Leitsatz (amtlich)
Nicht zuerkannte Kosten für die Einholung einer Deckungszusage können der Beschwer nur hinzugerechnet werden, soweit die zugrunde liegende Hauptforderung nicht mehr Prozessgegenstand ist (im Anschluss an BGH v. 8.5.2012 - VI ZB 1/11, VersR 2012, 1272 Rz. 7 m.w.N. und - VI ZB 2/11, juris).
Normenkette
ZPO § 4 Abs. 1 Hs. 2, § 511 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 26.07.2012; Aktenzeichen 2 S 281/12) |
AG Neumarkt i.d. OPf. (Entscheidung vom 20.12.2011; Aktenzeichen 5 C 590/11) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Nürnberg-Fürth vom 26.7.2012 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: bis 600 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Die Klägerin nimmt den beklagten Haftpflichtversicherer aus einem Verkehrsunfall auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagte hat vorgerichtlich Schadensersatz i.H.v. 8.790,17 EUR geleistet. Mit der vorliegenden Klage hat die Klägerin einen weiteren Betrag von insgesamt 1.791 EUR geltend gemacht, und zwar (restliche) Mietwagenkosten i.H.v. 670,14 EUR, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. insgesamt 891,31 EUR sowie Kosten für die Einholung einer Deckungszusage i.H.v. 229,55 EUR.
Rz. 2
Das AG hat der Klägerin einen weiteren Teil der geltend gemachten Mietwagenkosten i.H.v. 368,77 EUR zuerkannt und die Beklagte darüber hinaus verurteilt, die Klägerin von einem Teil der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 775,64 EUR freizustellen. Die Klage hinsichtlich der geltend gemachten Kosten von 229,55 EUR für die Einholung der Deckungszusage hat das AG abgewiesen.
Rz. 3
Mit der Berufung hat die Klägerin ihr Zahlungsbegehren i.H.v. weiteren 1.422,23 EUR weiterverfolgt, und zwar betreffend 301,37 EUR Mietwagenkosten, 891,31 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten und 229,55 EUR Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage. Das LG hat die Berufung mit der Begründung als unzulässig verworfen, da sie die Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht erreiche. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Rechtsbeschwerde.
II.
Rz. 4
Die Rechtsbeschwerde ist gem. §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Die Rechtsbeschwerde ist aber nicht zulässig, weil es an einem Zulassungsgrund gem. § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Insbesondere ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) nicht erforderlich. Das Berufungsgericht hat das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht verletzt. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Berufung sei im Hinblick auf die Wertgrenze des § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO unzulässig, ist zutreffend. Der Wert des Beschwerdegegenstandes der Berufung übersteigt die Wertgrenze von 600 EUR (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) nicht.
Rz. 5
a) Allerdings sind mit der Berufung weiter verfolgte Nebenforderungen i.S.v. § 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO bei der Rechtsmittelbeschwer zu berücksichtigen, soweit sie Hauptforderungen geworden sind. Sobald und soweit die Hauptforderung nicht mehr Prozessgegenstand ist, wird die Nebenforderung zur Hauptforderung, weil sie sich von der sie bedingenden Forderung gelöst hat und es ohne Hauptforderung keine Nebenforderung gibt (BGH v. 21.1.2014 - VI ZB 43/13, juris Rz. 5; v. 4.12.2007 - VI ZB 73/06, VersR 2008, 557 Rz. 8; BGH, Beschl. v. 11.1.2011 - VIII ZB 62/10, WuM 2011, 177 Rz. 5; v. 31.3.2011 - V ZB 236/10, NJW-RR 2011, 1026 Rz. 8; v. 4.4.2012 - IV ZB 19/11, VersR 2012, 881 Rz. 5).
Rz. 6
b) Die von der Klägerin geltend gemachten Rechtsanwaltskosten aus dem von der Beklagten vorgerichtlich geleisteten Betrag von 8.790,17 EUR sind demnach zur Hauptforderung geworden. Insoweit hat die Klägerin eine 1,5-fache Geschäftsgebühr aus 8.790,17 EUR mit Auslagen und Mehrwertsteuer i.H.v. insgesamt 825,27 EUR geltend gemacht, wovon das AG eine 1,3-fache Geschäftsgebühr aus 8.790,17 EUR nebst Auslagen und Mehrwertsteuer i.H.v. insgesamt 718,40 EUR zuerkannt hat. Demnach war die Klägerin durch das erstinstanzliche Urteil nicht nur beschwert durch die nicht zuerkannten restlichen Mietwagenkosten i.H.v. 301,37 EUR (670,14 EUR abzgl. zuerkannter 368,77 EUR), sondern auch durch die nicht zuerkannten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die zur Hauptforderung geworden waren, i.H.v. 106,87 EUR (825,27 EUR abzgl. zuerkannter 718,40 EUR). Dies ergibt einen Betrag von insgesamt 408,24 EUR. Was die nicht zuerkannten Kosten für die Einholung einer Deckungszusage i.H.v. 229,55 EUR anbelangt, können diese der Beschwer ebenfalls nur hinzugerechnet werden, soweit die zugrunde liegende Hauptforderung nicht mehr Prozessgegenstand ist (vgl. BGH v. 8.5.2011 - VI ZB 1/11, VersR 2012, 1272 Rz. 7 m.w.N. und - VI ZB 2/11, juris). Da die zugrunde liegende Hauptforderung in erster Instanz - wie oben ausgeführt - nur teilweise zugesprochen worden ist, hat sich nur ein Teil der Kosten für die Einholung einer Deckungszusage von der Hauptforderung emanzipiert. Dies führt nicht dazu, dass in der Summe die Wertgrenze von 600 EUR überschritten wird.
Fundstellen