Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Prüfung des Zusammenschlußtatbestands des § 37 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 GWB sind einem Unternehmen die von einem Treuhänder erworbenen Anteile an einem anderen Unternehmen jedenfalls dann zuzurechnen, wenn es als Treugeber nicht nur das wirtschaftliche Risiko des Anteilserwerbs trägt, sondern auch in der Lage ist, die mit dem Anteil verbundene Leitungsmacht über das andere Unternehmen auszuüben. Da der Treuhänder im allgemeinen die ihm als Gesellschafter zustehenden Mitwirkungsrechte in Abstimmung mit dem Treugeber und jedenfalls in dessen Interesse wahrnimmt, ist letztere Voraussetzung beim Treuhanderwerb regelmäßig gegeben.
Normenkette
GWB § 37 Abs. 1 Nr. 3 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Kartellsenats des Kammergerichts vom 16. Dezember 1998 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 bis 4 zurückgewiesen.
Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 4 Mio. DM festgesetzt.
Gründe
A.
Die Beteiligte zu 3 (im folgenden: IKZ-KG) verlegt die regionale Abonnement-Tageszeitung „Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung” (im folgenden: IKZ), die im wesentlichen in den Orten Iserlohn, Hemer und Letmathe vertrieben wird. Die Tagesauflage der IKZ betrug 1996 28.168 Exemplare, der Marktanteil in ihrem Verbreitungsgebiet rund 89 %. Der Gesamtumsatz der IKZ-KG belief sich 1996 auf insgesamt ca. 19,24 Mio. DM, wovon 18,96 Mio. DM mit der IKZ erzielt wurden (Vertrieb 7,24 Mio. DM; Anzeigengeschäft 11,72 Mio. DM).
Die Beteiligte zu 1 (im folgenden: WAZ-ZB) und die Beteiligte zu 2 (im folgenden: WAZ-B&F) sind die Obergesellschaften der WAZ-Gruppe, des größten Tageszeitungsverlags in Nordrhein-Westfalen. Die WAZ-Gruppe verlegt die regionalen Abonnement-Tageszeitungen „Westdeutsche Allgemeine Zeitung”, „Neue Ruhr/Rhein Zeitung”, „Westfälische Rundschau” und „Westfalenpost”, ferner regionale Abonnement-Tageszeitungen in Thüringen sowie Zeitschriften. Sie ist ferner an Zeitungsverlagen in Österreich, Ungarn und Bulgarien beteiligt. Der Umsatz des Konzerns belief sich 1996 auf mehr als 3 Mrd. DM.
Im Verbreitungsgebiet der IKZ erscheint als weitere regionale Abonnement-Tageszeitung nur noch die Ortsausgabe 177 der von der WAZ-Gruppe verlegten „Westfälischen Rundschau” mit einer Auflage von 3.516 Exemplaren und einem Marktanteil von rund 11 %.
In den Orten Iserlohn, Letmathe und Hemer wird das Anzeigenblatt „Stadtspiegel” in einer Auflage von insgesamt 65.000 Exemplaren verteilt. Herausgeber ist eine zur WAZ-Gruppe gehörende Gesellschaft. Außer dem „Stadtspiegel” gibt es nur noch den von der Wochenkurier Verlagsgesellschaft mbH, Hagen, herausgegebenen „Wochenkurier Iserlohn” mit einer Auflage von rund 58.000 Exemplaren. Sein Verbreitungsgebiet erfaßt neben den genannten Orten die Stadt Menden. Das von der IKZ-KG früher herausgegebene Anzeigenblatt „Märkischer Anzeiger” hat sein Erscheinen ebenso eingestellt wie der von der Ippen-Gruppe verlegte „Wochenanzeiger” und das Anzeigenblatt „Auf Zack” des Hubert-Joithe-Verlags.
Persönlich haftende Gesellschafterin der IKZ-KG ist die W. Verwaltungsgesellschaft mbH (im folgenden: IKZ-GmbH), an der die WAZ-B&F mit 24,8 % und die Beteiligte zu 5 (im folgenden: Frau G.) mit 75,2 % beteiligt sind. Der IKZ-GmbH – einer der beiden Geschäftsführer ist der Beteiligte zu 4 (im folgenden: Herr W.) – obliegen Geschäftsführung und Vertretung der IKZ-KG, doch bedarf sie zu allen Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes hinausgehen, der Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Diese entscheidet mit einfacher Mehrheit der Stimmen.
Die WAZ-Gruppe ist bereits seit 1983 an den IKZ-Gesellschaften mit damals durch die WAZ-B&F erworbenen Kommandit- bzw. Geschäftsanteilen von jeweils 24,8 % beteiligt. Im Zusammenhang mit diesem Erwerb waren Gesellschaftsvertrag und Satzung der IKZ-Gesellschaften in einer Weise geändert worden, daß nach Ansicht des Bundeskartellamts die WAZ-B&F eine Rechtsstellung erworben hatte, die bei einer Aktiengesellschaft der Stellung eines Aktionärs mit Sperrminorität entspricht (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 GWB a.F.). Zur Abwendung einer bevorstehenden Untersagung des Zusammenschlusses wurden die entsprechenden Einflußrechte des Minderheitsgesellschafters wieder gestrichen. 1989 wurden sie jedoch erneut eingeführt, nachdem die Beteiligungen an IKZ-KG und IKZ-GmbH auf eine Gesellschaft übertragen worden waren, deren Anteile von Mitgliedern der Familien der Gesellschafter der WAZ-B&F gehalten wurden. Das Bundeskartellamt hat diese Gesellschaft damals als ein Unternehmen angesehen, das mit der WAZ-Gruppe einen Gleichordnungskonzern bildet, und hat den in dem Erwerb liegenden Zusammenschluß (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 4 GWB a.F.) untersagt. Diese Untersagungsverfügung ist bestandskräftig geworden (vgl. BGHZ 121, 137 – Zurechnungsklausel). Inzwischen liegen die Anteile an IKZ-Gesellschaften wieder bei der WAZ-B&F.
Im Zusammenhang mit diesem Erwerbsvorgang trafen WAZ-Gruppe und IKZ-KG 1989 verschiedene Kooperationsvereinbarungen, die von der Untersagung des Zusammenschlusses nicht berührt und entsprechend durchgeführt wurden: Die Ausgabe der „Westfalenpost” für Iserlohn, Hemer und Letmathe wurde eingestellt, wofür die IKZ-KG 1 Mio. DM zahlte. Weitere 400.000 DM zahlte die IKZ-KG dafür, daß ihr die WAZ-Gruppe – mit Ausnahme der „Westfälischen Rundschau” und der Anzeigenblätter – bis Ende 1993 keine Konkurrenz machte. Außerdem wurde für die IKZ und die entsprechende Ortsausgabe 177 der „Westfälischen Rundschau” eine Anzeigentarifgemeinschaft gebildet; die beiden Zeitungen können seither nur gemeinsam belegt werden. Ferner wurde ein Mantellieferungsvertrag geschlossen, nach dem die WAZ-Gruppe den Zeitungshauptteil für die IKZ liefert. Die IKZ-KG hat schließlich die technische Herstellung der IKZ einer zur WAZ-Gruppe gehörenden Druckerei übertragen.
Am Kommanditkapital der IKZ-KG waren zunächst neben der WAZ-B&F Frau G. mit 24,572 %, die Beteiligten zu 6 (im folgenden: Frau Gr.) und zu 7 (im folgenden: Frau K.) mit jeweils 24,064 % sowie – seit 1989 – Herr W. mit 2,5 % beteiligt. Durch notariellen Vertrag vom 14. Oktober 1992 erwarb Herr W. mit Wirkung zum 1. Oktober 1992 den Kommanditanteil von Frau Gr.. Diese war im Dezember 1989 durch Beschluß der Gesellschafterversammlung der IKZ-KG als Kommanditistin ausgeschlossen worden. Der im Anschluß daran geführte Rechtsstreit über die Berechtigung des Ausschlusses endete nach der Veräußerung des Anteils an Herrn W. durch einen Vergleich. Den Kaufpreis für den Kommanditanteil stellte die WAZ-ZB Herrn W. zur Verfügung. Im Zusammenhang mit der Finanzierung des Anteilserwerbs schloß die WAZ-ZB mit Herrn W. eine Vereinbarung, die im wesentlichen folgenden Inhalt hat:
I.
1. Herr W. hat von Frau Gr. deren Beteiligung an der Kommanditgesellschaft in Firma „Zeitungsverlag Iserlohn” Iserlohner Kreisanzeiger und Zeitung (IKZ) W. Verlags-GmbH & Co. Kommanditgesellschaft (…) (Kommanditeinlage von nom. 96.256 DM) mit Wirkung ab 1.10.1992 zum Kaufpreis von 2 Mio. DM erworben. …
2. WAZ-ZB hat Herrn W. den Kaufpreis in Höhe von 2 Mio. DM darlehensweise zur Verfügung gestellt. …
Sollte über den nach Ziff. 1 von Herrn W. erworbenen Gr.-Anteil in einer Weise verfügt werden, die die in dieser Vereinbarung geregelten Rechte der WAZ-ZB beeinträchtigen oder sollte der Gr.-Anteil nicht nach Maßgabe der nachstehenden Vereinbarungen auf die WAZ-ZB oder auf eine von ihr benannte natürliche oder juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft übergehen, so kann die WAZ-ZB die Rückzahlung des Darlehens verlangen.
3. Herr W. steht dafür ein, daß aus den Gewinnen, die für die Zeit vom 1.1.1993 auf die in Absatz 1 Ziff. 1 genannte Gr.-Kommanditbeteiligung von nom. 96.256 DM entfallen, der WAZ-ZB ein Teilbetrag von bis zu 200.000 DM p.a. zufließt, sowie ferner, daß aus dem über 200.000 DM hinausgehenden Gewinn, der auf die vorbezeichnete Kapitalbeteiligung entfällt, der WAZ-ZB die Hälfte davon p.a. zufließt.
Diese Regelung gilt, solange der Gr.-Anteil nicht nach Maßgabe der nachstehenden Vereinbarungen auf die WAZ-ZB oder auf eine von ihr benannte natürliche oder juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft übergegangen oder das o.a. Darlehen nicht zurückgezahlt ist.
II.
1. Die Vertragsparteien vereinbaren hiermit bereits jetzt die unentgeltliche Übertragung des in Abschn. I Ziff. 1 bezeichneten Gesellschaftsanteils mit allen damit verbundenen Rechten und Ansprüchen auf die WAZ-ZB
- für den Fall der Eröffnung des Konkurs- oder Vergleichsverfahrens über das Vermögen des Herrn W. oder den Fall der Ablehnung der Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse;
- für den Fall, daß Maßnahmen der Einzelzwangsvollstreckung in den von Herrn W. gehaltenen Gesellschaftsanteil gemäß Abschn. I Ziff. 1 ausgebracht werden;
- für den Fall, daß Herr W. den in Abschn. I Ziff. 1 bezeichneten Gesellschaftsanteil ohne Einwilligung der WAZ-ZB auf einen Dritten übertragen oder verpfänden sollte.
2. Herr W. überträgt hiermit den in Abschn. I Ziff. 1 bezeichneten Gesellschaftsanteil mit allen damit verbundenen Rechten und Ansprüchen mit Wirkung vom 1.4.2002 unentgeltlich auf die WAZ-ZB.
3. Herr W. überträgt den in Abschn. I Ziff. 1 bezeichneten Gesellschaftsanteil mit allen damit verbundenen Rechten und Ansprüchen hiermit unter der aufschiebenden Bedingung seines Ablebens (vor dem 1.4.2002) unentgeltlich auf die WAZ-ZB. Die Wirkung dieser Übertragung tritt somit erst mit Eintritt der aufschiebenden Bedingung, nämlich dem Ableben von Herrn W., ein.
4. Vorsorglich bevollmächtigt Herr W. die WAZ-ZB unwiderruflich und über den Tod hinaus, über den in Abschn. I Ziff. 1 bezeichneten Gesellschaftsanteil und die mit ihm verbundenen Rechte und Ansprüche zwecks Realisierung/Sicherstellung ihrer Rechte aus diesem Vertrag ganz oder teilweise zu verfügen. Die WAZ-ZB ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und berechtigt, Untervollmachten zu erteilen.
III.
1. Herr W. verpflichtet sich hierdurch, sich um den Erwerb der Beteiligung an der in Abschn. I Ziff. 1 bezeichneten Kommanditgesellschaft von nom. 96.256 DM nach besten Kräften zu bemühen, die von Frau K. … gehalten wird.
2. WAZ-ZB verpflichtet sich hierdurch, bei der Finanzierung des Erwerbs genauso behilflich zu sein wie beim Erwerb des Gr.-Anteils (Abschn. I).
3. Es ist hierdurch bereits vereinbart, daß die Vereinbarungen in Abschn. I und II in gleicher Weise bzw. sinngemäß auch für die vorbezeichnete K.-Beteiligung gelten, sobald diese von Herrn W. erworben werden konnte. …
V.
Die in den vorstehenden Abschnitten geregelten Rechte der WAZ-ZB können von dieser auf eine von ihr benannte natürliche oder juristische Person oder auf eine andere Personenhandelsgesellschaft übertragen werden. …
Durch Vertrag vom 4. Oktober 1994 erwarb Herr W. den Kommanditanteil von Frau K., wiederum zum Preis von 2 Mio. DM. Auch hier stellte die WAZ-ZB das Geld zur Verfügung und traf mit Herrn W. eine Finanzierungsvereinbarung, die weitgehend mit der vorstehend wiedergegebenen Vereinbarung identisch ist. In Klausel II.2 und 3 ist statt dem 1. April 2002 der 1. April 2005 genannt, ferner ist die im ersten Vertrag unter III. aufgeführte Absichtserklärung nicht enthalten.
Das Bundeskartellamt sieht in dem Erwerb der beiden Kommanditanteile durch Herrn W. Zusammenschlüsse zwischen der WAZ-ZB und der IKZ-KG und hat diese mit Beschluß vom 27. Februar 1998 untersagt (BKartA WuW/E DE-V 40). Die hiergegen gerichteten Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 4 hat das Kammergericht zurückgewiesen (KG WuW/E DE-R 336). Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1 bis 4 ihren Antrag auf Aufhebung der Untersagungsverfügung weiter. Das Bundeskartellamt beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
B.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
I. Das Kammergericht hat die beiden Erwerbsvorgänge als Zusammenschlüsse zwischen WAZ-ZB und IKZ-KG angesehen, die das Bundeskartellamt nach § 24 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 GWB a.F. mit Recht untersagt habe. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Der Erwerb des Kommanditanteils von Frau Gr. durch Herrn W. erfülle den Zusammenschlußtatbestand nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 lit. a GWB a.F. Die WAZ-Gruppe habe durch diesen Erwerb ihre Beteiligung an der IKZ-KG von 24,8 % auf 48,864 % erhöht. Sie müsse sich den von Herrn W. erworbenen Gr.-Anteil nach § 23 Abs. 2 Satz 2 2. Alt. GWB a.F. zurechnen lassen, da Herr W. den Anteil für die WAZ-Gruppe erworben habe und ihn treuhänderisch halte. Eine Beteiligung sei dem Treugeber jedenfalls dann zuzurechnen, wenn er das wirtschaftliche Risiko des Erwerbs trage und ihm die Möglichkeit eröffnet sei, die Einwirkungs- und Leitungsbefugnisse in den erworbenen Unternehmen auszuüben. Eine verständige Würdigung der zwischen der WAZ-ZB und Herrn W. geschlossenen Vereinbarung ergebe nach den gesamten Umständen des Falles, daß die WAZ-Gruppe nicht nur das wirtschaftliche Risiko der Beteiligung trage, sondern auch die Ausübung der Verwaltungs- und Stimmrechte durch Herrn W. beeinflussen könne. Dies gelte unabhängig davon, ob Herr W. eine ausdrückliche vertragliche Verpflichtung eingegangen sei, diese Rechte nach Weisung der WAZ-Gruppe wahrzunehmen.
Entgegen dem Wortlaut der Vereinbarung habe Herr W. von der WAZ-ZB kein Darlehen erhalten. Eine Rückzahlung sei nach dem Vertrag grundsätzlich nicht vorgesehen gewesen. Statt dessen habe der erworbene Anteil am 1. April 2002 unentgeltlich auf die WAZ-ZB übergehen sollen, die auch das Risiko einer Insolvenz der IKZ-KG übernommen habe. Denn sie sei nur dann berechtigt, die Rückzahlung des überlassenen Geldes zu verlangen, wenn Herr W. über den Kommanditanteil in einer Weise verfüge, die die Rechte der WAZ-Gruppe beeinträchtige, oder wenn der Anteil nicht auf sie übergehe. Das sei auch interessengerecht, weil der wirtschaftliche Vorteil, den Herr W. aus der Vereinbarung ziehe, nur in seiner Beteiligung an Erträgen von mehr als 200.000 DM bestehe. Diese Beteiligung sei als Aufwandsentschädigung für seine Bereitschaft anzusehen, den Anteil vorübergehend für die WAZ-Gruppe zu halten. Herr W. trage kein Verlustrisiko, weil eventuelle Verluste auf neue Rechnung vorgetragen würden, also die künftig ausschüttbaren Gewinne minderten. Die WAZ-Gruppe sei ferner nicht berechtigt, die Rückzahlung des Geldes zu verlangen, wenn die IKZ-KG dauerhaft Verluste erwirtschafte. Der Übergang des Anteils sei bereits vertraglich vereinbart und hänge allein vom Zeitablauf und von der Zustimmung der Gesellschafter der IKZ-KG ab.
Auch die Bevollmächtigung der WAZ-ZB in Klausel II.4 der Vereinbarung verdeutliche, daß der Kommanditanteil der WAZ-Gruppe zuzurechnen sei. Die Einräumung einer so weit reichenden Verfügungsbefugnis spreche dafür, daß Herr W. nicht sich selbst, sondern die WAZ-ZB als wirtschaftliche Eigentümerin des Anteils ansehe. Anhaltspunkte dafür, daß Herr W. in der Ausübung der mit dem Anteil verbundenen Verwaltungs- und Stimmrechte von der WAZ-Gruppe unabhängig sein könne, seien nicht ersichtlich.
Durch den Zusammenschluß werde die marktbeherrschende Stellung der IKZ-KG auf dem Markt für regionale Abonnement-Tageszeitungen verstärkt. Jedenfalls mit der Ortsausgabe 177 der „Westfälischen Rundschau” stehe die IKZ noch in einem Wettbewerbsverhältnis. Wenn auch die WAZ-Gruppe aufgrund der vor dem Zusammenschluß getroffenen Kooperationsvereinbarungen weitgehend auf Wettbewerbsanstrengungen verzichtet habe, führe die Erhöhung der Beteiligung doch zu einer Stabilisierung der Tendenz zur gegenseitigen Rücksichtnahme. Angesichts der bereits bestehenden hohen Konzentration genüge dies für die Annahme einer Verstärkungswirkung. Die IKZ-KG könne zudem von der Finanzkraft der WAZ-Gruppe profitieren. Aus den gleichen Gründen führe der Zusammenschluß auch zu einer Verstärkung der Stellung der IKZ-KG auf dem regionalen Anzeigenmarkt.
Der Erwerb des Kommanditanteils von Frau K. durch Herrn W. erfülle den Zusammenschlußtatbestand nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 lit. c GWB a.F. Dieser Anteil sei der WAZ-Gruppe aus den gleichen Gründen zuzurechnen wie der Gr.-Anteil. Daß die WAZ-Gruppe die Möglichkeit erlangt habe, Leitungsmacht auszuüben, zeige sich hier zusätzlich darin, daß für die IKZ-GmbH zunächst Herr R., später an dessen Stelle Herr H. – beide Mitarbeiter der WAZ-Gruppe – als Mitgeschäftsführer bestellt worden seien und Herr W. nun nicht mehr allein zur Vertretung der Gesellschaften befugt sei. Als Ausdruck der Übernahme der Leitungsmacht durch die WAZ-Gruppe sei ferner ein am 1. Oktober 1994 geschlossener Vertrag anzusehen, durch den die IKZ-KG der WAZ-Gruppe die Finanz- und Personalbuchhaltung und -abrechnung übertragen habe. Durch die weitere Erhöhung der Beteiligung an der IKZ-KG werde deren Stellung auf den relevanten Märkten nochmals verstärkt.
Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg.
II.
Mit Recht hat das Kammergericht in dem Erwerb des Gr.-Anteils durch Herrn W. einen Zusammenschluß nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 lit. a GWB a.F. (§ 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. b GWB n.F.) gesehen, durch den die marktbeherrschende Stellung der IKZ-KG auf dem mit dem Verbreitungsgebiet der IKZ übereinstimmenden regionalen Pressemarkt weiter verstärkt worden ist.
1. Für die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Falles ist die erst nach dem angefochtenen Beschluß des Kammergerichts in Kraft getretene Neufassung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zugrunde zu legen. Denn die angefochtene Untersagungsverfügung wirkt in die Zukunft; sie kann nur Bestand haben, wenn sie nach der zum Zeitpunkt der Entscheidung durch das Rechtsbeschwerdegericht geltenden Rechtslage zu Recht ergangen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 18.1.2000 – KVR 23/98, WuW/E Verg 297, 305 – Tariftreueerklärung II, m.w.N.). Die im Streitfall heranzuziehenden gesetzlichen Bestimmungen sind freilich in die Neufassung des Gesetzes im wesentlichen unverändert übernommen worden, so daß sich die Änderung auf die Entscheidung nicht auswirkt.
2. Mit Recht hat das Kammergericht in dem Erwerb des Gr.-Anteils durch Herrn W. einen Zusammenschluß nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 lit. a GWB a.F. (§ 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. b GWB n.F.) gesehen.
a) Ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Annahme des Kammergerichts, Herr W. habe den Gr.-Anteil nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 2. Alt. GWB a.F. (§ 37 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 1. Alt. GWB n.F.) „für Rechnung” der WAZ-Gruppe erworben, der der Erwerb daher zuzurechnen sei. Dabei kommt es hier nicht auf die Streitfrage an, ob – um von einer solchen Zurechnung ausgehen zu können – derjenige, für dessen Rechnung gehandelt wurde, nicht nur das wirtschaftliche Risiko des Erwerbs tragen, sondern darüber hinaus auch in der Lage sein muß, Leitungsmacht über das erworbene Unternehmen auszuüben (so insbesondere Riesenkampff, WuW 1996, 5, 8; Paschke in Frankfurter Kommentar zum GWB, 3. Aufl., § 23 Rdn. 172; verneinend KG WuW/E OLG 3367, 3368 f. – Metro-Kaufhof; Ruppelt in Langen/Bunte, Kartellrecht, 9. Aufl., § 37 GWB Rdn. 37; Mestmäcker in Immenga/Mestmäcker, GWB, 2. Aufl., § 23 Rdn. 180; Turnher, WuW 1994, 303, 312; Monopolkommission, Hauptgutachten IV [1980/81], Tz. 549). Denn im Streitfall hat die WAZ-Gruppe nicht nur das wirtschaftliche Risiko des Erwerbs des Gr.-Anteils durch Herrn W. übernommen (dazu b); sie ist auch in der Lage, Einfluß auf die Ausübung der mit diesem Anteil verbundenen Stimmrechte zu nehmen (dazu c).
b) Nach der Auslegung des Kammergerichts ist die „Finanzierungsvereinbarung” zwischen der WAZ-ZB und Herrn W. nach ihrem Sinn und Zweck darauf gerichtet, daß der Gr.-Anteil zunächst treuhänderisch von Herrn W. erworben wird, das wirtschaftliche Risiko des Anteilserwerbs von vornherein im wesentlichen bei der WAZ-Gruppe liegen und der Anteil über kurz oder lang auf diese übergehen solle. Diese Vertragsauslegung ist in erster Linie Sache des Tatrichters. Sie kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur in beschränktem Umfang dahin überprüft werden, ob sie auf Verfahrensfehlern beruht und ob gesetzliche oder allgemein anerkannte Auslegungsregeln, die Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt sind. Solche Rechtsfehler zeigt die Rechtsbeschwerde nicht auf.
aa) Bereits die Fassung der Klausel I.2 des Vertrags spricht dafür, daß es der WAZ-ZB nicht darum zu tun war, Herrn W. Geld zur Verfügung zu stellen, um ihm den Erwerb des Gr.-Anteils zu eigenem Nutzen zu ermöglichen. Vielmehr ist das Interesse der WAZ-Gruppe nach dieser vertraglichen Bestimmung darauf gerichtet, ihren Einfluß in der IKZ-KG zu erhöhen und den Übergang dieses Anteils auf sich zu einem späteren Zeitpunkt sicherzustellen. Denn der Vertrag sieht einen Anspruch auf „Darlehensrückzahlung” nur für den Fall vor, daß Herr W. über den Anteil in einer den Vertragszweck gefährdenden Weise verfügt, enthält jedoch ansonsten keine Regelung über Zeitpunkt und Modalitäten der Rückzahlung des überlassenen Betrags oder dessen Verzinsung.
Die Einwände, die die Rechtsbeschwerde gegen diese Annahme erhebt, sind nicht begründet. Die in Rede stehende Vereinbarung ist entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung nach Wortlaut und Zweck keineswegs eindeutig als ein Darlehensvertrag anzusehen, der für eine abweichende Auslegung keinen Raum ließe. Auch dem Umstand, daß die Parteien in dem Vertrag vereinbart haben, die WAZ-ZB stelle den Kaufpreis für den Erwerb des Anteils „darlehensweise” zur Verfügung, kann unter den gegebenen Umständen, in denen sich die Frage einer Verschleierung eines Zusammenschlußtatbestandes stellt, keine entscheidende Bedeutung zukommen. Vielmehr ist zu fragen, ob die Vereinbarung nach den übernommenen Vertragspflichten und den zum Ausdruck gebrachten Interessen der Parteien einem Darlehensvertrag entspricht. Diese Frage hat das Kammergericht rechtsfehlerfrei verneint. Es hat darauf hingewiesen, daß die Rückzahlung des Darlehens im Vertrag nicht als Regelfall vorgesehen ist. Als Regelfall der Abwicklung tritt vielmehr die Übertragung des zunächst von Herrn W. erworbenen Geschäftsanteils in den Vordergrund. Auch die Annahme des Kammergerichts, Herr W. sei nach dem Vertrag zur Rückzahlung des Darlehens nicht verpflichtet, weist keine Rechtsfehler auf. Die Rechtsbeschwerde verweist darauf, daß nach Ziffer I.3 des Vertrages die Regelung über die Gewinnabführung an die WAZ-ZB Geltung beanspruche, solange „der Gr.-Anteil nicht … auf die WAZ-ZB … übergegangen oder das o.a. Darlehen nicht zurückgezahlt” sei. Abgesehen davon, daß auch hier die Übertragung des Geschäftsanteils an die WAZ-Gruppe im Vordergrund steht, läßt sich der fraglichen Klausel nicht entnehmen, daß Herr W. berechtigt oder verpflichtet wäre, die für den Erwerb des Anteils bereitgestellte Summe an die WAZ-ZB zurückzuzahlen. Die Erwähnung der Darlehensrückzahlung in dieser Bestimmung erklärt sich daraus, daß die WAZ-ZB nach Ziffer I.2 des Vertrages die Rückzahlung des Darlehens für den Fall beanspruchen kann, daß Herr W. der primären Verpflichtung auf Übertragung des Geschäftsanteils nicht nachkommt.
bb) Auch die Klausel II.1 des Vertrags deutet darauf hin, daß Herrn W. keine generelle Rückzahlungsverpflichtung trifft. Die Regelung dient dazu, den Zugriff der Gläubiger des Herrn W. auf den von diesem treuhänderisch erworbenen Anteil für den Fall zu verhindern, daß er in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät. Daß für diesen Fall die Verpflichtung zur Rückzahlung entfällt, ist nicht geregelt. Entsprechendes gilt für die Klauseln II.2 und II.3 des Vertrags, wonach Herr W. den Anteil unter der aufschiebenden Bedingung seines Ablebens, spätestens jedoch zum 1. April 2002 unentgeltlich auf die WAZ-ZB überträgt. Auch hier schweigt der Vertrag dazu, wie sich die Anteilsübertragung auf eine Rückzahlungsverpflichtung auswirkt. Dieses Schweigen des Vertragstextes läßt sich zwanglos damit erklären, daß eine (Rück-)Zahlung des von der WAZ-ZB für den Anteilserwerb zur Verfügung gestellten Betrages nur ausnahmsweise für den Fall vorgesehen sein sollte, daß der eigentliche Vertragszweck – Übertragung des Geschäftsanteils an die WAZ-Gruppe – vereitelt werden sollte.
cc) Für das vom Kammergericht zugrundegelegte Verständnis der Vereinbarung spricht ferner die in Klausel III.1 getroffene Regelung. Die Herrn W. treffende Verpflichtung, sich um den Erwerb auch des K.-Anteils zu bemühen, sowie die Abrede, daß für diesen Fall die Abschnitte I und II der Vereinbarung entsprechend gelten sollten, erklären sich allein aus dem Interesse der WAZ-Gruppe, maßgeblichen Einfluß in der IKZ-KG zu erlangen. Welchen Sinn dagegen solche Regelungen haben sollten, wenn der Vertrag darauf gerichtet wäre, Herrn W. den Erwerb des Anteils im eigenen Interesse zu ermöglichen, ist weder von der Rechtsbeschwerde dargetan noch sonst ersichtlich.
dd) Zutreffend ist weiter die Annahme des Kammergerichts, daß das wirtschaftliche Risiko des Anteilserwerbs nach der Vereinbarung im wesentlichen von der WAZ-Gruppe zu tragen ist. Nach der Regelung in Ziffer I.3 des Vertrags steht der WAZ-ZB ein auf den Gr.-Anteil entfallender Gewinn der IKZ-KG bis zu einem Betrag von 200.000 DM vollständig, darüber hinaus zur Hälfte zu. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Kammergerichts floß der Gewinn in den ersten Jahren nach dem Erwerb des Anteils vollständig der WAZ-Gruppe zu, da der Gewinn unter 200.000 DM lag. Zu Recht hat das Kammergericht aber auch angenommen, daß das Verlustrisiko im wesentlichen bei der WAZ-Gruppe liegt. Dem Vertrag ist nicht zu entnehmen, daß Herr W. für einen eventuellen Verlust einzustehen hat. Ein solcher ist vielmehr nach der tatrichterlichen Vertragsauslegung durch das Kammergericht auf die folgenden Jahre vorzutragen und mindert den überwiegend der WAZ-Gruppe zustehenden Gewinn.
Der Einwand der Rechtsbeschwerde, die WAZ-ZB habe im Fall einer drohenden Insolvenz oder mehrjähriger Verluste der IKZ-KG die Möglichkeit, sich von der Finanzierungsvereinbarung zu lösen, greift ebenfalls nicht durch. Das Kammergericht hat die Vereinbarung dahin ausgelegt, daß die WAZ-ZB nur unter den in Klausel I.2 genannten Voraussetzungen befugt sei, die Rückzahlung des überlassenen Betrages zu verlangen. Es hat in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, daß der Vertrag ansonsten keine Regelung über die Rückzahlung des überlassenen Betrags enthalte, und daraus gefolgert, daß Klausel I.2 als abschließende Regelung zu verstehen sei. Diese Auslegung ist nicht nur möglich, sie liegt im Hinblick auf die Gesamtumstände auch nahe.
ee) Schließlich ist nicht zu beanstanden, daß das Kammergericht bei der Auslegung der Vereinbarung auch die gescheiterten Versuche der WAZ-Gruppe berücksichtigt hat, in den Jahren 1983 und 1989 maßgeblichen Einfluß auf die IKZ-Gesellschaften zu gewinnen.
c) Die WAZ-Gruppe ist darüber hinaus aufgrund der Vereinbarung jedenfalls tatsächlich in der Lage, Einfluß auf die Ausübung der mit dem Anteil verbundenen Stimmrechte zu nehmen.
aa) Wie bereits dargelegt, kommt es vorliegend nicht auf die Streitfrage an, ob für die Zurechnung eines Anteils aufgrund eines Treuhandverhältnisses (§ 37 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 1. Alt. GWB) lediglich auf die Risikoverteilung („für Rechnung dieses Unternehmens”) abzustellen ist oder ob zusätzlich der Treugeber in der Lage sein muß, die Verwaltungsrechte hinsichtlich des von einem Dritten als Treuhänder gehaltenen Anteils wahrzunehmen. Auch wenn eine ausdrückliche Vereinbarung fehlt, entspricht es der Natur des Treuhandverhältnisses und dem von den Parteien mit dieser Konstruktion verfolgten Zweck, daß der Treuhänder die ihm aufgrund seiner Stellung als Gesellschafter zustehenden Rechte im allgemeinen in Abstimmung mit dem Treugeber und jedenfalls in dessen Interesse wahrnimmt (vgl. Ruppelt in Langen/Bunte aaO § 37 GWB Rdn. 36; Riesenkampff, WuW 1996, 5, 9).
Darüber hinaus rechtfertigt die im Kartellrecht gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise regelmäßig die Vermutung, daß derjenige, der das wirtschaftliche Risiko einer Beteiligung trägt, auch auf die Ausübung der mit dieser verbundenen Stimmrechte Einfluß nimmt; zugleich ist anzunehmen, daß seine Interessen auch ohne das Bestehen eines rechtlich verbindlichen Weisungsrechts berücksichtigt werden (Kleinmann/Bechtold, Kommentar zur Fusionskontrolle, 2. Aufl., § 23 GWB Rdn. 114 und 385; Kerber, Die Unternehmensentflechtung nach dem GWB, S. 168; Stein, Der wettbewerblich erhebliche Einfluß in der Fusionskontrolle, S. 109 f.). Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich – wie hier – um die Beteiligung an einem Wettbewerber handelt.
Die Annahme, daß die Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg oder Mißerfolg eines Unternehmens mit einem tatsächlichen Einfluß auf dessen Geschäftspolitik einhergeht, lag auch der im Zuge der 5. GWB-Novelle erfolgten Änderung des § 23 Abs. 2 Nr. 2 lit. a und b GWB a.F. zugrunde. Die vorgeschlagene und später Gesetz gewordene Regelung, für das Vorliegen eines Zusammenschlußtatbestands auch den Erwerb eines Kapitalanteils in Höhe von 25 % oder mehr genügen zu lassen, wurde damit begründet, daß die Erhöhung der Beteiligung an einem Unternehmen, auch wenn damit keine Erhöhung des durch die Stimmrechte vermittelten Einflusses verbunden sei, eine intensivere tatsächliche Einflußnahme zur Folge habe (BT-Drucks. 11/4610, S. 19). Diese Regelung wurde in § 37 Abs. 1 Nr. 3 GWB n.F. beibehalten.
bb) Dieses Ergebnis wird im Streitfall dadurch bestätigt, daß die Regelung in Klausel II.4 geeignet ist, Herrn W. bei der Ausübung seiner mit dem Gr.-Anteil verbundenen Stimmrechte an die Vorgaben der WAZ-Gruppe zu binden. Durch diese Klausel bevollmächtigte Herr W. die WAZ-ZB unwiderruflich und über den Tod hinaus, „zwecks Realisierung/Sicherstellung ihrer Rechte aus diesem Vertrag” über den Anteil zu verfügen. Diese Formulierung der Klausel läßt die Deutung zu, daß die Vollmacht bereits dann ausgeübt werden kann, wenn es der WAZ-Gruppe zur Verbesserung der Gewinnaussichten oder zur Sicherung oder Erhöhung des Wertes der Beteiligung zweckmäßig erscheint. Der Umstand, daß die Voraussetzungen, unter denen diese weitgehende Befugnis der WAZ-ZB bestehen sollte, sehr allgemein formuliert sind, begründet zumindest die Möglichkeit, daß sich Herr W. gehalten sieht, deren Vorstellungen über die Geschäftspolitik zu entsprechen, um seinen mit dem Anteil verbundenen Anspruch auf Gewinnbeteiligung nicht zu gefährden. Die Rechtsbeschwerde hat nicht aufgezeigt, daß diese Auslegung der Klausel II.4 durch das Kammergericht rechtsfehlerhaft ist.
Die in diesem Zusammenhang von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge (unterbliebene Vernehmung des Zeugen F.) hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 567a ZPO).
cc) Schließlich ist zu berücksichtigen, daß die IKZ-KG nach den Feststellungen des Kammergerichts mit der WAZ-Gruppe Kooperationsvereinbarungen getroffen hat, wonach beide eine Anzeigentarifgemeinschaft bilden, die WAZ die technische Herstellung der IKZ übernommen hat und den Mantel liefert. Die IKZ-KG hat sich dadurch in eine gewisse Abhängigkeit von der WAZ-Gruppe begeben. Auch im Hinblick darauf liegt es nahe, daß Herr W. bei der Ausübung der mit dem Gr.-Anteil verbundenen Stimmrechte den Vorstellungen der WAZ-Gruppe Rechnung trägt.
dd) Das Kammergericht hat es unter den gegebenen Umständen als Sache der Beteiligten angesehen, Anhaltspunkte dafür aufzuzeigen, daß Herr W. bei der Ausübung der mit dem Gr.-Anteil verbundenen Stimmrechte unabhängig ist. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Insbesondere liegt hierin keine Verkennung der Darlegungs- und Beweislast.
d) Hat Herr W. den Gr.-Anteil „für Rechnung” der WAZ-ZB erworben, erhöhte sich dadurch der Anteil der WAZ-Gruppe (§ 36 Abs. 2 GWB n.F., früher § 23 Abs. 1 Satz 2 GWB a.F.) an der IKZ-KG von 24,8 % auf 48,864 %. Damit liegt ein Zusammenschlußtatbestand nach § 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. b GWB (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 lit. a GWB a.F.) vor.
3. Die materiellen Voraussetzungen der Untersagungsverfügung hat das Kammergericht zutreffend bejaht.
a) Die vom Kammergericht vorgenommene Abgrenzung des sachlich und räumlich relevanten Markts und die Ausführungen, mit denen das Kammergericht die marktbeherrschende Stellung der IKZ-KG auf diesen Märkten begründet hat, hat die Rechtsbeschwerde nicht beanstandet; sie lassen auch sonst keinen Rechtsfehler erkennen.
b) Soweit das Kammergericht angenommen hat, daß durch den Erwerb des Gr.-Anteils die marktbeherrschende Stellung der IKZ-KG auf dem Lesermarkt im Verbreitungsgebiet der von ihr verlegten Zeitung verstärkt werde, hält seine Auffassung der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand. Nach § 36 Abs. 1 GWB kommt es darauf an, ob zu erwarten ist, daß durch den Zusammenschluß eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird. Danach ist die bisherige Wettbewerbslage mit derjenigen zu vergleichen, die durch den Zusammenschluß herbeigeführt wird. Hierzu hat das Kammergericht zutreffend ausgeführt, die Erhöhung der Beteiligung werde den vorhandenen Restwettbewerb zwischen der IKZ und der Ortsausgabe 177 der „Westfälischen Rundschau” weiter beschränken. Denn dadurch, daß die WAZ-Gruppe ihre Beteiligung an dem einzigen aktuellen Wettbewerber – und damit an seinem wirtschaftlichen Erfolg – erhöht hat, wird der Wettbewerb zwischen den beiden Zeitungen weiter gedämpft. Eine gewisse Stärkung der Wettbewerbsposition der IKZ-KG ergibt sich ferner aus der im Verhältnis außerordentlichen Finanzkraft der WAZ-Gruppe. Die Annahme des Kammergerichts, potentielle Wettbewerber rechneten aufgrund der Erhöhung der Beteiligung der WAZ-Gruppe eher damit, daß diese ihre finanziellen Ressourcen zugunsten der IKZ-KG einsetzen werde, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (vgl. BGH, Beschl. v. 29.9.1981 – KVR 2/80, WuW/E 1854, 1860 – Zeitungsmarkt München; Beschl. v. 27.5.1986 – KVR 7/84, WuW/E 2276, 2283 – Süddeutscher Verlag/Donau-Kurier). Für die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung genügt es, wenn die Fähigkeit zur Abwehr nachstoßenden Wettbewerbs verstärkt oder auch nur erhalten oder gesichert wird (BGHZ 73, 65, 75 – Erdgas Schwaben; BGH, Beschl. v. 28.9.1982 – KVR 8/81, WuW/E 1954, 1958 – Springer/az Anzeigenblatt).
c) Schließlich ist auch die Annahme des Kammergerichts nicht zu beanstanden, durch den Zusammenschluß werde die marktbeherrschende Stellung der IKZ-KG auf dem Anzeigenmarkt verstärkt. Die Rechtsbeschwerde macht demgegenüber geltend, die IKZ sei für Anzeigenkunden unverzichtbar, weswegen insoweit lediglich ein Wettbewerb der Anzeigenblätter untereinander bestehe. Mit diesem Einwand kann sie keinen Erfolg haben. Auch wenn es zutrifft, daß kein Anzeigenkunde völlig auf die Werbung in der regionalen Abonnement-Tageszeitung IKZ verzichten kann, steht die IKZ zumindest hinsichtlich des Anzeigenvolumens im Wettbewerb mit den Anzeigenblättern.
III. Hinsichtlich des Anteilserwerbs im Jahre 1994 (des K.-Anteils) hat das Kammergericht den Zusammenschlußtatbestand nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 lit. c GWB a.F. bejaht. Es kann in diesem Zusammenhang offenbleiben, ob die Erhöhung einer Beteiligung auf über 50 % nach Inkrafttreten der 6. GWB-Novelle unter § 37 Abs. 1 Nr. 3 lit. a oder unter die neue Bestimmung über den Kontrollerwerb in § 37 Abs. 1 Nr. 2 GWB fällt (so Bechtold, GWB, 2. Aufl., § 37 Rdn. 10, 15; Richter in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, § 19 Rdn. 81). Denn auch bei der Annahme eines Zusammenschlusses durch Kontrollerwerb sind einem Unternehmen nach dem Rechtsgedanken des § 37 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 1. Alt. GWB solche Anteile zuzurechnen, die von einem anderen für Rechnung dieses Unternehmens erworben oder gehalten werden.
Das Kammergericht hat ausgeführt, der K.-Anteil sei der WAZ-Gruppe aus den gleichen Gründen zuzurechnen wie der Gr.-Anteil. Es hat bei seiner Würdigung ergänzend berücksichtigt, daß der Erwerb der Leitungsmacht in der IKZ-KG darin zum Ausdruck kommt, daß neben Herrn W. ein weiterer Geschäftsführer bestellt worden ist, der zugleich Mitarbeiter der WAZ-Gruppe ist. Auch insoweit zeigt die Rechtsbeschwerde keine Rechtsfehler auf. Vielmehr stellt die Tatsache, daß sich Herr W., obwohl formal Mehrheitsgesellschafter der IKZ-KG, mit einer erheblichen Einschränkung seiner Befugnisse als Geschäftsführer zugunsten der WAZ-Gruppe einverstanden erklärt hat, ein weiteres Indiz dafür dar, daß er den K.-Anteil für Rechnung der WAZ-Gruppe erworben hat und die mit seiner (formalen) Stellung als Mehrheitsgesellschafter verbundenen Verwaltungsrechte im Interesse der WAZ-Gruppe ausübt. Schließlich hat das Kammergericht zutreffend angenommen, daß sich die Übernahme der Leitungsmacht auch darin offenbart, daß im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Erwerb des K.-Anteils die IKZ-KG der WAZ-Gruppe ihre Finanz- und Personalbuchhaltung übertragen und ihr damit einen weitgehenden Einblick in ihre wirtschaftlichen Verhältnisse gewährt hat.
Dem Kammergericht ist auch in der Beurteilung zuzustimmen, daß die Erhöhung der Beteiligung zu einer weiteren Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung der IKZ-KG im Sinne des § 36 Abs. 1 GWB führt, weil die WAZ-Gruppe nunmehr zu fast drei Vierteln am Geschäftsergebnis der IKZ-KG beteiligt ist und daher noch weniger Anlaß hat, den Wettbewerb mit dieser zu beleben. Im übrigen ist durch den erneuten Zusammenschluß der Marktzutritt für potentielle Wettbewerber nochmals erschwert worden.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Satz 2 GWB.
Unterschriften
Hirsch, Melullis, Ball, Tepperwien, Bornkamm
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 21.11.2000 durch Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 547117 |
DB 2001, 480 |
BGHR 2001, 514 |
BGHR |
NJW-RR 2001, 757 |
Nachschlagewerk BGH |
WM 2001, 590 |
WuB 2001, 587 |
ZAP 2001, 493 |
WRP 2001, 410 |
WuW 2001, 279 |