Leitsatz (amtlich)
Geben Verlobte die Eheschließungserklärungen in Deutschland ab, handelt es sich um eine Eheschließung im Inland und kann die Ehe daher nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Eine Eheschließung durch von Deutschland aus per Videotelefonie vor einem Trauungsorgan im Ausland (hier: Behörde in Utah/USA) abgegebene Erklärungen ist unwirksam (Abgrenzung zu Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - XII ZB 309/21, FamRZ 2022, 93).
Normenkette
EGBGB Art. 11, 13 Abs. 4; BGB §§ 1310-1311
Verfahrensgang
OLG Köln (Beschluss vom 08.03.2022; Aktenzeichen I-26 Wx 3/22) |
AG Köln (Entscheidung vom 30.12.2021; Aktenzeichen 378 III 248/21) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 4 gegen den Beschluss des 26. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 8. März 2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Wert: 5.000 €
Gründe
I.
Rz. 1
Die Antragsteller sind nigerianische Staatsangehörige und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland. Sie schlossen im Mai 2021 per Videotelefonie die Ehe vor einer Behörde in Utah (Vereinigte Staaten von Amerika). Während der Eheschließung befanden sich beide Antragsteller in Deutschland und gaben ihre Erklärungen im Wege der zeitgleichen Übertragung in Bild und Ton gegenüber der Behörde in Utah ab. Sie erhielten anschließend eine amerikanische Eheurkunde mit Apostille. Nachdem die Eheschließung auf ihre Vorsprache von der zuständigen Meldebehörde nicht als wirksam angesehen wurde, haben die Antragsteller die beabsichtigte Eheschließung beim zuständigen Standesamt angemeldet.
Rz. 2
Das Standesamt hat eine Zweifelsvorlage beim Amtsgericht eingereicht mit der Frage, ob die Eheschließung in Utah einer erneuten Eheschließung entgegenstehe. Das Amtsgericht hat das Standesamt angewiesen, die Anmeldung zur Eheschließung nicht mit der Begründung zurückzuweisen, dass die Antragsteller die Ehe in Utah geschlossen haben. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Beteiligten zu 4 (Standesamtsaufsicht) zurückgewiesen. Dagegen richtet sich dessen zugelassene Rechtsbeschwerde.
II.
Rz. 3
Die statthafte und für den Rechtsbeschwerdeführer als Aufsichtsbehörde in einer Personenstandssache auch ohne Sachantrag zulässige Rechtsbeschwerde (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 237, 315 = FamRZ 2023, 1618 Rn. 7 mwN) ist unbegründet.
Rz. 4
1. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts, dessen Entscheidung in FamRZ 2022, 1463 veröffentlicht ist, ist die von den Antragstellern vor der Behörde in Utah geschlossene Ehe in Deutschland nicht wirksam. Auf die Form der Eheschließung sei deutsches Sachrecht anwendbar. Eine Ehe könne gemäß Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB im Inland nur in der in Deutschland vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Um eine (auch) im Inland geschlossene Ehe handele es sich selbst dann, wenn nur die Verlobten ihre Erklärungen auf Eingehung der Ehe in Deutschland abgäben, während die Stelle, welche aufgrund der Erklärungen das Zustandekommen der Ehe feststelle, sich in einem anderen Staat befinde. Die Abgabe der Erklärungen auf Eingehung der Ehe sei für die Eheschließung derart wesentlich, dass die Eheschließung (auch) am Ort der Abgabe der Erklärungen stattfinde. Sinn und Zweck der einseitigen Kollisionsvorschrift des Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB erforderten eine solche Auslegung, damit die in Deutschland vorgeschriebene Form der Eheschließung nicht mithilfe einer Videotelefonie unterlaufen werden könne. Diese Spezialregelung gehe der allgemeineren Kollisionsvorschrift des Art. 11 EGBGB vor. Davon unterscheide sich die Eheschließung durch im Ausland handelnde Stellvertreter, bei der alle unmittelbar für die Eheschließung erforderlichen Rechtshandlungen im Ausland vorgenommen würden. Die beiden Antragsteller hätten ihre Erklärungen auf Eingehung der Ehe persönlich in Deutschland abgegeben, sodass es sich um eine Heirat im Inland iSv Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB handele. Nach dem somit anzuwendenden deutschen Sachrecht sei eine formgültige Ehe wegen Verstoßes gegen §§ 1310 Abs. 1 Satz 1, 1311 Satz 1 BGB nicht zustande gekommen.
Rz. 5
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Die vom Amtsgericht erteilte Anweisung an das Standesamt ist aufgrund § 49 PStG zu Recht ergangen.
Rz. 6
a) Die Zulässigkeit der im Januar 2022 nicht in der nach § 14 b FamFG vorgeschriebenen Form eingelegten Erstbeschwerde und eine hier etwa in Betracht kommende Wiedereinsetzung in den vorigen Stand können offenbleiben, wenn zwischen der Verwerfung als unzulässig und der Zurückweisung als unbegründet weder hinsichtlich der Rechtskraftwirkung noch hinsichtlich der Anfechtbarkeit der Rechtsmittelentscheidung Unterschiede bestehen oder das Rechtsbeschwerdegericht formell rechtskräftig auf die Unbegründetheit der Erstbeschwerde erkennen kann, ohne dass schutzwürdige Interessen der Beteiligten entgegenstehen (vgl. BGH Urteil vom 7. November 2022 - VIa ZR 737/21 - MDR 2023, 51 Rn. 15 mwN). Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben.
Rz. 7
b) Ob die Antragsteller vom Standesamt bereits wegen rechtlicher Zweifelhaftigkeit der früheren Eheschließung zur Eheschließung zugelassen werden mussten (vgl. KG FamRZ 2022, 1017, 1018 mwN; Wall StAZ 2022, 202, 203; MünchKommBGB/Wellenhofer 9. Aufl. § 1306 Rn. 11 mwN), kann vorliegend offenbleiben. Denn der Grund für die bestehenden Zweifel, deren Beseitigung das Verfahren nach § 49 PStG dienen soll, liegt gerade im Fehlen höchstrichterlicher Rechtsprechung zur Wirksamkeit der sogenannten Online-Eheschließung. Das vom Gesetz vorgesehene Verfahren ist damit nach seinem Sinn und Zweck jedenfalls in der Rechtsbeschwerdeinstanz durchzuführen, wenn dadurch die zugrundeliegende Zweifelsfrage geklärt wird. Das wird dadurch verdeutlicht, dass den Antragstellern im vorliegenden Verfahren ungeachtet ihrer Anmeldung der Eheschließung ersichtlich vorrangig an der - gegebenenfalls inzident zu erfolgenden - Anerkennung der Online-Eheschließung gelegen ist. Denn eine Klärung des eherechtlichen Status im Personenstandsverfahren wäre ihnen mangels eines hierfür gesetzlich vorgesehenen Anerkennungsverfahrens versperrt, wenn für sie faktisch allein die Möglichkeit der erneuten Eheschließung bestünde. Da eine solche zudem nur ex nunc wirken würde, träten die Ehewirkungen erst mit zeitlichem Abstand zu der vorangegangenen Eheschließung ein und verbliebe für die Zwischenzeit eine Rechtsunsicherheit.
Rz. 8
Dass die Antragsteller die beabsichtigte Eheschließung selbst angemeldet haben, steht dem nicht entgegen, weil dieses Vorgehen für sie die einzige Möglichkeit darstellt, die gerichtliche Klärung der Wirksamkeit der vorangegangenen Online-Eheschließung im Personenstandsverfahren herbeizuführen. Auf einen Feststellungsantrag nach § 121 Nr. 3 FamFG können sie zu diesem Zweck schließlich schon deshalb nicht verwiesen werden, weil ein solches Verfahren nur zwischen den beteiligten (Schein-)Ehegatten und insbesondere ohne Beteiligung einer (Personenstands-)Behörde geführt werden müsste und im Unterschied zum Verfahren nach dem bis zum 30. Juni 1998 geltenden § 638 Satz 2 ZPO eine Feststellung für und gegen alle nicht vorgesehen ist (vgl. OLG Nürnberg FamRZ 2023, 1459, 1461; Prütting/Helms/Helms FamFG 6. Aufl. § 121 Rn. 11 mwN).
Rz. 9
c) Die per Videotelefonie von Deutschland aus erfolgte Eheschließung der Antragsteller vor einer Stelle in Utah ist im Inland unwirksam.
Rz. 10
Gemäß Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB kann eine - wie hier vorliegend - verschiedengeschlechtliche Ehe im Inland nur in der hier vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Nach § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB müssen die Erklärungen der Eheschließenden vor dem Standesbeamten abgegeben werden. Die Eheschließenden müssen die Erklärungen gemäß § 1311 Satz 1 BGB persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit abgeben. Das ist vorliegend nicht geschehen.
Rz. 11
aa) Ob es sich in der vorliegenden Fallkonstellation um eine Eheschließung im Inland handelt, ist umstritten.
Rz. 12
Zum Teil wird vertreten, im Fall einer nach dem jeweiligen Auslandsrecht für die Wirksamkeit der Eheschließung erforderlichen („konstitutiven“) Registrierung durch die ausländische Stelle liege der Ort der Eheschließung im Ausland und finde Art. 11 EGBGB Anwendung (Staudinger/Mankowski BGB [2011] Art. 13 EGBGB Rn. 479; MünchKommBGB/Coester 9. Aufl. Art. 13 EGBGB Rn. 141; BeckOGK/Rentsch [Stand: 1. Juni 2024] EGBGB Art. 13 Rn. 241; Gössl/Pflaum StAZ 2022, 97, 98 ff.; Hepting/Dutta Familie und Personenstand 4. Aufl. Rn. III-409; Erbarth StAZ 2022, 289, 291 ff.; Franck JZ 2023, 21, 29; Beiderwieden jurisPR-IWR 2/2022 Anm. 4; ebenso bereits LG Frankenthal FamRZ 1975, 698 für die formlose Eheschließung von Koreanern in Deutschland mit anschließender Registrierung in Korea; vgl. auch VG Berlin StAZ 2024, 87, 88 für eine Konsensehe nach islamischem Recht, wenn nur ein Verlobter die Eheschließungserklärung von Deutschland aus abgegeben hat).
Rz. 13
Der überwiegende Teil der bislang veröffentlichten instanzgerichtlichen Rechtsprechung und ein Teil der Literatur sind dagegen mit dem Beschwerdegericht der Meinung, dass auf die Abgabe der Erklärungen durch die Eheschließenden abzustellen ist. Sei diese im Inland erfolgt, handele es sich um eine Eheschließung im Inland (VG Augsburg BeckRS 2022, 15351 [dazu VGH München StAZ 2022, 306]; VG Karlsruhe Beschluss vom 28. September 2023 - 1 K 3074/23 - juris Rn. 10 ff.; VG Düsseldorf Urteil vom 5. Juli 2024 - 7 K 2728/22 - juris; im Ergebnis auch VG Düsseldorf FamRZ 2022, 681; NK-BGB/Andrae 4. Aufl. Art. 13 EGBGB Rn. 100; BeckOK BGB/Mörsdorf [Stand: 1. November 2023] Art. 13 EGBGB Rn. 64; Wall StAZ 2022, 33, 38 und StAZ 2022, 202, 204 f.; Mayer IPRax 2022, 593, 597; Gmehling Der Ort der Eheschließung im deutschen Kollisionsrecht [2024] S. 66 ff.; vgl. bereits Beitzke StAZ 1964, 25).
Rz. 14
bb) Die letztgenannte Auffassung trifft zu.
Rz. 15
(1) Die Vorschrift des Art. 13 Abs. 4 EGBGB ist lex specialis zu Art. 11 EGBGB und ihrer Rechtsnatur nach eine einseitige Kollisionsnorm (vgl. Staudinger/Looschelders BGB [2024] Einl zum IPR Rn. 1033 f.), die als besondere Bestimmung zur Form der Eheschließung im Inland nach deutschem Recht auszulegen ist (vgl. Wall StAZ 2022, 33, 37; Mayer IPRax 2022, 593, 596). Fragen der Mitwirkung eines Trauungsorgans bei der Eheschließung sind dabei wie die Modalitäten der Eheschließungserklärungen nach einhelliger Ansicht als Formfragen anzusehen (MünchKommBGB/Coester 9. Aufl. Art. 13 EGBGB Rn. 132 f.; Franck JZ 2023, 21, 26; vgl. BGHZ 29, 137 = FamRZ 1959, 143, 144 f.; Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - XII ZB 309/21 - FamRZ 2022, 93 Rn. 12).
Rz. 16
Im Ausgangspunkt findet die Eheschließung dort statt, wo die für ihre Wirksamkeit erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen werden. Für die Eheschließung ist nach dem maßgeblichen deutschen Rechtsverständnis materiellrechtlich der Konsens der Eheschließenden tragend (vgl. Hepting/Dutta Familie und Personenstand 4. Aufl. Rn. III-153 f.; Gernhuber/Coester-Waltjen Familienrecht 7. Aufl. § 12 Rn. 1), sodass auf die Abgabe der Eheschließungserklärungen abzustellen ist. Es genügt, dass eine Erklärung in Deutschland abgegeben wurde, weil damit ein wesentlicher Teil der Eheschließung im Inland verwirklicht wurde. Dem steht ein abweichender Ort des Zugangs der Eheschließungserklärungen oder der ausländische Sitz des Trauungsorgans, an das die Erklärungen übermittelt werden, nicht entgegen. Die Mitwirkung des Standesbeamten (vgl. § 1310 BGB) und die Notwendigkeit höchstpersönlicher Erklärungen (vgl. § 1311 BGB) stellen Elemente der Form dar, die für den Ort der Eheschließung nicht ausschlaggebend sind. Die Anwendbarkeit von Formvorschriften ergibt sich nach der gesetzlichen Konzeption erst aus dem vorrangig zu bestimmenden Ort der Eheschließung.
Rz. 17
(2) Dass die Registrierung nach dem in Betracht kommenden Auslandsrecht „konstitutive“ Wirkungen hat, ändert daran nichts. Dem Abstellen auf das Auslandsrecht liegt vielmehr ein Zirkelschluss zugrunde, der das zu Begründende, nämlich die Anwendbarkeit des ausländischen Formstatuts, in unzulässiger Weise voraussetzt (zutreffend Wall StAZ 2022, 202, 204 f.; NK-BGB/Andrae 4. Aufl. Art. 13 EGBGB Rn. 100; Mayer IPRax 2022, 593, 596; Gmehling Der Ort der Eheschließung im deutschen Kollisionsrecht [2024] S. 57 f.; aA Gössl/Pflaum StAZ 2022, 97, 101; Coester-Waltjen/Coester Liber Amicorum Bea Verschraegen [ 2023] S. 1, 7).
Rz. 18
Im Übrigen kennt auch das deutsche Recht (vorbehaltlich der Heilungsmöglichkeiten nach § 1310 Abs. 3 BGB) mit §§ 1310 Abs. 1, 1311 Abs. 1 BGB Formerfordernisse, die für die Wirksamkeit der Eheschließung erfüllt sein müssen. Es dürfte daher ohnedies schon keine entscheidende Besonderheit darstellen, wenn das jeweilige Auslandsrecht die Registrierung im Unterschied zum deutschen Recht als Wirksamkeitsvoraussetzung der Eheschließung vorsieht. Dass auch eine „konstitutive“ Registrierung die Eheschließungserklärungen nicht zu ersetzen vermag, wird dadurch bestätigt, dass eine im Ausland etwa ohne entsprechenden Konsens der Verlobten vorgenommene Eheschließung bei - vorliegend aufgrund des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Antragsteller in Deutschland bestehendem - Inlandsbezug mit dem ordre public nach Art. 6 Satz 2 iVm Art. 6 Satz 1 EGBGB unvereinbar wäre (vgl. Kaiser FamRZ 2013, 77, 81 mwN). Soweit der Senat einen ordre-public-Verstoß bei sogenannten Handschuhehen grundsätzlich verneint hat (Senatsbeschluss vom 29. September 2021 - XII ZB 309/21 - FamRZ 2022, 93 Rn. 30 f. mwN), bezieht sich dies auf den Fall der Stellvertretung in der Erklärung. Diese setzt indessen die Übereinstimmung der Vertretererklärung mit dem Willen der Verlobten, also auch deren materiellen Ehekonsens voraus und betrifft mithin allein die Formfrage.
Rz. 19
(3) Es besteht auch kein Wertungswiderspruch zwischen der Behandlung von Online-Eheschließung und Handschuhehe. In Anbetracht der vom Gesetzgeber in Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB bewusst getroffenen Regelung, von der Art. 13 Abs. 4 Satz 2 EGBGB nur eine hier nicht gegebene Ausnahme vorsieht, ist ein Absehen von der zwingend vorgeschriebenen Inlandsform nicht möglich. Im Unterschied zur Handschuhehe werden bei der Online-Eheschließung die Erklärungen von den Eheschließenden persönlich an deren jeweiligem Aufenthaltsort abgegeben und nicht durch Vertreter am Ort der Trauungsperson oder registrierenden Behörde. Das entspricht nicht zuletzt auch der Art. 11 EGBGB zugrundeliegenden Systematik, wie insbesondere aus Art. 11 Abs. 3 BGB deutlich wird (vgl. Staudinger/Schäuble BGB Art. 11 EGBGB Rn. 217). Das Ergebnis wird schließlich durch die Regelung in Art. 17 b Abs. 4 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 EGBGB bestätigt, die die Begründung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Unterschied zu Art. 13 Abs. 4 EGBGB dem Recht des Register führenden Staates unterstellt und damit dessen Formvorschriften auch bei der Eheschließung zur Anwendung beruft (vgl. BT-Drucks. 14/3751 S. 60; BR-Drucks. 432/18 S. 26; Gmehling Der Ort der Eheschließung im deutschen Kollisionsrecht [2024] S. 34 f.). Zumal Ort der Registrierung und der Registerführung in der Regel übereinstimmen werden, wäre eine solche Regelung nicht erforderlich gewesen, wenn der Ort der Registrierung zugleich Ort der Eheschließung wäre.
Rz. 20
(4) Selbst wenn hinsichtlich der Formzwecke möglicherweise kein wesentlicher Unterschied zwischen Online-Eheschließung und (doppelter) Handschuhehe bestehen sollte, berechtigte dies nicht dazu, von der durch Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB zwingend angeordneten Inlandsform abzusehen. Diese ist vom Gesetzgeber allein an die Eheschließung im Inland geknüpft und von weiteren Voraussetzungen nicht abhängig gemacht worden. Wegen der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung kann die Inlandsform (entgegen Erbarth StAZ 2022, 289, 292; Franck JZ 2022, 21, 29) selbst durch eine ihr funktional etwa gleichwertige Auslandsform somit nicht ersetzt werden. Im Übrigen wird ein ausländisches Trauungsorgan regelmäßig keine Veranlassung haben, bei Beteiligung eines deutschen Verlobten (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 237, 157 = FamRZ 2023, 1615 Rn. 29) etwaige nach deutschem Recht in Betracht kommende Ehehindernisse (zB Eingehung einer Scheinehe nach §§ 1310 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB) zu prüfen, die im Inland gegebenenfalls zur Ablehnung der Mitwirkung durch den Standesbeamten führen.
Rz. 21
Eine zum Teil befürwortete (Mayer IPRax 2022, 593, 597 mwN) Änderung der bewusst normierten gesetzlichen Formerfordernisse liegt in der alleinigen Zuständigkeit des Gesetzgebers.
Rz. 22
cc) Die Missachtung der von Art. 13 Abs. 4 Satz 1 EGBGB vorgeschriebenen Inlandsform hat zur Folge, dass die Ehe nicht geschlossen ist (Staudinger/Mankowski BGB [2011] Art. 13 EGBGB Rn. 497), sodass die Online-Eheschließung im vorliegenden Fall unwirksam ist und daher der angemeldeten Eheschließung nicht entgegensteht.
Guhling Klinkhammer Botur
Krüger Recknagel
Fundstellen
Dokument-Index HI16696591 |