Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 18.09.1992; Aktenzeichen 15 O 520/91)

 

Tenor

Die Sprungrevision des Klägers gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 18. September 1992 – 15 O 520/91 – wird nicht angenommen.

Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).

Streitwert: 337.200 DM.

 

Gründe

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 554 b ZPO). Die Revision hat im Ergebnis auch keine Aussicht auf Erfolg (BVerfGE 54, 277).

1. Ein Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs steht dem Kläger nicht zu. Die verfassungswidrige Prüfungsentscheidung tangierte keine eigentumsmäßig geschützte Rechtsposition des Klägers. Berührt wurde allenfalls sein Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 80, 1, 26), nicht jedoch dasjenige des Art. 14 GG. Die Beeinträchtigung der Berufsfreiheit vermochte jedoch für sich allein genommen einen Entschädigungsanspruch nicht zu begründen (Senatsurteil BGHZ 111, 349, 355 f – „Kakao-Verordnung” –; bestätigt durch BVerfG, Beschluß vom 29. Juli 1991 – 1 BvR 868/90 = NJW 1992, 36). Auch die Chance, aufgrund der bestandenen Prüfung später einen Arbeitsplatz zu erhalten, fällt nicht in den Schutzbereich der Eigentumsgarantie (vgl. Senatsbeschluß vom 16. Februar 1989 – III ZR 28/88 – unveröffentlicht; mitgeteilt bei Schwager/Krohn, Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Enteignungsrecht, WM 1991, 33, 35 bei Fußn. 13).

2. Im Hinblick auf das Senatsurteil BGHZ 111, 349 ist im wissenschaftlichen Schrifttum die Frage aufgeworfen worden, ob rechtswidrige Eingriffe in das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG Entschädigungsansprüche wegen Aufopferung oder wegen aufopferungsgleichen Eingriffs begründen können (vgl. insbes. die Urteilsanmerkungen von Maurer, JZ 1991, 38, 39 und Schenke/Guttenberg, DÖV 1991, 945, 953). In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werden derartige Ansprüche bisher jedoch stets verneint (s. dazu auch Boujong, Zu den enteignungsrechtlichen Schutzgrenzen des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nach der Rechtsprechung, Festschrift für Rudolf Nirk, 1992, S. 61, 63, 66 f). Auch der vorliegende Fall gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlaß. Die Entschädigungssanktion ist auf solche Rechtspositionen ausgerichtet und beschränkt, die dem Schutz der Eigentumsgarantie unterstehen. Daher stellen Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung einen entschädigungspflichtigen Eingriff nicht dar, ausgenommen, die hoheitliche Einwirkung beeinträchtigt konkrete „Rechtspositionen”, die in eine berufliche Betätigung bereits einbezogen sind. Die Entschädigungssanktion erstreckt sich – entsprechend der Unterscheidung zwischen den Schutzbereichen der Art. 14 und 12 GG (vgl. dazu Senatsurteil BGH 111, 349, 355 m.w.N.) – nur auf das „Erworbene, nicht auf das erst zu Erwerbende”. Für eine Ausdehnung des richterrechtlich entwickelten Rechtsinstituts des enteignungsgleichen Eingriffs auch auf den durch Art. 12 gegebenenfalls gewährleisteten Erwerbsschutz gibt es keine Grundlage (Krohn, Enteignung, Entschädigung, Staatshaftung, 1993 Rn. 34); ebensowenig für die Zuerkennung eines analogen Entschädigungsanspruchs wegen aufopferungsgleichen Eingriffs.

3. Ansprüche aus sonstigen rechtlichen Gesichtspunkten, insbesondere demjenigen der Amtshaftung, sind ebenfalls nicht erkennbar.

 

Unterschriften

Krohn, Werp, Rinne, Wurm, Deppert

 

Fundstellen

Haufe-Index 1444682

NJW 1994, 1468

BGHR

NVwZ 1994, 725

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