Leitsatz (amtlich)
Bei der Beurteilung der Frage, ob der Unternehmer zu Recht den Einwand des unverhältnismäßig hohen Mängelbeseitigungsaufwands erhoben hat, ist der Grad des Verschuldens des Unternehmers an der Entstehung des Mangels in die Gesamtabwägung einzubeziehen.
Allein der Umstand, dass der Unternehmer den Mangel vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, rechtfertigt ohne eine solche Gesamtabwägung nicht, dem Unternehmer diesen Einwand zu verweigern.
Normenkette
BGB § 633 Abs. 2 S. 2 a.F.
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 12. Zivilsenats des OLG Koblenz vom 3.9.2007 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Gegenstandswert: 33.119,38 EUR
Gründe
[1] Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts, § 543 Abs. 2 ZPO.
[2] Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob der Unternehmer die Mängelbeseitigung wegen Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigungskosten verweigern darf, wenn er einen Mangel vorsätzlich herbeigeführt hat, ist durch die Rechtsprechung des BGH geklärt.
[3] Nach dem anwendbaren § 633 Abs. 2 BGB a.F. ist ein Unternehmer berechtigt, die Beseitigung eines Mangels zu verweigern, wenn sie einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Ein unverhältnismäßiger Aufwand ist anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers an einer mangelfreien Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenübersteht. Hat der Besteller objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages, kann ihm der Unternehmer regelmäßig die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Mängelbeseitigung nicht verweigern. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Von Bedeutung ist auch, ob und in welchem Ausmaß der Unternehmer den Mangel verschuldet hat (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, Urt. v. 10.4.2008 - VII ZR 214/06, BauR 2008, 1140 = NZBau 2008, 575 = ZfBR 2008, 476 m.w.N.; Urt. v. 10.11.2005 - VII ZR 64/04, BauR 2006, 377 [378]).
[4] In der Rechtsprechung des BGH ist abweichend von einigen Entscheidungen der OLG (OLG Düsseldorf, BauR 2001, 1922; BauR 1987, 572; OLG Hamburg, MDR 1974, 489) der Grad des Verschuldens des Unternehmers an der Entstehung des Mangels stets als Umstand gewertet worden, der in die Gesamtabwägung eingeht (BGH, Urt. v. 23.2.1995 - VII ZR 235/93, BauR 1995, 540 = ZfBR 1995, 197, m.w.N.; Urt. v. 10.4.2008 - VII ZR 214/06, a.a.O.; Urt. v. 10.11.2005 - VII ZR 64/04, a.a.O., jeweils m.w.N.). Daraus folgt ohne Weiteres, dass nach der Rechtsprechung des BGH aus dem Grad des Verschuldens allein nicht der Schluss gezogen werden kann, der Unternehmer dürfe sich nicht auf die Unverhältnismäßigkeit des Aufwands für die Mängelbeseitigung berufen. Es ist eine Gesamtabwägung notwendig, bei der der Grad des Verschuldens entscheidend ins Gewicht fallen kann (vgl. BGH, Urt. v. 10.4.2008 - VII ZR 214/06, a.a.O.), die es im Einzelfall jedoch auch erlaubt, dem Unternehmer die Berufung auf die Unverhältnismäßigkeit des Aufwandes selbst dann zu gestatten, wenn er den Mangel vorsätzlich herbeigeführt hat.
[5] Diese Rechtsprechung wird von der Literatur weitgehend gebilligt (Messerschmidt/Voit-Moufang, § 635 Rz. 112 m.w.N.; Staudinger/Peters/Jacoby (2008), § 635 Rz. 13; Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 6. Teil Rz. 41; PWW/Leupertz, 3. Aufl., § 635 Rz. 8; Kuffer/Wirth-Drossart, Handbuch des Fachanwalts Bau- und Architektenrecht, S. 425; Kleine-Möller/Merl, Handbuch des privaten Baurechts, 3. Aufl., § 12 Rz. 418; Bamberger/Roth/Voit BGB, 2. Aufl. 2008, § 635 Rz. 14; Englert/Motzke/Wirth-Fuchs, Komm. zum BGBBauvertragsrecht 2007, § 635 Rz. 22). Die teilweise abweichende Auffassung in der Literatur, der Unternehmer verliere das Recht aus § 633 Abs. 2 BGB schon deshalb, weil er den Mangel grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt habe (Mandelkow, BauR 1996, 656 [658]; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl., Rz. 1576; Wirth in Ingenstau/Korbion, 16. Aufl. 2007, VOB/B § 13 Nr. 6 Rz. 48), gibt dem Senat keinen Anlass, von seiner Rechtsprechung abzuweichen.
[6] Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO).
Fundstellen
NJW 2009, 2123 |
BGHR 2009, 773 |
BauR 2009, 1151 |
DWW 2009, 267 |
EBE/BGH 2009, 176 |
IBR 2009, 319 |
JurBüro 2009, 501 |
NZM 2009, 490 |
ZAP 2009, 1141 |
ZAP 2009, 666 |
MDR 2009, 798 |
VersR 2009, 1089 |
ZfBR 2009, 562 |
BauSV 2009, 73 |
NJW-Spezial 2009, 364 |
NZBau 2009, 441 |
BBB 2009, 44 |
BBB 2009, 49 |