Verfahrensgang
OLG München (Urteil vom 12.11.1992; Aktenzeichen 1 U 2652/92) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 12. November 1992 – 1 U 2652/92 – wird nicht angenommen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Streitwert: 150.000 DM
Gründe
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 54, 277).
1. Ein Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs steht der Klägerin nicht zu. Die verfassungswidrige Prüfungsentscheidung tangierte keine eigentumsmäßig geschützte Rechtsposition der Klägerin. Berührt wurde allenfalls ihr Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 80, 1, 26), nicht jedoch dasjenige des Art. 14 GG. Die Beeinträchtigung der Berufsfreiheit vermochte jedoch für sich allein genommen einen Entschädigungsanspruch nicht zu begründen (Senatsurteil BGHZ 111, 349, 355 f – „Kakao-Verordnung” –; bestätigt durch BVerfG, Beschluß vom 29. Juli 1991 – 1 BvR 868/90 = NJW 1992, 36). Auch die Chance, aufgrund der bestandenen Prüfung später einen Arbeitsplatz zu erhalten, fällt nicht in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie (vgl. Senatsbeschluß vom 16. Februar 1989 – III ZR 28/88 – unveröffentlicht; mitgeteilt bei Schwager/Krohn, Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Enteignungsrecht, WM 1991, 33, 35 bei Fußn. 13).
2. Im Hinblick auf das Senatsurteil BGHZ 111, 349 ist im wissenschaftlichen Schrifttum erneut die Frage aufgeworfen worden, ob rechtswidrige Eingriffe in das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG Entschädigungsansprüche wegen Aufopferung oder wegen aufopferungsgleichen Eingriffs begründen können (vgl. insbes. die Urteilsanmerkungen von Maurer, JZ 1991, 38, 39 und Schenke/Guttenberg, DÖV 1991, 945, 953). Der Senat hat derartige Ansprüche bisher jedoch stets verneint (s. dazu auch Boujong, Zu den enteignungsrechtlichen Schutzgrenzen des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nach der Rechtsprechung, Festschrift für Rudolf Nirk, 1992, S. 61, 63, 66 f). Auch der vorliegende Fall gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlaß. Die Entschädigungssanktion ist auf solche Rechtspositionen ausgerichtet und beschränkt, die dem Schutz der Eigentumsgarantie unterstehen. Daher stellen Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung einen entschädigungspflichtigen Eingriff nicht dar, ausgenommen, die hoheitliche Einwirkung beeinträchtigt konkrete „Rechtspositionen”, die in eine berufliche Betätigung bereits einbezogen sind. Die Entschädigungssanktion erstreckt sich – entsprechend der Unterscheidung zwischen den Schutzbereichen der Art. 14 und 12 GG (vgl. dazu Senatsurteil BGH 111, 349, 355 m.w.N.) – nur auf das „Erworbene, nicht auf das erst zu Erwerbende”. Für eine Ausdehnung des richterrechtlich entwickelten Rechtsinstituts des enteignungsgleichen Eingriffs auch auf den durch Art. 12 gegebenenfalls gewährleisteten Erwerbsschutz gibt es keine Grundlage (Krohn, Enteignung, Entschädigung, Staatshaftung, 1993 Rn. 34); ebensowenig für die Zuerkennung eines analogen Entschädigungsanspruchs wegen aufopferungsgleichen Eingriffs (so bereits Senatsbeschluß vom 27. Mai 1993 – III ZR 142/92 – zum Abdruck in BGHR GG Art. 12 Abs. 1 Berufsfreiheit 1 vorgesehen; vgl. Rinne, DVBl. 1993, 869).
3. Ansprüche aus sonstigen rechtlichen Gesichtspunkten, insbesondere demjenigen der Amtshaftung, sind ebenfalls nicht erkennbar.
Unterschriften
Krohn, Engelhardt, Rinne, Wurm, Deppert
Fundstellen
Haufe-Index 1444684 |
NJW 1994, 2229 |
NVwZ 1994, 1040 |