Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendung des Gerichtskostengesetzes auf Streitwertbeschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

Nach der Übergangsvorschrift des § 72 Nr. 1 Halbs. 1 GKG in der Fassung vom 5.5.2004 ist auf eine Streitwertbeschwerde in einem vor dem 1.7.2004 anhängig gewordenen Rechtsstreit das Gerichtskostengesetz in der bis zum 30.6.2004 geltenden Fassung auch dann weiter anzuwenden, wenn die Beschwerde nach dem 30.6.2004 eingelegt wurde. Die Ausnahme des § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG gilt nur für Rechtsmittel in der Hauptsache, nicht auch für die im Gerichtskostengesetz geregelten Rechtsbehelfe gegen die Streitwertfestsetzung oder den Kostenansatz.

 

Normenkette

GKG § 72 Nr. 1 Hs. 2 i.d.F. v. 5.5.2004

 

Verfahrensgang

Thüringer OLG (Beschluss vom 07.11.2005; Aktenzeichen 1 WF 133/04)

AG Artern (Entscheidung vom 01.03.2004; Aktenzeichen 5 F 21/02)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Familiensenats des OLG Jena vom 7.11.2005 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.

Beschwerdewert: 2.226 EUR

 

Gründe

[1]I.

Die Antragsgegnerin hat im Scheidungsverbundverfahren beantragt, den Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr in Begleitung dritter Personen Zutritt zu dem im Miteigentum der Parteien stehenden Grundstück zu gewähren. Nach mündlicher Verhandlung hat das FamG dem Antrag stattgegeben und den Streitwert für das einstweilige Anordnungsverfahren auf 12.500 EUR festgesetzt.

[2]Gegen die Streitwertfestsetzung hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt, mit der er eine Herabsetzung des Streitwertes auf 836,25 EUR erstrebt hat. Das OLG hat die Beschwerde verworfen. Dagegen richtet sich die - zugelassene - Rechtsbeschwerde des Antragstellers.

[3]II.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft.

[4]Nach der Übergangsvorschrift des § 72 Nr. 1 Halbs. 1 GKG in der Fassung vom 5.5.2004 sind auf eine Streitwertbeschwerde in einem vor dem 1.7.2004 anhängig gewordenen Rechtsstreit das Gerichtskostengesetz in der Fassung vom 15.12.1975 und Verweisungen hierauf auch dann weiter anzuwenden, wenn die Beschwerde nach dem 30.6.2004 eingelegt wurde. Die Ausnahme des § 72 Nr. 1 Halbs. 2 GKG gilt nur für Rechtsmittel in der Hauptsache, nicht auch für die im Gerichtskostengesetz geregelten Rechtsbehelfe gegen die Streitwertfestsetzung oder den Kostenansatz (VGH Bay. NVwZ-RR 2006, 150 f.; VGH Bay. FamRZ 2006, 634). Soweit sich diese Ausnahme nach dem Wortlaut der Vorschrift auf "nach dem 1.7.2004" (statt: nach dem 30.6.2004) eingelegte Rechtsmittel bezieht, dürfte es sich um ein Redaktionsversehen handeln.

[5]Da das vorliegende Verfahren vor dem 1.7.2004 anhängig gemacht wurde, ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde § 25 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 3 GKG in der bis zum 30.6.2004 geltenden Fassung anzuwenden. Danach findet gegen eine Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof nicht statt; mit Fragen der Streitwertfestsetzung der Instanzgerichte soll der BGH in keinem Fall befasst werden (BGH Beschl. v. 21.10.2003 - X ZB 10/03 - MDR 2004, 355 m.w.N.).

[6]Die Unanfechtbarkeit wird auch nicht dadurch berührt, dass das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat. Ein Rechtsmittel gegen eine von Gesetzes wegen der Anfechtung entzogene Entscheidung bleibt nach ständiger Rechtsprechung des BGH trotz Zulassung unstatthaft (Senatsbeschluss BGHZ 159, 14, 15; BGHZ 154, 200, 201).

[7]Dabei bleibt es auch dann, wenn - wie hier - der Einzelrichter entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums entschieden und damit gegen das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen hat. Der Einzelrichter durfte nicht selbst entscheiden, sondern hätte das Verfahren wegen der von ihm bejahten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gem. § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO der mit drei Richtern besetzten Kammer übertragen müssen (vgl. BGHZ 154a.a.O. 202). Darauf kann ein Rechtsmittel aber nach § 568 Abs. 3 ZPO selbst dann nicht gestützt werden, wenn es im Übrigen statthaft wäre.

[8]Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. § 25 Abs. 4 GKG in der bis zum 30.6.2004 geltenden Fassung, wonach das Verfahren der Streitwertbeschwerde gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden, gilt nur für statthafte Beschwerden (Senatsbeschluss vom 22.2.1989 - IVb ZB 2/89 - BGHR GKG § 25 Abs. 3 Satz 1 Gebührenbefreiung 1; BGH Beschl. v. 18.12.2002 - IX ZB 553/02 - BRAGOreport 2003, 56).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1530879

BGHR 2006, 1138

NJW-RR 2006, 1504

MDR 2007, 115

RVGreport 2006, 317

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