Leitsatz (amtlich)

1. § 878 BGB ist auf die sich aus dem Genehmigungserfordernis auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 250 Abs. 1 Satz 1, 3 BauGB ergebende Verfügungsbeschränkung des teilenden Grundstückseigentümers entsprechend anwendbar.

2. War die Zurückweisung des Eintragungsantrags rechtsfehlerfrei und wird der zurückweisende Beschluss lediglich aufgrund neuer Tatsachen aufgehoben, ist die nicht fristgebundene Grundbuchbeschwerde wie ein neuer Antrag zu behandeln. Infolgedessen ist eine nach Stellung des Antrags auf Vollzug einer Teilungserklärung in Kraft getretene Umwandlungsverordnung im Sinne von § 250 Abs. 1 Satz 1, 3 BauGB zu beachten, wenn eine Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags nur deshalb erfolgreich ist, weil die Abgeschlossenheitsbescheinigung erstmals im Beschwerdeverfahren beigebracht wird. Das Grundbuchamt darf dann gemäß § 250 Abs. 5 Satz 1 BauGB die Eintragung nur bei Nachweis einer Genehmigung vornehmen.

 

Normenkette

BGB § 878; WoEigG § 8; BauGB § 250 Abs. 1 Sätze 1, 3, Abs. 5 S. 1; GBO § 71 Abs. 1, § 74

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Entscheidung vom 28.02.2023; Aktenzeichen 1 W 511/22)

AG Berlin-Mitte (Entscheidung vom 13.10.2021; Aktenzeichen 141 RD-2039)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des Kammergerichts - 1. Zivilsenat - vom 28. Februar 2023 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert wird auf 5.000 € festgesetzt.

 

Gründe

A.

Rz. 1

    Die Beteiligte ist Eigentümerin des im Eingang dieses Beschlusses bezeichneten bebauten Grundstückes, dessen Teilung gemäß § 8 WEG sie betreibt. Das Grundstück befindet sich in dem Geltungsbereich der auf der Grundlage von § 250 Abs. 1 Satz 3 BauGB erlassenen Berliner Umwandlungsverordnung vom 21. September 2021 (GVBl. 2021 S. 1175), die am 7. Oktober 2021 in Kraft getreten ist.

Rz. 2

    Im September 2020 beantragte die Beteiligte bei dem Bezirksamt die Erteilung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung. Im Januar 2021 beanstandete das Bezirksamt Unstimmigkeiten der Aufteilungspläne. Am 29. Juni 2021 erklärte die Beteiligte die Teilung in Wohnungseigentum und beantragte mit am 6. Juli 2021 eingegangenem Schreiben des bevollmächtigten Notars den Vollzug der Teilung im Grundbuch. Mit Zwischenverfügung vom 7. Juli 2021 wies das Grundbuchamt auf das Fehlen der Abgeschlossenheitsbescheinigung hin und setzte eine Frist von zwei Monaten. Mit Schreiben vom 13. September 2021 beantragte die Beteiligte unter Hinweis auf erhebliche Verzögerungen bei dem Bezirksamt und für sie unvorhergesehene Beanstandungen erfolglos eine Verlängerung dieser Frist.

Rz. 3

    Mit Beschluss vom 13. Oktober 2021 hat das Grundbuchamt den Eintragungsantrag zurückgewiesen. Auf die am 30. November 2022 unter Vorlage der im September 2022 erteilten Abgeschlossenheitsbescheinigung eingelegte Beschwerde der Beteiligten hat das Kammergericht den Zurückweisungsbeschluss aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, im Wege der Zwischenverfügung eine Genehmigung nach § 250 BauGB anzufordern. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte ihren Antrag auf Vollzug der Teilungserklärung durch Eintragung in das Grundbuch weiter.

B.

Rz. 4

    Nach Ansicht des Beschwerdegerichts besteht zwar nach Vorlage der Abgeschlossenheitsbescheinigung das von dem Grundbuchamt beanstandete Eintragungshindernis nicht mehr. Nach dem zwischenzeitlichen Inkrafttreten der Berliner Umwandlungsverordnung bedürfe die Begründung von Wohnungseigentum aber nunmehr einer Genehmigung nach § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Dem stehe § 878 BGB, der entsprechend auf Teilungserklärungen nach § 8 WEG anwendbar sei, nicht entgegen. Die durch § 878 BGB gewährte Rechtsposition bestehe von vorneherein nur mit der Einschränkung, dass der Antrag entweder vollzugsreif sei oder innerhalb mit Zwischenverfügung gesetzter angemessener Frist vollzugsreif werde. Mit der rechtmäßigen Zurückweisung des Eintragungsantrags ende die Schutzwirkung von § 878 BGB grundsätzlich, auch wenn die Zurückweisung aufgrund neuer Tatsachen aufgehoben werde; die Beschwerde sei insoweit wie ein neuer Antrag zu behandeln. Die von dem Grundbuchamt gesetzte Frist sei jedenfalls unter Berücksichtigung der bis zu der Zurückweisung verstrichenen Zeit auch angemessen und eine Fristverlängerung allein deshalb, weil eine Beseitigung des Hindernisses bisher nicht gelungen sei, nicht erforderlich gewesen, zumal sich aus der Begründung des Verlängerungsantrags ergebe, dass eine Behebung des Hindernisses in absehbarer Zeit nicht zu erwarten gewesen sei. Jedenfalls hätte die Beteiligte keine Fristverlängerung bis zu einem Datum nach dem Zeitpunkt der Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung beanspruchen können. Dahinstehen könne schließlich, ob die Abgeschlossenheitsbescheinigung rechtzeitig beantragt worden und die Verzögerung ihrer Erteilung der Beteiligten nicht zuzurechnen sei. Dies sei im Grundbuchverfahren nicht festzustellen; aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich nur, dass das Bezirksamt zeitnah auf den Antrag reagiert und Beanstandungen erhoben habe.

C.

Rz. 5

    Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und auch im Übrigen gemäß § 78 Abs. 3 GBO i.V.m. § 71 FamFG zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Rechtsfehlerfrei nimmt das Beschwerdegericht an, dass die Eintragung der von der Beteiligten erklärten Teilung ihres im Geltungsbereich der Berliner Umwandlungsverordnung vom 21. September 2021 liegenden bebauten Grundstückes nunmehr eine Genehmigung nach § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB voraussetzt.

Rz. 6

    I. Gemäß § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB bedarf die Teilung bestehender Wohngebäude der Genehmigung, sofern die Landesregierung gemäß § 250 Abs. 1 Satz 3 BauGB durch Rechtsverordnung ein Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt bestimmt hat und sich das Grundstück in dem Geltungsbereich der Verordnung befindet. Das ist hier der Fall. Das Grundbuchamt durfte die für den Vollzug der Teilung erforderliche Eintragung deshalb nur bei Nachweis der Genehmigung oder bei Vorlage eines Negativzeugnisses vornehmen (§ 250 Abs. 5 Satz 1 BauGB).

Rz. 7

    II. Die entsprechende Anwendung von § 878 BGB auf die Teilungserklärung des Grundstückseigentümers gemäß § 8 WEG führt entgegen der Rechtsbeschwerde zu keinem anderen Ergebnis.

Rz. 8

    1. Im Grundsatz ist § 878 BGB auf den noch vor Inkrafttreten der Umwandlungsverordnung gestellten Eintragungsantrag der Beteiligten allerdings entsprechend anzuwenden.

Rz. 9

    a) § 878 BGB regelt, dass eine von dem Berechtigten gemäß §§ 873, 875 oder 877 BGB abgegebene Erklärung nicht dadurch unwirksam wird, dass er in der Verfügung beschränkt wird, nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung bei dem Grundbuchamt gestellt worden ist. Seinem Wortlaut nach erfasst § 878 BGB also nur Verfügungen, an denen ein anderer als der Eigentümer beteiligt ist. Dazu gehört die Aufteilung eines Grundstücks in Wohnungseigentum, die im Unterschied zu den in §§ 873, 875 und 877 BGB genannten Verfügungen nur die einseitige Erklärung des Eigentümers, aber keine Einigung voraussetzt, nicht.

Rz. 10

    b) Der Senat hat die entsprechende Anwendung von § 878 BGB auf die Teilungserklärung des Wohnungseigentümers gleichwohl bejaht (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - V ZB 198/15, ZfIR 2017, 113 Rn. 13 ff.). Grundstückseigentümer sind bei einer Teilung gemäß § 8 WEG ebenso wie bei den in §§ 873, 875 und 877 BGB genannten Verfügungen auf die Tätigkeit des Grundbuchamts angewiesen. Denn auch die gemäß § 8 WEG erklärte Teilung wird erst mit der Eintragung in das Grundbuch bzw. mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam (§ 9a Abs. 1 Satz 2 WEG bzw. § 8 Abs. 2 Satz 2 WEG in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung) und hat bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei materiell-rechtliche Wirkung. Zwischen dem Eingang des Eintragungsantrags und dem Vollzug der Eintragung können aber Wochen oder Monate liegen. Deshalb schützt § 878 BGB vor nachträglichen Beschränkungen der Verfügungsmacht, wobei dieser Schutz nicht nur dem Verfügungsempfänger, sondern auch dem Verfügenden und damit dem Grundstückseigentümer beziehungsweise dem Inhaber eines dinglichen Rechts zugutekommt (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - V ZB 198/15, ZfIR 2017, 113 Rn. 16 f. mwN).

Rz. 11

    2. Bejaht hat der Senat in dieser Grundsatzentscheidung außerdem die entsprechende Anwendung von § 878 BGB für das aus § 172 Abs. 1 Satz 4 BauGB folgende Genehmigungserfordernis im Bereich sogenannter Erhaltungssatzungen (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - V ZB 198/15, ZfIR 2017, 113 Rn. 20 ff.). § 878 BGB ist gleichermaßen auf die sich aus dem Genehmigungserfordernis auf Grund einer Rechtsverordnung nach § 250 Abs. 1 Satz 1, 3 BauGB ergebende Verfügungsbeschränkung des teilenden Grundstückseigentümers entsprechend anwendbar. Hiervon geht auch die Literatur, soweit ersichtlich einhellig, aus (vgl. etwa Erman/Artz, BGB, 17. Aufl., § 878 Rn. 6 f.; Forschner in Armbrüster/Preuß, BeurkG, 9. Aufl., XXXI. Rn. 98; Staudinger/Rapp/Wobst, WEG [2023], § 4 Rn. 29; BeckOK BauGB/Couzinet [1.2.2024], § 250 Rn. 11.3; Grziwotz in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB [Oktober 2023], § 250 Rn. 104; ders., ZfIR 2023, 62, 64; Drexler, notar 2021, 252, 257). § 878 BGB gilt grundsätzlich für alle Verfügungsbeschränkungen, unabhängig davon, woraus sich diese ergeben (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - V ZB 198/15, ZfIR 2017, 113 Rn. 20). Der aus § 250 Abs. 5 Satz 1 BauGB folgende Genehmigungsvorbehalt führt zu einer - § 22 Abs. 6 Satz 1 BauGB nachgebildeten - Grundbuchsperre (vgl. BT-Drucks. 19/24838 S. 33; Battis in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl., § 250 Rn. 8), mit der die Einhaltung des Genehmigungsvorbehalts ohne Eintragung in das Grundbuch und damit ohne besonderen Verwaltungsaufwand erreicht wird (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - V ZB 198/15, aaO Rn. 25 zu §172 Abs. 1 Satz 6 BauGB). Da die Aufteilung des Grundstücks nach § 8 WEG, wie ausgeführt, erst mit Eintragung in das Grundbuch bzw. mit Anlegung der Wohnungsgrundbücher wirksam wird und bis zur Eintragung keinerlei materiell-rechtliche Wirkung entfaltet, beschränkt dieser Genehmigungsvorbehalt die Verfügungsbefugnis des gemäß § 8 WEG teilenden Eigentümers. Dem Gesetzgeber wäre es zwar unbenommen gewesen, für die aus § 250 BauGB folgende Verfügungsbeschränkung etwas anderes zu regeln und insbesondere eine von § 878 BGB abweichende Sonderregelung zu treffen (vgl. Senat, Beschluss vom 12. Oktober 2016 - V ZB 198/15, aaO Rn. 20). Bei Einführung des § 250 BauGB durch das Gesetz zur Mobilisierung von Bauland vom 14. Juni 2021 (Baulandmodernisierungsgesetz, BGBl 2021, Teil I Nr. 33 S. 1802) ist hiervon aber kein Gebrauch gemacht worden.

Rz. 12

    3. Die Beteiligte hat den Vollzugsantrag zu einem Zeitpunkt gestellt, als der Vollzug der von ihr erklärten Teilung gemäß § 8 WEG mangels entsprechender Rechtsverordnung noch keiner Genehmigung nach § 250 Abs. 1 Satz 1 BauGB bedurfte, sie mithin insoweit in ihrer Verfügungsbefugnis noch nicht beschränkt war. Allerdings war dem Antrag der Beteiligten keine Abgeschlossenheitsbescheinigung beigefügt; nachgereicht hat die Beteiligte diese erst im Beschwerdeverfahren. Jedenfalls Letzteres steht im Ergebnis der entsprechenden Anwendung von § 878 BGB entgegen.

Rz. 13

    a) Umstritten ist bereits, ob das Fehlen der Abgeschlossenheitsbescheinigung, derer es gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 WEG iVm § 3 Abs. 3 WEG auch bei der Teilung durch den Eigentümer (§ 8 Abs. 2 WEG) bedarf, der entsprechenden Anwendung von § 878 BGB von vorneherein entgegensteht.

Rz. 14

    aa) Allerdings handelt es sich nicht um eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Wirksamkeit der Teilungserklärung, sondern (lediglich) um eine verfahrensrechtliche Eintragungsvoraussetzung, deren Zweck es ist, dem Grundbuchamt die Prüfung bautechnischer Fragen zu erleichtern (vgl. Senat, Urteil vom 12. November 1993, BGHZ 124, 100, 105 ff.; BVerwG NJW 1997, 71, 74; Erman/Grziwotz, BGB, 17. Aufl., § 7 WEG Rn. 8; Abramenko in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 7 Rn. 45; BeckOGK WEG/Meier [1.6.2023], § 7 Rn. 82; BeckOK WEG/Kral [2.4.2024], § 7 Rn. 78). Darauf, wie sich das Fehlen materiell-rechtlicher Voraussetzungen auswirkt und ob in einem solchen Fall § 878 BGB greift, kommt es mithin nicht an (vgl. hierzu etwa Staudinger/Heinze, BGB [30.6.2021], § 878 Rn. 38 ff. mwN).

Rz. 15

    bb) Gleichwohl wird vertreten, dass einem Eintragungsantrag die (nur) vor Verzögerungen im Grundbuchverfahren schützende Rechtsposition aus § 878 BGB nicht zugutekomme, wenn die Abgeschlossenheitsbescheinigung bei Antragstellung (noch) nicht vorliege (vgl. Häublein, ZWE 2022, 37, 41); andernfalls stehe derjenige, der einen unvollständigen Antrag einreiche, besser als derjenige, der warte, bis er alle Voraussetzungen erfülle und alle Unterlagen zusammengetragen habe (ebenso bei Fehlen einer Genehmigung nach § 144 BauGB OLG Karlsruhe, FGPrax 2022, 243, 244; ähnlich MüKoBGB/Lettmaier, 9. Aufl., § 878 Rn. 29; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 121). Nach anderer Ansicht steht es der Anwendung von § 878 BGB nicht grundsätzlich entgegen, wenn der Antrag zuerst mit einer Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO wegen fehlender Verfahrensvoraussetzungen beanstandet worden und die Vervollständigung der Unterlagen erst nach Wirksamwerden der Verfügungsbeschränkung erfolgt ist (vgl. Staudinger/Heinze, BGB [30.6.2021], § 878 Rn. 43 f. mwN; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., Nach § 20 Rn. 79). Speziell für das Fehlen der Abgeschlossenheitsbescheinigung wird eine entsprechende Anwendung von § 878 BGB zumindest dann vertreten, wenn diese bei Stellung des Eintragungsantrags bereits beantragt war; denn zwischen beiden Anträgen bestehe im Regelfall ein zeitlicher Zusammenhang, und es sei nicht vorhersehbar, über welchen Antrag zuerst entschieden werde (vgl. BeckOK BauGB/Couzinet [1.2.2024], § 250 Rn. 11.4; Johannsen, DNotZ 2023, 325, 328).

Rz. 16

    b) Einer Entscheidung dieses Streits bedarf es indes nicht.

Rz. 17

    aa) War die Zurückweisung des Eintragungsantrags rechtsfehlerfrei und wird der zurückweisende Beschluss lediglich aufgrund neuer Tatsachen (§ 74 GBO) aufgehoben, ist die nicht fristgebundene Grundbuchbeschwerde wie ein neuer Antrag zu behandeln (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 1997 - XI ZR 119/96, BGHZ 136, 87, 92; Staudinger/Heinze, BGB [30.6.2021], § 878 Rn. 45; Erman/Artz, BGB, 17. Aufl., § 878 Rn. 13; NK-BGB/Krause, BGB, 5. Aufl., § 878 Rn. 17; Demharter, GBO, 33. Aufl., § 13 Rn. 10; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., Nach § 20 Rn. 79; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 119; s.a. bereits Senat, Beschluss vom 23. Mai 1958 - V ZB 12/58, BGHZ 27, 310, 315 f. zu § 17 GBO). Eine nach Stellung des Antrags auf Vollzug einer Teilungserklärung in Kraft getretene Umwandlungsverordnung im Sinne von § 250 Abs. 1 Satz 1, 3 BauGB ist deshalb zu beachten, wenn eine Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags nur deshalb erfolgreich ist, weil die Abgeschlossenheitsbescheinigung erstmals im Beschwerdeverfahren beigebracht wird. Das Grundbuchamt darf dann gemäß § 250 Abs. 5 Satz 1 BauGB die Eintragung nur bei Nachweis einer Genehmigung vornehmen.

Rz. 18

    bb) Die rechtsfehlerfreie Zurückweisung des Eintragungsantrags, durch die der Eintragungsantrag zunächst im Sinne von § 17 GBO erledigt ist (vgl. Senat, Urteil vom 25. Februar 1966 - V ZR 129/63, BGHZ 45, 186, 191), stellt eine Zäsur dar; der Eintragungsantrag ist nicht mehr anhängig und das Verfahren jedenfalls bis zur Einlegung einer Beschwerde beendet (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juni 1997 - XI ZR 119/96, BGHZ 136, 87, 93). Die Beschwerde wiederum ist nicht fristgebunden, und das Recht zur unbefristeten Beschwerde unterliegt auch nicht der Verwirkung (vgl. Senat, Beschluss vom 25. Oktober 1967 - V ZB 3/67, BGHZ 48, 351, 354 f.). Gerade angesichts der unbefristeten Zulässigkeit der Grundbuchbeschwerde wäre die Rechtssicherheit schwerwiegend beeinträchtigt, wenn ein rechtmäßig zurückgewiesener Eintragungsantrag infolge einer nur wegen gemäß § 74 GBO zulässigen neuen Vorbringens erfolgreichen Beschwerde rückwirkend wiederauflebte und so Konsequenzen (auch) mit Blick auf den Schutz vor Verfügungsbeschränkungen nach § 878 BGB zeitigte (ebenso Staudinger/Heinze, BGB [30.6.2021], § 878 Rn. 45). Dies gilt unabhängig davon, ob - wie im Fall insolvenzbedingter Verfügungsbeschränkungen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 17. Juni 1997 - XI ZR 119/96, BGHZ 136, 87) - Rechte Dritter betroffen sein können oder nicht; für solche Überlegungen ist im formalen Grundbuchverfahren kein Raum.

Rz. 19

    cc) Hier war die Zurückweisung des Vollzugsantrags, wovon das Beschwerdegericht zutreffend ausgeht, rechtsfehlerfrei und die Beschwerde nur deshalb erfolgreich, weil die zunächst fehlende Abgeschlossenheitsbescheinigung im Beschwerdeverfahren nachgereicht worden ist. Die Beschwerde ist deshalb wie ein neuer Antrag zu behandeln, für den aufgrund des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der Berliner Umwandlungsverordnung der Genehmigungsvorbehalt nach § 250 Abs. 5 Satz 1 BauGB gilt.

Rz. 20

    (1) Das Vorliegen der Abgeschlossenheitsbescheinigung ist Voraussetzung dafür, dass das Grundbuchamt die Begründung von Wohnungseigentum bzw. die Teilung durch den Eigentümer vollziehen darf (vgl. Senat, Urteil vom 12. November 1993, BGHZ 124, 100, 105 ff.; Bärmann/Armbrüster, WEG, 15. Aufl., § 7 Rn. 105; Abramenko in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 7 Rn. 47; Vandenhouten in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, WEG, 13. Aufl., § 7 Rn. 32; BeckOK WEG/Kral [2.4.2024], § 7 Rn. 80; BeckOGK WEG/Meier [1.6.2023], § 7 Rn. 82). Folglich steht eine - wie hier - fehlende Abgeschlossenheitsbescheinigung der Eintragung (zunächst) entgegen.

Rz. 21

    (2) Das Grundbuchamt durfte den Antrag jedenfalls nach Ablauf der mit der Zwischenverfügung gesetzten Frist zurückweisen.

Rz. 22

    (a) Gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO hat das Grundbuchamt, wenn der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegensteht, entweder den Antrag unter Angabe von Gründen zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen. Ist nach Ablauf der Frist die Hebung des Hindernisses nicht nachgewiesen, ist der Antrag zurückzuweisen (§ 18 Abs. 1 Satz 2 GBO). Umgekehrt gilt, dass die Hebung eines Hindernisses nach Fristablauf, aber vor Bekanntmachung des zurückweisenden Beschlusses beachtlich ist (vgl. Demharter, GBO, 33. Aufl., § 18 Rn. 4; BeckOK GBO/Zeiser [1.3.2024], § 18 Rn. 13; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., Rn. 466). Erweist sich die gesetzte Frist als zu kurz und besteht Aussicht auf Hebung des Hindernisses, kann die Frist auf Antrag verlängert werden (vgl. Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., § 18 Rn. 111).

Rz. 23

    (b) Ob dem Grundbuchamt ein echtes, nach pflichtgemäßem Ermessen auszuübendes Wahlrecht zwischen Antragszurückweisung und Zwischenverfügung zusteht, wenn - behebbare - Eintragungsvoraussetzungen fehlen, lässt sich dem Wortlaut von § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO nicht eindeutig entnehmen (für ein solches Wahlrecht etwa RGZ 126, 107, 111; BayObLGZ 1997, 55, 58; OLG München, DNotZ 2008, 934, 935; OLG Düsseldorf, NotBZ 2010, 411; für einen grundsätzlichen Vorrang der Zwischenverfügung dagegen Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., § 18 Rn. 32; KEHE/Volmer, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 18 Rn. 21 ff.; BeckOK GBO/Zeiser [1.3.2024], § 18 Rn. 10; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 16. Aufl., § 18 Rn. 428). Das muss hier allerdings nicht entschieden werden. Einigkeit besteht nämlich darüber, dass eine Zwischenverfügung zur Beibringung von fehlenden Unterlagen, insbesondere solchen, die erst in einem anderen Verwaltungsverfahren eingeholt werden müssen (hier: Abgeschlossenheitsbescheinigung) jedenfalls ermessensgerecht ist, und dass der Antrag jedenfalls nach Ablauf einer mit der Zwischenverfügung gesetzten angemessenen Frist zurückgewiesen werden darf.

Rz. 24

    (c) Ob die Frist angemessen war, beurteilt sich nach Sinn und Zweck von § 18 GBO. Die entsprechende Würdigung des Beschwerdegerichts ist im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt überprüfbar (vgl. nur Senat, Beschluss vom 27. April 2023 - V ZB 58/22, NJW-RR 2023, 863 Rn. 23).

Rz. 25

    (aa) Das Grundbuchamt hat Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu behandeln und in angemessener Zeit zu erledigen, nicht aber noch nicht vollziehbare Anträge und Unterlagen zwischenzulagern (vgl. Demharter, GBO, 33. Aufl., § 18 Rn. 1b; Bauer/Schaub/Wilke, GBO, 5. Aufl., § 18 Rn. 1; BeckOK GBO/Zeiser [1.3.2024], §18 Rn. 15). Die Frist gemäß § 18 Abs. 1 Satz 1 GBO ist deshalb grundsätzlich danach zu bemessen, wie lange die Hebung des Hindernisses nach Grundbuchaktenlage in Anspruch nehmen wird (vgl. Wilsch in BeckNotar-HdB, 8. Aufl., § 11 Rn. 230 Fn. 879). Als angemessen wird im Regelfall eine Frist von ein bis zwei, teilweise auch bis zu vier Monaten erachtet (vgl. BeckOK GBO/Zeiser, aaO Rn. 15, 35, 48 mwN; Meikel/Böttcher, GBO, 12. Aufl., § 18 Rn. 108). Die Zwischenverfügung stellt ein Mittel dar, ein einmal anhängig gewordenes Antragsverfahren geordnet voran und zu einem erfolgreichen gesetzeskonformen Abschluss zu führen, auch wenn nicht von vornherein alles „richtig“ war (vgl. Bauer/Schaub/Wilke, aaO Rn. 16). Ist dagegen ersichtlich, dass eine Hebung des Hindernisses binnen angemessener Frist nicht möglich sein wird, steht das Hindernis einem unbehebbaren gleich, und der Antrag ist zurückzuweisen (vgl. KEHE/Volmer, Grundbuchrecht, 9. Aufl., § 18 Rn. 34).

Rz. 26

    (bb) Gemessen daran hält die Zurückweisung des Antrags drei Monate nach Antragseingang der eingeschränkten Prüfung im Rechtsbeschwerdeverfahren stand. Den eingereichten Unterlagen war zu entnehmen, dass die Abgeschlossenheitsbescheinigung bereits im September 2020 beantragt worden war; ebenso war erkennbar, dass das Bezirksamt Anfang 2021 Beanstandungen erhoben hatte. Das Grundbuchamt durfte daher im Juli 2021 davon ausgehen, dass eine (zusätzliche) Frist von zwei - bzw. bis zur Zurückweisung im Oktober 2021 sogar drei - Monaten ausreichend sein würde, um die bereits seit mehr als einem halben Jahr bekannten Beanstandungen auszuräumen und die Abgeschlossenheitsbescheinigung zu erlangen. Gegen die Annahme des Beschwerdegerichts, dass gewöhnlich eine Frist von drei Monaten für die Einholung und erst recht ­- wie hier - für die Nachreichung einer bereits mehr als ein Jahr zuvor beantragten Abgeschlossenheitsbescheinigung ausreicht, erinnert die Rechtbeschwerde für sich genommen auch nichts. Vor diesem Hintergrund musste entgegen der Rechtsbeschwerde auch keine Fristverlängerung erfolgen.

Rz. 27

    (d) Ob das Bezirksamt die Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung zunächst zu Unrecht versagt hat, mit anderen Worten ob die Beteiligte schon vor Zurückweisung ihres Vollzugsantrags Anspruch auf Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung gehabt hätte, ist durch das Grundbuchamt, wie das Berufungsgericht zutreffend annimmt, im Eintragungsverfahren nicht zu prüfen (vgl. Abramenko in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 7 Rn. 46; Häublein, ZWE 2022, 37, 41). Auch hat das Grundbuchamt keine eigenen Ermittlungen anzustellen (vgl. OLG Karlsruhe, FGPrax 2022, 243, 244; Abramenko in Jennißen, aaO Rn. 47). Dies gilt selbst dann, wenn die Abgeschlossenheitsbescheinigung, wie die Rechtsbeschwerde ausführt, offensichtlich zu Unrecht versagt worden sein sollte.

D.

Rz. 28

    Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 22 Abs. 1 GNotKG). Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 36 Abs. 3 GNotKG.

Brückner                                Göbel                                Laube

                         Grau                               Schmidt

 

Fundstellen

Haufe-Index 16310965

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