Entscheidungsstichwort (Thema)
Kopfzahl der Gläubiger für Regel-Mindestvergütung des Insolvenzverwalters maßgebend
Leitsatz (amtlich)
Die Regel-Mindestvergütung des Insolvenzverwalters richtet sich nach der Kopfzahl der Gläubiger, nicht nach der Zahl der angemeldeten Forderungen.
Normenkette
InsVV § 2 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Chemnitz (Beschluss vom 19.02.2010; Aktenzeichen 3 T 699/09) |
AG Chemnitz (Entscheidung vom 20.08.2009; Aktenzeichen 1219 IN 2245/08) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Chemnitz vom 19.2.2010 wird auf Kosten des weiteren Beteiligten als unzulässig verworfen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 206,17 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Rz. 1
Der weitere Beteiligte ist Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, in dem 15 Gläubiger insgesamt 18 Forderungen angemeldet haben. Er hat beantragt, seine Vergütung auf 1.846,17 EUR festzusetzen (1.300 EUR Mindestvergütung, 195 EUR Auslagenpauschale, Umsatzsteuer, Zustellungspauschale). Das Insolvenzgericht hat die Vergütung auf 1.640,89 EUR festgesetzt. Die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten ist erfolglos geblieben. Mit seiner Rechtsbeschwerde will dieser weiterhin die antragsgemäße Festsetzung der Vergütung erreichen.
II.
Rz. 2
Die Rechtsbeschwerde ist nach §§ 64 Abs. 3, 6, 7 InsO, § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist jedoch unzulässig. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§ 574 Abs. 2 ZPO).
Rz. 3
Die Rechtsbeschwerde beruft sich auf den Zulässigkeitsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Klärungsbedürftig sei die Auslegung des Begriffs "Gläubiger" in § 2 Abs. 2 InsVV, der personen- oder forderungsbezogen ausgelegt werden könne. Richtigerweise sei er forderungsbezogen zu verstehen. Zwischen einem Insolvenzgläubiger und dem Insolvenzschuldner könnten mehrere voneinander unabhängige Schuldverhältnisse bestehen, die unabhängig voneinander zu beurteilen seien. Der Aufwand des Verwalters, den die Vergütung abdecken solle, werde daher eher von der Anzahl der Forderungen geprägt. In der Insolvenzordnung - etwa in den §§ 77, 237, 244 InsO - werde der Begriff "Gläubiger" durchweg forderungsbezogen verstanden.
Rz. 4
Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig. Die Antwort ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 InsVV. Die Regel-Mindestvergütung fällt an, wenn nicht mehr als 10 Gläubiger ihre Forderungen angemeldet haben; von 11 bis 30 Gläubigern erhöht sich die Vergütung für je angefangene 5 Gläubiger um 150 EUR; ab 31 Gläubiger erhöht sich die Vergütung je angefangene 5 Gläubiger um 100 EUR. Hätte der Verordnungsgeber die Erhöhung der Regel-Mindestvergütung an die Zahl der angemeldeten Forderungen knüpfen wollen, hätte er die Vorschrift des § 2 Abs. 2 InsVV entsprechend formuliert. Die nicht amtlich veröffentlichte Begründung der Verordnung zur Änderung der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung vom 4.10.2004 (abgedruckt z.B. ZIP 2004, 1927 ff.; vgl. auch Wimmer, ZInsO 2004, 1006 [1009]) bestätigt diesen Befund. Der Verordnungsgeber hat ausdrücklich eine anhand der Zahl der Gläubiger gestaffelte Vergütung vorgesehen, weil er im Anschluss an ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten auf der Grundlage rechtstatsächlicher Untersuchungen zu dem Schluss gekommen war, dass diese Zahl - nicht: die Zahl der angemeldeten Forderungen - einen ungefähren Maßstab für die Belastung des Verwalters im Verfahren bildet.
Rz. 5
Dass trotz des klaren Wortlauts der Vorschrift Unklarheit über die Auslegung von § 2 Abs. 2 InsVV bestünde und es zu divergierenden Entscheidungen der Instanzgerichte gekommen wäre, legt die Rechtsbeschwerde nicht dar. Sie weist lediglich eine einzige Kommentarstelle nach, in welcher in einem Halbsatz ohne jede Begründung, ohne Auseinandersetzung mit dem Wortlaut der Vorschrift und ohne Hinweis auf gegenteilige Literaturstimmen (vgl. etwa Graf-Schlicker/Kalkmann, InsO, 2. Aufl., § 2 InsVV Rz. 15; HK-InsO/Keller, InsO, 5. Aufl., § 2 InsVV Rz. 21) die Ansicht vertreten wird, es komme im eröffneten Verfahren (anders als im Eröffnungsverfahren, wo auch nach dieser Kommentierung die Zahl der Gläubiger maßgebend sein soll) auf die angemeldeten Forderungen an (Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV 4. Aufl., § 2 Rz. 50). Soweit von anderer Seite eingewandt wird, die Arbeitsbelastung des Verwalters stehe gerade nicht in einer signifikanten Relation zu der Zahl der Gläubiger (AG Hamburg NZI 2005, 234 [236]; HmbKomm-InsO/Büttner, 3. Aufl., § 2 InsVV Rz. 17 f.), hat der Senat hierzu bereits Stellung genommen (vgl. BGH, Beschl. v. 13.3.2008 - IX ZB 63/05, ZIP 2008, 976 Rz. 19). Der Verordnungsgeber hätte die Forderungsanmeldungen zum Maßstab nehmen können, hat dies aber nicht getan.
III.
Rz. 6
Von einer weiteren Begründung wird gem. § 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 2598288 |
BB 2011, 193 |