Entscheidungsstichwort (Thema)
Landfriedensbruch
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 12. Dezember 2000 im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten – einen nicht vorbestraften Kurden – wegen schweren Hausfriedensbruchs in Tateinheit mit Landfriedensbruch und Zuwiderhandeln gegen ein vereinsrechtliches Betätigungsverbot zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Nach den Feststellungen wollte er eine von der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) gesteuerte gewaltsame Besetzung des griechischen Honorarkonsulats in Düsseldorf dadurch unterstützen, daß er in das Gebäude hineinging und sich dort aufhielt. Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat im Strafausspruch Erfolg.
1. Die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben (§ 349 Abs. 2 StPO). Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Die Strafkammer hat den Angeklagten zu Recht wegen schweren Hausfriedensbruchs verurteilt. Dabei kann für die Entscheidung offen bleiben, ob ein Täter, der sich einer in ein befriedetes Besitztum bereits eingedrungenen Menschenmenge nachträglich anschließt, wegen schweren Hausfriedensbruchs bestraft werden kann. Als der Angeklagte in das Gebäude hineingegangen ist, dauerte nämlich das widerrechtliche Eindringen noch an, weil das Gebäude zu diesem Zeitpunkt – wie sich aus den Urteilsfeststellungen ergibt (UA S. 5) – ständig von weiteren Demonstranten betreten wurde.
2. Der Strafausspruch hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Das Landgericht hat bei der Strafzumessung und der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung u.a. ausgeführt: „Der Angeklagte hat bis heute nicht erkennen lassen, sich der Strafbarkeit seines Handelns bewußt zu sein. Das Motiv für sein Handeln hat er abzuleugnen, die Tat selbst zu bagatellisieren versucht. Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens sind bei ihm – wie er angegeben hat – nicht aufgekommen. Die Kammer befürchtet hiernach, daß sich der Angeklagte bei ähnlichem Anlaß abermals strafbar verhalten wird, um seine politischen Vorstellungen zu verwirklichen. Eine günstige Sozialprognose im Sinne des § 56 Abs. 1 StGB vermag die Kammer hiernach nicht zu erkennen. Der ungewöhnliche Anlaß der Hausbesetzung und die besondere emotionale Betroffenheit des Angeklagten … reichen angesichts des Gesamtbildes der Hausbesetzung und der Einstellung des Angeklagten zu seiner Tat schließlich nicht aus, besondere Umstände in der Tat und in der Täterpersönlichkeit (§ 56 Abs. 2 StGB) anzunehmen, die eine Strafaussetzung zur Bewährung rechtfertigen.”
Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden Bedenken. Sie lassen besorgen, daß das Landgericht ein zulässiges Verteidigungsverhalten zum Nachteil des Angeklagten berücksichtigt hat. Die Erwägung, der Angeklagte habe Unrechtseinsicht vermissen lassen und versuche, das Tatgeschehen zu bagatellisieren, läuft darauf hinaus, von ihm die Aufgabe seiner Verteidigungsposition zu verlangen. Die nachteilige Verwertung eines zulässigen Verteidigungsverhaltens ist sowohl bei der Strafzumessung als auch bei der Entscheidung über die Strafaussetzung zur Bewährung rechtsfehlerhaft (vgl. BGHR StGB § 46 II Nachtatverhalten 5 und 24; § 56 I Sozialprognose 4 und 18; § 56 II Gesamtwürdigung, unzureichende 6; BGH NStZ 1985, 545). Im übrigen führt bei einem Überzeugungstäter, der sein Handeln für rechtmäßig oder entschuldigt hält, das Festhalten an einer politischen Gesinnung allein noch nicht zu einer ungünstigen Sozialprognose (vgl. BGHR StGB § 56 I Sozialprognose 28), da er sich durch eine gegen ihn verhängte Strafe so beeindrucken lassen kann, daß er in Zukunft trotz seiner Überzeugung die Strafgesetze achtet.
Da der Senat nicht ausschließen kann, daß der aufgezeigte Rechtsfehler nicht nur die Bewährungsentscheidung, sondern auch die Höhe der verhängten – an sich maßvollen – Freiheitsstrafe beeinflußt hat, hat er den gesamten Strafausspruch aufgehoben.
Unterschriften
Kutzer, Miebach, Winkler, RiBGH Pfister ist durch Krankheit verhindert zu unterschreiben. Kutzer, von Lienen
Fundstellen
Haufe-Index 600007 |
StV 2001, 505 |