Tenor
Die vom Streithelfer der Klägerin geführte sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 4. November 1999 wird auf Kosten des Streithelfers zurückgewiesen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.925.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der damalige Prozeßbevollmächtigte und jetzige Streithelfer der Klägerin legte mit einem am 28. Juli 1999, dem letzten Tag der Berufungsfrist, beim Oberlandesgericht München eingegangenen Telefax „gegen das Urteil vom 15. Juni 1999 Berufung ein”. Dabei waren zwar das Aktenzeichen des landgerichtlichen Urteils sowie die Parteien namentlich benannt („in dem Rechtsstreit B. Berliner …. AG gegen Raiffeisenbank G. eG”), nicht jedoch das erstinstanzliche Gericht, die Parteistellung und der Berufungsführer. Bei dem angefochtenen Urteil handelte es sich um ein klageabweisendes Urteil des Landgerichts München II, in dessen Bezirk die beklagte Raiffeisenbank ihren allgemeinen Gerichtsstand hat. Eine Fernablichtung des angefochtenen Urteils war der Berufungsschrift nicht beigefügt. Mit Telefax vom 29. Juli 1999 teilten die damaligen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin die Anschrift der Berufungsbeklagten und ihrer voraussichtlichen anwaltlichen Vertreter mit und reichten mit Schriftsatz vom 6. August 1999 drei Abschriften des landgerichtlichen Urteils vom 15. Juni 1999 zu den Akten. Mit Schriftsatz vom 12. August 1999 bestellten sich die Rechtsanwälte Z. und Kollegen als Prozeßbevollmächtigte für die Klägerin im Berufungsverfahren und legten vorsorglich namens und im Auftrag der Klägerin erneut Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München II vom 15. Juni 1999 ein. Die ursprünglichen Prozeßbevollmächtigten der Klägerin legten daraufhin das Mandat nieder.
Das Oberlandesgericht hat mit Beschluß vom 4. November 1999 die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen und eine – von Amts wegen geprüfte – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt. Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Streithelfer der Klägerin geführte sofortige Beschwerde.
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist sachlich unbegründet. Das Oberlandesgericht hat mit Recht die am 28. Juli 1999 eingelegte Berufung der Klägerin wegen Verstoßes gegen die Formerfordernisse des § 518 Abs. 2 ZPO und der daraus folgenden Nichteinhaltung der Berufungsfrist des § 516 ZPO als unzulässig erachtet sowie eine entsprechende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen eines der Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbaren Verschuldens ihres damaligen Prozeßbevollmächtigten nicht gewährt.
1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, daß die am 28. Juli 1999, dem letzten Tag der Berufungsfrist, per Telefax eingegangene Berufungsschrift zwei unentbehrlichen Formerfordernissen des § 518 Abs. 2 ZPO nicht genügte: zum einen fehlte die Bezeichnung des Gerichts, dessen Urteil mit dem Rechtsmittel angegriffen wurde, und zum andern die Bezeichnung des Rechtsmittelführers.
a) Nach § 518 Abs. 2 Nr. 1 ZPO muß die Berufungsschrift die Bezeichnung des Urteils enthalten, gegen das die Berufung gerichtet ist. Dazu gehört, daß das Gericht namhaft gemacht wird, welches das Urteil erlassen hat. Zwar ist der Wortlaut der Rechtsmittelschrift dabei nicht allein maßgebend, erforderlich ist jedoch, daß der Prozeßgegner und – innerhalb der Rechtsmittelfrist – auch das Berufungsgericht in der Lage sind, sich aus den vorhandenen Unterlagen Gewißheit über die Identität des angefochtenen Urteils zu verschaffen. Fehlerhafte oder unvollständige Angaben schaden nur dann nicht, wenn aufgrund der sonstigen erkennbaren Umstände für Gericht und Prozeßgegner nicht zweifelhaft bleibt, welches Urteil angefochten wird (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGH, Beschluß vom 25. Februar 1993 - VII ZB 22/92 - NJW 1993, 1719, 1720; Beschluß vom 21. März 1991 - IX ZB 6/91 - NJW 1991, 2081; Beschluß vom 12. April 1989 - IVb ZB 23/89 - NJW-RR 89, 958; Beschluß vom 16. März 1989 - VII ZB 24/88 - NJW 1989, 2395; Beschluß vom 12. Mai 1989 - IVb ZB 33/89 - NJW 1989, 2396, jeweils m.w.N.).
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zum notwendigen Inhalt der Berufungsschrift nach § 518 Abs. 2 ZPO – neben den gesetzlich ausdrücklich normierten Voraussetzungen – weiterhin die Angabe, für wen und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt wird; bei der Berufung, die einen neuen Verfahrensabschnitt vor einem anderen als dem bis dahin mit der Sache befaßten Gericht eröffnet, müssen aus Gründen der Rechtssicherheit zur Erzielung eines geordneten Verfahrensablaufs die Parteien des Rechtsmittelverfahrens und insbesondere die Person des Rechtsmittelführers bei verständiger Würdigung des gesamten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung – ohne rein formalistische Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG, NJW 1991, 3140) – in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise erkennbar sein (vgl. Senat, Urteil vom 13. Oktober 1998 - VI ZR 81/98 - NJW 1999, 291, 292; Beschluß vom 9. Juli 1985 - VI ZB 8/85 - NJW 1985, 2650; BGH, Beschluß vom 15. Juli 1999 - IX ZB 45/99 - NJW 1999, 3124 m.w.N.).
c) Diese Voraussetzungen an eine hinreichend genaue Bezeichnung des angefochtenen Urteils und des Rechtsmittelführers waren im vorliegenden Fall innerhalb der Berufungsbegründungsfrist des § 516 ZPO nicht erfüllt. In der am letzten Tag der Berufungsfrist per Telefax übermittelten Berufungsschrift fehlen die entsprechenden Angaben. Da entgegen der Sollvorschrift des § 518 Abs. 3 ZPO der Berufungsschrift das erstinstanzliche Urteil nicht beigefügt war, konnte sich auch hieraus keine Klarstellung ergeben. Diese erschloß sich auch nicht aus den sonstigen Begleitumständen, insbesondere der Angabe des Aktenzeichens und des Verkündungsdatums des angefochtenen Urteils zusammen mit den Namen der Parteien. Da der Oberlandesgerichtsbezirk München 10 Landgerichtsbezirke umfaßt, war das erstinstanzliche Gericht damit selbst dann nicht hinreichend individualisiert, wenn man mit dem Berufungsgericht berücksichtigt, daß die Ortsbezeichnung im Namen der „Raiffeisenbank G.” eine Zuordnung deren allgemeinen Gerichtsstands nach § 13 ZPO zum Landgerichtsbezirk München II ermöglichte. Da in der Berufungsschrift auch die Angabe fehlte, wer Kläger und Beklagter war und für wen das Rechtsmittel eingelegt werden sollte, konnte aus diesen Umständen nicht mit der erforderlichen Sicherheit gefolgert werden, daß der Rechtsstreit in erster Instanz vor diesem Landgericht geführt worden war. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß die nur namentlich benannte Gegenpartei in ihrem Firmennamen den Zusatz „Berliner …” führt, denn abgesehen von der – nicht auszuschließenden – Möglichkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne der §§ 38, 39 ZPO konnte diese Partei, deren Anschrift in der Berufungsschrift nicht mitangegeben war, auch an einem Gerichtsstand einer Niederlassung oder einem anderen besonderen Gerichtsstand in einem der übrigen Landgerichtsbezirke verklagt worden sein. Allenfalls bestand aufgrund der vorgenannten Umstände eine Möglichkeit, daß es sich bei dem erstinstanzlichen Gericht um das Landgericht München II und bei der „Raiffeisenbank G.” um die Beklagte handeln könnte, was jedoch wegen der verbleibenden Zweifel nicht den Anforderungen des § 518 Abs. 2 ZPO genügt (vgl. Senat, Urteil vom 15. Dezember 1998 - VI ZR 316/97 - NJW 1999, 1554; Beschluß vom 7. November 1995 - VI ZB 12/95 - NJW 1996, 320, 321; BGH, Beschluß vom 16. März 1989 - VII ZB 24/88 - NJW 1989, 2395, 2396).
Zu Unrecht meint der Beschwerdeführer, aus dem seiner Kanzlei am 2. August 1999 zugegangenen Schreiben des Oberlandesgerichts vom 29. Juli 1999, in dem festgehalten ist: „Die Berufung der Klagepartei wurde per Fax eingelegt am 28. Juli 1999 gegen das Urteil des Landgerichts München II, 3 O 7059/98”, folgern zu können, daß die zugrundeliegenden notwendigen Angaben bereits seiner Berufungsschrift vom 28. Juli 1999 zu entnehmen gewesen seien. Abgesehen davon, daß sich dies – wie vorstehend ausgeführt – aus dem objektiven Inhalt der Berufungsschrift vom 28. Juli 1999 nicht mit einer den Erfordernissen des § 518 Abs. 2 ZPO entsprechenden Sicherheit ergab, wird bei dieser Argumentation auch nicht berücksichtigt, daß die damaligen Prozeßbevollmächtigten selbst per Telefax vom 29. Juli 1999 „wie soeben telefonisch angekündigt” als Vertreter der Berufungsklägerin die Anschrift der Berufungsbeklagten, der Raiffeisenbank G., und deren voraussichtliche anwaltliche Vertreter dem Oberlandesgericht mitgeteilt hatten. Daß das Oberlandesgericht bereits am 28. Juli 1999 anhand der vorhandenen schriftlichen Unterlagen über weitere Erkenntnisse verfügte, ist weder dargetan noch sonstwie ersichtlich.
2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 233 ZPO wegen Versäumung der Berufungsfrist hat das Oberlandesgericht der Klägerin mit Recht nicht gewährt. Ein entgegenstehendes Verschulden ihrer damaligen Prozeßbevollmächtigten, das sich die Klägerin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muß, liegt schon darin, daß sich der Unterzeichner der Berufungsschrift nicht zuvor vergewissert hat, ob das anzufechtende Urteil und der Rechtsmittelführer zutreffend bezeichnet waren. Er hat nicht hinreichend sorgfältig gehandelt, wenn er eine entsprechende Prüfung unterlassen hat oder wenn ihm trotz einer Überprüfung das Fehlen der erforderlichen Angaben entgangen ist (vgl. etwa BGH, Beschluß vom 12. Mai 1989 - IVb ZB 33/89 - NJW 1989, 2396 m.w.N.).
Unterschriften
Groß, Dr. Lepa, Dr. Dressler, Dr. Greiner, Wellner
Fundstellen
NJW 2001, 160 |
NJW-RR 2000, 1371 |
SGb 2001, 72 |
BRAK-Mitt. 2000, 287 |