Entscheidungsstichwort (Thema)
schwere räuberische Erpressung
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 14. Juli 1998, soweit es ihn betrifft, mit den Feststellungen aufgehoben,
- im gesamten Strafausspruch,
- soweit davon abgesehen worden ist, die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt anzuordnen.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere – allgemeine – Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen schwerer räuberischer Erpressung in fünf Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt.
Das Rechtsmittel ist, soweit es sich gegen den Schuldspruch richtet, unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
Die Revision hat jedoch insoweit Erfolg, als das Landgericht nicht geprüft hat, ob der Angeklagte gemäß § 64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Die Erörterung dieser Frage drängte sich hier auf:
Nach den Urteilsfeststellungen begann der Angeklagte 1985 – zunächst gelegentlich – Heroin zu konsumieren, „seit etwa 1 1/2 Jahren spritzt … [er] fast jeden Tag Heroin oder eine Mischung von Heroin und Kokain”. Die konsumierte Menge „betrug anfänglich täglich etwa ein halbes Gramm und steigerte sich auf etwa ein Gramm pro Tag” (UA 4). Die abgeurteilten Straftaten beging der Angeklagte, wenn er unter Entzugserscheinungen litt und ihm kein Geld für den Erwerb von Drogen zur Verfügung stand (UA 7). In allen Fällen verwendete er unmittelbar nach der Tat einen Teil der erlangten Beute für den Erwerb von Kokain und Heroin.
Angesichts dieser Feststellungen lag die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nahe. Daß bei ihm die hinreichend konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges nicht besteht (vgl. BVerfGE 91,1 ff. = NStZ 1994, 578), kann den Urteilsgründen nicht entnommen werden. Allein der Umstand, daß der Angeklagte in den Jahren 1996 und 1997 nach drei Entgiftungsmaßnahmen jeweils innerhalb kurzer Zeit wieder rückfällig geworden ist (UA 4), genügt hierfür nicht. Das Landgericht hätte daher darlegen müssen, warum es gleichwohl von der Unterbringung abgesehen hat (vgl. BGHSt 37, 5, 7; 38, 362, 363).
Die Sache bedarf somit insoweit neuerlicher tatrichterlicher Prüfung unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246 a StPO). Daß nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert die Nachholung der Unterbringungsanordnung nicht (§ 358 Abs. 2 Satz 2 StPO; BGHSt 37, 5).
Der Senat kann unter den hier gegebenen Umständen – insbesondere auch im Hinblick auf die Formulierung in den Strafzumessungsgründen, der Angeklagte sei zu den Tatzeitpunkten „in gewisser Weise” von Drogen abhängig gewesen (UA 17) – nicht sicher ausschließen, daß das Landgericht bei Anordnung der Unterbringung auf niedrigere Einzelstrafen und eine geringere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte. Er hebt daher den Strafausspruch ebenfalls auf. Die neu erkennende Strafkammer wird Gelegenheit haben, auch die Voraussetzungen des § 21 StGB mit Hilfe des Sachverständigen einer eingehenderen Prüfung zu unterziehen.
Da sich das Verfahren nunmehr nur noch gegen einen erwachsenen Angeklagten richtet, verweist der Senat die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurück (BGHSt 35, 267).
Unterschriften
Meyer-Goßner, Maatz, Kuckein, Athing, Ernemann
Fundstellen