Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn, Dauer und Hemmung der Verjährung eines Anspruchs auf Vergütung eines vorläufigen Insolvenzverwalters
Leitsatz (redaktionell)
Der Vergütungsanspruch des vorläufigen Insolvenzverwalters verjährt bis zur Festsetzung der Vergütung durch das Insolvenzgericht innerhalb der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB. Die Frist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in welchem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, der Vergütungsanspruch mithin entstanden ist. Bis zum Abschluss des eröffneten Insolvenzverfahrens ist die Verjährung jedoch in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 8 Abs. 2 S. 1 RVG gehemmt.
Normenkette
BGB §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 1; RVG § 8 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 19.01.2011; Aktenzeichen 326 T 110/10) |
AG Hamburg (Beschluss vom 10.09.2010; Aktenzeichen 67g IN 290/02) |
Tenor
Auf die Rechtsmittel des weiteren Beteiligten zu 1 werden der Beschluss der 26. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg vom 19. Januar 2011 und der Beschluss des Amtsgerichts – Insolvenzgericht – Hamburg vom 10. September 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung – auch über die Kosten der Rechtsmittelverfahren – an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.131,84 EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Rz. 1
Der weitere Beteiligte zu 1 wurde mit Beschluss vom 6. September 2002 zum vorläufigen Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestellt. Am 12. Dezember 2002 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der weitere Beteiligte zu 1 zum Insolvenzverwalter bestellt. Am 10. Mai 2010 hat der weitere Beteiligte zu 1 die Festsetzung der Vergütung für seine Tätigkeit als vorläufiger Insolvenzverwalter beantragt. Mit Beschluss vom 10. September 2010 hat das Insolvenzgericht den Antrag zurückgewiesen, weil der Vergütungsanspruch verjährt sei. Die sofortige Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1 ist erfolglos geblieben. Er will mit seiner Rechtsbeschwerde die Festsetzung der beantragten Vergütung, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Insolvenzgericht erreichen.
Entscheidungsgründe
II.
Rz. 2
Die zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässige Rechtsbeschwerde und die zulässige Erstbeschwerde sind begründet. Sie führen zur Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Sache an das Insolvenzgericht. Der Vergütungsanspruch des weiteren Beteiligten zu 1 ist nicht verjährt. Wie der Senat zwischenzeitlich entschieden hat, verjährt der Vergütungsanspruch des vorläufigen Insolvenzverwalters bis zur Festsetzung der Vergütung durch das Insolvenzgericht innerhalb der dreijährigen Regelverjährung des § 195 BGB. Die Frist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in welchem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, der Vergütungsanspruch mithin entstanden ist. Bis zum Abschluss des eröffneten Insolvenzverfahrens ist die Verjährung jedoch in Anlehnung an den Rechtsgedanken des § 8 Abs. 2 Satz 1 RVG gehemmt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. September 2010 – IX ZB 195/09, ZIP 2010, 2160 Rn. 27, 28, 30 ff).
Rz. 3
Die angefochtene Entscheidung kann daher keinen Bestand haben. Da dem Senat eine eigene Sachentscheidung nicht möglich ist, ist die Sache zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Im Hinblick darauf, dass der Vergütungsantrag selbst noch nicht geprüft worden ist, hält der Senat es für sachgerecht, das Verfahren gemäß § 577 Abs. 4, § 572 Abs. 3 ZPO unter Aufhebung auch der erstinstanzlichen Entscheidung an das Insolvenzgericht zurückzuverweisen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 2004 – IX ZB 161/03, BGHZ 160, 176, 185 f).
Fundstellen
Haufe-Index 2935025 |
HRA 2011, 8 |