Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Der Antrag der Beklagten, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 10. Zivilsenat - vom 15. August 2022 einen Notanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Gründe
Rz. 1
I. Der Kläger nimmt die Beklagte - soweit noch von Interesse - auf Zahlung von Nutzungsentschädigung an die aus den Parteien bestehende Erbengemeinschaft wegen Nutzung eines von der Beklagten bewohnten Einfamilienhauses in Anspruch.
Rz. 2
Das Landgericht hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben und das Oberlandesgericht die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO überwiegend zurückgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision hat die Beklagte fristgerecht durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Beschwerde eingelegt, soweit das Berufungsgericht zu ihrem Nachteil über die Zahlung von Nutzungsentschädigungen entschieden hatte. Mit Schriftsatz vom 16. Mai 2023 hat dieser angezeigt, dass die Beklagte nicht mehr von ihm vertreten werde. Mit beim Bundesgerichthof am 7. Februar 2024 durch Email eingegangenem Schreiben hat die Beklagte beantragt, ihr für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens einen Notanwalt beizuordnen.
Rz. 3
II. Der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts ist unbegründet.
Rz. 4
1. Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Parteien durch einen dort zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Insoweit eine Vertretung durch Anwälte geboten ist, hat das Prozessgericht nach § 78b Abs. 1 ZPO einer Partei auf ihren Antrag einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung ihrer Rechte beizuordnen, wenn sie einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Rz. 5
Die erstgenannte Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Partei trotz zumutbarer Anstrengungen einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht gefunden und ihre vergeblichen Bemühungen dem Gericht - innerhalb der Rechtsmittelfrist - substantiiert dargelegt und gegebenenfalls nachgewiesen hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Dezember 2021 - IV ZR 213/21, r+s 2022, 119 juris Rn. 7 (insoweit bei r+s nicht abgedruckt); vom 12. Januar 2021 - IV ZR 206/20, ZInsO 2022, 1260 Rn. 7; BGH, Beschluss vom 4. Juli 2023 - VIII ZR 260/22, juris Rn. 3; jeweils m.w.N.). Hat die Partei - wie hier - zunächst einen zu ihrer Vertretung bereiten Rechtsanwalt mandatiert, kommt im Fall der späteren Mandatsniederlegung die Bestellung eines Notanwalts nur dann in Betracht, wenn die Partei die Beendigung des Mandats nicht zu vertreten hat. Das hat die Partei ebenfalls innerhalb der maßgeblichen Frist darzulegen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Dezember 2021 aaO Rn. 8; vom 12. Januar 2021 aaO Rn. 8; BGH, Beschlüsse vom 19. September 2023 - VIII ZR 114/23, juris Rn. 2; vom 28. April 2020 - VIII ZR 300/18, FamRZ 2020, 1390 Rn. 5; jeweils m.w.N.).
Rz. 6
2. Diesen Anforderungen werden die Angaben der Beklagten nicht gerecht. Sie hat bis zum Ablauf der verlängerten Rechtsmittelfrist, dem 17. März 2023, keinen zulässigen Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts gestellt und war bis zu dem Zeitpunkt auch durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten.
Rz. 7
Das von der Beklagten ausschließlich mittels Email übersandte Schreiben erfüllt schon nicht die formalen Voraussetzungen eines Notanwaltsantrages. Zwar ist der Antrag auf Beiordnung eines Notanwalts nach dem Gesetz an keine Form gebunden, so dass er auch schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle gestellt werden kann (Zöller/Althammer, ZPO 35. Aufl. § 78b Rn. 7). Dem genügt das von der Beklagten ausschließlich mittels Email übersandte Schreiben, das nicht der Übermittlung eines bereits vorhandenen schriftlichen Beiordnungsantrags diente, aber nicht. Als lediglich elektronisches Dokument wahrt es nicht die Schriftform (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 2014 - IX ZR 114/14, juris Rn. 3 m.w.N.).
Rz. 8
Die Bestellung eines Notanwalts kann überdies nicht allein deshalb verlangt werden, weil ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof nicht willens war, eine Revisions- oder Beschwerdebegründung nach den Vorstellungen oder gar Vorgaben der Partei zu fertigen, oder weil er das Rechtsmittel für unzulässig oder unbegründet hält. Denn es liefe dem Zweck der Zulassungsbeschränkung für Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof zuwider, wenn die Partei einen Anspruch darauf hätte, ihre Rechtsansicht gegen die des - auf das Revisionsrecht spezialisierten - Rechtsanwalts durchzusetzen (Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2022 - IV ZR 48/22, juris Rn. 5; vom 8. Dezember 2021 - IV ZR 213/21, r+s 2022, 119 Rn. 10; BGH, Beschlüsse vom 25. Juli 2023 - XI ZR 14/23, juris Rn. 6; vom 18. Oktober 2022 - II ZR 210/21, juris Rn. 8; jeweils m.w.N.).
Prof. Dr. Karczewski |
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Dr. Brockmöller |
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Dr. Götz |
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Rust |
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Piontek |
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Fundstellen
Dokument-Index HI16227460 |