Leitsatz (amtlich)
Ehegatten, die unter dem für ihre Namensführung zuvor maßgebenden ausländischen Recht bereits einen Ehenamen bestimmt hatten, können, wenn für sie nunmehr deutsches Recht anwendbar wird, gemäß § 1355 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB ihren Ehenamen (mit Wirkung für die Zukunft) neu bestimmen.
Normenkette
BGB § 1355 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; EGBGB Art. 10
Verfahrensgang
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4 wird der Beschluß der 7. Zivilkammer des Landgerichts Regensburg vom 13. November 1998 aufgehoben.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Regensburg vom 17. September 1998 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1 bis 3 sind Spätaussiedler aus der Russischen Föderation. Gegenstand des Verfahrens ist die Wirksamkeit der von den Beteiligten zu 1 und 2 vor dem deutschen Standesbeamten abgegebenen Erklärung über die Neubestimmung eines Ehenamens.
Der nichtdeutsche Beteiligte zu 1 und die Beteiligte zu 2, eine deutsche Volkszugehörige mit dem Geburtsnamen E., schlossen 1988 in Krasnojarsk (damals UdSSR) die Ehe und führten den Geburtsnamen des Beteiligten zu 1 [C., Schreibweise nach Transliteration; Ehefrau: C.] als Ehenamen. Diesen Namen erhielt auch der 1988 als Sohn der Eheleute geborene Beteiligte zu 3.
1993 fanden die Beteiligten zu 1 bis 3 als Spätaussiedler Aufnahme in Deutschland; sie gaben gemäß § 94 des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) namensrechtliche Erklärungen ab und nahmen den Namen T. an. 1995 erwarben sie die deutsche Staatsangehörigkeit. Der Standesbeamte legte auf Antrag ein Familienbuch an, in dem der nach § 94 BVFG angenommene Name [T.] als gemeinsamer Familienname der Beteiligten zu 1 und 2 sowie als Geburtsname des Beteiligten zu 3 wiedergegeben wird. 1997 erklärten die Beteiligten zu 1 bis 2 zur Niederschrift des Standesbeamten, daß sie ihren Namen in der Ehe künftig nach deutschem Recht führen wollen. Sie bestimmten den Geburtsnamen der Beteiligten zu 2 [E.] zum neuen Ehenamen und erklärten außerdem, daß sich die Namensänderung auf den Beteiligten zu 3 erstrecken solle.
Der Standesbeamte hat die Sache gemäß § 45 Abs. 2 PStG dem Amtsgericht vorgelegt. Das Amtsgericht hat angeordnet, der Standesbeamte habe die Erklärung der Beteiligten zu 1 und 2 über die Wahl des Geburtsnamens der Beteiligten zu 2 zum Ehenamen entgegenzunehmen und in das Familienbuch einzutragen. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 4 hat das Landgericht den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und ausgesprochen, der Standesbeamte sei nicht verpflichtet, die Erklärungen der Beteiligten zu 1 und 2 entgegenzunehmen und in das Familienbuch einzutragen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 4.
Das Bayerische Oberste Landesgericht möchte der sofortigen weiteren Beschwerde stattgeben. Es sieht sich daran durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Hamm vom 9. Dezember 1998 – 15 W 424/98 – StAZ 1999, 75 = FGPrax 1999, 55 gehindert. In dieser Entscheidung hat das Oberlandesgericht Hamm eine Verpflichtung des Standesbeamten, eine Erklärung von Spätaussiedler-Ehegatten über die Neubestimmung eines Ehenamens entgegenzunehmen und den so bestimmten Namen in das Familienbuch einzutragen, trotz des mit der Aufnahme in der Bundesrepublik eingetretenen Wechsels des Personalstatuts der Ehegatten verneint, wenn die Ehegatten bereits bei ihrer Eheschließung in der ehemaligen Sowjetunion nach dem für sie als sowjetische Staatsangehörige maßgebenden sowjetischen Recht einen Ehenamen bestimmt hatten.
Das Bayerische Oberste Landesgericht ist der Ansicht, daß die Ehegatten in einem solchen Fall – nach dem Gesetzeszweck des § 94 BVFG in Verbindung mit dem neu gefaßten § 1355 Abs. 3 BGB – eine Neubestimmung des Ehenamens jedenfalls mit dem Ziel vornehmen können, den deutschen Geburtsnamen eines der Ehegatten künftig als Ehenamen zu führen. Es hat deshalb die Sache gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Vorlage ist zulässig. Aus dem Vorlagebeschluß ergibt sich, daß das vorlegende Bayerische Oberste Landesgericht zu einer anderen als der von ihm beabsichtigten Entscheidung gelangen würde, wenn es sich der abweichenden Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm anschlösse, und daß es nach seiner Ansicht für die zu treffende Entscheidung des vorliegenden Falls auf die streitige Rechtsfrage ankommt. An diese Beurteilung ist der Senat – soweit die Zulässigkeit der Vorlage in Frage steht – gebunden (Senatsbeschluß BGHZ 121, 305, 308).
1. Das Oberlandesgericht Hamm läßt dahinstehen, ob Art. 10 Abs. 2 EGBGB Ehegatten, die als Spätaussiedler Aufnahme in Deutschland gefunden haben, die damit dieselbe Rechtsstellung wie Deutsche erworben haben und die deshalb in Ansehung des von ihnen zu führenden Ehenamens ohnehin deutschem Recht unterliegen, die Möglichkeit einer Rechtswahl eröffnet. Auch bei Anwendung des Art. 10 Abs. 2 EGBGB bestimme sich nämlich die Frage, ob solchen Ehegatten ein Recht zur Neubestimmung eines Ehenamens zustehe, ausschließlich nach den deutschen Sachnormen.
Das deutsche Sachrecht lasse eine erneute Ehenamenswahl nicht zu, wenn die Ehegatten bereits einen Ehenamen für ihre Ehe bestimmt hätten; dies gelte auch dann, wenn die Ehegatten die Ehe im Ausland geschlossen und dabei einen Ehenamen nach ausländischem Recht bestimmt hätten. Eine Ehenamensbestimmung könne nur wirksam oder unwirksam sein. Soweit das deutsche Internationale Privatrecht die unter der Geltung des ausländischen Rechts erfolgte Bestimmung eines Ehenamens als auch für den deutschen Rechtskreis wirksam anerkenne, erscheine es deshalb in sich widersprüchlich anzunehmen, es handele sich dabei gleichwohl nicht um eine Ehenamensbestimmung gerade im Sinne des § 1355 Abs. 3 Satz 1 BGB. Die Gegenmeinung wolle lediglich dem Umstand Geltung verschaffen, daß sich die für die ursprüngliche Ehenamenswahl maßgebende Lebensplanung der Ehegatten mit deren Übersiedlung in das Bundesgebiet völlig anders entwickelt habe und nunmehr das nachvollziehbare Bedürfnis bestehe, die Namensführung der Ehegatten den jetzigen sozialen Verhältnissen anzupassen. Das laufe letztlich auf eine Einführung des Rechtsinstituts des Wegfalls der Geschäftsgrundlage im Zusammenhang mit der Namensführung der Ehegatten hinaus, das insoweit dem deutschen Recht fremd sei; das gelte auch unter Berücksichtigung von Auslandssachverhalten, die zudem nicht auf den Personenkreis der Spätaussiedler beschränkt werden könnten.
Aus den Materialien zum Eheschließungsrechtsgesetz und zum Kindschaftsrechtsreformgesetz folge kein anderes Ergebnis. Nach dem Regierungsentwurf eines Eheschließungsrechtsgesetzes habe Statusdeutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG in einem neuen § 1355 Abs. 3 Satz 4 BGB-E die Möglichkeit eingeräumt werden sollen, einen bereits geführten Ehenamen im Interesse der Integration in den neuen Lebensraum neu bestimmen zu können. Dieser Vorschlag sei jedoch nicht Gesetz geworden. Er belege lediglich, daß es nach Auffassung der Bundesregierung zur Einräumung eines erneuten Ehenamenswahlrechts für Statusdeutsche einer ausdrücklichen gesetzlichen Vorschrift bedurft habe. Der Rechtsausschuß des Deutschen Bundestags habe die vorgeschlagene Ergänzung für entbehrlich erachtet, weil bereits § 94 BVFG in seinem Anwendungsbereich eine Anpassung der Namensführung ermögliche. Diese Begründung sei zwar sachlich kaum nachvollziehbar; dies ändere jedoch nichts daran, daß der schließlich vom Kindschaftsrechtsreformgesetz novellierte § 1355 Abs. 3 BGB ein solches Recht zur Neubestimmung des Ehenamens nicht vorsehe.
2. Nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts eröffnet Art. 10 Abs. 2 EGBGB auch Ehegatten, die als Spätaussiedler Aufnahme in Deutschland gefunden haben und die deshalb in Ansehung des von ihnen zu führenden Ehenamens ohnehin deutschem Recht unterliegen, die Möglichkeit einer Rechtswahl. Zwar führe eine solche nach Art. 10 Abs. 2 EGBGB zulässige Rechtswahl zu dem auch von Art. 10 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB zur Anwendung berufenen deutschen Sachrecht; doch könne das Wahlstatut nach Art. 10 Abs. 2 EGBGB wegen seiner weiterreichenden Wirkungen für die künftige Namensführung das objektiv nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB angeknüpfte Personalstatut verdrängen. Eine übereinstimmende deutsche Staatsangehörigkeit der Ehegatten stehe der Rechtswahl nicht entgegen, da der kollisionsrechtliche Vorrang der deutschen Staatsangehörigkeit gemäß Art. 10 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB für die Rechtswahl ausdrücklich aufgehoben sei.
Nach dem gemäß Art. 10 Abs. 2 EGBGB anwendbaren deutschen materiellen Namensrecht könnten Ehegatten, die sich bei der Eheschließung oder zu einem späteren Zeitpunkt für einen gemeinsamen Familiennamen entscheiden, zwar grundsätzlich nur ein einziges Mal zwischen dem Geburtsnamen des Mannes und dem der Frau wählen. Von diesem Grundsatz habe der Gesetzgeber, wie sich dem Zweck des § 94 BVFG in Verbindung mit dem neu gefaßten § 1355 Abs. 3 BGB entnehmen lasse, jedoch bewußt eine auf den Personenkreis des § 94 BVFG begrenzte Ausnahme dahingehend zugelassen, daß Aussiedler-Ehegatten aufgrund übereinstimmender Erklärungen nach Art. 10 Abs. 2 EGBGB eine Neubestimmung jedenfalls mit dem Ziel vornehmen könnten, den deutschen Geburtsnamen eines der Ehegatten künftig als Ehenamen zu führen:
Zwar habe der Gesetzgeber des Kindschaftsrechtsreformgesetzes und des Eheschließungsrechtsgesetzes die vom Regierungsentwurf eines Eheschließungsrechtsgesetzes vorgesehene Ergänzung des § 1355 Abs. 3 BGB, derzufolge Ausssiedler-Ehegatten, die bereits einen gemeinsamen Familiennamen führen, erneut einen Ehenamen bestimmen können, für entbehrlich angesehen. Dabei sei er jedoch davon ausgegangen, daß § 94 BVFG bereits einen durch die vorgeschlagene Ergänzung beabsichtigten Schutz für Spätaussiedler-Ehegatten durch Anpassung der Namensführung ermögliche. Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber damit die Möglichkeit erneuter Ehenamensbestimmung für Spätaussiedler-Ehegatten habe ausschließen wollen, seien nicht erkennbar.
Eine solche Möglichkeit sei nach dem Sinn und Zweck des § 94 BVFG gerechtfertigt: Diese Vorschrift solle Spätaussiedlern durch Anpassung der Namen an deutsche Formen die Eingliederung erleichtern. Eine solche Anpassung sei nicht möglich, wenn – wie im zu entscheidenden Falle – für einen fremdsprachigen Ehenamen eine deutschsprachige Form nicht gebildet werden könne. Auch liege in der Wahl des fremdsprachigen Geburtsnamens des nichtdeutschen Ehegatten eine Benachteiligung des anderen Ehegatten, weil dessen deutscher Volkszugehörigkeit bei der Ehenamensbestimmung kollisionsrechtlich keine Bedeutung zugekommen sei. Die Ehegatten hätten unter völlig anderen Voraussetzungen den fremdsprachigen Namen des nichtdeutschen Ehegatten zum Ehenamen bestimmt.
Der Wortlaut des § 1355 BGB schließe – wie auch die Ausnahmeregelung des Art. 7 §§ 2, 5 des Familiennamensrechtsgesetzes (FamNamRG) zeige – eine solche auf den Personenkreis des § 94 BVFG beschränkte Ausnahme nicht von vornherein aus. Sie widerspreche auch nicht Grundsätzen des deutschen Namensrechts. Der Ehename sei nach heutiger Auffassung vornehmlich Ausdruck der Selbstbestimmung der Ehegatten; von Generation zu Generation sei ein Wechsel möglich. Auch in Fällen der vorliegenden Art erlaube der Grundsatz namensrechtlicher Selbstbestimmung die Berücksichtigung des wesentlichen Umstands, daß bei der Auswahl des ausländischen Ehenamens beide Ehegatten ausländische Staatsangehörige gewesen seien. Schließlich stehe der Neubestimmung des Ehenamens auch Art. 7 § 2 FamNamRG nicht entgegen: Der Umstand, daß die Ausschlußfrist, die für eine von dieser Vorschrift eröffnete Neubestimmung des Ehenamens gelte, im Zeitpunkt der Erklärungen der Beteiligten zu 1 und 2 über die erneute Bestimmung eines Ehenamens bereits abgelaufen gewesen sei, schließe eine Neubestimmung des Ehenamens schon deshalb nicht aus, weil diese nicht auf Gründen beruhe, denen durch das Familiennamensrechtsgesetz habe Rechnung getragen werden sollen.
III.
Da die Voraussetzungen für eine Vorlage nach § 28 Abs. 2 FGG erfüllt sind, hat der beschließende Senat gemäß § 28 Abs. 3 FGG anstelle des Bayerischen Obersten Landesgerichts über die sofortige weitere Beschwerde zu entscheiden.
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist nach den §§ 48 Abs. 1, 49 PStG i.V.m. §§ 22, 27 Abs. 1, 29 FGG zulässig. Die Beteiligte zu 4 hat als Standesamtsaufsichtsbehörde nach § 49 Abs. 2 PStG ein – von einer Beschwer unabhängiges – Beschwerderecht, von dem sie Gebrauch machen kann, um eine höchstrichterliche Entscheidung über eine Streitfrage herbeizuführen.
2. Das Rechtsmittel ist auch begründet. Der Standesbeamte ist verpflichtet, die Erklärungen der Beteiligten zu 1 und 2 über die Bestimmung des Geburtsnamens der Beteiligten zu 2 zum Ehenamen entgegenzunehmen und diesen Namen als Ehenamen in das Familienbuch einzutragen.
a) Die Namensführung der Beteiligten zu 1 und 2 bestimmt sich nach deutschem Recht. Dabei kann für die vorliegende Entscheidung offenbleiben, ob deutsches Recht bereits gemäß Art. 10 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB – im Hinblick auf die von den Beteiligten zu 1 und 2 nach Art. 116 Abs. 1 GG mit der Aufnahme in Deutschland erworbene Rechtsstellung – anwendbar ist oder ob die von den Beteiligten zu 1 und 2 getroffene Rechtswahl vorrangig (Staudinger/Hepting, BGB 13. Bearb., Art. 10 EGBGB Rdn. 157; vgl. auch Hepting StAZ 1996, 235, 236) und deutsches Recht deshalb ausschließlich gemäß Art. 10 Abs. 2 EGBGB zur Anwendung berufen ist.
b) Nach dem – somit anwendbaren – § 1355 BGB haben die Beteiligten zu 1 und 2 den Geburtsnamen der Beteiligten zu 2 wirksam zum Ehenamen ihrer Ehe bestimmt. Der Wirksamkeit ihrer Erklärungen steht nicht entgegen, daß die Beteiligten zu 1 und 2 bereits nach ausländischem Recht einen Ehenamen bestimmt haben und das deutsche Recht diese Bestimmung als wirksam anerkennt:
§ 1355 Abs. 3 Satz 2 BGB gestattet Ehegatten, auch noch nach der Eheschließung einen Ehenamen zu bestimmen. Voraussetzung ist, daß die Ehegatten nicht bereits bei der Eheschließung nach Maßgabe des § 1355 Abs. 3 Satz 1 BGB einen Ehenamen bestimmt haben. § 1355 Abs. 3 BGB ist durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz neu gefaßt worden. Die Vorschrift lautete vorher: „Die Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens erfolgt bei der Eheschließung. Wird eine Erklärung nach Satz 1 nicht abgegeben, kann sie binnen fünf Jahren nach der Eheschließung nachgeholt werden; in diesem Fall muß die Erklärung öffentlich beglaubigt werden.” Mit der Neufassung sollte lediglich die für eine nachträgliche Bestimmung des Ehenamens geltende Fünf-Jahres-Frist beseitigt, nicht aber der systematische Zusammenhang der Sätze 1 und 2 des Absatzes 3 verändert werden. Auch nach dem geltenden § 1355 Abs. 3 Satz 2 BGB ist deshalb die nachträgliche Bestimmung eines Ehenamens ausgeschlossen, wenn die Ehegatten bereits bei der Eheschließung eine Erklärung über die Bestimmung des Ehenamens nach § 1355 Abs. 3 Satz 1 BGB abgegeben haben. An einer solchen Erklärung fehlt es, wenn die Ehegatten zwar bereits einen Ehenamen führen, dieser Ehename aber nach einem für die Namensführung der Ehegatten zuvor maßgebenden ausländischen Recht begründet worden ist. Dies gilt unabhängig davon, ob das ausländische Recht den Ehegatten den gemeinsamen Familiennamen kraft Gesetzes zugewiesen hat oder ob die Ehegatten den Ehenamen nach Maßgabe des ausländischen Rechts gewählt haben; denn auch im zweiten Fall beruht der Ehename nicht auf einer namensbestimmenden Erklärung gerade nach § 1355 Abs. 3 Satz 1 BGB. In all diesen Fällen können die Ehegatten deshalb, wenn aufgrund eines Statutenwechsels nachträglich deutsches Recht für ihre Namensführung maßgebend wird, einen Ehenamen gemäß § 1355 Abs. 3 Satz 2 BGB neu bestimmen (so auch Palandt/Heldrich, BGB 20. Aufl., Art. 10 EGBGB Rdn. 10; Staudinger/Hepting, BGB 13. Bearb., Art. 10 EGBGB Rdn. 143, 167; Gaaz IPrax 2000, 115; Hepting StAZ 1996, 235, 237; Sturm StAZ 1995, 255, 261; für den Fall der Rechtswahl nach Art. 10 Abs. 2 EGBGB ebenso OLG Stuttgart FamRZ 1999, 1425 = StAZ 1999, 78 und OLG Frankfurt StAZ 2000, 209; a.A. Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl., S. 86 f.; Illner StAZ 1996, 49; Krömer StAZ 1997, 43; differenzierend Soergel/Schurig BGB 12. Aufl., Art. 10 EGBGB Rdn. 63 h; Wagenitz/Bornhofen, Familiennamensrechtsgesetz, Art. 10 EGBGB Rdn. 26 ff.).
Diese Auslegung trägt dem Grundsatz der namensrechtlichen Selbstbestimmung der Ehegatten (vgl. dazu Senatsbeschluß vom 23. Dezember 1998 – XII ZB 5/98 – FamRZ 1999, 570, 571) weitgehend Rechnung; er ermöglicht ihnen, die von § 1355 Abs. 2 BGB eröffneten Wahlmöglichkeiten insbesondere dann auszuschöpfen, wenn das bisher für ihre Namensführung maßgebende ausländische Recht eine Wahl des Ehenamens nicht oder nur mit anderen Optionen vorsah. Zugleich wird mit dieser Auslegung dem Umstand Rechnung getragen, daß mit dem Statutenwechsel vielfach ein Wechsel der Lebenssituation der Ehegatten einhergeht. Das wird namentlich bei Spätaussiedler-Ehegatten deutlich, für die sich – wie auch der vorliegende Fall zeigt – mit der Übersiedlung Lebensplanung und Lebensverhältnisse völlig verändert haben und für die nunmehr das nachvollziehbare Bedürfnis besteht, ihre Namensführung dem Umfeld des neuen Aufenthalts anzupassen. § 1355 Abs. 3 Satz 2 BGB eröffnet hier den Ehegatten eine Umweltanpassung durch die Wahl des deutschen Geburtsnamens eines Ehegatten als Ehenamen auch dann, wenn ihnen schon das für ihre bisherige Namensführung maßgebende ausländische Recht eine dem § 1355 Abs. 2 BGB vergleichbare Wahlmöglichkeit eröffnet hatte, die Ehegatten sich aber gleichwohl für den nichtdeutschen Namen des anderen Ehegatten als Ehenamen entschieden haben; denn die unter dem ausländischen Recht getroffene Namenswahl kann nicht losgelöst von der damaligen Lebenssituation betrachtet werden, auf deren Grundlage sie erfolgt ist. Dieser Gedanke der Umweltbezogenheit des Namens (vgl. dazu etwa Senatsbeschluß vom 8. Juni 1983 – IVb ZB 637/80 – FamRZ 1983, 878, 881) liegt bereits Art. 10 Abs. 2 EGBGB zugrunde, der den Ehegatten nicht nur eine auf ihre Heimatrechte begrenzte Rechtswahl gestattet, sondern ihnen auch die Möglichkeit bietet, für deutsches Recht zu optieren, sofern ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Die den Ehegatten damit gewährte Möglichkeit der Namensanpassung an das deutsche Lebensumfeld kann freilich sinnvoll nur erreicht werden, wenn sich auch das materielle deutsche Recht im Falle seiner Wahl einer solchen Umweltanpassung nicht verschließt. Dies wird nicht zuletzt durch eine Auslegung des § 1355 Abs. 3 BGB bewirkt, die auch solchen Ehegatten, für die bereits nach ausländischem Recht ein Ehename begründet worden ist, eine erneute Wahl des Ehenamens gestattet. Auch § 94 BVFG belegt, worauf das vorlegende Bayerische Oberste Landesgericht mit Recht hinweist, das Bestreben des Gesetzgebers, eine namensrechtliche Umweltanpassung zu ermöglichen – dies freilich beschränkt auf den Kreis der Spätaussiedler und mit eng begrenzten Rechtsfolgen.
Die im Beschluß des Oberlandesgerichts Hamm (aaO) betonte Wirksamkeit der von den Beteiligten zuvor nach Maßgabe des ausländischen Rechts getroffenen Bestimmung eines Ehenamens rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die Frage, ob ein Statutenwechsel Auswirkungen auf abgeschlossene Tatbestände wie den Namenserwerb hat, richtet sich nach den einschlägigen Bestimmungen des neuen Statuts. Das deutsche Internationale Privatrecht mißt einem Statutenwechsel in Ansehung eines unter dem bisherigen Statut erworbenen Namens keine Rückwirkung bei; es macht den Namenserwerb also nicht rückwirkend ungeschehen. Dies gilt auch für die Namensführung von deutschen Volkszugehörigen, die mit der Aufnahme im Bundesgebiet die gleiche Rechtsstellung wie deutsche Staatsangehörige erworben haben (Senatsbeschluß BGHZ 121, 305, 313). Daraus folgt, daß auch die Wahl eines Ehenamens, welche Ehegatten unter ihrem bisherigen Heimatrecht getroffen haben, nach diesem Heimatrecht zu beurteilen ist, die Wirksamkeit der Namenswahl also nicht im Nachhinein auf ihre Übereinstimmung mit dem deutschen Recht hin überprüft werden kann. Davon zu unterscheiden ist aber das weitere Schicksal, das der wirksam erworbene Name nach dem Statutenwechsel erfährt. Insoweit geht es um die künftige Fortführung des einmal erworbenen Namens, die als ein – noch nicht abgeschlossener – Dauertatbestand dem neuen Statut, hier also: dem deutschen Recht, unterliegt. Das deutsche Recht gestattet, wie gezeigt, in § 1355 Abs. 3 Satz 2 BGB die nachträgliche Bestimmung eines Ehenamens auch dann, wenn die Ehegatten unter ihrem früheren Heimatrecht bereits einen Ehenamen bestimmt hatten. Die Wirksamkeit der früheren Namensbestimmung bleibt – nicht anders als in sonstigen Fällen einer Namensänderung – von der nur für die Zukunft wirkenden Neubestimmung des Ehenamens unberührt.
Auch die Ausschlußfrist des Art. 7 § 2 FamNamRG hindert die Wirksamkeit der von den Beteiligten zu 1 und 2 getroffenen Bestimmung des Geburtsnamens der Beteiligten zu 2 zum Ehenamen nicht. Diese Übergangsregelung gewährte Ehegatten, die bei Inkrafttreten des Familiennamensrechtsgesetzes bereits einen Ehenamen führten, ein eigenständiges, aber befristetes Recht, ihren Ehenamen neu zu bestimmen. Die Möglichkeit der Beteiligten zu 1 und 2, ihren Ehenamen neu zu bestimmen, gründet sich nicht auf die besondere Befugnis des Art. 7 § 2 FamRÄndG; sie stützt sich vielmehr auf die allgemeine Regelung in § 1355 Abs. 3 Satz 2 BGB, die – seit dem Kindschaftsrechtsreformgesetz – das Recht zur nachträglichen Bestimmung eines Ehenamens keiner zeitlichen Beschränkung unterwirft.
Unterschriften
Blumenröhr, Krohn, Hahne, Weber-Monecke, Wagenitz
Fundstellen
Haufe-Index 584436 |
BGHZ |
BGHZ, 159 |
NJW 2001, 2469 |
BGHR 2001, 502 |
FamRZ 2001, 903 |
DNotI-Report 2001, 110 |
FGPrax 2001, 152 |
Nachschlagewerk BGH |
ZAP 2001, 859 |
MDR 2001, 874 |
Rpfleger 2001, 412 |
StAZ 2001, 211 |