginn des Mietverhältnisses an. Sinn und Zweck der Norm bestätigen dies. Der von umwandlungsbedingter Kündigung bedrohte Mieter soll geschützt werden. Die Verbesserung seiner Rechtstellung kann nur erreicht werden, wenn das Sozialklauselgesetz nicht nur künftige, sondern auch bereits bestehende Mietverhältnisse ergreift.
b) Der Senat teilt ferner die herrschende Meinung, daß Satz 2 Nr. 1 des Sozialklauselgesetzes auch für die vor seinem Inkrafttreten erfolgte Veräußerung von Wohnungseigentum gilt, das an Räumen nach der Überlassung an den Mieter begründet worden war. Entgegen der in dem Rechtsentscheid des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 22. Februar 1995 (aaO) geäußerten Auffassung läßt sich dem Sozialklauselgesetz nicht entnehmen, daß (nur) der Kaufanreiz für künftige Erwerber vermieteter Eigentumswohnungen vermindert werden soll, also vor dem 1. Mai 1993 erfolgte Veräußerungen von umgewandeltem Wohnungseigentum von der Vorschrift unberührt bleiben sollen. Aus dem Wortlaut des Sozialklauselgesetzes ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine Beschränkung des zeitlichen Anwendungsbereichs.
c) Das Fehlen einer Übergangsregelung führt nicht zu dem Ergebnis, daß der Regelungsbereich des Satzes 2 Nr. 1 Sozialklauselgesetz auf Veräußerungsfälle ab dem Inkrafttreten der Vorschrift beschränkt ist. Die Frage, ob ein Gesetz seine Rechtsfolgen auf bereits bestehende Sachverhalte ausdehnt, ist mangels einer Vorschrift, die deren inhaltliche Anwendung in zeitlicher Hinsicht bestimmt, durch Auslegung zu ermitteln. Maßgebend für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Bestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt (BGHZ 46, 74, 76).
Bei Heranziehung der Übergangsregelung des knapp drei Jahre zuvor erlassenen Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung des Mieters bei Begründung von Wohnungseigentum an vermieteten Wohnungen vom 20. Juli 1990 (BGBl. I S. 1456) läßt sich nicht der Schluß ziehen, Satz 2 Nr. 1 Sozialklauselgesetz unterliege einer entsprechenden zeitlichen Beschränkung seines Geltungsbereichs auf die Zeit nach seinem Inkrafttreten (so aber Barthelmess aaO). Allerdings ist in jenem Gesetz ausdrücklich bestimmt, daß die Neuregelungen, die eine Verlängerung der Kündigungssperrfrist von drei auf fünf Jahre (§ 564b Abs. 2 Nr. 2 BGB) bzw. die erstmalige Einführung einer Sperrfrist (§ 564b Abs. 2 Nr. 3 BGB) anordnen, keine Anwendung finden, wenn der auf die Veräußerung des Wohnungseigentums gerichtete Vertrag vor dem Inkrafttreten des Gesetzes abgeschlossen worden ist. Eine solche Übergangsregelung ist in dem Sozialklauselgesetz jedoch nicht enthalten. Dies spricht dafür, daß der Gesetzgeber eine den Bestimmungen des Gesetzes vom 20. Juli 1990 vergleichbare zeitliche Begrenzung nicht vornehmen wollte. Beide Regelungswerke beruhen zudem auf einer unterschiedlichen Ausgangsbasis. Das Gesetz vom 20. Juli 1990 zeitigte nicht den gewünschten Erfolg. Der Bundesrat hielt zusätzliche Vorkehrungen für erforderlich (vgl. auch BT-Drucks. 12/2605 S. 11, 21), um den Bestand an Mietwohnungen an den Brennpunkten des Bedarfs weiter vor unvertretbaren Verlusten zu bewahren (vgl. Börstinghaus/Meyer, NJW 1993, 1353, 1354) und damit den von umwandlungsbedingter Kündigung bedrohten Mieter zu schützen. Hinzu kam, daß bereits ab Mitte des Jahres 1992, also nach Inkrafttreten des Gesetzes vom 20. Juli 1990, die Anträge auf Umwandlung von Mietwohnungen in Wohnungseigentum erheblich gestiegen waren. Denn mit dem Beschluß des Gemeinsamen Senates der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 30. Juni 1992 (BGHZ 119, 42) war klargestellt, daß den Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt nach geltendem Recht nicht durch eine bauordnungsrechtliche Verschärfung der Anforderungen an die für die Begründung von Wohnungseigentum erforderliche Abgeschlossenheitsbescheinigung (§ 7 Abs. 4 Nr. 2 i.V.m. § 3 Abs. 2 WEG) begegnet werden kann. Deshalb sollte nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr auf anderem Wege das mietpolitische Ziel erreicht werden, der Verdrängung von Mietern, zumal aus zahlungsschwächeren Bevölkerungskreisen, durch „Luxussanierungen” der Mietwohnungen nebst anschließender Umwandlung in Wohnungseigentum und Veräußerung an finanzkräftige Interessenten entgegenzuwirken, die ihrerseits Eigenbedarf geltend machen könnten. Auch aus diesem Grunde liegt es näher, im Umkehrschluß wegen der im Sozialklauselgesetz – im Gegensatz zum Gesetz vom 20. Juli 1990 – fehlenden Übergangsregelung eine rückwirkende Geltung anzunehmen.
d) Auch aus dem weiteren Gang des Gesetzgebungsverfahrens läßt sich eine Beschränkung des zeitlichen Geltungsbereichs auf Veräußerungsfälle ab dem 1. Mai 1993 nicht herleiten. Der Vorschlag des Bundesrates, durch ein im wesentlichen in die Zukunft gerichtetes öffentlich-rechtliches Verbot der Umwandlung von Mietwohnungen in Wohnungseigentum mit Erlaubnisvorbehalt den Schutz des von umwandlungsbedingter Kündigung bedrohten Mieters in Ballungsräumen sicherzustellen (BR-Drucks. 665/92; BR-Drucks. 82/93), ist nicht verwirklicht worden. Das Sozialklauselgesetz geht vielmehr auf die Beschlußempfehlung des Bauausschusses des Bundestages vom 10. Februar 1993 über ein „Gesetz über eine Sozialklausel in Gebieten mit gefährdeter Wohnungsversorgung” (BT-Drucks. 12/4317 S. 56) zurück. Nach dieser Empfehlung sollte der Mieterschutz dadurch verwirklicht werden, daß in Ergänzung zur Sozialklausel des § 556a BGB die Widerspruchsmöglichkeit des Mieters gegen eine Kündigung erweitert wird. Die Regelung sollte dem Bericht des Ausschusses zufolge auch dann gelten, wenn das Wohnungseigentum bereits vor dem Inkrafttreten des geplanten Gesetzes veräußert worden war (BT-Drucks. 12/4340 S. 20). Der Bundesrat hat das vom Bundestag geschaffene Regelungswerk als unzureichend kritisiert und durch Beschluß vom 5. März 1993 den Vermittlungsausschuß angerufen (BR-Drucks. 82/93). Zur Begründung wurde angeführt, die Erweiterung der Widerspruchsmöglichkeit des Mieters sei nicht geeignet, einen effektiven Mieterschutz zu erreichen, weil der Mieter zunächst der weiter zulässigen Kündigung ausgesetzt werde. Ein wirklicher Mieterschutz müsse bereits das Kündigungsrecht des Vermieters beschneiden, was durch eine Einschränkung der Umwandlung nach der geänderten Rechtsprechung zur Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung erreicht werde (BT-Drucks. 82/93 S. 6 f.). Der Vermittlungsausschuß ist dem vom Bundesrat befürworteten Weg, Beschränkung der Umwandlung durch Einführung eines Genehmigungsverfahrens, nicht gefolgt. Er hat vielmehr den zivilrechtlichen Ansatz des Bundestags aufgegriffen und nach den Ausführungen des Berichterstatters des Vermittlungsausschusses im Bundestag als Kompromiß ein „erheblich verschärftes Mieterschutzmodell” zur Beschlußfassung, wie es in dem am 1. Mai 1993 in Kraft getretenen Sozialklauselgesetz seinen Niederschlag gefunden hat, empfohlen (BT-Drucks. 12/4614 S. 5).
e) Soweit sich das Oberlandesgericht Stuttgart (aaO; ebenso Grapentin aaO) für die Auffassung, Satz 2 Nr. 1 Sozialklauselgesetz erfasse nur Erwerbsvorgänge ab dem 1. Mai 1993, auf die Äußerung des Abgeordneten Freiherr von Stetten bei der Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses bezieht (abgedruckt bei Schilling ZMR 1993, 441, 444), kommt es darauf nicht an. Die Auffassung eines einzelnen Abgeordneten läßt keine Rückschlüsse auf den Willen des Gesetzgebers zu.
f) Eine Beschränkung des zeitlichen Geltungsbereichs des Sozialklauselgesetzes auf Veräußerungsfälle ab dem 1. Mai 1993 ist auch nicht dem Umstand zu entnehmen, daß die aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen von dem Stand der Wohnungsversorgung zur Zeit ihres Erlasses ausgehen. Die Landesregierungen sind zur Festlegung der Gebiete ermächtigt, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist. Die hieran anknüpfenden Rechtsfolgen werden vom Gesetz und nicht von der Verordnung bestimmt. Eine Ermächtigung zur Regelung auch des zeitlichen Geltungsbereichs des Gesetzes ist nicht erteilt. Damit hat sich der Gesetzgeber den Weg vorbehalten, wie in dem durch die Landesregierungen bestimmten Gebieten dem bereits eingetretenen Mißstand der besonderen Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen zu begegnen ist.
3. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegen die Anwendung des Sozialklauselgesetzes auf Veräußerungsfälle vor seinem Inkrafttreten nicht.
a) Unverhältnismäßige Belastungen werden dem Wohnungseigentümer durch die Einschränkung seiner Kündigungsmöglichkeiten auf die Dauer von zehn Jahren als solche nicht auferlegt. Zur Substanz des Eigentums gehört allerdings die Freiheit, den Eigentumsgegenstand selbst zu nutzen (BVerfGE 79, 292, 304). Diese Befugnis verliert der Erwerber eines nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter begründeten Wohnungseigentums auch dann nicht endgültig, wenn Satz 2 Nr. 1 des Sozialklauselgesetzes einschlägig ist. Der Zweck des Sozialklauselgesetzes ist es aber in den Brennpunkten des Bedarfs der Verdrängung von Mietern aus ihrer gewohnten Umgebung zu begegnen, zumal von Mietern aus zahlungsschwächeren Bevölkerungskreisen. Angesichts der Entwicklung der Mietpreise würde es für diese Mieter immer schwieriger werden, sich selbst angemessen am Markt zu versorgen, wenn nach „Luxussanierungen” Mietwohnungen in Wohnungseigentum umgewandelt und an finanzkräftige Interessenten veräußert würden, die ihrerseits Eigenbedarf geltend machen könnten. Dieses Ziel erlaubt es, die Freiheit, den Eigentumsgegenstand selbst zu nutzen, über die bereits gesetzlich normierten Einschränkungen hinaus zu beschränken. Der Wille des Vermieters, sein Wohnungseigentum selbst zu nutzen, wird nicht auf Dauer unberücksichtigt gelassen, sondern einer, wenn auch längerfristigen zeitlichen Beschränkung unterworfen. Je stärker aber ein Eigentumsobjekt soziale Funktionen erfüllt, desto größere Einschränkungen seiner Befugnisse muß der Eigentümer hinnehmen (BVerfGE 79, 292, 302). Diesem Grundsatz kommt insbesondere im Wohnraummietrecht erhebliche Bedeutung zu.
b) Auch die Rückwirkung des Satzes 2 Nr. 1 Sozialklauselgesetz auf vor seinem Inkrafttreten abgeschlossene Veräußerungsvorgänge hält im Grundsatz den verfassungsrechtlichen Anforderungen stand. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt ausgesprochen, eine wesentliche Funktion der Eigentumsgarantie sei es, dem Bürger Rechtssicherheit hinsichtlich der durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützten Güter zu gewährleisten und das Vertrauen auf das durch die verfassungsmäßigen Gesetze ausgeformte Eigentum zu schützen. Insoweit hat der rechtsstaatliche Grundsatz des Vertrauensschutzes für die vermögenswerten Güter im Eigentumsrecht eine eigene Ausprägung erfahren. Die Eigentumsgarantie erfüllt daher für die geschützte Rechtsposition die Funktion eines Vertrauensschutzes gegenüber Eingriffsakten (vgl. BVerfGE 45, 142, 168; 53, 257, 309; 76, 220, 244). Danach sind belastende Gesetze, die in der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingreifen, regelmäßig verfassungswidrig (vgl. auch BGHZ 100, 1, 6 m.w.Nachw.). Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor.
Zwar knüpft Satz 2 Nr. 1 Sozialklauselgesetz an den in der Vergangenheit liegenden Erwerb des nach der Überlassung der Wohnung an den Mieter begründeten Wohnungseigentums an. Doch regelt die Vorschrift für ein laufendes Vertragsverhältnis die besonderen Voraussetzungen, unter denen bestimmte berechtigte Interessen (§ 564b Abs. 2 Nr. 2 und 3 BGB) des in das Mietverhältnis eingetretenen Erwerbers bei künftiger Beendigung dieses Vertragsverhältnisses unberücksichtigt bleiben. Hierin ist eine nur unechte Rückwirkung im Sinne herkömmlicher Terminologie zu sehen, weil nicht nachträglich ändernd in schon abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Sachverhalte eingegriffen wird (vgl. auch BayObLGZ 1995, 131; kritisch dazu Baden ZG 1995, 186, 190). Eine unechte Rückwirkung ist allerdings nicht immer, sondern nur grundsätzlich zulässig. Wie das Oberlandesgericht zutreffend darlegt, kann die Rückbeziehung eines gesetzlichen Tatbestandes ausnahmsweise unzulässig sein, wenn die Betroffenen bei ihren Dispositionen mit dem späteren Eingriff nicht zu rechnen brauchten („Vertrauensinvestition”) und eine Abwägung zwischen dem Ausmaß des durch die Gesetzesänderung verursachten Vertrauensschadens und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl ergibt, daß das Vertrauen schutzwürdiger ist (BVerfGE 75, 246, 280). Derart überwiegende Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes sind nicht gegeben. Die Erwartung des Erwerbers, die zum Zeitpunkt des Erwerbs bestehenden Einschränkungen der Verfügungsbefugnis über Wohneigentum an vermieteten Wohnräumen, das nach der Überlassung an den Mieter begründet wurde, würden jedenfalls im großen und ganzen unverändert bleiben, ist abzuwägen gegen das durch die Beschränkung seiner Kündigungsmöglichkeiten verfolgte sozialpolitische Ziel, die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen zu gewährleisten. Bei dieser Güterabwägung ist dem Anliegen des Mieterschutzes wegen seiner überragenden Bedeutung für das allgemeine Wohl grundsätzlich der Vorzug zu geben.
c) Ob der Wortlaut des Gesetzes die verfassungsrechtlichen Grenzen deshalb überschreitet, weil auch Veräußerungsvorgänge vor dem 1. August 1990 erfaßt werden (vgl. Hanseatisches Oberlandesgericht, Rechtsentscheid vom 22. November 1996, WuM 1997, 29), bedarf keiner Entscheidung durch den Senat. Es kann dahinstehen, ob durch Art. 2 des Gesetzes vom 20. Juli 1990 ein Vertrauenstatbestand für den Vermieter geschaffen wurde, seine Verfügungsbefugnis werde nicht nachträglich weiteren Beschränkungen ausgesetzt, sofern das Wohnungseigentum vor dem 1. August 1990 erworben wurde. Nach der Rechtsprechung darf eine Norm nicht als verfassungswidrig erachtet werden, solange sie verfassungskonform ausgelegt werden kann und in dieser Auslegung sinnvoll bleibt (BVerfGE 90, 263, 265, 275). Eine verfassungskonform einschränkende Auslegung des Satzes 2 Nr. 1 Sozialklauselgesetz in dem Sinne, daß die in ihm enthaltene Beschränkung der Verfügungsbefugnis des Wohnungseigentümers keine Anwendung findet, wenn der auf die Veräußerung des Wohnungseigentums gerichtete Vertrag vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 20. Juli 1990 geschlossen wurde, ist möglich (vgl. OLG Hamm, Rechtsentscheid vom 20. Oktober 1997, WuM 1997, 664) und daher gegebenenfalls vorzunehmen.
Unterschriften
Dr. Deppert, Dr. Hübsch, Ball, Wiechers, Dr. Wolst
Fundstellen
BGHZ |
BGHZ, 49 |
NJW 2001, 1421 |
NZM 2001, 188 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2001, 1253 |
ZAP 2001, 489 |
ZMR 2001, 334 |
ZfIR 2001, 385 |
WuM 2001, 74 |
ZWE 2001, 258 |