Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerdewert Auskunftserteilung
Leitsatz (redaktionell)
Für die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung ist das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert.
Normenkette
FamFG § 68 Abs. 2 S. 2, § 61 Abs. 1, § 117 Abs. 1 S. 4; ZPO § 522 Abs. 1 S. 4, § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 25. Zivilsenats - Familiensenat - des OLG Köln vom 4.10.2011 wird auf Kosten des Antragsgegners verworfen.
Beschwerdewert: 500 EUR
Gründe
I.
Rz. 1
Die Antragstellerin zu 1) nimmt den Antragsgegner auf nachehelichen Unterhalt, die Antragstellerin zu 2) ihn auf Kindesunterhalt in Anspruch. Das FamG hat den Antragsgegner in erster Stufe verpflichtet, der Antragstellerin zu 1) in näher bezeichnetem Umfang Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Das OLG hat die hiergegen eingelegte Beschwerde des Antragsgegners als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstands den Betrag von 600 EUR nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
II.
Rz. 2
Die gem. § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Rz. 3
1. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert auch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Der angefochtene Beschluss verletzt den Antragsgegner weder in seinem verfahrensrechtlich gewährleisteten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) noch in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Diese Verfahrensgrundrechte verbieten es den Gerichten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise zu erschweren (vgl. BGH v. 12.10.2011 - XII ZB 127/11, FamRZ 2011, 1929 m.w.N.).
Rz. 4
2. Das OLG hat die Erstbeschwerde zutreffend nach §§ 68 Abs. 2 Satz 2, 61 Abs. 1 FamFG als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 EUR nicht übersteigt. Den Wert des Beschwerdegegenstandes hat das OLG nicht ermessensfehlerhaft zu niedrig festgesetzt.
Rz. 5
a) Das OLG hat ausgeführt, der Wert des Beschwerdegegenstandes richte sich nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, der für den Antragsgegner mit der Auskunftserteilung und der Vorlage der Belege verbunden sei. Da der Antragsgegner selbst geltend gemacht habe, er habe die geforderte Auskunft für die Jahre 2006 und 2007 bereits erteilt, falle ein Aufwand für diese Tätigkeit nicht mehr an. Im Übrigen sei lediglich die Vorlage bereits erstellter Unterlagen geschuldet. Daher könne der Antragsgegner nicht die Kosten für die Hinzuziehung eines Steuerberaters ansetzen. Der Zeitaufwand für eine eigene Auskunftserteilung sei mit höchstens 17 EUR je Stunde anzusetzen. Selbst wenn man dem Antragsgegner für die Sichtung und Zusammenstellung der Unterlagen zwei Arbeitstage zubillige, liege der Gesamtaufwand unter dem Beschwerdewert von 600 EUR.
Rz. 6
b) Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass für die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes bei der Verurteilung zur Auskunftserteilung das Interesse des Rechtsmittelführers maßgebend ist, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses ist auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (BGH v. 26.10.2011 - XII ZB 465/11, FamRZ 2012, 24 Rz. 16; v. 23.3.2011 - XII ZB 436/10, FamRZ 2011, 882 Rz. 9 m.w.N.).
Rz. 7
Dabei kann der dem Beschwerdegericht bei seiner Schätzung eingeräumte Ermessensspielraum im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (BGH v. 26.10.2011 - XII ZB 465/11, FamRZ 2012, 24 Rz. 17; v. 14.2.2007 - XII ZB 150/05, FamRZ 2007, 711 Rz. 9; v. 3.11.2004 - XII ZB 165/00, FamRZ 2005, 104 [105]; BGHZ 155, 127 = FamRZ 2003, 1267 [1268]; v. 24.7.2002 - XII ZB 31/02, FamRZ 2003, 597). Letzteres ist hier nicht der Fall.
Rz. 8
aa) Das Beschwerdegericht hat im Einzelnen dargelegt, dass die zur Erfüllung der Auskunftspflicht erforderlichen Zusammenstellungen entweder dem Antragsgegner bereits vorliegen oder von ihm mit geringem Aufwand erstellt werden können. Die dagegen von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rügen sind unbegründet. Insbesondere bedarf es zur Erfüllung der Auskunft nicht der Hinzuziehung eines Steuerberaters. Die Kosten der Zuziehung einer sachkundigen Hilfsperson können bei der Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes nämlich nur berücksichtigt werden, wenn sie zwangsläufig entstehen, weil der Auskunftspflichtige zu einer sachgerechten Auskunftserteilung nicht in der Lage ist (BGH v. 26.10.2005 - XII ZB 25/05, FamRZ 2006, 33, 34 und BGH, Urt. v. 11.7.2001 - XII ZR 14/00, FamRZ 2002, 666 [667]). Davon ist im vorliegenden Fall schon deshalb nicht auszugehen, weil dem Antragsgegner lediglich aufgegeben wurde, bereits vorhandene Unterlagen vorzulegen, und diese um ein geordnetes Bestandsverzeichnis über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu ergänzen. Soweit das Vermögen eine Gesellschaftsbeteiligung umfasst, verlangt das Bestandsverzeichnis nur deren Aufnahme als solche unter Beifügung der vorhandenen Jahresabschlüsse. Die Erstellung einer nicht auf das Geschäftsjahresende bezogenen Zwischenbilanz, wie sie etwa für die Berechnung eines Zugewinnausgleichs erforderlich werden kann (vgl. BGH v. 14.1.2009 - XII ZB 146/08, FamRZ 2009, 594), ist dem Antragsgegner ebenso nicht aufgegeben wie die Erstellung eines gesonderten Bestandsverzeichnisses über das Vermögen der Gesellschaft, an der er beteiligt ist.
Rz. 9
Den eigenen Zeitaufwand des Auskunftspflichtigen hat das OLG zutreffend mit maximal 17 EUR pro Stunde bewertet (vgl. Senatsbeschluss v. 21.3.2012 - XII ZB 420/11 - juris Rz. 10; BGH Beschl. v. 28.9.2011 - IV ZR 250/10, FamRZ 2012, 299 m.w.N.). Dass danach ein Gesamtaufwand von über 600 EUR entstünde, ist weder ersichtlich noch dargelegt.
Rz. 10
bb) Ebenso unbegründet ist der weitere Einwand der Rechtsbeschwerde, der Antragsgegner habe ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse an seinen Einkommensverhältnissen, da der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin zu 1) ohnehin auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen sei (§ 1578b Abs. 1 BGB), den diese durch eigene Erwerbstätigkeit decken könne. Denn die Herabsetzung des Unterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf setzt voraus, dass eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhalts auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. In die zu treffende Billigkeitsabwägung fließen auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unterhaltsschuldners ein, über die deshalb vorab Auskunft zu erteilen ist.
Fundstellen